Diablo 3 im Test: Das Spiel des Jahres enttäuscht zu Anfang

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Sasan Abdi (+1)
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Fazit

Eine abschließende, möglichst objektive Bewertung von „Diablo 3“ muss fast zwingend zweigeteilt ausfallen. Auf der einen Seite stehen dabei die durchaus auch dem Hype geschuldeten immensen Erwartungen und die großen Hoffnungen auf eine zumindest kleine Revolution des (Sub-)Genres; auf der anderen Seite steht die nüchterne, von diesen Aspekten losgelöste Bewertung des Titels.

Zur ersten Perspektive muss gesagt werden, dass die besagten Hoffnungen so abwegig nicht waren. Blizzard gehört unbestritten zu den besten Spieleschmieden überhaupt und ist zudem dafür bekannt, mit pfiffigen Ideen und Konzepten immer wieder neue Standards zu setzen. Vor einem solchen Hintergrund ist „Diablo 3“ durchaus ernüchternd: Wer Bahnbrechendes sucht, wird in keinerlei Hinsicht fündig.

Sieht man von einer solchen Erwartung ab und hofft stattdessen auf einen weitgehend typischen Genre-Vertreter, der eine klassische Umsetzung und damit vor allem frisches Futter liefert, wird von „Diablo 3“ nach einem etwas schleppenden ersten Akt mit einer guten Erzählung, einer bestens bekannten Spielmechanik, dem typischen und wichtigen Sammeltrieb, zahlreichen Monsterklassen und Bossen, einer passablen Technik und einem spaßigen Koop bis zur letzten Minute sehr gut unterhalten. Der einzige Kritikpunkt bleibt dann in unseren Augen neben dem diskutablen „always on“-Zwang (siehe „Kopier- & Jugendschutz“) das Talentsystem, das zwar weiterhin einige Vielfalt bietet, den Spieler aber insbesondere im Solospiel aufgrund von einigen Automatismen bzw. vorgeschriebenen Wegen zu sehr einschränkt.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass sich Prophezeiungen, wonach man es bei „Diablo 3“ bedingungslos und genreübergreifend mit dem Spiel des Jahres zu tun hat, aufgrund von einer viel zu klassischen Umsetzung nicht bewahrheiten. Für die Genre-Krone im „hack & slay“-Segment reicht es aber dennoch, denn „Diablo 3“ ist zwar klassisch – aber in diesem Rahmen eben auch sehr gut.

Dementsprechend lautet das abschließende Fazit: Wer „Diablo 2“ mochte und eine sehr solide Weiterentwicklung erwartet hat, kann sich getrost in die Schlacht stürzen. Wer auf eine kleine Revolution oder gar einen Quantensprung im etwas angestaubten „hack & slay“-Rollenspielsegment gehofft hat, wird dagegen enttäuscht. Da letztere Fraktion mit Blick auf die große „Diablo“-Community eher übersichtlich ausfallen dürfte, lässt sich sagen: Gut gemacht, Blizzard.

Diablo 3 im Test

Persönliches Fazit von Max Doll

Der erwartete „Überknaller“ ist Diablo 3 nicht geworden – angesichts der enorm hohen Erwartungen wohl unvermeidlich –, ein sehr gutes Spiel aber allemale. Trotz oder vielmehr wegen der vielen Neuerungen: Bereits nach ein paar Minuten fühlt sich Serienteil Drei so heimelig an wie die Vorgänger. Das unkomplizierte Spielprinzip sorgt dabei auch heute noch für einen enorm großen Spaßfaktor - trotz der Umbauten am Spieldesign. Die Verknüpfung aus Alt und Neu ist ein Segen, weil sie eine sanfte Heranführung an das Neue ermöglicht und den „Kulturschock“ gerade angesichts der bunten Grafik bei Veteranen mildert. Fluch ist sie aber ebenso, weil manche Stellen nebst Gegnern und Fähigkeiten nur allzu bekannt wirken. Ein paar mehr neue Inhalte hätten wähernd der langen Entwicklungszeit sicher gut getan, ebenso wie ein paar mehr Ideen für die Bosskämpfe – die laufen in der Regel nach „Schema F“.

Abgesehen davon macht die wilde Itemhatz in nett animierter Umgebung erneut Spaß, wobei der Spagat zwischen Casual- und Hardcore-Gamern recht gut gelungen ist. Gerade die höheren Schwierigkeitsgrade fordern besonders mit mehreren Spielern (auch aufgrund des Effekt-Overkills), da hier die Abstimmung der einzelnen Charaktere an Bedeutung gewinnt. Das nicht ganz perfekte Balancing benötigt jedoch noch etwas Liebe. Die richtigen Gegenstände samt Fertigkeiten sind ohnehin von relativ großer Bedeutung, sonst verendet der mühsam gelevelte Held am ersten echten Mob.

Insofern erweist sich auch das vorab gerne als Abzock-Maschine verschriene Auktionshaus ebenso wie die vielen Komfortoptionen als Segen. Alles in allem stellt Diablo 3 nicht mehr als eine gelungene, bunte Weiterentwicklung des Vorgängers dar, die dem Zeitgeist angepasst wurde ohne die Wurzeln aus den Augen zu verlieren.

Persönliches Fazit von Jirko Alex

Einmal Hölle und zurück – das habe ich in den letzten Tagen zwei Mal geschafft. „Normal“ und „Alptraum“ sind bewältigt und ich habe noch lange nicht genug. Das spricht dafür, dass Diablo 3 wieder jene Anziehungskraft entfaltet, die sich viele gewünscht haben. Vielleicht spricht es auch dafür, dass ich zu viel (vermeintliche) Freizeit vergeude – in jedem Fall opferte ich letztere gerne, um in den vergangenen Tagen so viele Stunden im Diablo-Universum zu verbringen.

Natürlich kann man sich über Teilaspekte des Spieles – die Grafik, das Skillsystem, den Schwierigkeitsgrad bis hin zu Dropraten von Items – streiten. Das ist auch gut so, zeigt aber, dass die mit Engagement vorgebrachte Kritik von einem ansprechend umgesetzten, süchtig machenden Spielprinzip befeuert wird, das eben doch so vielen Spielern gefällt. Wer Diablo 3 nicht spielen wollte, würde sich kaum in den intensiven Diskussionen einbringen. Alles kann Blizzard also nicht falsch gemacht haben und für die meisten dürften die notwendigen Detailverbesserungen nicht essenziell sein. Man kann trotzdem Spaß haben – auch und vor allem in der Gruppe.

Für mich persönlich ist der Coop-Modus ohnehin eine der großen Stärken von Diablo 3. Er ist nicht gänzlich neu, aber zeitgemäß einfach zu nutzen und eine treibende Kraft hinter der Entscheidung, ob man denn nun noch diesen einen Dungeon leeren will oder nicht. Ja, man will. Nicht nur, weil man selbst vielleicht das ersehnte Item findet, sondern, weil es vielleicht auch andere tun und dann tauschen. Die zusätzliche taktische Tiefe beim Zusammenspiel in der Gruppe gefällt außerdem und wertet Diablo 3 deutlich auf. Und wenn der Tag sich dem Ende neigt und die letzte Quest angenommen wurde, erinnert man sich gemeinschaftlich der vielen Abenteuer, die man bestritten hat und wünscht sich insgeheim, ein Best-of der erlebten Monstergemetzel anschauen zu können. Dann ist auch die Zeit gekommen, in der man (Mann?) wie ein Hobbytuner seinen Charakter betrachtet und Pläne für weiteres Feintuning schmiedet – nicht ohne einen wertschätzenden und doch neidischen Blick auf seine Mitspieler zu werfen. Das schafft kein Grand Theft Auto, das schafft auch kein Skyrim – das kann nur Diablo. Für mich kann es daher nur heißen: Gut gemacht, Blizzard!

Kopier- & Jugendschutz

„Diablo 3“ funktioniert über Blizzards Online-Plattform Battle.net, wobei ein „Always On“-Zwang besteht: Durch die zwingend notwendige, dauerhafte Online-Verbindung zu Battle.net will Blizzard nach eigenem Bekunden vor allem Cheatern vorbeugen und damit einen Kritikpunkt zum Vorgänger ausmerzen, da bei diesem Offline-Charaktere nicht in Online-Spiele eingebracht werden konnten. Eine negative Folge dieser Konzeption ist, dass man auf die Verfügbarkeit der Server angewiesen ist. Ersteres gilt natürlich auch für die Clientseite, auf der eine stabile Verbindung Pflicht ist, sodass für die Spielerschaft in Summe wohl eher die Nach- als die Vorteile überwiegen.

Zugleich wird immerhin die DVD noch obsoleter, als sie ohnehin häufig schon ist: Einmal mit dem Battle.net-Account verknüpft, kann „Diablo 3“ – eine entsprechend Anbindung vorausgesetzt – jederzeit heruntergeladen und installiert werden.

In Sachen Jugendschutz gilt es schließlich zu erwähnen, dass das Spiel von der USK die Einstufung „ab 16“ erhalten hat.