Meinungsfreiheit ohne denken? Sind Tabus nötig? Wird die Gesellschaft wortkarg/arm?

TnTDynamite schrieb:
Dei Beitrage von Olf muss ich jetzt erstmal in Ruhe studieren ;)

Sorry, dass die immer so lang werden ... ich tue das meist nicht absichtlich.
 
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Lieber Olf, da wir alle selbst hier dem gleichen Problem unterliegen, wenn auch nicht immer so dramatisch wie du es tust, sei es dir verziehen. Dafür sind die Beiträge nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ herausragend. :)

Kokuswolf schrieb:
Alle Gedanken dazu werden ab hier komplizierter... und zwar viel komplizierter. Und das ist der Grund, warum viele den unmittelbaren, einfachen Weg gehen und dem Kurzschlussgedanken folgen. Ob der es den tatsächlich bringt wird schon gar nicht mehr durchdacht. Ich kann es irgendwie nachfühlen - es kommt aus einer Art Ohnmachtsgefühl. Es ist aber zugleich die Rechnung, die damit für den eigentlichen Verursacher aufgeht.

Von daher, ich glaube nicht recht ans "alle plappern es nach oder sagen gar nix". Es ist der Stress, der damit einhergeht, wenn viele für ihre Ideale einstehen wollen. Und haben wir ironischerweise nicht schon genug Stress im Leben?

Dann picke ich einfach mal von den letzten, langen Beiträgen den Part raus, der für mich am besten das Kern-Thema trifft.
Kokuswolf spricht da wohl auch einen oder gar zwei ganz wichtige Punkte an.
Ich glaube nicht, dass die Leute früher ein einfacheres Leben hatten. Dennoch wird alles komplexer und mental anstrengender. Früher waren die meisten Leute oft geistig unterfordert und körperlich überlastet. Heute ist es umgekehrt. Vielleicht führt das im Wesentlichen zu dieser Denkfaulheit.

Das Ohnmachtsgefühlt, dass sicher viele haben, verleitet natürlich auch dazu auf den nächst-besten zu schießen, den man in Reichweite hat. Am einfachsten schimpft es sich nun einmal auf die Regierung, eine beliebige Randgruppe oder eine geheime, verschwörerische Macht, die alles lenkt (gerade beliebt: CIA, Illuminaten, CIA-Illuminaten, CIA-Juden...).
 
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TnTDynamite schrieb:
Ich habe das ja nur so verallgemeinert/extra betont "breche herunter", weil du gefragt hast was meine Einlassung mit dem Thema zu tun hat. Dass das zu eindimensional ist, weiß ich.
Die Themen die wir vorgesetzt bekommen? Bei denen sollte man es nicht belassen. Aber manchmal sind die ja doch relevant. Die Debatte um Kitas vs. "Herdprämie" ist ja doch irgendwo am Nerv der Zeit. Aber wegen dem Erwähnten Clash der "Felsen gegen die Kometen" (Zitat Markus Heitz". Denen die Veränderung wollen und denen die gerne alles lassen wie es immer war.

Ja, schon klar. Ich meinte auch nicht die Verallgemeinerung die durch die heruntergebrochenen Form entsteht, die du angewendet hast, sondern die Verallgemeinerung, das in sozialer Medien nur oberflächlich betrachtet wird. (... was ein Satz) Und das diese Betrachtung oft der Selektiven Wahrnehmung entspricht, nach der man bestimmte Reize stärker wahrnimmt, als andere -> in diesem Fall das Verhalten des Volkes in sozialen Medien. Um das zu Verdeutlichen muss man sich mal die Anzahl der möglichen Stimme - also Menschen - vorstellen, die dazu ihre Meinung abgeben könnten. Das sind Millionen ... und obwohl das klar ist, verfällt jeder von uns leicht einer Einschätzung, die auf wenig Erkenntnis beruht, und projizieren sie auf die Massen.

Ich kann das gerade nur schwer erklären. Aber ich hab ein Beispiel. Während meiner Fahrschulzeit, insbesondere vor der Prüfung, habe ich unmengen an Fahrschulautos auf den Straßen gesehen. Das waren erstaunlich viele. Doch nachdem einige Zeit verging ist das wieder auf das übliche Maß gesunken, wo diese mir recht "selten" vorkommen. In diesem Beispiel ist die verzerrte Wahrnehmung unseres Hirns wichtig... jene, die bei einem für uns momentan wichtigen Thema besonders stark bestimmte Momente/Erinnerungen/"Fakten" rausselektiert. Dabei ist der Aspekt wichtig, das sich schnell dabei eine Einstellung ergibt, die durch die selektive Wahrnehmung kulmulativ verstärkt wird, weil sie immer intensiver in eine Richtung wahrnimmt. Bspw. habe ich das mit Mercedes-Fahrer, die ich für die schlimmsten Autofahrer halte -> "Immer wenn ich einen sehe, nimmt er die Vorfahrt, blinkt nicht, etc. ... typisch!"

Verstehst du was ich mit Verallgemeinerung bei dir meinte?
 
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DerOlf schrieb:
@Damocles' Sword
Deine Intervention ist unnötig. Ich wollte nicht darauf hinaus, dass wir alle einen (einheitlichen) kult. Ursprung haben. Mir ging es im Gegenteil genau darum, dass man seinen eigenen kulturellen Ursprung nicht nicht zu einem Anfangs- oder Ausgangspunkt zurückverfolgen kann. Da wo das gelingt, handelt es sich mMn eigentlich immer um Willkür.

Du weisst aber schon, dass wir uns vorher schon einig waren,dass es bei Kultur nicht um Landesgrenzen oder Namen geht, oder ? Es geht um den Zeitraum. Die Karolinger hatte ich absichtlich nicht erwähnt, ebenso absichtlich keine Jahreszahl wie z.b. 814. Du hast praktisch etwas aufgegriffen, was bereits unisono geklärt war. Dadurch dachte ich du seist anderer Meinung (habe ich zumindest so verstanden). Mach mich doch nicht so konfus , Mensch. :p
 
@Kokuswolf
Ja ich verstehe was du meinst. Allerdings zeihe ich diese Schlüsse nicht nur aus den Beobachtungen der Leute auf Facebook selbst, sondern leite es aus Beobachtungen der Menschen in meinem Umfeld ab. Manchmal wundere ich mich was die Leute für normal halten. Wenn Freunde von mir ein Haus bauen und 3 mal im Jahr in Urlaub fliegen UND DANN am Ende jammern, dass sie so wenig Geld am Ende des Monats übrig haben, fehlt mir das Verständnis. Neustes Smartphone und passable Autos (2) sind natürlich auch vorhanden. Darauf angesprochen, wenn des immer so schrecklich wird mit dem knappen Geld am Ende des Monats, warum man dann nicht das ein oder andere zurückfährt, kommt die Antwort "das ist für mich Standard/das gehört ja wohl dazu".
Die einen gehen dann ab dem 20. eines Monats nicht mehr weg, weil das Geld aus ist. Andere sagen sie könnten sich ja keine Kinder leisten. Ja, hallo? Früher hatten die Leute 3 oder mehr Kinder und die waren froh, wenn es mit dem Kombi und dem Wohnwagen an den Boden- oder Gardasee ging. Smartphones, Internetflats, Pay-TV und 2.-Wägen gab es schlicht nicht.

Daher meine Einlassung zum verwöhnten Aufwachsen der heutigen "Neu-Erwachsenen". Das ganze schaukelt sich eben durch die blaue Facebook-Brille auf das Leben anderen weiter hoch. Daher kommt dann dieses übersteigerte Erfolgsstreben, was Wirtschaft und Politik nur allzu gerne mitmachen. Das führt zu Paaren die zu 2. 60 Stunden pro Kopf arbeiten und gar keine Kinder bekommen, oder aber eines, dann mit 40.
Ich verurteile das übrigens gar nicht. Ich stehe anderen, neuen Lebensmodellen offen gegenüber. Nur dass diese Leute sich dann über bestimmte Dinge wundern und wie die ihr Leben manchmal wahrnehmen. Das irritiert mich.

Wenn ich NUR die Stimmen auf Facebook betrachten würde, wäre das freilich kein Querschnitt durch die Gedankenwelt aller Menschen. Aber ich beobachte eben auch die Auswüchse dieser Entwicklung an anderen Stellen.
 
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TnTDynamite schrieb:
Ich glaube nicht, dass die Leute früher ein einfacheres Leben hatten. Dennoch wird alles komplexer und mental anstrengender. Früher waren die meisten Leute oft geistig unterfordert und körperlich überlastet. Heute ist es umgekehrt. Vielleicht führt das im Wesentlichen zu dieser Denkfaulheit.

Gestern auf dem Weg nachhause bin ich durch die Einkaufsmeile geschlendert, und da gab es eine Montags-Mini-Demo, oder Mahnwache für den Frieden. Mir wurde ein Zettel gereicht, in denen mir letztlich nur nahegelegt wurde, ich möge mich informieren (über die Vorgänge in und um die Ukraine). Damit rennen die bei mir offene Türen ein, und ich konnte so gedanklich ein Häcken drunter machen. Doch mich hielt es zurück, das sie mit ner kleinen Box und Microfon im Kreis standen, vielleicht so 20 Leute, und wie in einer Gesprächrunde mit Ball abwechselnd was zu erzählen versuchten, was durch die Straße hallte.

Einerseits fand ich es irgendwie lustig, das man letztlich nahe bei denen stehen musste, damit man was wegen dem Halls versteht. Aber ich merkte auch, wie die Menschen versuchte ihren Kummer zu formulieren, jeder auf seine Weise, und alle nicht recht wussten, was sie letztlich tun sollte. Ab von der Erwähnung von Organisation, die jedoch ungenannt blieben - ich denke um parteilos zu wirken - fiel höchstens noch der Aspekt "auch Handeln, nicht nur reden". Doch obwohl dies beklatscht wurde glaube ich nicht, das dies jemand in die Wirklichkeit zu transportieren wusste.

Ich fand die mutig, selbst die stotterne Frau, die keine Worte fand. Irgendwo hätte ich auch gerne was gesagt, aber es braucht echt Mut - zu den ich nicht fand - frei losreden, sich der Konsequenz seiner Einstellung und Handels auszuliefern. So war ich zumindestens still anwesend.

Dann trat ein jüngerer Mann an Micro, der auch etwas ausdrücken wollte, was mich sehr nachdenken ließ. Es war nichts neues, keine Erkenntnis oder sowas. Er beschrieb, das er müde sei. Er glaube nicht, das seine Bekanntenkreis verstehe, warum er auf dies mache, oder wofür. Er erzählte noch einiges mehr, darunter das "wir" hier nicht ständen, um den Frieden zu bewahren, sondern einen Krieg zu vermeiden.

An diesem Punkt knabbere ich noch - also hauptsächlich das mit dem "müde sein". Ich erkenne, das ich das genauso sehe. Und ich weiß, das ich hier in dieses Forum schreibe, weil ich müde bin, das meine Worte nichts erreichen können. So wie der Sprecher in dem Moment den Mut fand nicht nur prinzipiell für die Sache zu reden, sondern auch seine Position und Wahrnehmung in Bezug auf seine Gleichgesinnten zu reflektieren, selbst zu jenen dort auf dem Platz zu diesem Moment. Es gibt diejenigen, die für eine edle Sache wie der Bewahrung des Friedens einstehen, klatschen, wenn jemand Worte findet, die schon hundertmal gesagt wurden, und desillusioniert verharren, wenn Pragmatiker sagen "M/macht was", und die anderen, die diese Beinahe-Stagnation unerträglich finden.

Viele Menschen gingen vorbei, und viele davon ohne Interesse. Und ich kann es ihnen nicht mal verdenken. Es scheint manchmal, als hätte man keine Erlaubnis einfach nur leben zu dürfen, ohne das irgendwer dafür zu bezahlen scheint. Schaltet man das Fernsehen ein, oder ein Zeitung auf, oder sonst irgendein Medium, dann gleicht es einem Brainfuck (*sorry*) ohnegleichen. Mir fällt es schwer inzwischen sogar Arte zu sehen, weil diese kunstvolle Darstellung von Werweißwas auch schon immens abgehoben ist. Dann sieht man Krieg, Dummheit, Unterhaltungsfilme. Die Ruhe, die ich bei einem Bud Spencer und Terence Hill Film verspüre ist unbeschreiblich zu all der Alternative.

Ich kann es ihnen nicht verdenken. Manchmal will man einfach nur leben, und nicht täglich den Untergang der Welt betrachten. Das ist die Kehrmedallie unsere Informationsgesellschaft. Wir sind dermaßen zugespamt, das wir nicht mehr die Chance haben alles zu verarbeiten. Und dies provoziert, das jeder an das eigene Überleben denkt: "Den Stress auf Arbeit bewältige ich vielleicht noch, zum Feierabend will ich Ruhe, so gut es geht."

Auf dieser Mahnwache standen vielleicht 20 Leute.
 
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Wunderbarer Post, Kokuswolf. Ich verzichte hiermit in diesem Post auf weitere Worte und bitte stattdessen die Leser dieses Threads den obigen Post dafür gründlich zu lesen.
 
Freut mich ungemein die Vorlage für diesen Beitrag hier gestellt zu haben. Finde diese Beobachtung mit anschließendem Blick in sich auch sehr offen und wertvoll. Zumal er in einer selbstkritischen Sichtweise offenbar die Antwort auf die Fragen der Thread-Erstellers liefert. Auch ich ringe mit mir, ob ich mich nach Feierabend an geistreichen Debatten wie dieser hier beteiligen soll, mich politisch informiere, oder doch lieber Bud Spencer schaue.

Eine wunderbare Analyse. Ob sich hier jemand davon frei sprechen kann nicht auch manchmal so zu denken? Jeder Schreiber in diesem Thread hat bewiesen sich nicht gänzlich diesem Gefühl oder Bedürfnis hinzugeben. Aber fremd ist zumindest mir dieser Gedankengang nicht.

Den Beitrag solltest du als Leserbrief an mehrere lokale Zeitungen schicken.
 
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Also Leute ich bin leider noch beim dem krassen Beitrag von DerOlf, bei mir dauert das noch, bis ich alles verstanden habe, lach.
Macht echt Spass hier zu lesen, danke euch.
 
(alle Zitate sind von TNTDynamite, siehe oben)

Die einen gehen dann ab dem 20. eines Monats nicht mehr weg, weil das Geld aus ist. Andere sagen sie könnten sich ja keine Kinder leisten. Ja, hallo? Früher hatten die Leute 3 oder mehr Kinder und die waren froh, wenn es mit dem Kombi und dem Wohnwagen an den Boden- oder Gardasee ging. Smartphones, Internetflats, Pay-TV und 2.-Wägen gab es schlicht nicht.

die haben halt alles sind aber dennoch nicht glücklich weil sie das unsterblichkeits-Serum nicht kaufen können. Das sind die typischen "immer-alles-haben-woller". Früher war alles besser, vor allem die Lebensmittel und das Klima, da geb ich dir recht.


Daher meine Einlassung zum verwöhnten Aufwachsen der heutigen "Neu-Erwachsenen". Das ganze schaukelt sich eben durch die blaue Facebook-Brille auf das Leben anderen weiter hoch. Daher kommt dann dieses übersteigerte Erfolgsstreben, was Wirtschaft und Politik nur allzu gerne mitmachen. Das führt zu Paaren die zu 2. 60 Stunden pro Kopf arbeiten und gar keine Kinder bekommen, oder aber eines, dann mit 40.

Geld ohne Freizeit macht nunmal nicht glücklich. Dann leiber weniger Geld und mehr Freizeit.

keine Kinder = selbstsüchtige ekelerregende Egozentriker. Ein Kind ist ein Geschenk Gottes, wie kaputt im kopf muss man nur sein um dies nicht erkennen zu können?


Ich verurteile das übrigens gar nicht. Ich stehe anderen, neuen Lebensmodellen offen gegenüber. Nur dass diese Leute sich dann über bestimmte Dinge wundern und wie die ihr Leben manchmal wahrnehmen. Das irritiert mich.

Tolles Lebensmodell. "Me myself and I".
 
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Samir89 schrieb:
(alle Zitate sind von TNTDynamite, siehe oben)
Früher war alles besser, vor allem die Lebensmittel und das Klima, da geb ich dir recht.
Das habe ich in der Form nicht gesagt und "Früher war alles besser" war beileibe nicht die Botschaft die ich vermitteln wollte.


Samir89 schrieb:
Geld ohne Freizeit macht nunmal nicht glücklich. Dann leiber weniger Geld und mehr Freizeit.

keine Kinder = selbstsüchtige ekelerregende Egozentriker. Ein Kind ist ein Geschenk Gottes, wie kaputt im kopf muss man nur sein um dies nicht erkennen zu können?




Tolles Lebensmodell. "Me myself and I".

Hast du eigentlich mitbekommen um was es im Thread geht? Du gehst nur auf Beispiele/Hintergründe zu unseren eigentlichen Thesen ein, ohne wirklich ein eigenes Statement zum Thema zu verfassen. Gleichzeitig lieferst du aber ein negatives Fallbeispiel dafür, wie man andere Meinungen nicht toleriert und zu tabuisieren versucht.

Beleidigung + Religion als Totschlagargument + nochmal Beleidigung.

Und dabei ist der Beitrag der jetzt hier steht noch passender, als der den du ursprünglich, vor dem "edit" verfasst hattest. Sorry, aber ich kann mit deinen Einlassungen hier gerade gar nichts anfangen. Schade wenn jetzt darüber der sehr gute Beitrag von Kokuswolf untergehen sollte.
 
Motagsdemos oder Mahnwachen gab es bei uns auch eine ganze Weile, zuerst waren es hunderte (kurz nach der Hartz4-Einführung), ein halbes Jahr später nur noch vielleicht 50, wieder ein jahr später standen da nur selten mehr als 20 Leute.
Seit ein paar Jahren habe ich nun keine Menschen mehr en gewohntem Ort/Termin gesehen. Eine Montagsdemo/Mahrnwache gibt es mittlerweile nicht mehr, aber die letzte, die ich gesehen habe, geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Sie bestand aus ganz genau 2 Leuten - die Organisatoren der früher recht gut besuchten Demos. Seit Beginn hatten sie zu Anfang und Ende der Demo auf einer improvisierten Bühne ein paar selbstgeschriebene Protestsongs zum Besten gegeben.

Bei dieser letzten Demo taten sie es auch, der Song handelte davon, dass die Menschen sich nun nicht mehr treffen, obwohl die Stadt rappelvoll ist. Rundherum waren recht viele Menschen, aber niemand hat ihnen zugehört - alle waren nur emsig in ihrer Konsum-Paralyse versunken (die Mahnwachen fanden in der Einkaufsstrasse statt, direkt vor den großen Konsumtempeln von karstadt und co).

Da ich selber Musiker bin, ging mir diese Szene unglaublich nahe, und ich habe mir den Song zuende angehört (obwohl Liedermacher echt nicht so mein Ding ist).
Früher gab es immer noch eine ganze Reihe Redner - dieses mal gab es nur eine Minute Schweigen - natürlich nicht von den Shoppern, sondern nur von ein paar frustrierten Sozialbewegten.

Bei mir selbst weiß ich es nicht so genau aber die Beiden sahen auch unglaublich müde aus. Für diese beiden "Alt 68er" muss unsere heutige Zeit die reinste Hölle sein.

Einem solchen Menschen muss das nach ein paar Jahren nurnoch vorkommen, wie die sprichwörtlichen "Perlen vor die Säue".
Wahrscheinlich ging es Sarrazin ganz ähnlich - auch wenn der eigentlich in eine andere Richtung unterwegs war.
 
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Das hängt sicherlich mit der besprochenen Gedanken-Trägheit zusammen, die wir besprochen haben. Bei solchen Demos kommt aber gegenüber vergangenen Jahrzehnten noch ein Problem dazu.

Bei den 68er gab es klare Fronten, klare Ziele und im Wesentlichen EINE große Bewegung.
Heute sind die Leute eine Vielzahl diffuser Gruppen mit wenig nachvollziehbaren Thesen und Argumenten in den Fußgängerzonen gewohnt.
http://www.fr-online.de/meinung/montagsdemos-das-ende-der-mahnwichtel,1472602,27859726.html
Ich selbst denke manchmal wenn da so einer in Sandalen und Baumwollkleidung auf mich zu gerannt kommt auch "och nee, was ist das wieder für ein Spinner?".
Die Perlen vor den Säuen sind leider teilweise schwer von den Glasperlen zu unterscheiden.

Nicht dass ich damit etwas rechtfertigen wollte, aber gewiss spielt das auch eine Rolle.
 
TnTDynamite schrieb:
Bei den 68er gab es klare Fronten, klare Ziele und im Wesentlichen EINE große Bewegung.
Heute sind die Leute eine Vielzahl diffuser Gruppen mit wenig nachvollziehbaren Thesen und Argumenten in den Fußgängerzonen gewohnt.

Klare Fronten machen es eben einfacher, Position zu beziehen und diese auch zu kommunizieren. Es wird allerdings immer deutlicher, dass es kaum noch diese klaren Fronten gibt.
Vielen Menschen fällt es schlicht schwer, sich differenziert eine Meinung zu bilden. Schwarz/Weiß existiert eben nicht; egal, ob das die Ukraine, Sarrazin oder Gaza betrifft.

Hinzu kommt eine Unsicherheit bzgl. der Glaubhaftigkeit verfügbarer Informationen. Das trifft auch auf mich zu. Eine starke Meinung kann nur jemand haben, der vom Wahrheitsgehalt der verfügbaren Informationen überzeugt ist. Dabei ist es gerade wichtig, diese Informationen zu hinterfragen. Was dann übrig bleibt, wenn "Wahrheit" immer in Frage gestellt werden kann, sind Spekulationen und somit weniger Eintreten für eine Meinung. Ich frage mich immer, ob die Informationen die ich habe richtig bzw. überhaupt ausreichend sind, um mir eine Sicht bilden zu können. Das lässt mich persönlich oft resignieren und Menschen, die vollkommen überzeugt auftreten, eher mit Mißtrauen begegnen.

Wer es sich leicht macht, wird auch weiterhin gefestigt seine Positionen beziehen. Obs dabei eine richtige Perle ist oder nur eine aus Glas.....
 
Das Thema ist eigentlich keines, denn in meinen Augen ist das nur eine Klammer für zig Unterthemen dazu.
Man kann über die Politikverdrossenheit, Fremdenfeindlichkeit (natürlich nur latent), Extremismus, Säkularisierung,
Massenverarmung, Verschuldung, etc sprechen. Alle sind Teil des Ganzen und in meinen Augen führt diese Mischung
zu einer teilweise sehr passiven und duldenden Menschenmasse.
Mir ist noch genau im Kopf das Thema der Studentenproteste vor vier-fünf Jahren, an dem sich seither nix getan hat
und die Leute nach wie vor unzufrieden sind. Aber anstatt wieder zu protestieren, findet man sich mit den Gegebenheiten ab.
Ich weiß nicht, ob das erwachsen oder doch zu duldsam ist.
Man sagt den Deutschen ja nach, dass sie gern gehorchen und nicht gern auf die Straße gehen.
Das könnte man über Ukrainer aber auch sagen, da nur wenige auf die Straße gehen ( nach knapp fünf Monaten Maidan).
Mich wundert diese Resigniertheit, Passivität vieler Menschen. Und das in Zeiten, in denen sich doch jeder per Web schnell miteinander
vernetzen, zu Demos verabreden und die Lügen der Mächtigen schnell entlarven könnte.
Was denkt Ihr dazu?
 
So, erst einmal zur Klarstellung, warum der Thread auf meine Veranlassung dicht gemacht wurde.

Die Intention der Threads aus meiner Sicht besteht immer aus ein paar wesentlichen Teilaspekten. Diese sind:
1. so war es / so ist es
2. Es bringt mir was / es bringt anderen was
3. Das müsste getan werden um es zu ändern

Das Problem dabei ist, wie es chancaine anspricht, dass ein Thread niemals für die Summe ausreicht. Man müsste unzählige Threads aufmachen zu einzelnen Problemen und deren Lösungen.

Wie mir diRam besprochen zeige ich euch auf, wie es dazu kam (Kurzfassung)
Am Anfang des Threads war mir noch nicht bewusst, auf was genau ich selber kommen werde/möchte. Das hat sich im Laufe des Threads tatsächlich erst ergeben, wodurch mir aufgefallen ist, dass das Thema viel zu komplex ist, um mit einem Thread abgefertigt zu werden. Das daher durchgeführte "Brainstorming" hat also zum herauskristallisieren von ein paar verschiedenen Aspekten geführt.



Ich würde daher diesen Thread hier dermaßen gestalten wollen, wenn ihr erlaubt, dass wir uns darauf beschränken beim Menschen selbst zu bleiben. Dem gesellschaftlichen, sozialen Aspekt. Die Medien sind ein Thema für sich, Fallbeispiele wie man mit einzelnen Menschen umgeht in den Medien gehört dort hinein. Rassismus ist ein eigenes Thema. Politikverdrossenheit ebenso.

Meinungsbildung und die gesellschaftliche Auswirkung durch Meinungsunterdrückung

Ich denke hier ran kann man anknüpfen. Denn alles was geschrieben wird, basiert ja auf einer subjektiven Meinung, die sich entweder auf etwas stützt, oder sehr "schwammig" ist, porenhaft durchlässig. Bei einer Meinungsunterdrückung finden weniger tiefe Gespräche statt, weil etwas von Anfang an ausgeklammert wird.
 
Danke für die Klarstelllung @Onkelhitman

Ich finde es persönlich etwas schade, wenn ein Thema wirklich stark eingegrenzt wird, denn durch diese Themenisolation wird mMn letztlich der Blick auf die gesellschaftliche Tragweite des be- und geschriebenen verstellt - aber gut, vielleicht ist es bei sozialen Themen tatsächlich wichtig, zunächt bewusst selektiv zu thematisieren, um Teilaspekte in den Blick zu bekommen, und diese ausführlich zu analysieren.

Eine Meinungsunterdrückung sehe ich gesamtgesellschaftlich übrigens garnicht gegeben, denn eigentlich kann man doch jede Meinung vertreten. Allerdings sieht es schon anders aus, wenn man nach dem Ort der Meinungsäußeung differenziert.

Ich kann in meinem Umfeld so ziemlich jede Meinung vertreten, in anderen sehe ich mich allerdings dazu gezwungen, meine Gedanken für mich zu behalten, oder sie wenigstens so zu formulieren, dass sie nicht "in den falschen Hals geraten". Z.B. beim Thema politisch motivierter Gewalt - meine Meinung dazu ist ganz klar, ob nun ein Nazi einen Türken ins Krankenhaus prügelt, oder ob ein Nazi das gleiche durch einen Anti-Fa erfährt macht nicht den geringsten Unterschied - auf einer Anti-Fa Sitzung würde ich das aber nicht (mehr) so sagen, denn ich habe dieses Verhalten bei einzelnen Gelegenheiten als "durchaus ungesund" erleben müssen.
Dabei wird in diesem Kontext (Anti-Fa Gruppe) sicherlich nicht bewust eine Meinung unterdrückt, es existiert nur die als objektives Wissen anerkannte Meinung, dass Faschismus keine Meinung sei, sondern ein Verbrechen.

Meiner Meinung nach kann also schon das Umfeld unmöglich machen, Meinungsfreiheit wirklich zu leben (denn das müsste auch für eine Meinung gelten, die man selbst in Übereinstimmung mit der in der Gruppe etablierten Überzeugung für "objektiv falsch" hält).

Die Frage, ob Meinung unterdrückt wird, ist also schonmal nicht ohne den Ort der Meinungsäußerung - den Kontext der Meinung - zu beantworten.
Allerdings gibt es auch einige Meinungen, die tatsächlich von den wenigsten geäußert werden (selbst von ihren Trägern nicht) weil sie sich z.B. auf moralisch geächtete Straftaten beziehen. "Ach, Mord ist doch voll OK. wenns denn Spaß macht" wäre ein Beispiel dafür - ein anderes wäre wohl ein klares Bekenntnis zu einzelnen sexuellen Orientierungen, die selbst der Aufgeklärteste für Perversionen hält (z.B. Necrophilie).

Differenzieren wir nach Milieus oder sozialen Feldern, so sind zwar sicherlich viele Meinungen unterdrückt, aber man kann auch immer Milieus konstruieren, in denen gerade diese Meinung nicht unterdrückt wird (dafür sind es dann vllt. andere).

Im Bezug auf das Beispiel (Thilo Sarrazin, sein Buch "Deutschland schafft sich ab" und die mediale Rezeptionsgeschichte dieser beiden), so ist seine Meinung sicher unterdrückt worden - mehr noch, sie spielte nur selten eine Rolle.
In einem anderen Kontext (universitär) wurde seine Meinung durchaus gehört, ausgiebig diskutiert und dann eben als eigentlich unhaltbar verworfen.
Eine Unterdrückung wäre gegeben gewesen, wenn sich die wissenschaftliche Rezeption an der medialen orientiert hätte - zum Glück haben die Medien einen nicht ganz so starken Einfluss in diesem Kontext.

Meiner Meinung nach sollten wir dieses Thema im Bezug auf einzelne Milieus diskutieren, und nicht versuchen eine allgemeine Universaltheorie zu formulieren.
Beschränken wir uns hingegen nur auf die Möglichkeit der Meinungsäußerung in den Medien, so kann man auch nur für die Medien von einer Meinungsunterdrückung sprechen - mMn ist das fast indiskutabel, weil es mir eigentlich logisch erscheint, dass dort verschiedene Meinungen unterdrückt werden.
Eine solche Einschränkung fände ich übertrieben und kontraproduktiv.
 
Zuletzt bearbeitet:
Meine persönliche Meinung : Wo Meinungen unterdrückt werden, und zwar egal wo, da wird Hass geschürt. Wenn ich eine Meinung zulasse und dabei simultan eine andere,womöglich konträre unterdrücke oder gar nicht erst anhöre, dann ist das schlicht diskrimierend. Und wer diskrimiert wird, der sucht sich Kompensation (gut, da gibt es vielfältige Möglichkeiten, aber eben auch Gewalt). Und genau das ist es was mich bei der ganzen Gleichmacherei von manchen Menschen total ankotzt. Da bekommst du gesagt : "Du darfst dies oder das nicht,weil wir sind alle gleich !" Heisst : Ich muß mir eine Meinung anhören, meine eigene darf ich aber nicht mal kundtun, wenn sie fernab von Gewünschtem ist.

Das sich der gute Olf natürlich je nach Lokalität zurückhält ist irgendwo klar... ich meine wer geht mit nem Döner in der Hand zum Veganerfestival^^ ...aber mMn muß,was öffentliche Plätze angeht (Foren/TV/Radio/Universitäten/Schulen/Kindergärten etc.), die unbedingte Meinungsfreiheit gewährleistet sein - staatlich garantiert.

Ich finde es z.B. auch nicht gut wenn man Demos verbietet, und zwar völlig wurscht aus wessen Lager die Demonstranten kommen. Hätten wir unbedingte Meinungsfreiheit, dann würden glaube ich, so manche Demos anders aussehen... In einem Land wo man arbeitslos wird, schlicht durch einen wertungsfreien Vergleich (Herman) oder die Familie bedroht wird, nur weil man keinen Homobonus gewähren will (Sido), läuft irgendwie was falsch.
 
@DerOlf
Dazu müsste man festlegen, welche Millieus es denn gibt. Es gibt immer die breite Masse an Menschen und dann Untergruppen von, Interesseverbänden? Nicht immer, manche Menschen suchen ja auch nur Anschluss (z.B. in ein Fitnessstudio um Menschen kennen zu lernen, nicht um seinen Körper zu verbessern). Und und und. Es gibt also Leute, die merken, dass sie sich austauschen wollen, es aber nicht können weil sie niemanden dazu finden. Das ist natürlich keine direkte Meinungsunterdrückung, aber wenn Menschen auseinander gerissen werden aus den ehemaligen sozialen Strukturen einer Gemeinschaft, dann werden viel weniger Meinungen diskutiert. Es juckt ja keinen mehr, weil er für sich alleine ist.

@Damocles' Sword
Und genau das ist es was mich bei der ganzen Gleichmacherei von manchen Menschen total ankotzt. Da bekommst du gesagt : "Du darfst dies oder das nicht,weil wir sind alle gleich !" Heisst : Ich muß mir eine Meinung anhören, meine eigene darf ich aber nicht mal kundtun, wenn sie fernab von Gewünschtem ist.
Es kommt auch darauf an, wie du sie rüberbringst. Nehmen wir an, hier in Österreich ist so etwas verbreiteter (in Bayern wirds evtl. auch so sein), jemand würde sagen: "Moscheen brauchen wir hier nicht, wir haben genug Kirchen". Dieser jemand findet natürlich genug Zuspruch (sind wir wieder bei Millieu, wie DerOlf andeutete). Wenn ich nun sage: "Ob das eine gebaut wird, oder das Andere, bezahlen müssen es doch eh nur die, die die Kirchensteuer bezahlen" macht man sich unbeliebt. Es sind Wahrheiten, die niemand hören möchte, das macht es aber nicht weniger zur Wahrheit.

...aber mMn muß,was öffentliche Plätze angeht (Foren/TV/Radio/Universitäten/Schulen/Kindergärten etc.), die unbedingte Meinungsfreiheit gewährleistet sein - staatlich garantiert.
Auf'm Pausenhof oder in der Schule? Du kannst der Meinung sein, die Evolution habe nie stattgefunden. Aber sie im Biologieunterricht auszusprechen bringt niemanden weiter, der sich in Wissenschaft ein wenig auskennt. Mehr Belege gibt es schon fast gar nicht. Auch wenn ich mit meiner Meinung jemand anderen unterdrücke, dann wäre das ja Meinungsfreiheit. Wäre es ok, damit andere zu unterdrücken?

Im übrigen habe ich hier ein Video (ist mir in der Zeit sogar wieder entfallen gewesen), dort steht ein einzelner Mann bei einer Demonstration gegen Thilo Sarrazin (seine Thesen etc. sind völlig egal). Man sehe sich an, wie dieser Mann behandelt wird. Logischerweise gehen die Gegner von T.S. auf ihn los mit ihren Meinungen. Das ist ok, wenn man dem Mann denn zuhören würde. Was man hier beobachten kann ist der Fragesteller, der immer wieder dieselbe Frage stellt, damit provoziert. In Anlehnung an die blöden Fragestellungen die Damocles' Sword in Umfragen angeprangert hat. Die Person soll mit dem Interview zu einer Aussage getrieben werden. Mit dem frechen Kommentar "das wird sowieso rausgeschnitten" darf die Person nicht sagen, was sie möchte, sondern wird gedrängt in eine Aussage, die gegen sie verwendet wird. Das machen auch viele Menschen so, nachhaken, ohne nachzudenken, dass die Frage ansich schon keinen Sinn ergibt. Ob der Demonstrant da alleine natürlich richtig steht, oder ob er es durfte, ob seine Aussagen stimmen, ich weiss es nicht, aber soviel Zivilcourage zu haben, das ist wahre Überzeugung und auch Meinungsäußerung.
http://www.youtube.com/watch?v=tXiWl1bGFFc
 
Onkelhitman schrieb:
Ob der Demonstrant da alleine natürlich richtig steht, oder ob er es durfte, ob seine Aussagen stimmen, ich weiss es nicht.

Das sollte eigentlich ausser Frage stehen - er sollte dürfen, denn sein Recht auf freie Meinungsäusserung wird von der Verfassung genau so garantiert, wie das der restlichen Demonstranten dort.
Sich an einen solchen Ort zu begeben, und dann auch noch allein seine Meinung zu verkünden - das ist tatsächlich mutig bis dumm - denn gerade in politisch aktiven Kreisen gelten Dogmen und Ideologien oft viel mehr, als das eine Meinungsfreiheit vertragen könnte.
Ich halte es dabei für sehr gut möglich, dass die Meinung des Danke Thilo Mannes eigentlich eine recht vernünftige und gemäßigte ist, sie kommt nur nicht zur Sprache, weil sich an Einzelheiten festgehalten wird. Er kommt auch nicht dazu, Universalsätze zu relativieren (das lassen Umstehende und Interviewer einfach nicht zu).
Wie ich oben schon beschrieben habe, weiß ich aus eigener Erfahrung, wie schnell eine Diskussion keine mehr ist, wenn man im passenden Milieu (in diesem Fall eine Anti-Sarrazin-Demo, bei mir war es eine AntiFa-Sitzung) eine Meinung kundtut, die die restlichen Anwesenden sozusagen ihrer Unschuld beraubt, oder einfach an den Grundannahmen der Aktualgemeinschaft (eine Menge Menschen, die sich jetzt aus einem bestimmten Anlass und Interesse getroffen haben) ruckelt. Im Video war diese Grundannahme eben "Thilo ist Scheiße" - da wirkt der Beleg, dass Thilo gleichzeitig aber auch Recht hat einfach nur provozierend (dabei muss die Grundannahme nichtmal negiert werden, wie ich in der AntiFa erleben durfte). Nicht weil es wahr oder falsch ist, sondern einfach weil es der momentan herrschenden Grundstimmung in einer lokalen Mehrheit widerspricht.

Damocles' Sword schrieb:
Ich finde es z.B. auch nicht gut wenn man Demos verbietet, und zwar völlig wurscht aus wessen Lager die Demonstranten kommen.

Ich teile diese Meinung, muss aber zugeben, dass man es sich mit dieser absoluten Meinungsfreiheit auch etwas zu einfach macht.
Oder würdest du auch eine Necrophilen-Love-Parade erlauben, eine Demo pro Holocaust-Lüge oder eine Pro-Kinderficker-Demo?
Ich bin mir zwar bei dir nicht sicher - dazu müsste ich dich besser kennen - aber bei den meisten Menschen hat Meinungsfreiheit dann doch wieder recht enge Grenzen.
Ich versuche es da mit Rosa Luxemburg zu halten: "Freiheit ist IMMER die Freiheit des Andersdenkenden" - aber das gelingt mir auch nicht immer - manche Denke ist eben auch mir ZU anders.
Meinungsfreiheit bedeutet für mich, dass jede Meinung zur Diskussion stehen darf und muss, aber das bedeutet nicht, dass jede Meinung ihre Diskussion auch unbeschadet überstehen muss.
__________

Zum Milieu-Begriff:
Das Milieu ist für mich eine relativ überschaubare Menge an "sozialen Rahmenbedingungen", also Menschen, Räumlickeiten, Überzeugungen, Gesetze, Ressourcen, Regeln uvm.
Wichtig ist dabei nur die Endlichkeit dieser Menge und ihre räumliche wie personelle Begrenztheit bei gleichzeitiger Flexibilität (v.A. in Reaktion auf personelle Veränderungen).

Die Familie ist genauso Milieu, wie der Strassenzug in dem sie liegt ein Milieu darstellt. Sogar die kleine Clique im Kinderzimmer kann als besonderes Milieu betrachtet werden, genau wie die Amtsstube, mit ihren vllt. nur 3-5 Beamten ein besonderes Milieu darstellt. Die Familie hat feste Regeln (vllt. von einem Familienoberhaupt diktiert, vllt aus traditionen ohne "Führung" gewachsen), und genauso hat der Strassenzug feste Regeln (z.B. im Bezug auf die Nachtruhe, vllt. stille Übereinkünfte über die Parkplatzverteilung usw.), genau wie die Amtsstube. Diese Regelungen sind u.U. nicht steif, sondern passen sich flexibel den jeweils an der Interaktion Teilnehmenden an, oder sie haben Gesetzesform und können sich nicht anpassen - in dem Fall ist dann unflexibilität ein Grundmoment der Interaktionen in diesem Milieu (Beispiel Amtsstube).

Im Bezug auf Micro-, Meso-, und Makroebene:
Microebene: z.B. Familie - oder etwas anders gelagert: Kinderzimmer
Mesoebene: z.B. Strassenzug - oder etwas anders gelagert: Familie
Makroebene: Amtsstube (Gesetzestexte und deren Auslegung/Umsetzung) - oder etwas anders gelagert Strassenzug, Wohnviertel oder ähnliches.
Natürlich stehen die einzelnen Ebenen auch beim Milieu-Ansatz in Korrespondenz, Milieus beeinflussen sich gegenseitig, solange sie überhaupt Berührungspunkte besitzen.

Der Begriff "Milieu" zeigt also nur an, dass es sich nicht um die gesamte Gesellschaft handelt, sondern nur um einen ganz speziellen und stark begrenzten Ausschnitt mit "querverweisen" in andere "benachbarte" Ausschnitte.
Wenn man diesen Begriff nutzen möchte, muss man in seinen Aussagen etwas konkreter werden und sie dadurch Einschränken (sie gelten dann eben nur im Milieu "elterliche Wohnung", "Bürgerberatung" oder "Klassenzimmer von Frau Özdemir" ).
DIe Übertragbarkeit auf die "gesamte Gesellschaft" ist im Milieu-Gedanken mMn nicht angelegt, es geht eher darum, dem Umstand rechnung zu tragen, dass Gesetze (als bsp.) nicht an jedem Ort der Gesellschaft die gleiche Macht haben, dass es aber umgrenzte Räume gibt, in denen die in diesem Raum gelebte Interpretation der gesellschaftlichen Regeln zumindest einheitlich zu sein scheint.

Wenn es gewünscht ist, kann ich da noch mehr zu schreiben.
 
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