Bruzla schrieb:
Den Begriff „Lifestyle-Depression“ hab ich von verschiedenen Fachärzten und anderem Fachpersonal gehört und das ist wohl wirklich ein Phänome welches es gibt.
Das ist zum Beispiel so eine Passage, warum ich mit deinen Beiträgen auch weiterhin ein Probleme habe, ich gestehe dir jedoch auch zu, dass du deine Beiträge überspitzt formuliert hast.
Nur was ist bitte eine "Lifestyle-Depression"? Es wird ja bereits bei einer Depression zwischen verschiedenen Schweregraden unterschieden und auch je nach schwere werden teilweise ganz andere Ansätze verfolgt. Dazu kommt auch, dass nicht jede depressive Phase auch wirklich eine Depression ist. Ich hole jetzt echt weit aus.
Dazu kommt, dass es neben der Depression auch den Burnout gibt und wenn man Teile der Symptome nebeneinander legt auf dem Papier, dann sieht ein Burnout gerne wie eine Depression aus und umgekehrt und, weil es ja nicht schon schwer genug ist, kann beides ineinander übergehen.
Ich hatte im August so eine Burnout-Phase, weil ich überhaupt keine Ruhephasen mehr hatte und das ist mit Autismus echt scheiße. Ich wollte alles erledigen und hab teilweise noch auf dem Heimweg E-Mails beantwortet, Probleme mit der Technik gelöst und nebenbei gab es auf der Arbeit auch noch "unnötige " Konflikte, weil es immer Menschen gibt, die alles sofort und jetzt erledigt haben wollen und die Aussage, dass man nicht mehr machen kann als den Support der Firma zu informieren, nicht stehen lassen können. Ein Burnout fühlt sich dabei ganz anders an, als eine Depression, denn bei einem Burnout hat du teilweise noch Lust etwas zu machen, du hast nur keine Energie mehr. Bei einer Depression fehlt ja bereits die Lust etwas zu machen - das ist jetzt grob vereinfacht.
Ich hab zum Beispiel deswegen auch sehr lange über die folgende Begrifflichkeiten dann mal nach gedacht: Erschöpft und Müde nach gedacht, genauso einige weitere der Begriffe und leider verwenden wir den Begriff "Erschöpft" teilweise viel zu Inflationär, weil damit so viel gemeint wird und dann auch noch auf zwei Ebenen: körperlich und geistig.
Erst jetzt fiel mir halt auf, dass sich für mich Erschöpft anders anfühlt als Müde - für mich sind das beides geistige Zustände. Müde bin ich nach einem langen/harten Arbeitstag oder wenn ich im Training war und da mal mich richtig ausgepowert habe. Da falle ich in der Regel jedoch mit "guten" Gedanken ins Bett und die Nacht ist auch erhohlsam.
Erschöpft ist für mich ein Zustand, der weit aus tiefer geht, hier reicht es nicht mehr zu schlafen, weil man am nächsten Morgen genau so erschöpft aufsteht, auch wenn der Körper eigentlich regneriert ist. Eine Erschöpfung baut sich auch über einen wesentlich längeren Zeitraum auf, es sind in so einem Fall oft "Mikrostiche", die die mentale Kraft nach und nach absaugen, bis man da steht und merkt, dass man bestimmte Sachen nicht mehr verkraftet.
Und das ist auch allgemein der Punkt, warum ich die Begrifflichkeit "Lifestyle-Depression" schwierig finde. Klar, es gibt Menschen - und den Vorwurf hatte ich auch schon - den geht es eigentlich gut, die haben ein super Job, die haben eine ordentliche Work-Life-Balance und es scheint alles zu passen und doch verfallen diese Menschen in eine Depression. Nur sehen wir als Menschen in der Regel erst mal nur das äußere, wir wissen nicht, was hinter den Kullissen da abläuft.
Was zum Teil zu genommen hat - das ist allerdings ein anderes Thema, es wirkt sich jedoch auch auf die psychische Gesundheit aus - und das merke ich selbst: Die Verletzbarkeit. Das hat allerdings viele Ursachen und hat auch zum Teil mit der "modernen" Erziehung zutun. Das ist ist jedoch ein hochkomplexes Thema. Mir fällt zum Beispiel auch auf, dass bestimmte Menschen in Gen Y, Gen Z und nun auch Gen Alpha zum Teil deutlich "sensibler" sind, als noch Gen X oder die Boomer davor. Es gibt Menschen, die mit "Ablehnung" oder "Misserfolg" heute wesentlich schlechter umgehen können, weil die Eltern sie vor "Ablehnung" und "Misserfolg" in der Kindheit erfolgreich geschützt haben. Das ist ein reales Problem und deren Auswirkung spüre ich auf der Arbeit, wenn wir Schulklassen und Kindergartengruppen in der Einrichtung haben, immer wieder merke.
Es ist eben ein komplexes Thema und deswegen muss man hier auch deutlich bedachter sein, denn die "Lifestyle-Depression" von Heute, kann Morgen schon eine ausgewachsene Depression mit suizidalem Verhalten sein.
Bruzla schrieb:
Ich hab außer Acht gelassen, dass sich hier Menschen angesprochen fühlen die ich überhaupt nicht meine mit meinen Aussagen.
Du bist nicht der erste, dem das passiert und du wirst nicht der letzte sein. Man siehte nur aktuell unsere Poltiker, die unbedarft eine Äußerung raus hauen und dann merken: Upps, da hab ich doch zu viel über einen Kamm geschoren.
Nur hier sind wir bei einem Thema, dass in der Form aktuell in der Gesellschaft immer noch nicht wirklich angekommen ist und sehr schnell mit Vorurteilen und Vorverurteilungen belastet ist und zu viele Menschen auch denken, sie wüssten woran die Probleme liegen und dass man sich doch nicht so anstellen soll. Dazu kommt, dass unsere Gesellschaft Mitgefühl und Empathie in der Regel als Synonyme verwendet und den wichtitgen Unterschied zwischen Mitgefühl und Empathie überhaupt nicht versteht. Mitgefühlt hat man, wenn man auf die "äußeren" geistigen Aspekte eines Menschen eingeht und merkt, dass es einem Menschen nicht gut geht oder das was im argen liegt. "Oh, du siehst traurig aus, was ist denn los?" "Oh, du hast dich getrennt, das ist mist." Traurigkeit, Wut, das sind alles Emotionen, die "Mitgefühl" auslösen. Empathie wiederum bedeut, dass man sich in einen Menschen hinein versetzt und versucht auch nachzuvollziehen, wie etwas ist, das bedeutet jedoch nicht, dass man "mitfühlend" sein muss. Mitfühlend kann man bei Traurigkeit sein, bei Schmerzen, bei Wut usw. Empathie benötigt man, wenn man zum Beispiel verstehen will, warum ich Panikattacken im Nahverkehr bekomme, die muss man jedoch nicht mitfühlen.
Solange unsere Gesellschaft Mitgefühl und Empathie gleich setzt, wird unsere Gesellschaft niemals wirklich Emapthie lernen und so lange wird unsere Gesellschaft auch immer wieder von Menschen überrascht, die in psychischen Ausnahmesituationen etwas verdammt dummes tun.
DKK007 schrieb:
Hatte ich schon verlinkt hier:
Mal das Thema aufgreifend, auch weil du mir da ja auch was geschrieben hattest:
Auch das ist immer noch eine Entwicklung, das ist genau das was ich meinte: Es kommt erst jetzt in der Gesellschaft an, dass es diese Probleme gibt. Die heutige Personalschlüssel für Psychologen und Psychiater und Neurologen sind zu Zeiten entstanden, als es dieses Problematik für die Gesellschaft noch nicht gab. Die Betreuung für Kinder ist "besser" - relativ - weil man in den 80er und 90er merkte, dass Kinder eben doch Kinder sind und man hier mehr tun muss.
Dazu kommt, dass man früher auch viel eher die Leute "weggesperrt" hat, frei nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn.
Alphanerd schrieb:
"Lach doch mal" Auch so ein Evergreen.
Oh ja, da könnte ich jedes mal an die Decke gehen.
Das ist halt die Empathielosigkeit der Gesellschaft.