Diablo 3 im Test: Das Spiel des Jahres enttäuscht zu Anfang

 2/7
Sasan Abdi (+1)
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Plot & Spielmechanik

„Diablo 3“ erzählt in vier Akten, was nach der Zerstörung des Weltensteins in Sanktuarium, dem Menschenreich zwischen Himmel und Hölle, passierte. Im Vordergrund steht dabei ein neuer Held, der gut 20 Jahre nachdem sein Vorgänger in „Diablo 2“ das Schlimmste verhindern konnte, urplötzlich in einen neuen Sturm des Bösen geschleudert wird, als ein Kometeneinschlag dafür sorgt, dass die als Legenden verschrieenen Geschichten aus den alten Zeiten plötzlich wieder sehr real erscheinen.

Im Folgenden schlägt man sich – zunächst auf der Suche nach einem alten Bekannten – durch vielfältige Dungeons, wobei schnell deutlich wird, dass der Fokus nach wie vor eindeutig auf der Beseitigung von teils riesigen Monsterhorden und insbesondere auf der Jagd nach den besten Items liegt. Dementsprechend wird der Plot von „Diablo 3“ zwar insgesamt spannend und konsistent erzählt – richtig episch ist das Gebotene aber nicht. Stattdessen ertappt man sich immer wieder bei der fieberhaften Suche nach den besagten Gegenständen, statt sich große Gedanken um die Story zu machen: Gefallene Gegner, gefundene Verstecke und Schatztruhen werden voller Enthusiasmus durchsucht – die „Diablo“-Kernkompetenz, der fast schon zwanghafte Sammeltrieb, wird also auch im dritten Teil bestens erreicht.

Wohl dem ersten Einblick in der Beta ist geschuldet, dass sich der erste Akt etwas schleppend präsentiert. Trotz durchgängig passabler Dialoge: So richtig hineingesogen wird der Spieler hier noch nicht, was erklärt, warum das Feedback zur Beta nicht ausschließlich positiv ausfiel. Lässt man sich von diesem Effekt nicht beeindrucken, wird man allerdings mit einer zunehmend dichten Erzählung belohnt, die nur in einem Teil des dritten Aktes durch eine übermäßige Monsterschnetzelei in den Hintergrund gerät, schließlich aber in einem fast schon fulminanten Finale mündet.

Bei der Spielmechanik bleibt derweil alles beim Alten: „Diablo 3“ ist „hack & slay“ wie es leibt und lebt. Dementsprechend werden primär die Maustasten benötigt, mit denen Monsterhorden in Kombination mit maximal vier weiteren Fähigkeitstasten kräftig eingeheizt werden kann. Die Grenzen der Vielfalt sind dabei sehr großzügig gesetzt, sodass man immer wieder mit neuen Gegnertypen wie Zombies, Ziegenmenschen und Katzenfrauen, diversen Elite-Varianten und teils sehr knackigen Bossen konfrontiert wird.

Der Weg durch dieses Chaos ist überwiegend linear, auch wenn sich immer mal wieder kleine Nebendungeons auftun, die zur Fahndung nach besonderen, versteckten Gegenständen einladen. Gleiches gilt auch für das Questdesign, das sich darauf konzentriert, die Haupthandlung über die gestellten Aufgaben zu transportieren. Wo mancher Genre-Konkurrent auf ein schmales Repertoire an Hauptaufgaben und ein buntes Potpourri an Nebenquest setzt, geht Blizzard also genau den umgekehrten Weg, was summa summarum trotz der übersichtlich gesetzten sogenannten „Ereignisse“ (Nebenquests) sehr gut funktioniert.

Alles in allem fällt die Betrachtung von „Plot & Spielmechanik“ erwartungsgemäß aus: Die Handlung ist vor allem Mittel zum Zweck, wobei letzterer ein actionlastiger, auf viel Klickerei ausgelegter Spielfluss ist, der von einem exzessiven Sammeltrieb gekrönt wird. Ein wichtiger, positiver Aspekt ist, dass unsere nach der Public Beta gehegten Sorgen um die Güte des Spielerlebnisses weitgehend zerstreut wurden, da ab dem besonders starken zweiten Akt dann doch das typische „Diablo“-Flair aufkommt und die Erzählung an Fahrt und Spannung zulegt.

Charaktersystem

Das Charaktersystem von „Diablo 3“ basiert auf fünf Klassen, die als gelungener Mix aus Altbekanntem und Neuem bezeichnet werden können. Da ist die bestens bekannte, aber mit einigen neuen Attributen versehene Nahkämpfer-Klasse Barbar; der neue, agile Dämonenjäger (Fernkämpfer); der vor Magie strotzende Zauberer; der vergleichsweise neue und vor allem auf den Nahkampf spezialiserte Mönch; und schließlich der an den Totenbeschwörer aus dem Vorgänger angelehnte Hexendoktor. Da sich die Klassen nicht nur namentlich und vom Aussehen her unterscheiden, sondern durchaus eigene Spielstile mitbringen, findet sich hier eine Erhöhung des Wiederspielwertes, der vor allem für echte Enthusiasten der Marke „Diablo“ von Relevanz sein dürfte.

Das hierauf aufbauende Charaktersystem hat dagegen für ein gespaltenes Feedback gesorgt: Aufgrund von einigen Vereinfachung fällt dieses jetzt zwar übersichtlicher und einsteigerfreundlicher aus; zugleich gehören aber auch lange Überlegungen und harte Entscheidungen bezüglich des Ausbaus der Fähigkeiten der Vergangenheit an, zumal auch ein „Verskillen“ nicht mehr möglich ist.

Stattdessen läuft die Entwicklung in vielerlei Hinsicht ziemlich linear ab, auch wenn die Vielfalt darunter nicht unbedingt leidet. So entwickeln sich die Charakter-Attribute wie die Stärke und Intelligenz beim Aufleveln auf die neue Maximalstufe 60 (vormals: 99) fast ohne weiteres Zutun, sodass man vor allem auf die Ausrüstung und bestimmte Runen zurückgreifen muss, wenn man den Protagonisten in einer bestimmten Hinsicht verbessern möchte. Die Runen dienen zur Veränderung der aktiven Fähigkeiten, von denen neben drei passiven maximal sechs verwendet werden können.

Unterschiedliche Ausrichtung desselben Charakters
Unterschiedliche Ausrichtung desselben Charakters

In diesem Kontext ist auch erwähnenswert, dass die aus dem Vorgänger bekannten Beschränkungen anhand einzelner Attribut-Werte entfallen: Sofern ein Gegenstand nicht klassenbeschränkt ist, lassen sich alle Waffen und Rüstungen unabhängig von der Ausprägung von Stärke- oder Intelligenzwerten etc. ausrüsten.

Man kann bezüglich dieser Konzeption durchaus geteilter Meinung sein, wobei Befürworter des neuen Skill-Systems gerne vorbringen, dass zu einem actionlastigen Rollenspiel auch eine nicht allzu komplexe Charakterentwicklung gehört. Zudem betonte auch Blizzard immer wieder, dass das neue System einfacher, aber nicht variationsärmer sei. Wir würden dem aber entgegen halten, dass dem Spielerlebnis durch diesen Schritt dennoch einiges an Tiefe abhanden kommt, da man sich um diesen vormals so zentralen, mit einigen Abwägungen verbundenen Teil deutlich weniger kümmern muss. Mehr Komfort und eine neue Mischung – so unser Eindruck – ist in diesem Falle nicht gleichbedeutend mit einer Verbesserung, zumal der Wiederspielwert einer Klasse durch die weitgehende Standardisierung der Fähigkeiten nennenswert geschmälert wird.