EZB senkt Leitzins weiter. Irrsinn ?

Slizer1

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Die Europäische Zentralbank (EZB) lockert ihre Geldpolitik angesichts sehr niedriger Inflationsraten und Inflationserwartungen weiter. EZB-Präsident Mario Draghi kündigte am Donnerstag überraschend eine weitere Zinssenkung an, die der Rat jedoch nicht einstimmig beschloss. Darüber hinaus wird die Notenbank ab Oktober Kreditverbriefungen und Pfandbriefe kaufen. Nach Draghis Worten diskutierte der Rat auch über groß angelegte Wertpapierkäufe (Quantitative Easing - QE).

Laut Beschluss des EZB-Rates wird die EZB ihre drei Leitzinssätze um weitere 10 Basispunkte senken. Der Hauptrefinanzierungssatz liegt nun bei 0,05 Prozent, der Spitzenrefinanzierungssatz bei 0,30 Prozent und der Satz für Bankeinlagen bei der EZB bei minus 0,20 Prozent.

Zitat aus http://www.finanzen.net/nachricht/zinsen/UPDATE-EZB-senkt-Zinsen-und-denkt-ueber-QE-nach-3847107


Wo geht die Reise hin ? Ich sehe eine klare Fehlallokation des Geldes in Werte wie Immobilien und Aktien.
Vor allem schmerzt es jeden Sparer, der nicht in Wertpapiere investieren will oder es einfach nicht kapiert.
Normalerweise sollte z.B. die Altersvorsorge frei von Schwankungen des Kapitalmarktes sein. Nun werden konservative Sparer in den Kreis der Investemts gedrängt.

Da ich selber Bänker bin, will ich gerne eine Diskussion hier anstossen ohne gleich im Dunstkreis von Finanzgurus oder Finanzmanager zu sein. (oder für alle die es werden wollen. )

Werdet Ihr euch nun verändern ? Was raten euch eure Banken ? Werdet ihr nun auch aufgrund der gesunken Zinsen eine Immobilie ggf. kaufen und dadurch Schulden aufnehmen ? Werdet Ihr in Wertpapiere nun investieren ?

Bitte keine Angebote oder ähnliches für eine Anlageberatung hier rein. Davon hat jeder Kunde schon genug und man sollte eh nicht ohne eine fundierte Beratung alles für bare Münzen nehmen.

Die Diskussion ist damit offen.

Viel Freude.
 
Der Kleinsparer, der für die eigene Altersvorsorge fleissig spart und diese Ersparnisse konservativ anlegt hat natürlich mit den niedrigen Zinsen zu kämpfen. Ebenso Lebensversicherer etc.

Aber wieso stellt man nicht die Gegenfrage?
Wenn die EZB nicht handelt und wir in eine deflationäre Episode eintreten, mit all den negativen Folgen für die Realwirtschaft, ist dem Kleinsparer dann mehr geholfen? Wenn seine Ersparnisse dank der Deflation zwar real höher verzinst werden, er aber seinen Job verliert und die ganze Wirtschaft gegen die Wand fährt?

Mich ärgert es immer, wenn in Leitartikeln zum Thema so getan wird, als würde die EZB das machen um den schwäbischen Kleinsparer zu ärgern und die eigentlich Motivation unerwähnt lässt.
 
Darüber hinaus wird die Notenbank ab Oktober Kreditverbriefungen und Pfandbriefe kaufen.
War letzte Woche im Urlaub (Funkloch) und habe mich noch nicht ausgiebig mit dem Thema beschäftigt - mir ist lediglich aufgefallen dass der Euro einen riesigen Satz nach unten gemacht hat :D
(Smiley weil 2/3 meiner Anlagen in Fremdwährungen liegen)

Interessant / amüsant / erschreckend in diesem Zusammenhang fand ich nur einen Kommentar, dass die EZB nun toxische Immobilienpapiere kaufen könnte.
Herrschaften, schon mal mit den genannten PFANDbriefen beschäftigt - zumindest in Deutschland streng geregelte, anleihenähnliche Immobilienpapiere mit 60% Beleihungsgrenze, üblicherweise mit AAA Rating.
I.d.R. als krisensicher eingestufte Papiere, selbst entsprechende Wertpapiere der Hypo Real Estate und Dexia haben die Bankpleiten der Muttergesellschaften (imho) schadlos überstanden.
 
Die Sache mit dem Anlegen etc. ist ne recht einfache Sache, lieber habe ich wenig Zinsen oder keine Zinsen und dafür mein Geld in einem sicheren, jederzeit möglichen Zugriff, als dass ich dafür fette Zinsen versprochen bekomme und nachher nichts mehr von meinem Geld habe, eben weil es eine riskante Anlage war.
Und wenn uns das globale Finanzsystem über den Löffel barbieren will, dann macht es das, so oder so.

Die Sachlage ist im Moment ja eh nicht mehr unter Kontrolle der EZB. Die ursprüngliche Planung war ja Geld in den Markt pumpen, damit dieses mittels Kredite an die Unternehmen kommt um somit in der Wirtschaft zu landen. Im Moment ist es doch eher so, dass das Geld die Wirtschaft nicht erreicht und bereits von den Banken zu Spekulationen und Anlagen verwendet wird. Was kommt dabei raus? Man hat einen Wasserkopf der sich immer weiter aufbläst ohne das die Wirtschaft mitzieht, Betriebe und Unternehmen sind sowas von überzeichnet, dass sich so ziemlich alles zu einer Risikospekulation entwickelt.
 
Mit dieser Maßnahme der EZB soll schon lange keine Bank mehr geholfen werden. Vielmehr wird das Kursziel EUR USD mit 1:1 Umrechnung verfolgt. Um dies zu erreichen wird das Zinsniveau extrem niedrig gehalten und der Markt mit Geld geschwemmt.

Die Passage:
Darüber hinaus wird die Notenbank ab Oktober Kreditverbriefungen und Pfandbriefe kaufen.

Zielt nicht auf die Pfandbriefe ab ... sondern auf die Kreditverbriefungen. Also die Papiere, welche in der Krise wertlos wurden -> MBS, CDos etc.

Die EZB ist schon weit über ihr Mandat hinaus gegangen. Sie betreibt meiner Ansicht nach, reine "südländische" Geldpolitik. Sprich, wenn man als Staat zuviel Schulden hatte, hat man einfach die Währung mittels Inflation entwertet und schon waren die Schulden wieder tragbar.

Normalerweise kann man über niedrige Zinsen und viel Liquidität ja die Wirtschaft stärken. Es fällt jetzt aber auf, dass es nicht die Finanzmittel sind, welche Frankreich, Spanien, Italien oder Griechenland fehlen, sondern vor allem Reformen. Das Geld ist billigst und dennoch schaffen es diese Länder einfach nicht vernünftiges Wirtschaftswachstum zu erzeugen.
 
Das hängt meiner Ansicht nach aber an der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit der dortigen Unternehmen. Durch die Globalisierung müssen diese nun in Konkurrenz zu den günstiger produzierten Waren aus Asien oder den höherwertigen Waren aus Nordeuropa treten. Da sie aber diesbezüglich weder über den Preis noch über die Qualität konkurrieren können kommt es zur beobachtbaren Abwärtsspirale:

weniger Absatz -> Keine Investition in neue Maschinen | Keine neuen Arbeitsplätze -> noch weniger konkurrenzfähig -> noch weniger Absatz ...

Diese Firmen können nur investieren, wenn die Zinsen extrem niedrig sind. Nur durch Investitionen in bessere Maschinen und neue Arbeitskräfte können diese wieder konkurrenzfähig werden. Daher auch die Senkung der Leitzinsen, damit die Banken die niedrigen Zinsen an die Unternehmen weitergeben können.
 
@ Darius

Wir hatten vorher einen Leitzins von 0,15%. Als Unternehmen konntest du zu dieser Zeit schon für 3% Kredit aufnehmen. Auch als der Leitzins bei 0,5% lag, waren die Unternehmenskredite nicht viel teurer. Das Geld ist für die Unternehmen schon billigst.

Was fehlt sind vernünftige Leitplanken im Arbeitsmarkt, Investitionspolitik und ähnliches. Ein Unternehmen schaut ja nicht nur darauf, wie teuer eine Investition ist, sondern auch darauf, wo die besten Bedingungen herschen. Die Franzosen zum Beispiel mit ihrer sehr starken Streik Mentalität und den Anflug der 30 Stundenwoche bieten sich hier aus Sicht eines Unternehmers nicht gerade dafür an, dort ein Standort aufzubauen.

Was aktuell betrieben wird ist aus meiner Sicht keine Wirtschaftspolitik sondern nur eine Schuldenpolitik zu Gunsten der überschuldeten Staaten. Wenn der Wechselkurs auf 1:1 USD/EUR steht, dann gibt es ja wieder mehr "Freiraum". Darüber können die Waren günstiger im nicht EUR Raum angeboten werden und man muss nicht die Wirtschaft neu strukturieren. Reformen sind unbeliebt bei der Bevölkerung - damit fängt man keine Wähler - deshalb auch die Reformmüdigkeit seitens Frankreich, Griechenland & Co.
 
Woods schrieb:
Der Kleinsparer, der für die eigene Altersvorsorge fleissig spart und diese Ersparnisse konservativ anlegt hat natürlich mit den niedrigen Zinsen zu kämpfen.

Ich verstehe das Argument mit dem Kleinsparer nie, wenn die Zinsen hoch sind hat der Kleinsparer auch, in der Regel durch höhere Inflation, genau wie jetzt einen Realeinkommensverlust. Ist das nicht das bessere Argument gegen das Ärgern des Kleinsparers? Mit LV ist das natürlich was anderes da diese eine gewisse Rendite erwirtschaften müssen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das sind völlig disjunkte Größen. Es gibt zwar eine gewisse Korrelation, aber der Kleinsparer hat mit dem Leitzins überhaupt nichts zu tun.

Der Leitzins wird hier nicht im Sinne der Währunsgsstablität verwendet, so wie es eigentlich das Mandat der EZB vorschreibt, sondern monetaristisch. Innerhalb der Eurokrise konnten wir aber das Ende des Monetarismus beobachten. Wenn die Wirtschaft nicht anzieht, dann kann man das Geld noch so günstig anbieten.

Das die Europäischen Südstaaten "Reformen" benötigen, damit sie wieder Investitionen auf sich ziehen, wie von _killy_ geäußert, dem widerspreche ich nachdrücklich. Es ist eher so, dass Deutschland (als mal wieder gekürter "Exportmeister") mit Niedriglöhnen und Sozialabbau nunmal den Markt bestimmt. Aufgrund des gemeinsamen Währunsgsraumes besteht nicht die Möglichkeit der Währungs-Parität und damit kann Deutschland so lange weiter Exportieren, solange der deutsche Steuerzahler die Bürgschaften für die Schuldnerstaaten eingeht und schlussendlich bedient.

Der niedrige Zins macht eines der Probleme des "Spätkapitalismus" evident: Keiner möchte mehr die private Schuldnerposition einnehmen. Wenn keiner Schuldner ist, dann kann auch keiner Sparer und Investor sein.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator: (überflüssiges Zitat entfernt!)
Du hast sicher auch eine Quelle aus der man entnehmen kann, dass das Einkommen in Deutschland niedriger ist als in Frankreich, Griechenland & Spanien, oder?

Warum zieht aus deiner Sicht die Wirtschaft nicht an, trotz dass das Geld sehr günstig zu haben ist?
 
_killy_ schrieb:
Die EZB ist schon weit über ihr Mandat hinaus gegangen. Sie betreibt meiner Ansicht nach, reine "südländische" Geldpolitik. Sprich, wenn man als Staat zuviel Schulden hatte, hat man einfach die Währung mittels Inflation entwertet und schon waren die Schulden wieder tragbar.
Das Mandat der EZB ist doch eigentlich ziemlich klar formuliert: Mittelfristig eine Inflationsrate von unter, aber nahe bei 2 Prozent.
Dieses Ziel hat sie in der Vergangenheit trotz expansiver Politik und niedrigsten Zinsen nicht erreicht. Und zwar nicht nur im Euroraum als ganzes oder in den Krisenstaaten, sondern auch in den aktuell starken Ländern. Also bleibt ihr nichts anderes übrig, als die letzten Raketen in Form von unkonventionellen Maßnahmen zu zünden. Das klassische Zins-Instrument ist schon völlig ausgereizt.
Aber hierbei handelt sie in meinen Augen völlig innerhalb ihres Mandats - was soll sie denn auch sonst machen? Auf das Inflationsziel pfeifen und damit ihr Mandat ignorieren? Oder die Hände in den Schoß legen, da ihr die Ideen ausgehen?


_killy_ schrieb:
Normalerweise kann man über niedrige Zinsen und viel Liquidität ja die Wirtschaft stärken. Es fällt jetzt aber auf, dass es nicht die Finanzmittel sind, welche Frankreich, Spanien, Italien oder Griechenland fehlen, sondern vor allem Reformen. Das Geld ist billigst und dennoch schaffen es diese Länder einfach nicht vernünftiges Wirtschaftswachstum zu erzeugen.

Wo soll denn die Nachfrage herkommen, wenn sich die reale Schuldenlast durch Deflation erhöht? Und das gilt insbesondere für die private Verschuldung, die in vielen Krisenländern noch deutlich über der staatlichen liegt. Ein überschuldeter Haushalt konsumiert nicht. Und wenn die reale Schuldenlast sogar steigt, konsumiert er erst recht nicht.
Desweiteren sind Reformen in einer deflationären Umgebung bzw. in einer Umgebung mit sehr niedriger Inflation generell schwerer durchzusetzen und der Anpassungsprozess ist schmerzhafter und dauert länger. Sinkende Nominallöhne sind deutlich schwerer durchzusetzen als konstante Löhne, die durch eine gemäßigte Inflation real entwertet werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
_killy_ schrieb:
Du hast sicher auch eine Quelle aus der man entnehmen kann, dass das Einkommen in Deutschland niedriger ist als in Frankreich, Griechenland & Spanien, oder?

Warum zieht aus deiner Sicht die Wirtschaft nicht an, trotz dass das Geld sehr günstig zu haben ist?

a) Wie bereits von anderen angemerkt, setzen sich die Lohnstückkosten, die hier der relevante Vergleichswert sind, noch aus anderen Kennzahlen, wie zum Beispiel Wochenarbeitszeit, zusammen. In Deutschland gab es hier mehrere industriefreundliche Maßnahmen. U.a. die Möglichkeit, Arbeitnehmer durch HartzIV vom Staat aufstocken zu lassen.

Quelle: http://mainlymacro.blogspot.de/2014/08/lessons-of-great-depression-for-eurozone.html

Hier noch ein Graph, der die Produktivitätszuwächse nicht berücksichtigt (unten auf der Seite):

http://blogs.telegraph.co.uk/finance/jeremywarner/100008938/germanys-economic-miracle-in-pictures/


b) Die Erläuterung, warum die Wirtschaft nicht anzieht, ist das Vorliegen einer Liquiditätsfalle:http://en.wikipedia.org/wiki/Liquidity_trap
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Checkup

Der Prof. Marco schlägt ja vor: Inflation in Deutschland bei 3% zu initieren und bei den restlichen EU Staaten diese auf 2% zu heben. Damit möchte er eine höhere Lohnspirale in Deutschland erreichen, da Deutschland nach seiner Auffassung zu wettbewerbsfähig ist. Na dass ist doch mal ein Vorschlag. Die Anderen sind schlechter und deshalb müssen diese nicht vom Besten lernen sondern der Bessere muss schlechter werden. Echt toll. Ich schmeiß mein Uni Abschluss weg und geh jetzt zur Hauptschule ... :freak:

Die Liquiditätsfalle haben wir definitiv. Hier steht ja auch drin, dass die Erwartungen der Menschen diese mit initiert. Hier haben es also die Regierungen nicht geschafft, solch positive Signale zu setzen, dass auch ein Investitions- und Konsumklima herscht. (die Deutschen hingegeben shoppen wie blöde ;) - da scheint also was dran zu sein)

@ Woods

Mit außerhalb ihres Mandats meine ich, dass die EZB jetzt auch verbriefte Kredite kaufen möchte. Dies ist ja ein Punkt im Eröffnungspost. Eine solche Maßnahme liegt außerhalb des EZB Mandats.

Ich sehe hier auch keine Bemühungen seitens der EZB, die Inflation auf 2% zu heben. Hierfür müsste man ja der von Checkup erwähnten Liquiditätsfalle entkommen. Eine Maßnahme zur Inflationserhöhung ist es, den Leitzins zu erhöhen. Somit Kredite teurer machen und damit letztendlich auch die Preise für die Endverbraucher. Die EZB handelt hier aber völlig entgegengesetzt. Sie setzt auf Geldentwertung gegenüber Fremdwährungen um somit den Export in nicht EU Länder zu fördern. Dadurch soll die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der drei genannten Länder "geheilt" werden.
Ich frage mich nur, warum schafft es Deutschland bei guten Einkommen - in Vergleich zu den 3 Länder - dennoch Produkte bei einem Kurs von 1,36 EUR zu 1 USD zu verkaufen und andere Länder schaffen dies - trotz geringerem Lohnniveaus nicht.

Einkommensverteilung Europa <- Frankreich liegt gleich auf mit Deutschland bzgl. Einkommen, in Griechenland und Spanien hingegen verdienen die Leute weniger als 2/3 als die Leute in Deutschland. Wirklich Lohnpreisdumping sieht m.E. anders aus.
 
@killy
Kurz zur Wettbewerbsfähigkeit: Wettbewerbsfähig ist man immer nur relativ zu einem Wettbewerber. Das ist keine absolute Größe. Und wenn die Wettbewerbsfähigkeit nur darin besteht, dass man die Löhne besser drückt, hat das nichts mit "besser" im eigentlichen Sinne zu tun. Wenn der Wettbewerb nur über Lohnzurückhaltung geführt wird, und sich jeder zu unterbieten versucht, ist dies kein sinnvoller Wettbewerb. Dieser Lohnwettbewerk kann sogar produktivitätshemmend sein.

Die deutschen Shoppen wie blöde? Das schlägt sich aber auch nicht auf die deutsche Inflationsrate nieder, die auch das Ziel von 2% deutlich verfehlt. Wenn sie also Shoppen wie blöde, warum haben wir dann nicht in D eine angemessen Inflationsrate?

Die klassische Lösung, um der Liquiditätsfalle zu entkommen, ist btw das Erhöhen des Staatskonsums. Sprich, wenn der Zentralbank die Mittel ausgehen, muss der Finanzminister helfen, die Wirtschaft aus der Falle zu schieben. Hier haben die Regierungen tatsächlich versagt.

Das Mandat der EZB gibt ihr das Ziel vor. Wie sie dieses erreicht ist eine zweite Frage. Wieso sich aus der Ankaufankündigung (die noch gar nicht spezifiziert wurde) eine Mandatsverletzung ergibt, erschließt sich mir nicht.

Zinserhöhungen um eine höhere Inflationsrate zu erreichen? Hier hast du leider etwas grundsätzlich falsch verstanden / verdreht. Lies das selbst nochmal nach.

Wie kommst du denn darauf, dass es das Ziel der EZB sei, primär den Wechselkurs zu beeinflussem? Das primäre Motiv ist die Erfüllung des Inflationziels und das Verhindern eines Abgleiten in die Deflation.
 
Slizer1 schrieb:
Werdet Ihr euch nun verändern ? Was raten euch eure Banken ? Werdet ihr nun auch aufgrund der gesunken Zinsen eine Immobilie ggf. kaufen und dadurch Schulden aufnehmen ? Werdet Ihr in Wertpapiere nun investieren ?

Das Problem ist doch auch, dass man sich nicht nur selber verändert. Die Immobilienpreise sind schon seit der letzten Zinssenkung dermaßen in die Höhe geschnellt, dass lediglich die Abschreibung bei vermögenden Personen interessant erscheint. Inklusive natürlich der Vermeidung von Werten auffressenden Zinsen unterhalb der Inflationsrate. In Ballungszentren werden derzeit Preise für Immobilien verlangt, die absolut an der Realität vorbeigehen. Dennoch scheint das für viele kein Problem zu sein, denn selbst hochpreisige Immobilien sind schneller weg, als ich "Ich hätte Interesse" sagen kann.

Beispiel Gewa-Tower, bei den die oberen Wohnungen nur noch über einer Million Euro zu bekommen sind. Und jetzt schaut euch an, wie viele Wohnungen überhaupt noch gelistet sind:

http://www.gewa-tower.de/eigentumswohnungen/

Dazu muss gesagt werden, dass erst am 13.08.2014 mit dem Ausheben der Baugrube begonnen wurde!

An solchen Entwicklungen sieht man: EZB-Leitzins hin oder her, den Deutschen geht es wahnsinnig gut, während um sie herum ein Land nach dem anderen in die Pleite stolpert und die Arbeitslosenzahlen Rekordhöhen erreichen. Dass aufgrund des Zinsmarktes in Beständiges wie Gold oder Immobilien investiert wird, ist die eine Sache. Dass hier offensichtlich ein größeres Vermögen zur Verfügung steht (keine Bank gibt z.B. einem Angestellten mit durchschnittlich 3000,- Euro brutto einen Kredit über 600.000,- Euro), ist die andere Seite.

Insofern ist für mich nicht die Senkung des Leitzinses Irrsinn, sondern die unwahrscheinliche Kaufkraft einer doch großen Schicht der Deutschen, die aufgrund einer solchen Zinssenkung rumheulen, als ginge es ihnen schlecht. Ein absolutes Luxusproblem.
 
Dann zeig mir doch mal, wo Deutschland niedrigere Löhne hat gegenüber den drei anderen Länder? Hier kann ich nichts finden. Im Vergleich der Einkommensverteilung liegt Deutschland gleich auf mit Frankreich und Griechenland und Spanien liegen weit drunter. Somit "drücken" doch diese Länder die Löhne ...
Zahlen aus dem Link, jeweils p.a. Nettoequivalenzeinkommen:
-> Deutschland 18.586 €
-> Frankreich 19.760 €
-> Griechenland 11.496 €
-> Spanien 13.300 €

Warum wir keine angemessene Inflationsrate haben? -> Die Zinsen sind einfach zu niedrig. Der Leitzins wurde nach und nach innerhalb der Krise gesenkt. Somit ging der Inflationseffekt verloren.
ezbfed1.jpg

In 2008 lag der Leitzins noch bei 4,25% ... jetzt sind nahe 0%. Dass frisst natürlich Inflationseffekte. Preissteigerungen werden dadurch reduziert, dass ein benötigtes Produktionsmittel - Geld in Form von Kredit - einfach immer günstiger wurde.
 
Diesen Inflationseffekt, den du da beschreibst, gibt es nicht. Der Mechanismus ist ein anderer. Niedrige Zinsen -> günstige Kredite -> Investion und Konsum gehen hoch -> Produktion steigt und nähert sich dem Potentialwachstum oder überschreitet dieses sogar -> Preise steigen -> Inflation steigt.
 
Korrekt!

Ich bin kurz in mich gegangen - mit niedrigem Leitzins wertet man die Währung ab und bekommt dadurch eine importierte Inflation. Da niedriger Wechselkurs = teurer Import. Für das "Inland" wirkt hingegen ein niedriger Leitzins der Inflation entgegen. Ich hatte da die Wechselwirkung verdrängt ... ich hing gedanklich immer noch beim Wechselkurs fest.

Aber dennoch, wo drückt Deutschland die Einkommen? Was ist daran sinnvoll, das die EZB jetzt auch verbriefte Kredite kauft? Ich dachte wir sind aus der "Verluste werden sozialisiert" Zeit wieder heraus.
 
_killy_ schrieb:
@ Checkup
Der Prof. Marco schlägt ja vor: Inflation in Deutschland bei 3% zu initieren und bei den restlichen EU Staaten diese auf 2% zu heben. ..nach seiner Auffassung zu wettbewerbsfähig ist. Na dass ist doch mal ein Vorschlag.

Deutschland bekommt schon seit Jahren Flak für die niedrige Inflation. Nur fehlt der EU der effektive Hebel etwas dagegen zu tun. Ich weiß nicht was daran gut sein soll, einen Binnenmarkt auszuhungern(?).

Außerdem weißt Du ganz genau, dass bei getrennten Währungsräumen Deutschland für seine Wettbewerbsfähigkeit paritätisch aufwertete und die Empfängerländer ggü der Deutschen Währung abwerteten. Das würde die Schieflage stark dämpfen, nicht wie zur Zeit, verschlechtern.

Das die anderen sich am "Besseren" orientieren sollten ist natürlich Humbug. Welches Interesse hätte Deutschland, sich einen oder mehrere Exportkonkurrenten vor der eigenen Haustüre zu schaffen?!

Die sollen natürlich, wie es die Deutschen auch sollten, konsumieren. Aber eben keinen Exportüberschuss aufbauen! Das wird immer gerne in einen Topf geworfen. Ist aber grundfalsch.

PS: Danke @Woods für die korrekte Definition von Inflation.
 
Zuletzt bearbeitet:
Slizer1 schrieb:
Werdet Ihr euch nun verändern ? Was raten euch eure Banken ? Werdet ihr nun auch aufgrund der gesunken Zinsen eine Immobilie ggf. kaufen und dadurch Schulden aufnehmen ? Werdet Ihr in Wertpapiere nun investieren ?
Schulden werden aufgenommen, sobald der negative Zins auch für mich gilt. Heute 1€ leihen, später 1Cent zurückzahlen. Bei dem Angebot kann man nur zugreifen, doch bis dahin verdienen nur die Banken an der Zinspolitik.

Da es dazu führt, das sich Staaten noch mehr verschulden, müssten gewisse Gebäude in Frankfurt, Berlin und Brüssel brennen.
 
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