Halo 2 oder meine Abrechnung mit einem Hype.
Nun ist eines der sehnlichst erwarteten X-Box Spiele da: Halo 2. Landauf, Landab wird man mit Werbung, Promotionpartys und anderen marketingtechnischen Firelfanz bombardiert. Es soll also kein Zweifel aufkommen: Hier steht ein Stück Software-Geschichte.
Liebe Konsolenbesitzer: Ihr müsst jetzt tapfer sein. Ich selbst nenne eine X-Box mein eigen und mag diese klobige Daddelkiste ungemein. Aber PC-User werden sich angesichtes des nun folgenden Textes die Hände reiben. Leider zurecht.
Vorweg: Halo 2 ist kein schlechtes Spiel. Aber dennoch weit weg von allem, was als das Überspiel schlechthin gelten könnte. Darum will ich auch gleich zur Sache kommen:
Grafik:
Laut dem Entwicklerteam Bungie ist man mit dem Spiel Halo 2 an der 100% Auslastung der Hardware der X-Box. Aber in welcher Hinsicht? Grafisch mag das für die in Spielegrafik gehaltenen Storysequenzen vielleicht noch gelten: Feines Bump-Mapping und schöne Beleuchtungs/Schatteneffekte zeugen von der X-Box Power und fähigen Programmieren. Zumindest solange bis es zum eigentlichen Spiel kommt. Dort sind grafische Verbesserungen gegenüber dem Vorgänger mit der Lupe zu suchen. Im direkten Vergleich zum X-Box Spiel Riddick-Escape from Butcher Bay hat Halo 2 nicht den Hauch einer Chance. Wo sind also 3 Jahre Entwicklungszeit hin?
Sound:
Während Waffen und Umgebungssounds in Ordnung, aber nicht aussergewöhnlich spektakulär sind, ist die deutsche Vertonung schlichtweg eine Katastrophe. Ein Spiel, was den Anspruch stellt erstklassig zu sein, kommt mit drittklassigen Sprechern an den Start. Diese schaffen es auch dann erfolgreich, die eigentlich gut gemachten InGame-Storysequenzen auf C-Movie Niveau zu degradieren. Wenn man bedenkt, welche Mühe für die Vertonung der US/UK-Version betrieben wurde, gehören die Verantwortlichen der deutschen Version fristlos gefeuert.
Einzig der Soundtrack bzw. die Musik kann überzeugen – doch die hab ich schon vor 3 Jahren in Halo 1 gehört.
Gameplay:
Gleich der erste Level in Halo 2 ist eine 1:1 Kopie des ersten Level aus Halo 1. Für 3 Jahre Entwicklungszeit eine Frechheit. Überhaupt beschleicht einen ständig das Gefühl, die Levels bereits zu kennen: Grösstenteils wirken sie wie Versatzstücke aus Halo 1. Da tröstet es wenig, das es so gut wie keine Levelwiederholungen gibt. Detailverbesserungen sind mit der Lupe zu suchen: Das Dualwaffen-Feature ist ganz nett, jedoch nicht wirklich neu. Fahrzeuge haben jetzt Schadensmodelle und Texturen. Die gross angepriesene Physikengine ist spielerisch so gut wie bedeutungslos.
Die Level sind streng linear aufgebaut. Verlaufen unmöglich. Versucht man, vom vorgegebenen Pfad abzuweichen, wird zuerst das Auge bestraft: Eintönige Texturen und platte Wände „belohnen“ den Spieler für seinen Erkundungsdrang.
Überhaupt trauen sich die Entwickler nur selten außergewöhnliches zu zeigen. Die coole Idee mit dem Kampf auf der abstürzenden Raumstation oder die Verfolgung des riesigen Spinnenroboters lassen auf mehr hoffen – leider vergeblich. So richtig öde wird es allerdings dann, wenn das Spiel den Spieler an einer Stelle im Level „festhält“ und Wellen für Wellen Gegner abgearbeitet werden müssen. Das kommt leider so ziemlich jeden Level vor. Ansonsten läuft man halt von A nach B und ballert alles über den Haufen.
Was Halo 2 vor der Mittelmässgkeit rettet, ist die Möglichkeit die Geschichte aus der Alien-Sicht zu erleben und der Multiplayermodus. Der kann wenigstens mit schönen Karten und vielen Spielmodi glänzen. Irgendwie wird man dabei aber den Verdacht nicht los, das hier mehr Arbeit in den Multiplayermodus geteckt wurde, als in die Singleplayerkampange.
Verbessert wurde hingegen endlich die Fahrzeugsteuerung: Der Warthog ist jetzt spielbar und reagiert nicht so völlig übertrieben empfindlich wie in Halo 1. Übrings der Grund, warum ich Halo 1 nie durchgespielt habe: In der letzten Mission muss man ja unter Zeitdruck mit dem Warthog fliehen – jo, aber nicht mit der Grottensteuerung. Einfach nicht machbar.
KI:
Endlich mal was positivies. Die Gegner rotten sich zusammen, gehen in Deckung, umkreisen ein, flüchten auch mal und können einen durch Räume und mehrere Ebenen hinweg folgen. Auch mit Fahrzeugen kann die KI erstaunlicherweise recht gut umgehen. Aber alles eitel Sonnenschein ist deswegen noch lange nichts: Gegner die nicht reagieren, selbst wenn man 5 Meter vor ihnen steht und Gegner die gegen Wände laufen trüben das eigentlich gute Bild.
Fazit:
Halo 1,5? Das hätte auch ein Addon sein können. Wirklich neues sucht man vergebens, Detailverbesserungen hier und dort. Ansonsten hat sich in 3 Jahren nicht viel getan.
Halo 2 spielt sich wie Flasche leer. Ich habe fertig!
