Diablo 3 im Test: Das Spiel des Jahres enttäuscht zu Anfang

 3/7
Sasan Abdi (+1)
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Crafting & Begleiter

Zu einem echten Rollenspiel gehört im Jahr 2012 natürlich auch die Möglichkeit, sich handwerklich zu betätigen: Rüstungen, Waffen und sonstige Gegenstände wollen aus selbst gesammelten Materialien erstellt werden, sodass der gängige Jagdtrieb nach den besten Sets um einen weiteren Aspekt erweitert wird.

Diablo 3 – Crafting

Diese Möglichkeit hält mit dem dritten Teil nun auch im „Diablo“-Universum mit einigen Optionen Einzug, wobei man in den Anfangsstunden stufenbedingt zunächst nur sehr rudimentäre Schwerte und Rüstungen erstellen lassen kann. Später lassen sich dann aber – das nötige Kleingeld und die passenden Zutaten vorausgesetzt – ausgefallene, mit zahlreichen Extras und Boni versehene Gegenstände erstellen, sodass eifrige Sammler trotz (oder gerade wegen?) der ziemlich simpel gehaltenen Anwendung ordentlich auf ihre Kosten kommen.

Damit der Kern des Spiels – das Sammeln von Items – nicht ausgehebelt wird, der Schmied aber gleichzeitig nicht überflüssig ist, hat sich Blizzard zwei Kniffe ausgedacht. Zum einen sind die für sehr hochwertige Items notwendigen Zutaten nicht immer leicht zu bekommen. Neben den Beigaben, die man aus dem Zerlegen anderer Items (zufallsbedingt) herstellen kann, müssen im Spielverlauf auch Seiten oder Folianten für Handwerker gefunden werden. Ehe man sein Wunschitem bauen lassen kann, vergeht also einige Zeit für die Suche und Zerlegung. Zum anderen kann man sich nicht sicher sein, was für ein Item man erhält, da ein Großteil der Eigenschaften zufällig vergeben wird. Das verleiht der Crafting-Spielkomponente einen ähnlichen Reiz wie der Itemsuche selbst, weil man sich freut, wenn der Schmiedeofen endlich ein passendes Item gebacken hat.

Gelungen ist auch die über entsprechende Missionen gut eingebettete Einführung der neuen Begleiter. Da ist der kompetente Schmied Haedrig, der neben dem Juwelier Shen und diversen Händlern eine entscheidende Figur beim eben erwähnten Erstellen von Gegenständen ist. Und da sind der gewitzte Schurke Lyndon, der ernste Templer Kormac und die effektive Magierin Eirena, die den Helden sinnvoll im Feld unterstützten. Auch wenn die Interaktionsmöglichkeiten längst nicht an jene von manchem Standard-RPG-Konkurrenten heranreichen, liefert Blizzard auch in dieser Hinsicht solide Kost ab.

Schwierigkeitsgrad

Diablo 3 bietet insgesamt vier Schwierigkeitsgrade – „Normal“, „Alptraum“, „Hölle“ und „Inferno“, die man nacheinander durchspielen kann. Dabei kann man seine Charaktere stets in den nächsthöheren Schwierigkeitsgrad mitnehmen – ja, man muss dies sogar, da man mit frisch gebackenen Charakteren nur in „Normal“ starten kann, quasi als Selbstschutz. Was nach dem gerne als „Tutorial“ bezeichneten ersten vier Akten folgt, ist ohne einen einigermaßen gelevelten und mit Items ausgestatteten Charakter nämlich nicht zu schaffen. Blizzard hat sich dabei nicht nur darauf beschränkt, den Monstermassen in den höheren Schwierigkeitsgraden mehr Schaden und mehr Hitpoints zu spendieren. Auch die Fähigkeiten der Mobs werden verändert und erweitert. Kurzweilige Magieimmunität, starke Fernkampfangriffe, das Setzen von nicht per Pedes überwindbaren Mauern oder das Stationieren von schmerzhaften „Laser-Leuchttürmen“ sind nur einige Beispiele.

Wer in „Hölle“ und insbesondere in „Inferno“ überleben will, der muss über die richtigen Items verfügen und gut mit seinem Charakter umgehen können. Das mag selbstverständlich klingen und in Maßen auch für die ersten beiden Schwierigkeitsgrade gelten. Mit ein bisschen Glück und Ausdauer kommt man aber auch so zwei mal über den Diablo-3-Endboss hinweg. Umso unverständlicher ist, dass Blizzard keine Möglichkeit vorsieht, mehrere Skill/Runen- und Itemsets für Charaktere anzulegen. Wer sich der Gegnergruppe anpassen will und anderes Equipment braucht, der kann nicht einfach von Nah- auf Fernkampf oder von defensiv auf offensiv umschalten. Jede Skill- oder Item-Änderung benötigt Mikromanagement und im Falle der Fertigkeiten auch eine gewisse Abklingzeit, ehe man loslegen kann. Das kann frustrieren.

Übrigens: Wem der Schwierigkeitsgrad nicht reicht, der kann im „Hardcore-Modus“ versuchen, die Felle ins Trockene zu bringen. Stirbt der Spielcharakter hier, ist er unwiederbringlich tot. Für immer. Man sollte sich hier also schon sehr sicher sein, was man tut – vor allem ab dem Schwierigkeitsgrad „Hölle“ ist es sehr leicht möglich, an Elitemobs mit für den Spieler ungünstigen Fähigkeitskombinationen in Sekundenbruchteilen zu sterben. „Durchsterben“ bis zum Endboss, wie es dann normalerweise funktioniert, klappt hier also nicht mehr, weshalb der Hardcore-Modus in höheren Schwierigkeitsgraden wirklich nur noch etwas für die Weltelite ist.