Forderungen nach einem Systemwechsel – kritisch hinterfragt

keshkau

Commodore
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Von Systemkritikern, so will ich sie mal nennen, lese und höre ich viel darüber, was in Deutschland (oder in Welt) alles verbessert, verändert, eingeführt oder abgeschafft werden sollte. Die an der Kritik beteiligten Gruppierungen machen dabei die unterschiedlichsten Fässer auf.

Beispiele dafür sind: gesetzlicher Mindestlohn, bedingungsloses Grundeinkommen, Wertschöpfungsabgabe, Öffnung der EU-Grenzen für Importe aus Entwicklungsländern und gleichzeitiger Kampf gegen die Globalisierung, Schuldenerlass, Aufstockung der Entwicklungshilfe, radikale Steuerreform inkl. Subventionsabbau, Umverteilung von oben nach unten, stärkere Kontrolle der Finanzmärkte usw. – Andere Punkte wie „Konsumkritik“ lasse ich an dieser Stelle mal außen vor.

So interessant einzelne dieser Diskussionspunkte auch sein mögen, vermisse ich doch etwas ganz Entscheidendes. Nirgendwo sehe ich den ernsthaften Versuch, ein integriertes und umfassendes Konzept vorzustellen, das die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen den betroffenen Bereichen abzudecken vermag.


Am Beispiel der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen will ich das Kernproblem veranschaulichen. Nach diesem Modell erhält jeder Bürger monatlich eine Überweisung vom Staat, sagen wir 800 Euro für Erwachsene und 500 Euro für Kinder. Die konkreten Zahlen spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle. Nun kommt irgendwann der Tag der Einführung und man muss sich im Vorfeld fragen, welche Auswirkungen damit verbunden sind. Meiner Meinung nach wird darauf von den Befürwortern viel zu wenig Wert gelegt.

Es wird z. B. damit argumentiert, dass die Sozialversicherungen überflüssig werden. Schön und gut. Aber was geschieht mit den Rentenbeiträgen, die ich aus meinem versteuerten Einkommen bezahlt habe und für die laut Bundesverfassungsgericht eine aus dem Grundgesetz abgeleitete Eigentumsgarantie besteht? Das sind ja keine Kleckerbeträge, über die wir hier reden. Was geschieht mit den Mitarbeitern der Rentenversicherungsanstalten? Der größte Versicherungsträger, die Deutsche Rentenversicherung Bund in Berlin, hatte 2004 rund 27.000 Beschäftigte. Hinzu kommen Mitarbeiter der knappschaftlichen Rentenversicherung und der mehrerer Regionalträger.

Eine Abschaffung der Sozialversicherungen dürfte auch an der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg nicht spurlos vorübergehen. Die größte deutsche Behörde beschäftigt 97.000 Menschen. Das dürfte nach der Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens kaum so bleiben.

Es ist aber nicht damit getan, auf die Einsparungen zu verweisen. Hier werden zugleich unzählige Existenzen zerstört. Man hat einen sicheren Job, vertraut auf das zukünftige Einkommen und plötzlich kann weder die neue Wohnung noch das auf Kredit finanzierte Auto länger bezahlt werden. Denn neue Jobs sind so schnell nicht in Sicht. Wer braucht schon Leute, die sich mit spezieller Behördensoftware auskennen und die Gesetze gepaukt haben, die ihre Gültigkeit verloren haben? Darüber lese ich nie etwas.

Ebenso ungeklärt bleibt die Frage, wie man es mit den Außengrenzen bzw. der Einwanderung halten möchte, wenn ein bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt wird. Kippt man die Freizügigkeit innerhalb der EU? Wohl kaum. Wartet man auf die Einführung in der gesamten EU? Das kann dauern? Wie geht man mit dem Problem um, dass ein garantiertes Grundeinkommen eine starke Sogwirkung auf einwanderungswillige Menschen ausüben kann? Nun gut, Sozialhilfe bekämen sie auch so, wenn sie regulär eingewandert sind. Aber allein der Name „bedingungsloses Grundeinkommen“ klingt doch schon verlockend. Der Betrag dürfte schließlich auch nicht ganz so niedrig angesetzt werden. Schließlich ist die Politik bereit zu akzeptieren, dass es nicht genügend Jobs für alle Menschen gibt. Aber die Leute müssen trotzdem davon leben können, zumal andere Leistungen konsequent gestrichen werden sollen. Das könnte sich nachteilig auf Kranke oder Alte auswirken.

Schließlich die Frage nach der Aufrechterhaltung des Sozialprodukts. Der schlecht bezahlte Briefzusteller, der 40 Stunden in der Woche für 800 Euro netto arbeiten geht, steht sich zukünftig besser, wenn er das Geld vom Staat nimmt und zu Hause bleibt. Er stünde sich zwar noch besser, wenn er weiterhin (wahrscheinlich für einen noch geringeren Lohn) arbeiten ginge. Aber es ist keineswegs gesagt, dass er das machen würde. Stichwort Postmaterialismus. Er hätte mehr freie Zeit und keine finanziellen Einbußen. Das ist nicht zu unterschätzen. Gleiches gilt für viele Teilzeitkräfte, die z. B. einem Minijob nachgehen. Sie können lieber gleich zu Hause bleiben. Schließlich kommt dabei unter dem Strich mehr herum. Man sollte diesen Punkt nicht auf die leichte Schulter nehmen und darauf hoffen. Das Vertrauen darauf, dass plötzlich unzählige Langzeitarbeitslose die „Lust am Arbeiten“ wiederentdecken, um die entstandenen Lücken zu füllen, kann trügerisch sein.

Um nicht weiter auf dem Grundeinkommen herumzureiten, will ich jetzt den Mindestlohn einbeziehen. Es dürfte jedem klar sein, dass sich die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn mit der Einführung des Grundeinkommens erledigt hat. Ich gehe sogar davon aus, dass die Löhne auf breiter Front rapide sinken würden. Denn der Unternehmer wird seinen Angestellten sagen, dass er doch durch seine Steuerzahlungen bereits deren Grundeinkommen und das ihrer Angehörigen finanziert. Da können die Beschäftigten nicht auch noch erwarten, mit 2.800 Euro (Durchschnittslohn) brutto nach Hause zu sehen. Wenn das so eintreten sollte, stellt sich ein psychologisches Problem ein. Das Grundeinkommen wird von den Arbeitnehmern als gegeben hingenommen. Aber der Stundenlohn für zusätzliche Arbeit sinkt dann meinetwegen auf 6 Euro (ca. 1030 Euro brutto im Monat). Viele Menschen werden damit ein Problem haben, weil sie doch dieselbe Arbeit verrichten, aber ihrer Ansicht nach schlechter dafür bezahlt werden. Das wird sich negativ auf die Arbeitsmotivation und die Arbeitsbereitschaft auswirken.

Bis hier sind das nur zwei Punkte, die ich angeschnitten habe. Oben im zweiten Absatz stehen aber noch weitere Forderungen, etwa nach einer Wertschöpfungsabgabe und nach einer (dringend notwendigen) Steuerreform.


Eine dritte Baustelle sind die Subventionen. Der Einfachheit halber orientiere ich mich dabei an dem Gliederungsschema bei Wikipedia. Danach wird unterschieden zwischen

a) Subventionen im engeren Sinne (Zuschüsse, Kredite, Bürgschaften)

b) Subventionen im weiteren Sinne (Beispiele)
- Ausfuhrerstattungen, bei denen für landwirtschaftliche Exporte die Differenz zu einem niedrigeren Weltmarktpreis ausgeglichen wird
- Steuerbefreiungen, z. B. für politische Parteien und für Mieten
- Steuerfreibeträge, z. B. bei der Einkommensteuer
- Steuerermäßigungen, z. B. reduzierter Mehrwertsteuersatz, haushaltsnahe Dienstleistungen
- Steuervergünstigungen, z. B. Investitionszulagen

Man kann hier weitere Punkte anführen, etwa die Förderungen beim Wohnungsbau oder Förderungen von Investitionen in Energiesparmaßnahmen (Solarenergie und andere). Die pauschale Forderung nach einem Abbau der Subventionen bedarf also immer einer Konkretisierung. Auch die vermisse ich oft.


Ich hätte gern gewusst, wie das alles unter einen Hut passen soll. Denn wenn man die Sache auf dem Reißbrett entwerfen will, dann muss sie in sich schlüssig sein. Ist sie das nicht, steht man vor unlösbaren Problemen. Denn eine Rentenreform schüttelt man nicht mal so eben aus dem Ärmel. Und man kann sie auch nicht einfach wieder rückgängig machen, wenn sie nicht funktionieren sollte.

Also etwas weniger Utopie und etwas mehr Pragmatik. Ich bin gespannt, was mir hier angeboten wird. Es dürfte jedem klar sein, dass es bei diesem Thema mit einer dreizeiligen Kurzantwort nicht getan ist. Da muss schon mehr kommen.
 
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Der größte Versicherungsträger, die Deutsche Rentenversicherung Bund in Berlin, hatte 2004 rund 27.000 Beschäftigte. Hinzu kommen Mitarbeiter der knappschaftlichen Rentenversicherung und der mehrerer Regionalträger.
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Eine Abschaffung der Sozialversicherungen dürfte auch an der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg nicht spurlos vorübergehen. Die größte deutsche Behörde beschäftigt 97.000 Menschen.

Hier werden zugleich unzählige Existenzen zerstört. Man hat einen sicheren Job, vertraut auf das zukünftige Einkommen und plötzlich kann weder die neue Wohnung noch das auf Kredit finanzierte Auto länger bezahlt werden. Denn neue Jobs sind so schnell nicht in Sicht. Wer braucht schon Leute, die sich mit spezieller Behördensoftware auskennen und die Gesetze gepaukt haben, die ihre Gültigkeit verloren haben? Darüber lese ich nie etwas.

Also es ist schlimm genug, dass man überhaupt so einen riesigen und kostenintensiven Verwaltungsapparat aufgebaut hat. 97000 Beschäftigte für die Verwaltung der Arbeitslosen, paradoxerweise der größte Arbeitgeber. (wovon übrigens nur ~10% der Mitarbeiter für die aktive Vermittlung zuständig sind).
Und wenn man sich die oftmals auf 2 Jahre befristeten Beshcäftigungsverhältnisse anschaut, wäre der Schaden schon relativer.
Überhaupt. Existenzen und Sicherheiten zerstört? Wer fragte bisher denn die privatwirtschaftlichen Arbeiter und Angestellten?

Denn wenn man die Sache auf dem Reißbrett entwerfen will, dann muss sie in sich schlüssig sein.
Wenn wir SO schon wieder so anfangen, dann sitzen wir in 100 Jahren noch am Reißbrett.
Wurden denn die aktuellen Gegebenheiten auch so schlüssig und perfekt im Vorfeld ausgearbeitet?

Und auf Arbeitgeber, welche ihr Fundament auf Dumplinglöhnen aufbauen, kann unsere Gesellschaft gerne verzichten, egal aus welchen Gründen. DAS kann nicht Lösung und Ziel sein. Auch ein Mindestlohn von 7 Euro wäre nicht zuviel verlangt, egal in welcher Form und Art und Weise dieser umgesetzt würde.
Von Kombilöhnen halte ich wie schon mal gesagt nichts. Bürgergeld allerdings != Kombilohn, denn der Druck fiele ja weg.


Klar geht das nicht von jetzt auf gleich. Und es gibt da zig Modelle, zum Bürgergeld alleine schon.
Aber man könnte sowas ja langfristig gestaffelt angehen.
- Konsequenter und kontinuierlicher Abbau von Verwaltung
- Währenddessen Umschulung etc. von öffentlich Bediensteten
- Abbau von Subventionen, Verringerung von Steuergeldverschwendung, zb. inform von Einschränkungen, Haftbarkeitsregelungen und Kontrollen (da könnten übrigens auch öffentliche Bedienste gut unterkommen^^)
- Steuerreform, Rentenreform, Gesundheitreform, Bildungsreform etc. pp.
- anfangs geringe Bürgergeldsätze (ja, es spielt nämlich durchaus eine Rolle wie und wie hoch man das anfangs angeht) Versucht haben wirs jedoch noch nicht mal.

Wie genau? Nun dafür bezahlen wir auch bislang jede Menge Experten? Vielleicht doch die falschen?

Vom Punkt Bürgergeld jetzt mal abgesehen, auch ohne dies würden derartige Vorhaben mit Sicherheit kein Nachteil sein und könnten b bereits jetzt konsequent und spürbar angegangen werden.
Und nachregulieren während des langen Überganges kann man ja auch noch jederzeit. Das Ziel ist weniger wichtig, als der Weg.
Aktuell findet nur unkoordinierte Flickschusterei statt, in jeder Wahlperiode aufs neue. Von Reißbrettplanung genausso wenig eine Spur.
Wobei vielleicht auch gerade das Reißbrett der Fehler ist? wird doch vieles nur noch nach Schema F vom Bürostuhl aus abgehandelt und bestimmt. Viel zu viel fällt auch hier schlicht durchs Raster.

Übrigens von Systemwechsel würde ich nicht gleich sprechen, sondern von echter sozialer Marktwirtschaft, sozialer Gerechtigkeit und Chancengleichheit.
Nicht der Kapitalismus ist das Problem, sondern wie er ausgestaltet wird.
SO weiter wie aktuell wird sich jedenfalls nichts verbessern.
 
Über die Größe mancher Behörden kann man sich tatsächlich nur wundern. Aber man weiß als Außenstehender oft nicht so genau, was im Hintergrund alles an Arbeit anfällt. Eine Fußballmannschaft besteht auch nicht nur aus elf Mann, ihrem Trainer und den Jungs auf der Ersatzbank. Der Talentscout, der Masseur und der Busfahrer gehören nun einmal dazu.

Meine Frage ging eher in die Richtung, was das für Auswirkungen hat, wenn z. B. 70.000 Beschäftigte der Bundesagentur für Arbeit auf die Straße gesetzt werden. Denn das sind beileibe nicht die einzigen. Hinzu kommen die Sozialämter/ARGE, die gleichfalls Federn lassen müssen. Damit bricht eine Menge an Einkommen weg, das zugleich Kaufkraft bedeutet.


Und ich sprach deshalb vom Reißbrett, weil viele der Vorschläge vergleichsweise radikal sind. Solange man sich im bestehenden „System“ bewegt, kann man mit kleinen Veränderungen an den Stellschrauben regieren. Dann werden hier mal Steuersätze angepasst und dort Subventionen überarbeitet. Alles kein Problem.

Die Systemkritiker wollen aber viel mehr. Und dann sprechen wir z. B. von einem harten Schnitt bei den Steuern (den ich für erstrebenswert halte). Dabei muss einem klar sein, dass unzählige Förderungen wegfallen werden. Und da wird es ganz konkret Gewinner und Verlierer geben, wobei die Verlierer einen riesigen Aufstand machen werden. – Ich habe noch das Gezeter im Ohr, als die letzte größere Reform der Einkommensteuer auf dem Programm stand. Da druckten die Zeitungen Vergleichsrechnungen ab, aus denen ersichtlich werden sollte, dass der gut bezahlte Abteilungsleiter mit zwei Kindern etwas besser wegkommt als eine Kassiererin.

Wenn man keine Flickschusterei haben will, dann muss eben der große Wurf kommen. Aber niemand legt dazu etwas auf den Tisch. Vielmehr begnügt man sich mit Flickschuster-Kritik an Einzelpunkten.

Und ich finde, dass es nun einmal nicht damit getan ist, einen einzigen Punkt isoliert herauszugreifen, weil die Wechselwirkungen so stark sind. Wenn ich also die Ausfuhrerstattungen für die Landwirtschaft streiche, dann ist die Landwirtschaft in bestimmten Bereichen angeschmiert. Das gilt auch, wenn man meint, die EU-Zollschranken einreißen zu müssen, um Entwicklungsländern den Absatz zu erleichtern.
 
Nun, ob es wirklich erstrebenswert ist, die Entwicklungsländer weiter mit eher schadenden Almosen am Tropf zu halten und ihre Grundlagen egoistisch für usneren Arbeits- und Wirtschaftsmarkt abzufischen, wage ich zu bezweifeln. Das ist zb. ein Punkt den ich überhaupt nicht mit EU teilen kann. Handel besteht nun mal aus zwei Seiten. Fände dort Wertschöpfung statt, gäbe es auch wiederum für uns einen dortigen Absatzmarkt.
Agrarsubventionen können keine Lösung sein, sie zeugen eigentlich nur von Unfähigkeit und zögern nur das Unvermeidliche heraus. Schon dieses Gießkannenprinzip abzuschaffen wäre ein guter Anfang. Es kann zb. ähnlich den Dumpinglöhnen nicht sein, dass sich Firmen nur wegen der Subventionen gründen. Kein seltener Fall.
Alles Gelder (und das nicht gerade wenig), die anders sinnvoller eingesetzt würden.
Beim Thema Steuergesetz sind wir uns ja glaube einig. Übrigens stehen wir im internationalen Vergleich mit unserem Steuergesetz auf dem letzten Platz. Das sagt einiges.

Du siehst mir ein wenig zu einseitig nur die Wechselwirkung der aktuellen Gegebenheiten und hälst zu sehr an altem fest. Aber es entstünden genauso auch neue Möglichkeiten, welche wiederum ganz neue - auch positive - Wechselwirkungen schüfen. Es würde sich eben weitaus mehr verändern, etliches wegfallen und genauso viel neues hinzukommen. Es würde eben anders, nicht zwangsweise schlechter.
Aber Risiken ist eh keiner bereit einzugehen, die Politik schon gar nicht. Also tappt man weiter in sicheren Gefilden auf der Stelle.
Einige radikale Vorschläge und Wünsche sind vielleicht auch noch etwas ihrer Zeit voraus. Aber man kann ja schon mal anfangen.
Wenn nur jede Reform, die es bisher gab, konsequent durchgezogen wäre. Aber am Ende selbst hier immer nur unausgegorene, wieder zurückgeruderte Reförmchen und natürlich oft völlig nutzlose Umverteilung.
Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen, entweder so weiter wie bisher oder eben auch ganz anders.
Die Frage ist doch grundsätzlich erstmal OB und WAS WIR wirklich wollen. Schon an diesem Punkt alleine dümpeln wir ja noch herum.

PS:
Ich wage ja fast zu bezweifeln, dass dieser Thread hier Deinen Wünschen gerecht werden und Allheil-Lösungen herbeischaffen kann. Weiß nicht wie viele Experten sich hier rumtreiben. Na mal abwarten.
 
Ohne Subventionen stünden unsere Bauern und die große Agrarwirtschaft mancher EU-Länder vor den Bankrott a la Spanien. Man darf nicht nur die deutsche Landwirtschaft betrachten, die im EU-Verglich relativ klein ist (wenn ich das mal so sagen darf, auch wenn da sicherlich manche Einwände hätten)

Das nur als Anmerkung. Betrachtet nicht alles zu monoton. Und was zögert man schon hinaus. Wir lassen nur zu, dass die 3. Welt Länder ihre Produkte nicht bei uns richtig absetzen können. Das ist auf der einen Seite sehr ungerecht für sie, aber auf der anderen eine Sicherheit für unsere heimische Wirtschaft und Binnenwirtschaft der EU. (Damit haben wir einen Tütrstopper gestellt quasi, ob er halten wird ist eine komplett andere Frage, hinauszögern tun wir aber im Moment nichts funktioniert ja noch alles wunderbar -Betonung liegt auf noch)

Zu den Politikern, dass was sie aus meiner Sicht falsch machen ist, dass sie nicht auf langer Sicht genug planen und vorrauschend genug agieren (dazu fehlt ihnen aber auch die ausreichende Regierungszeit, bzw. werden durch Machtverschiebungen->Regierungswechseln der einzelnen Parteien oder untereinander uneinig) Zudem das größte Problem ist hat überhaupt die deutsche Poltik nach der Wende überhaupt einen große Richtung eingschlagen? So wirkliche Highlights außer der Klima-Diskussion und Export-Weltmeister gibt es ja wohl kaum. Alles ein wenig träge geworden finde ich. Beschlüsse hin und her und teils wirklich widersprühlich zum Gesetz stehende Beschlüsse (wie Online-Durchsuchungen oder das kurzeitige lokale aufhaben des Postbriefgeheimnisses wurden gemacht) Was unsere Politiker machen sind einfach Panik-Mache und Paranoia-Macherei, Beispiel: Weniger Kinder werden geboren (Tolle Ablenkung fürs Volk: Man erinnere sich an Brot und Spiele im alten Rom) Zudem wissen wir als Bürger wirkliche genau was unsere Poltiker machen? -Welche Verträge xy oder was im BND abgeht? Das glaube ich weiss nicht wirklich jeder.
-Was ich sagen will kann man immer die Gedankengänge der Politiker verstehen, bzw. ihre Lage aus ihrer Sicht verstehen bzw. das Weltbild?

Zudem denke ich mal es fehlt einfach eine gemeinsame Leitlinie aller Parteien, wären sie doch komprimisbereiter und würden sie nicht auf ihre Partei-Ideologien beharren. Ich finde es zum Beispiel: sehr lächerlich was die Linke an sozialistische und kommunistische sowie marxistische Digne fordert, oder noch lustiger die liberalen an ihrer absolut freien Neo-liberalen freien Marktwirtschaft setzen wollen (klar lassen wir die Reichen noch reicher werden und den gehobenen Mittelstand der FDP groß anwachsen) CDU und FDP. Aber die SPD übertertreibt's mit ihren sozial-marktwirschaftlichen Ideen manchmal auch, was bringen uns Mindestlöhne, wenn sie zu niedrig sind oder zu hoch für die Realität oder sich Unternehmen erpresst fühlen vom Staat, gezwungen zu sein Mindestlöhne zu geben. Zudem ist das alles gut anhörend bei vielen Parteien oder Regierungen. Aber es fehlt an konkreten Zielen und gemeinsamen Nennern. Und schön und gut das unserer Umweltminister mal mehr für die Umwelt tun will, ich sag nur reden kann jeder, aber handeln/agieren das können die wenigsten (auch die Politiker) Und was tun wir? AKW und KKW werden weiter betrieben und ausgebaut.

Und da sich CDU und SPD sich eh die Köpfe in der großen Koalition einschlagen wollen, fragt man sich wo ist noch der gemeinsame Nenner der Politiker... Besteht alles nur noch als Parteiprogramm, Grundsatzstreitereien oder will man endlich mal was für die Wirtschaft und die Umwelt was richtiges tun? Und mal der dritten Welt mehr helfen? Oder will eine Partei unbedingt mal wieder besser dastehen als die andere. Und unsere Wahlkämpfe dramatisieren so geschehen in Hessen...
 
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Trinitron schrieb:
Wir lassen nur zu, dass die 3. Welt Länder ihre Produkte nicht bei uns richtig absetzen können.

Wenn es nur das wäre. Aner nein, wir setzen mit unserer ach so sozialen Gesellschaft noch einen drauf und sorgen (unbewußt und im Glauben, gutes zu tun) dafür, daß die Wirtschaft in der dritten Welt den Bach runtergeht. Seht Euch doch mal all die Altkleidercontainer an: Die Betreiber verkaufen die getragene Bekleidung billig an afrikanische Händler, die verkaufen sie dann zu Hause weiter. Natürlich billiger als es einheimische Produkte wären. Resultat: Die Textilindustrie in Afrika geht den Bach runter...
 
@Trinitron
Ich ziehe als Bilanz aus Deinem Statement, dass es an einer gemeinsamen Stoßrichtung fehlt, die von mehreren Parteien getragen wird. Das ist ganz sicher ein Problem, weil es im Regelfall nicht ausreicht, ein Gesetz durch den Bundestag zu bringen. Der Bundesrat ist auch noch da.

Der Klimaschutz hat von den G8-Themen noch den größten Nachklang. Das ist zumindest mein Eindruck. Aber die Themen Afrika und Entwicklungshilfe sind zumindest in der Öffentlichkeit fast wieder von der Bildfläche verschwunden. Aber ich gebe zu, dass gerade internationale Absprachen eine Menge an Koordination, Feinabstimmung und Zeit erfordern.

Es wurde doch weit und breit kritisiert, dass die Entwicklungsländer bei ihren Exporten in die Industrieländer behindert werden. Und da ist die Landwirtschaft, gerade in Deutschland, noch das kleinste Problem, weil der Anteil der Beschäftigten an der gesamten Volkswirtschaft gering ist. Aber wie sieht es z. B. mit China aus. Das ist nach unseren Maßstäben immer noch ein Entwicklungsland, wenn man die Einkommen heranzieht. Da sperrt sich die EU auch mit Händen und Füßen gegen unkontrollierte Warenimporte.

Deshalb meine ich ja, dass Themen wie die Globalisierung auch im Zusammenhang gesehen werden müssen. Die Jobs, die wir bisher schon verloren haben (Textilindustrie, Schiffsbau) kommen nie wieder zurück.

Ich will daraus nicht den Schluss ziehen, dass alles so bleiben soll wie es ist. Aber wenn es anders werden soll, dann möchte ich für jede andere Strategie einen „Marschall-Plan“ sehen. Denn was nützen einem die Steinewerfer von Heiligendamm, die gegen die Globalisierung aber für gar nichts sind, außer natürlich für Schuldenerlass usw.
 
Jo so sehe ich das genauso. Ein Marshall-Plan aber aus Deutschland nicht aus den USA natürlich (hatte doch uns sehr verschuldet -kleiner Scherz am Rande) ;) Ein ziegerichteter flexibler und realistischer Plan wäre ein Schritt nach vorne für Deutschland anstatt spontane MwSt.-Erhöhungen etc.

Das was den Entwicklungsländern betrifft: Afrika und andere Entwicklungsländer haben nicht nur das Problem von der westlichen Welt nicht genügend unterstüzt zu werden, sondern auch viele andere Probleme mehr zum Beispiel Bürgerkriege, ethnische Gruppen Probleme die zu starken Konfilkten führen gar Massaker. :(

Das Problem ist zudem Deutschland ist sehr verschuldet wenn man es genau betrachtet. Wir haben zig Mrd. Schulden die wir wohl nicht mal in diesen Jahrhundert abbezahlen werden können. Ich finde Länder wie die USA sollten mehr tun, den diese haben mehr Spielraum als wir. Aber leider sind so wohl nicht sehr darauf aus der dritten Welt zu helfen, genauso in Sachen Umweltschutz. Und wie will man Afrika in ihrer politischen Lage und die ungerechte Verteilung ihrer Reichtümer helfen? Dazu müssten alle Länder auf diesen Kontinent ein sehr soziales und gerechtes System aufbauen, gut bezahlte Jobs für jeden anbieten. (Dazu fällt mir ein: Wir streiten/streiken uns über angebliche Hungerlöhne während die Dritte Welt quasi Todeslöhne verdient=gar nichts und Billigarbeiter von uns ausgebeutet werden (Firmenverlagerung ins Ausland...)

Aber ich kann dir in einen Punkt nicht zustimmen: China ist ein Schwellenland. Und eine Nuklearmacht, dass mit ökonomische sowie ökologische Problemen noch zukämpfen hat. Und noch nicht auf West-Niveau angekommen ist. Zur dritten Welt gehört es schon lange nicht mehr. ;) Und das mit den Spielzeugimporten die verschärft sind, etc in der EU ist begründet. Manche Chinesische Produkte sind eben wirklich belastet mit diesen und den kresbserregenden Gift, die Chinesischen Firmen nehmen das nicht so genau. (Ich bin selbst Chinese und kann ein Liedchen über mein Heimatland singen, das ich als westlich geprägter Mensch von der poiltischen Entwicklung und den ökologischen Umgang kritisch sehe/gegenüber stehe.) :rolleyes:

Zur dritten Welt:
Man bräuchte mehr als eine UNICEF und Fördergelder. Man bräuchte mehr aktive Hilfe und man müsste die Regierugnen in Afrika mehr unterstützen bzw. Diktaruren stürzen? oder die Regierungen stabilisieren bzw. den Staat selbst aber wer will das schon. Oder wie kann man die Reichtümer Afrikas an alle ethnischen Gruppen Afrikas gerecht zuteilen? Schon wenige Diamanten an alle Afrikaner aus ihren jeweiligen Land und schon wäre die Armat quasi zumindest ein wenig kompensiert... Mal naiv gesagt als kleines Beispiel. Afrika ist zudem ein Opfer der Kolonialiserung und der zunehmenden Globalisierung. Die Gewinner stehen auf der Nordhalbkugel. Und übrigens wenn man betrachtet wie ungerecht die Reichtümer allgemein verteilt sind auf der Welt... Kann man sagen erschreckend: Wie egoistisch der Mensch sein kann.

@Wiesel201

Denkst du das es so eifnach gesagt ist? Schonmal dran gedacht: Das die Kleider auch verschenkt werden. Und das was du meinst eher so ist, dass unsere Altkleider zu Wischlappen etc. umfabriziert werden udn sehr billig verkauft werden. Zudem glaub wohl kaum das ein einheimischer Schneider in Afrika Geld verdient, wen viele in seinen Kontinent hungern und leiden müssen sowie kaum Geld haben. Vieles was sie zum leben benötigen bekommen sie entweder nach einheimischen Traditionen oder durch Spenden etc... Leider aber dennoch oft sehr unterversorgt die Menschen in Afrika. Das ändert sich auch nicht durch eine Besserung ihrer Handelssituation das Problem steckt viel mehr an der Wurzel. Es herrscht in Afrika quasi keine Stabilität und Einigkeit, zu viele Krankheiten... Zu viele Bürgerkriege, zu viel Ungerechtigkeit. Das was du nennst und Dinge wie die Subventionierung der eigenen Wirtschaft, sind nur die Spitze des Eisbergs. Afrika hat vielseitige Probleme. Was interessiert dennen in Afrika die Wirtschaft und der Handel, wen ihre Grundversorgung an Wasser, Nahrung, Medizin fehlt? Dann würde ihnen das auch nicht mehr helfen. Zudem wenn man bedenkt wie viele in Afrika erwerbslos sind etc...
 
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Also zum Thema Afrika: Hilfe zur Selbsthilfe. Keine Spenden, keine Abwürfe, welche die dortige aufkeimende Wirtschaft und Handel zunichte machen. Gegen kostenlos kann kein Händler und Bauer konkurrieren.
Keine Gelder an Warlords und korrupte Regime. Nur in absoluten Notgebieten temporäre schnelle Hilfe, aber stets mit Hintergedanken: Hilfe zur Selbsthilfe. Echte Aufbauhilfe keine Almosen. Schuldenerlass ist nur sekundär und bringt alleine für Afrika garnichts. SO sehen wirs eh nicht wieder.
Afrika hat alles an Ressourcen. Es bräuchte uns nicht, wir aber Afrika & co. Also lasst es doch endlich auch mal. Alles andere ist egoistisch und dumm. Wenn wir unseren Wohlstand weiterhin auf Knochen der Entwicklungsländer austragen und Gewohnheiten krampfhaft zu erhalten versuchen, schieben wir das Problem nur vor uns her, leider vergrößern es sich aber dann auch.

Und wer spricht denn von unkontrollierten Warenimporten? Das meiste was wir aus Afrika importieren kommt doch von unserer Wirtschaft selber, dort an- und abgebaut. Das wenigste kommt von unabhängigen einheimischen Firmen und Händlern. so haben die überhaupt keine Chance jemals aufzuschliessen.

„Wer Afrika helfen will, darf kein Geld geben“


China ist/wird ein Problem, aber auch teils ein hausgemachtes. China ist aber keineswegs mit Afrika zu vergleichen, völlig anderes Terrain mit völlig anderen Voraussetzungen und Möglichkeiten.
Alle können und werden auch nicht abwandern. Also sollte man sich auf genau diese verstärkt konzentrieren. Alle anderen können wir so oder so nicht binden und aufhalten.

Einen Marshall-Plan wirds auch nicht mehr geben, weil der (damalige) Geldgeber selber vor dem Bankrott steht. ;)
Ein Zeichen, das wir mit der aktuellen Politik und Strategie dem Ende mit großen Schritten entgegen steuern, wenn wir uns nicht drastisch ändern. Zeiten ändern sich, viel schneller als wir selbst.

Um deine Bilanz gleich vorwegzunehmen: Abschotten hilft nichts. Wir können gar nicht mehr anders, als grundlegend neue (ungewohnte) Pfade zu beschreiten.
 
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Mein Fehler, dass ich bei China aus Versehen Entwicklungsland schrieb, obwohl ich Schwellenland meinte. Aber China ist ein zweischneidiges Schwert. Du fährst in Shanghai morgens zur Arbeit und schaust auf einen Wolkenkratzer, der gerade gebaut wird. Wenn Du abends wieder nach Hause fährst, ist der Bau schon ein Stockwert höher. Unglaublich! Auf dem platten Land dagegen leben die Menschen noch wie vor 100 Jahren.

Die Sache mit den Importen, die ich oben beschrieb, bezog sich auf China. Ich glaube es war im letzten Jahr, als bereits im April oder Mai das chinesische Kontingent für Kleidung/Schuhe erschöpft war. Da wollten die EU-Behörden die Entladung weiterer chinesischer Schiffe in Rotterdam unterbinden. Wir sind uns wohl einig, dass sich China selbst aus der Patsche helfen kann. Das soll nicht unser Problem sein.

Thema Verschuldung. Da verweise ich ja immer wieder gerne auf die Website des Steuerzahlerbunds: http://www.steuerzahler.de. Knapp 1.500 Milliarden Euro Schulden, also umgerechnet 18.130 Euro pro Nase. Und die USA? Deren Haushaltsdefizit für 2008 beträgt 250 Mrd. US-Dollar (gut 170 Mrd. Euro). Und da ist das geplante Konjunkturprogramm noch nicht eingerechnet, das mindestens weitere 150 Mrd. Dollar kosten soll.

Trotzdem erwarten die ärmsten Länder dieser Welt, dass sich die reichen Länder wie Deutschland und die USA anstrengen, um ihnen zu helfen, während wir wie gewohnt „auf hohem Niveau jammern“. Wir kennen es ja nicht anders.

Hinter vorgehaltener Hand, darauf wette ich, herrscht ein unausgesprochener Konsens darüber, dass wir – die Industriestaaten – eigentlich ganz gut mit der aktuellen Situation fahren. Hauptsache, die Armen dort bleiben, wo sie sind und wandern nicht unkontrolliert ein. Aber das nur am Rande.

Denn wenn wir ehrlich sind, ist es doch so: Eine Hilfe, die wirklich etwas bringt und die deshalb auch eine gewisse kritische Masse übersteigt, trifft unseren Geldbeutel. Sei es in Form von Schuldenerlass, neuen Krediten, Investitionen in die Infrastruktur oder Erleichterungen im Außenhandel. Wenn es so weit käme und jeder von uns auf z. B. 300 Euro im Jahr verzichten müsste, dann möchte ich sehen, wie groß die Solidarität am Ende tatsächlich ausfällt.
 
Trinitron schrieb:
Was interessiert dennen in Afrika die Wirtschaft und der Handel, wen ihre Grundversorgung an Wasser, Nahrung, Medizin fehlt? Dann würde ihnen das auch nicht mehr helfen.
Leicht gesagt. Ohne eine funktionierende Wirtschaft wird es nie zu einer erfolgreichen Bekämpfung des Elends in Afrika kommen. Da wurden seinerzeit Milliarden an Entwicklungshilfegeldern in den Aufbau der Textilindustrie Afrikas (sozusagen als "Initialzündung" für eine industrielle Entwicklung) gesteckt, und heute wird nichts dagegen unternommen, daß mit durch den Verkauf von Spendengütern diese Investitionen ad absurdum geführt werden. Dumm an der Geschichte ist nur, daß die gemeinnützigen Organisationen wie beispielsweise das DRK auf die Verkaufserlöse angewiesen sind, um ihre eigenen sozialen Projekte zu finanzieren. Ich nenne das ein klassisches Dilemma...
 
Woar, was für ein textlastiger Thread. Da muss erstmal was für die Augen rein ^^

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Ich glaub du gehst die Grundeinkommens-Diskussion zu ernst an, keshkau. Wenn du dir mal genauer ansiehst, wer darüber redet, verstehst du den Sinn dahinter. Es handelt sich um Professoren, linke Politiker und Hobby-Regierungskritiker.
Hier existiert noch ein Artikel darüber bei Telepolis von Ende März 2007. Obwohl aus volkswirtschaftlicher Sicht ein paar Gedanken und Diskussionen zu dem Thema sicherlich geistig reizvoll sind, so bleibt es auch dabei. Ohne jetzt zu sehr auf das Pro und Kontra einer bedingungslosen-800€-Rente einzugehen ignorieren alle Fürsprecher dieses Grundeinkommens etwas Wesentliches: Deutschland ist ein freies Land und kein isolierter Staat, der einfach irgendwas ändern kann, ohne die globalen Auswirkungen zu beachten.
Der Zuzug aus ärmeren Ländern wäre gigantisch, der finanzielle Kollaps gallopierend. Daher ist das ganze Thema theoretisch ganz nett, praktisch völlig indiskutabel. Wem jetzt feuchte Gedanken an eine Mauer kommen, der möge doch bitte vom Antworten-Button absehen ;)

Der Sinn hinter dem Ganzen ist nicht wirklich die Einführung eines solchen Grundeinkommens, sondern etwas anderes. Die Anerkennung der unentgeltlichen Arbeit von Vater und Mutter. Die ehrenamtlichen Tätigkeiten. Eine gerechte Zahlung von Rente oder Studenten-Unterstützung
Das Bürgergeld soll die meisten anderen Sozialleistungen ersetzen. Nach seiner Einführung gibt es also voraussichtlich weder Arbeitslosengeld I, Arbeitslosengeld II, Sozialgeld oder Hilfe zum Lebensunterhalt noch BAföG, Kindergeld, Elterngeld, Renten oder Pensionen.

Totaler Nonsense. Das klingt schon so einfach, das es lächerlich wird. Ich versteh den Sinn dahinter nicht, aber das kann mir ein Visionär sicher erklären.

Darüberhinaus sind Grundeinkommen und Mindestlohn verheerend für die Beschäftigung von Billigkräften. Entweder hat der Arbeitgeber bei einem zu hohen Mindestlohn keine Chance mehr den Betrieb weiterzuführen (Pin) oder der Arbeitnehmer lacht bei einem Grundeinkommen nur darüber (wie etwa Arno - sehenswert!)

Wer geht bei 800€ für nixtun noch putzen? An der Kasse arbeiten? Mülltonnen entleeren? Die Akademiker sicherlich nicht, die werden regulär weiterarbeiten.
Diese Idee ist eigentlich ein Aprilscherz, oder?
 
@Odium
Dein erster Gedanke war auch meiner, als der erste Beitrag stand. „So viel Text“, dachte ich, „das liest doch keiner“. Abgesehen von Deinem Link zum Grundeinkommen, gab es das Thema schon einmal in diesem Forum, wir hatten eine mehrseitige Kontroverse im Zusammenhang mit dem Thema Demografie und erst kürzlich eine Linksammlung.

Das bedingungslose Grundeinkommen stellt eine extreme Außenseiterposition dar. Aber wer (Vorsicht: Pauschalisierung) ein „Ende der Globalisierung“ fordert, denkt mindestens ebenso utopisch. Und das waren rund um Heiligendamm nicht wenige Leute.

Der Sinn hinter dem Ganzen ist nicht wirklich die Einführung eines solchen Grundeinkommens, sondern etwas anderes. Die Anerkennung der unentgeltlichen Arbeit von Vater und Mutter. Die ehrenamtlichen Tätigkeiten. Eine gerechte Zahlung von Rente oder Studenten-Unterstützung.
Damit könnte ich ja noch leben. Und es würde auch zu den Gesetzen zur Stärkung des Ehrenamts passen. Doch einigen Theoretikern ist es langfristig durchaus ernst damit, auch wenn ich persönlich der Meinung bin, dass z. B. der Zustrom von Menschen nicht mehr zu stoppen wäre.

Dennoch soll es hier nicht allein um das Grundeinkommen gehen, schon gar nicht um die Details. Das habe ich nur beispielhaft beleuchtet, um die Probleme im Detail zu zeigen. Wir müssen hier auch keine neue Mindestlohndebatte führen, die es im Forum schon gibt.

Das eigentliche Anliegen ist ein durchaus kniffliges Thema. Wie lassen sich die vielfältigen Vorschläge, die z. B. von „links“ kommen, so miteinander verknüpfen, dass sie es wert sind, näher geprüft zu werden?

Ich sehe es an den „programmatischen Eckpunkten“ der Linken. Sie fordern bisher fast nichts anderes als bei den einzelnen Politikfeldern die Stellschrauben auf eine neue Position zu bringen. Oft ist das nicht viel mehr als Feintuning. Die Maschine dahinter ist immer noch dieselbe. Aber eine neue Engine wird uns nicht angeboten, nicht einmal ein Entwurf.
 
So funktioniert Politik nicht. Partei A hat ne tolle Idee, den Spitzensteuersatz anzuheben, weil im Moment die Managergehälterdiskussion um sich greift und deshalb die Bevölkerung sowas unter Jubelwohl abnicken würde. Partei B will aber, dass der 'Brain Drain' - die Abwanderung hochqualifizierter Fachkräfte ins Ausland, gebremst wird. Hochqualifizierte Fachkräfte zahlen oft Spitzensteuersätze. Was nun? Kompromiss!
So läuft das. Daher fordern Politiker immer sehr extreme Maßnahmen, in der Hoffnung, dass sie dadurch erstens ihre 15min Ruhm im TV kriegen und zweitens bei der Diskussion und Absegnung im Bundestag noch zumindest die Grundzüge ihres Vorschlags erhalten bleiben.

Wenn du dich ganzen tollen Ideen von links zu einem großen und sinnvollen Ganzen aufbauen willst - viel Spaß. Die schaffen das ja nicht mal selbst. Irgendwer hat immmer was zu meckern, irgendwas wird immer nicht beachtet. Das übersteigt unsere Möglichkeit bei weitem. Wir brauchen dazu harte Zahlen, kein Halbwissen von Leuten, die sich damit nur 10 Minuten beschäftigt haben.
 
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Ich selbst bin gar nicht scharf darauf, aus den vorhandenen Ideen ein sinnvolles Ganzes zu bauen. Das ist die Aufgabe derjenigen, die mich mit ihren Vorschlägen überzeugen möchten. Selbst wenn es im politischen Alltag immer zu Kompromissen kommt, so schadet es nicht, wenn man als Partei oder als politische Gruppierung wenigstens ein eigenes Szenario in Händen hat. Das ist es doch, womit man die Wähler auf seine Seite zieht: eine Vision von einer besseren Welt.
 
@keskhau
du gehst leider, wie viele der "neuen Bürgerlichen" ;):D davon aus das der Mensch so träge ist und sich mit 600-800 Euro zufrieden gibt. Sicherlich kann dieses sein, aber zum einen bin ich nicht der Meinung das in Zeiten der Arbeitsknappheit Menschen dazu gezwungen werden sollten gegen ihren Willen unbedingt jedwede Arbeit anzunehmen nur damit konservative Wertvorstellungen bedient werden. Ich bin der Meinung das es in einer materiell überfrachteten Welt, mit all ihren Konsumverführungen, noch genug Menschen gibt die bereit sind für einen höheren Lebensstandart oberhalb der Grundsicherung auch zu arbeiten. Mir kann niemand erzählen das es ein großes Vergnügen ist am Existenzminimum zu leben. Denen den das aber ausreicht haben meine volle Hochachtung da diese Menschen wirklich gelernt haben auch ohne großen Konsum gut zu leben. Ich könnte das (leider ;) ) nicht.

Wie läuft es denn heute ? Heute nutzen manche Unternehmen die Notlage der Menschen aus um diese mit Hungerlöhnen in miese Beschäftigungsverhältnisse zu packen wo man demotiviert eine Arbeit verrichtet. Sicherlich gibt es schönere und weniger schöne Arbeit (liegt aber im Auge des Betrachters). Aber ich glaube das die "weniger schöne" Arbeit mit einem besseren Lohn auch dann entsprechend Attraktiver wird. Des weiteren geht es ja auch nicht nur um das Gehalt um eine Arbeit "schöner" zu gestalten, auch die Arbeitsbedingungen tragen ihres dazu auch monotone Arbeit erträglicher zu machen. Bei einem Grundeinkommen währen die Unternehmen in der Pflicht für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen was doch voll zu unterstützen ist schließlich wurde die Leibeigenschaft doch längst abgeschafft.

Ich finde es jedenfalls schlimm das die Haupttriebfeder zur Arbeitsaufnahme im wirtschaftlichen Druck bestehen soll, einem Druck den der Arbeitgeber nach gut dünken gestalten kann und dem der Arbeitnehmer voll ausgesetzt ist. Ein Grundeinkommen würde hier endlich "Waffengleichheit" schaffen und Arbeitgeber dazu brinigen dem Arbeitnehmer entgegen zu kommen und mit mehr Respekt zu begegnen. Was natürlich nicht heißen soll das es nur böse Arbeitgeber gibt die ihre Arbeinehmer knechten. Aber gerade in niedrig bezahlten Bereichen gibt es leider sehr krasse Fälle von Ausbeutung.

Ich glaube man sollte den Menschen mehr zutrauen als zu meinen das dieser nur unter Druck zu Leistungen fähig ist.
 
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Wie läuft es denn heute ? Heute nutzen manche Unternehmen die Notlage der Menschen aus um diese mit Hungerlöhnen in miese Beschäftigungsverhältnisse zu packen wo man demotiviert eine Arbeit verrichtet.

Und manche Arbeitnehmer nutzen die Notlage der Unternehmen aus, weil sie keine Fachkräfte finden und verlangen 50.000 im Jahr Wie fies ist das denn?

Stell das nicht so hin, als wär früher alles besser gewesen. Arbeit war schon immer Angebot und Nachfrage unterworfen und AN will möglichst viel, AG will möglichst wenig ausgeben.

Bei einem Grundeinkommen währen die Unternehmen in der Pflicht für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen was doch voll zu unterstützen ist schließlich wurde die Leibeigenschaft doch längst abgeschafft.
Nein, bestimmte Dinge würden gar nicht mehr angeboten werden. Friseur-Salons etwa machen dicht, weil keiner bereit ist, 90€ zu zahlen, die der Friseurladen-Inhaber seinen Frauen zahlen muss, weil sie sonst zu Hause auf der Couch mit 800€ sitzen würden.

Ich finde es jedenfalls schlimm das die Haupttriebfeder zur Arbeitsaufnahme im wirtschaftlichen Druck bestehen soll, einem Druck den der Arbeitgeber nach gut dünken gestalten kann und dem der Arbeitnehmer voll ausgesetzt ist.

Ich werd normalerweise nicht persönlich, aber deine verklärte Sicht der Dinge ist schon echt hart. Aber für genau solche Ansichten hab ich mal eine Umfrage bei FB gemacht, Titel: Wer arbeitet freiwillig, wer nicht? Da haben die Leute abgestimmt, ob sie bei gleichem Geld eher zu Hause sitzen würden oder doch arbeiten gehen.

Ergebnis: Etwas mehr als die Hälfte der (überwiegend männlichen) FB'ler würde zu Hause bleiben. Bei Frauen wären es noch mehr, die haben nicht den gleichen fanatischen Eifer ^^

Es gibt hier nicht wirklich einen Druck. Mir hat jemand mal erzählt, man kann sich seine Ausbildung selbst aussuchen. Und danach kann man sich sogar den Arbeitsplatz frei aussuchen, und - festhalten -, man kann sogar kündigen, wenn es einem nicht mehr gefällt :cool_alt:
 
Hmmm, wer behauptet "früher war alles besser" ? Klar hast du recht wenn du sagst das auch anders rum "Ausgenutz" wird. Ich glaube aber dass das quantitativ viel weniger ist und das die Arbeigeber im allgemeinen am längeren Hebel sitzen.

Mir geht es jetzt ja granicht darum hier aufzurechnen, bloß sollte man sich fragen ob es wirklich so ist als ob alle Welt zuhause bleibt wenn man ein Grundeinkommen bekommt. Ich meine klar nein auch wenn du jetzt hier Umfragen bemühst so sollte man da genau hinterfragen ob diese denn repräsentativ sind. Ich wette man könnte jederzeit allemöglichen Umfragen bemühen die das Gegenteil beweisen.

Ich finde jedenfalls das heutige Repressionssystem bei HartzIV höchst uneffektiv weil sich Menschen immer irgendwelche Lücken suchen um dem Druck auszuweichen. Es sollte doch das Interesse das Arbeitgebers sein motivierte Arbeitnehmer zu haben die dann auch viel produktiver sind.
 
Ich unterscheide bei den Beziehern von Grundeinkommen zwei Gruppen. Da sind einmal die 30 Mio. oder mehr Arbeitnehmer, die Vollzeit für mehr oder weniger gutes Geld arbeiten und z. B. 1.300 oder 1.700 Euro oder mehr nach Hause tragen. Die werden weiterhin ihren Job machen, weil sie ihren Lebensstandard halten wollen. Ist doch klar. Sie werden aber unmöglich ihr bisheriges Gehalt beziehen und das Grundeinkommen als Bonus erhalten können. Der Staat kann schließlich kein Geld ka… (drucken).

Aber abgesehen von dieser unproblematischen Gruppe gibt es die Geringverdiener, die Teilzeitkräfte oder die Minijobber. Nur um die geht es. Ihnen wird der Anreiz zu arbeiten genommen. Sie hatten bisher 400 oder 800 Euro netto. Und diesen Betrag bekommen sie jetzt bedingungslos. Also bleiben sie einfach zu Hause, weil sie sich damit besser stehen als vorher: Sie haben mehr Freizeit. Zwar hätten sie mehr Geld als bisher, wenn sie zusätzlich arbeiten würden. Aber ob sie davon Gebrauch machen, weiß man nicht. Bisher kamen sie ja auch zurecht.

Ich meine ja nur Folgendes: Wenn man das System umstellt und das Grundeinkommen zahlt, dann wundert man sich vielleicht darüber, dass niemand mehr die Regale im Einzelhandel auffüllt, der Zeitungsbote im Bett geblieben ist oder die Restaurants ohne Kellner dastehen. Und dann soll es eine Anpassung (z. B. mehr Gehalt) seitens der Arbeitgeber geben? Das würde doch nur bedeuten, dass die Zeitung teurer wird und das Bier in der Kneipe auch. Aber darüber redet anscheinend niemand gerne.

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Ich kann gerne noch mein Problem beschreiben, das ich mit dem Grundeinkommen habe: Es war in der Menschheitsgeschichte immer so, dass man –in der (familiären) Gemeinschaft – um sein Überleben kämpfen musste. Wer nicht arbeitete, siehe Extrembeispiel Arno, musste betteln gehen oder verhungern. Das galt in dieser Form sogar noch vor 150 Jahren.

Als die Sozialversicherungen eingeführt wurden, war der Grundgedanke, dass man diejenigen unterstützt, die (ohne eigenes Verschulden) in eine Notlage geraten sind und auf Hilfe angewiesen waren: vor allem Kranke, Arbeitslose und Rentner.

Mit der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen wird das System auf den Kopf gestellt. Es gilt nicht länger die Devise, dass jeder in erster Linie für sich selbst zu sorgen hat und nur dann Anspruch auf Hilfen durch die Gemeinschaft hat, wenn er sich selbst nicht mehr selbst zu helfen weiß (bzw. wenn die Angehörigen ihn nicht unterstützen können).

Plötzlich soll das Gießkannenprinzip gelten. Man schüttet z. B. 800 Euro an alle Vollzeit-Beschäftigten aus – ohne jede Not. Das sind bei 30 Mio. Arbeitnehmern ja nur 24 Mrd. Euro monatlich oder 288 Mrd. Euro im Jahr. Und wenn ich das mal ganz grob (!) für Deutschland überschlage: 80 Mio. Bezieher x 800 Euro/Monat , dann komme ich auf über 750 Mrd. Euro jährlich.

Und es soll mir niemand erzählen, dass auf einmal die Sozialversicherungen wegfallen könnten. Überlegt doch mal! Die Rente ist wie bereits erwähnt ein sehr großes Problem, weil dort Ansprüche erworben wurden und weil es um riesige Summen geht. Die Krankenversicherungen werden nicht von heute auf morgen überflüssig, weil die Menschen weiterhin krank werden und das Gesundheitswesen irgendwie finanziert werden muss. Das gilt auch für die Pflege. Die Arbeitslosenversicherung möchte sicher auch niemand sofort abschaffen. Denn wenn jemand seinen Job verliert, fällt er von jetzt auf gleich ziemlich. Das wäre deutlich schlimmer als der Bezug von Hartz IV nach einem Jahr Arbeitslosigkeit.

Wenn da also etwas mehr als heiße Luft ist, dann lasst es mich wissen.
 
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