Leserartikel Quake – wie die Polygone laufen lernten

andi_sco

Legends of Tomorrow
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Quake – Beben

Das war dieses Spiel wirklich, ein Game Changer im Bereich Ego Shooter. Angetreten, um aus einer tumben Ballerei ein Spiel mit Tiefgang, RPG Elementen und Mittelalterlicher Optik die Herzen der Spieler zu erobern.
  • Tiefgang?
  • RPG (Rollenspiel Elemente)?
  • Mittelalter?

Ist Quake nicht einfach ein Shooter, gegenüber Doom und Wolfenstein nur optisch kräftig aufpoliert?
Ist Quake ein absoluter Reinfall?

Jaein

Quake hat vieles revolutioniert, noch mehr über Board geworfen und eine Firma in ihren Grundfesten erschüttert.
Übertrieben?

Jaein



Am Anfang stand id Software, eine der innovativsten im Bereich Optik.
Während Wolfenstein noch komplett auf einer 2D Ebene spielte, fügte Doom die Z Koordinate hinzu. Gegner konnten höher oder tiefer positioniert sein als die eigene Spielfigur.
Eine echte 3D Umgebung war es aber noch nicht, eher 2,5D. Gegner und Objekte im Raum waren aber weiterhin einfache 2D Objekte, sogenannten Sprites, die sich immer zum Spieler hindrehen.
Quake veränderte dies alles.

Fun Fact: in den aktuellen Wolfenstein Titel ist es möglich, sich schlafen zu legen und einzelne Level im Original-Look zu spielen

Doch vorher wurde aus dem Mittelalterlichen Ambiente, ein waschechter Shooter.

In Commander Keen wurde eine Vorschau auf The Fight for Justice gezeigt, Quake war dabei der Spielcharakter, der die Welt in einem Side Scrolling Rollenspiel retten sollte.
John Romero stand hinter diesem Projekt. Er war Mitgründer von id Software und hatte viel Erfahrung im Bereich Leveldesign.
Bevor er mit den beiden Carmacks* und Tom Hall die Firma gründete, produzierte er schon mehr als ein Dutzend Spiele und landete dreimal in Folge auf dem Cover des Nibble Magazins, das sich mit dem Apple II beschäftigte.
Auch Origin, die die Ultima Serie erfanden, gehörte zu seinen Stationen.

*nein, die beiden sind keine Brüder (John und Adrian)

Für id Software sollte er jetzt also Quake erschaffen, dass sich von einem reinen 2D Spiel in ein Lupenreines 3D Actionspiel gewandelt hatte.
Inspiriert wurde id Software durch gemeinsame Dungeons & Dragons Sessions, während denen John Carmack einen über aus mächtigem Gegner der Gruppe in den Weg stellte. Einen Hammerschwingenden Recken, genannt Quake.
Quake war immer noch der Protagonist des geplanten Spiels, anstelle von Blitzen, wie in The Fight for Justice gezeigt, besaß er als Waffe jetzt einen Hammer, wie der Göttervater Thor, mit dem er Gegner im Nahkampf wegschleuderte.
Hier traten die ersten Risse auf, denn Romero plante die Nahkämpfe in der Third-Person-Ansicht, während id Software die Ego Perspektive bevorzugte.
Romero hatte auch gehofft, dass die Kamera gefallenen Gegnern folgen kann, während Sie umkippten oder Hänge hinunterstürzten.

Fun Fact: im chinesischen heißt das Spiel Donnergotthammer, eine Anspielung auf eine der ursprünglichen Waffen.

Neben Romero und Carmack gehörten noch bekannte Köpfe wie Tim Willits, Paul Steed, American McGee und andere zum Team. Letzterer war maßgeblich an der Entwicklung von American McGees Alice beteiligt, ein Spiel, welches die sehr populäre Quake III Engine verwendete.

Während die Entwicklung immer weiter voran Schritt, wandelte sich das ursprüngliche Konzept immer mehr vom Rollenspiel zu einem waschechten Ego Shooter.
Die düstere Atmosphäre und das Ambiente waren aber das genaue Gegenteil von Doom, das eher in der Science-Fiction angesiedelt war, übrig geblieben sind die Grundstrukturen der Levels: mittelalterliche Burgen.

Zusätzlich verzögerte sich dieses Projekt immer weiter. Einerseits erforderte die Engine einiges an Arbeit, andererseits wollte John Carmack unbedingt ein TCP/IP fähiges Protokoll mit einführen, Multiplayer und Online-Spiele lassen grüßen.
Die Schwierigkeit für John Carmack bestand nun darin, wie programmiere ich eine 3D Welt. Und wie muss ein Level Editor aussehen und funktionieren, ohne dass es zu aufwändig wird.
Eine Lösung war, die Welt als Klötzchen (Minecraft und Lego lässt grüßen) zu entwerfen, die man mit Werkzeugen zurechtschneiden konnte.
Und die zweite Lösung war ein 2D Editor, mit dem Nachteil, dass die Ansichten immer wieder rotiert werden mussten, um eine komplett 3D fähige Welt zu erschaffen.

Während die 3D Umgebung langsam Form annahm, entstanden auch die Gegner, als echte 3D Objekte. In ersten Tests bestanden diese noch aus Sprites, wurden aber nach und nach als 3D Modell erstellt.
Kevin Cloud nutzte hierfür Alias, eines der mächtigsten Werkzeuge jener Zeit. So entstanden nicht nur die Gegenspieler durch diese Software, sondern auch der berühmte T-1000 aus Terminator 2.
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T-1000 - Eiskalt erwischt

Fun Fact: auch die Entwicklerkits zu Nintendos N64 Konsole nutzten diese Software für andere Games.

American McGee entwarf mehrere Dutzend Levels, nur um die Engine zu testen. Das endgültige Leveldesign konnte dagegen nicht begonnen werden, noch hing das Game Design zu sehr in der Schwebe.
Letzten Endes fiel die Entscheidung, nicht weiter zu experimentieren, sondern einfach wieder einen Shooter auf die Welt loszulassen.
Romero investierte viel Arbeit, um das neue Design umzusetzen, eine Story und neue Monster zu entwerfen. Aber auch das wurde gecancelt und so entstand ein waschechter Doom Nachfolger.
Suche Schlüssel X, erledige Monster Y, besiege Endboss Z.
In diesem Moment fasste er den Entschluss, id Software zu verlassen, um Ion Storm zu gründen.

Die Spielmusik wurde von Fans, der Doom Spiele geschrieben. Trent Reznor und seine Band Nine inch Nails. Als Dank findet sich Ihr Logo auf einigen Munitionskisten im Game wieder.
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Munitionskisten mit dem Nine inch Nail Logo

Bei der Steuerung des Protagonisten war sich Romero noch nicht sicher, ob die Maussteuerung wirklich so eine gute Idee ist, deswegen war diese in der ursprüngliche Verkaufsversion nicht automatisch aktiv und wurde erst später dauerhaft aktiviert.
Heute ist diese Allgegenwärtig und aus dem PC-Bereich nicht mehr wegzudenken.

Und wie kam es zu dem Logo? Ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass es einen Nagel und eine Sonnenfinsternis zeigt. Eventuell stand das Q Pate? Was denkt Ihr?
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Quake Logo - von hier aus wird der Schwierigkeitsgrad ausgewählt

Wie ging es mit dem Team weiter?
Nicht nur Romero packte seine Koffer, mit Ihm gingen die Hälfte der 13 Angestellten.
Trotz des Aderlasses bestand die Firma aber fort und präsentierte bald Quake 2, ein fantastisches Spiel, mit ebenfalls sehr großem Erfolg.

Ion Storm entwarf Daikatana, das, was Quake ursprünglich werden sollte. Leider war es ein finanzieller Flop, der dem Studio nicht guttat.

Und was bleibt von Quake?
Als erstes muss man die id Tech Engine in den Ring werfen, die bei Klassikern wie Half Life zum Einsatz kam (selbst in HL 2 fanden sich noch Code Reste).
Auf der anderen Seite bleibt eine leere Story, die in jüngeren Ablegern der Wolfenstein Reihe wesentlich besser zur Geltung kommt, selbst Quake 4 ist mehr ballern als Story.
Trotz allem war die id Tech 2 Engine ein technischer Meilenstein, deren Enkel, die id Tech 3 als Grundgerüst für viele Perlen diente.
Nicht nur Call of Duty setzte auf diese, sondern auch die letzten beiden Jedi Knight Teile, Medal of Honor: Allied Assault oder das grandiose Star Trek: Voyager – Elite Force.

Noch ein Hinweis:
in einem späteren Update gibt es noch Hintergrundinfos zur Story und eventuell Mods


Impressionen:
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Aus den letzten Updates:
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Also der Band Name heißt ja 9 Zoll Nägel, daran ist ja auch eine Waffe inspiriert. Da fliegen die Nägel ganz schnell zum Gegner.

Zum stimmigen Soundtrack bei Quake ganz zu schweigen. Das Spiel hatte ca 80 MB Platz erfordert. Der Rest war mit Musik belegt.

Ich war damals mit einem Pentium 100 und 8 MB RAM unterwegs und konnte es flüssig spielen. Die Kumpels mit ihren 486 hatten ein echtes Problem. Ohne FPU von Intel ging's nur langsam zur Sache. War extrem auf die Intel FPU angepasst worden.

Das hat wohl auch dazu geführt das wohl Cyrix wohl nicht genug absetzen konnte. Die CPU diese Funktionsaufrufe nicht hatte. Die FPU weniger Leistungsfähigkeit war. Gab nen schlechtes Image. Spiele ohne FPU Anforderungen waren Teils schneller.




https://liam-on-linux.livejournal.com/49259.html


Quake war auch das erste Spiel wo quasi das bunny hopping/ strafe jumping möglich war. Gibt diverse Videos auf YT zu dem Thema.

Später war dies essentiell um in Quake 3 erfolgreich zu sein.
 
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Schöner Einblick.

Als Tipp für alle, die sich noch mehr für Hintergründe und die id-Geschichte interessieren, kann ich das Buch Masters of Doom empfehlen. War für mich eine kurzweilige Angelegenheit. :)
 
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Ein sehr schöner Artikel und dann noch von @andi_sco, besser gehts nicht, vielen dank dafür. 🥰

Doom und Quake sind neben anderen Spielen doch die tiefsten Prägungen meiner PC Geschichte, mit Indiana Jones, Sim Earth, Loom, Star Wars, Monkey Island fing alles noch recht harmlos an, noch an Mutti’s Computer, bis dann die ersten Disketten auf dem Schulhof getauscht wurden und Wolfenstein 3D mich entdeckte, damit musste dann auch ein eigner PC angeschafft werden (ein Abkauf von einem Freund) dieser kam noch ohne Soundkarte daher, so musste also für Wolfenstein noch eine beschafft werden 🙈 Wolfenstein war aber ehr ein kurzweiliges Vergnügen und Doom trat in mein Leben, ab hier war alles anders ☺️ und auch der Grund, warum ich mich bis heute noch für PC‘s und Games interessiere, aber Doom hat mich, so faszinierend es auch war, nicht zu einem „waschechten Gamer“ gemacht, viel mehr interessierte es mich wie das Hardwaretechnisch möglich ist und von da an wurde alles erstmal zerlegt 😄
Quake dagegen hat mir das Spielen wieder etwas näher gebracht, so gibt es bis heute noch Zeiträume in denen ich lieber Spiele und Zeiten in den alles erstmal zerlegt wird. ☺️

Eins ist aber sicher und unumstößlich …
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🥰​
 
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PlayStation 1 + Multitap + 4 Controller + Quake II = Stundenlanges ButtonSmashen, auf einen 19zoll Monitor. 4 Kumpels und deren Daumen, die nach Erlösung schreien.
Warum kann ich mich daran so genau erinnern?
 
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