Battlefield 1 Beta: Bombastischer Stillstand im Stellungskrieg

Max Doll
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Battlefield 1 Beta: Bombastischer Stillstand im Stellungskrieg
Bild: EA

Vorwort

In diesem Jahr wechselt Battlefield das Setting. Nicht länger die Moderne, sondern der erste Weltkrieg stellt die Bühne für Schlachten um Kontrollpunkte und Positionen. Der offene Beta-Test zeigt jedoch nicht nur den Reiz des Tapetenwechsels auf, sondern auch, dass vieles beim Alten bleibt. Der Ersteindruck deutet damit zumindest an, dass trotz einiger Neuerungen auch im Stellungskrieg Stillstand droht. Immerhin: Die Szenerie ist hübsch wie eh und je.

Ersteindruck

Das erste, was im neuen Battlefield auffällt, ist das Hauptmenü, das auch hier endlich ein Comeback feiert. Wie in Star Wars: Battlefront ist das neue Interface, das das ungeliebte Battlelog-System im Browser ablöst, ein Gewinn. Der schnellere Serverwechsel ist ebenso willkommen wie der neue Einstieg ins Geschehen, bei dem von der Kartenübersicht in die Ego-Perspektive gezoomt wird. Dank solcher Details fühlt sich Battlefield 1 runder an als seine Vorgänger.

Neuerungen aus Battlefront

Der Vergleich mit dem letzten Spiel von DICE drängt sich nicht nur an dieser Stelle auf. Levelaufstiege spendieren nun, wie im Star-Wars-Ableger oder Battlefield: Hardline, „Kriegsanleihen“, mit dem sich Ausrüstung nach Wahl freischalten lässt, der Zwang zum gezielten Leveln entfällt damit. Nur klassenrelevante Ausrüstung wird über Levelaufstiege freigeschaltet. Zur Gestaltung und Aufwertung von Waffen sowie den damit verbundenen Kosten oder Mechaniken lässt sich noch keine Aussage treffen, da das System in der Beta nicht enthalten ist.

Waffen werden nun nach Wahl über Punkte freigeschaltet
Waffen werden nun nach Wahl über Punkte freigeschaltet

Außerdem lassen sich auf den Karten über herumliegende Waffenkisten nun „Eliteklassen“ als Pickup finden, was Spielern etwa einen Flammenwerfer spendiert – eine schwächere Version der Helden aus Battlefront. Flugzeuge und Panzer müssen zudem beim Spawn ausgewählt werden und stehen nur noch in geringer Anzahl auf der Karte herum. Dafür nutzt Battlefield eine Art Token-System: Steht am Einstiegspunkt etwa ein Panzer zur Verfügung, kann abhängig vom Bedarf des Teams entweder ein gepanzertes Fahrzeug, ein leichter Panzer oder ein schwerer Koloss ausgesucht werden.

Ein Panzer für den Squad

Eine wesentliche Neuorientierung erfahren dabei die Panzer: Die Ungetüme sind langsamer und in ihrer stärksten Form alleine kaum mehr sinnvoll zu bedienen. Große Modelle verfügen nun über fünf Sitzplätze, wovon zumindest drei besetzt sein sollten, um die eigentlichen Geschütze und Maschinengewehre zu bedienen. Das ist einerseits notwendig, um aufgrund der geringen Beweglichkeit flankierende Gegner auszuschalten, andererseits um die gesamte Feuerkraft des Fahrzeugs auszunutzen. Das wiederum erlaubt, mit einem ganzen Squad taktisch sinnvoll herumzufahren.

Der britische Panzer hat Geschütze nur an der Seite
Der britische Panzer hat Geschütze nur an der Seite

Eine weitere Neuerung betrifft die Reparatur von Vehikeln. Werkzeug besitzt anstelle eines Gewehres nur noch die leicht bewaffnete Fahrer- und Pilotenklasse, die automatisch beim Einstieg über die Karte zugewiesen wird. Nötig ist der schick animierte Ausstieg aus einem Fahrzeug zur Reparatur aber nicht, weil jeder Fahrer unabhängig der Klasse einen Reparaturknopf drücken kann um Lebenspunkte wiederherzustellen. Der Haken: Der Vorgang dauert ein paar Sekunden und wird bei Beschuss abgebrochen. Wer sich aus der Deckung wagt und in freiem Feld exponiert, kann also nicht mehr darauf hoffen, dass ihn ein Haufen Support-Soldaten repariert.

Es fehlt noch an Übung

Stattdessen müssen Panzerfahrer nun damit rechnen, von der Mehrheit eines Teams unter Beschuss genommen zu werden, weil alle vier Klassen unterschiedliche Abwehrmethoden einpacken oder nutzen können. Neben AT-Raketen stehen Granaten, großkalibrige Spezialmunition für den Scharfschützen und herumstehende Artillerie parat. Spielerisch hat das zumindest im Rush-Modus aber noch keine Auswirkungen. Hier ist es mit dem schweren Panzer oftmals möglich, vor dem Einstiegspunkt der Verteidiger zu parken und trotz des geringen Vorrats an Munition jede Nase unter Feuer zu nehmen, die sich leichtsinnig aus der Deckung wagt.

Auch zu Pferd fehlt es noch an Taktiken
Auch zu Pferd fehlt es noch an Taktiken

Ähnlich geringe Auswirkungen haben Gasgranaten und der vorgeblich aufgewertete Nahkampf. Den Bajonettsturm nutzt kaum ein Spieler, weil ein Frontalangriff mit großer Sicherheit zum Tod führt. Hier bleibt abzuwarten, wie sich Spieler im finalen Spiel mit mehr Übung verhalten, wenn geeignete Taktiken erprobt worden sind. Die einzige Änderung, die bereits durchschlagend ist, ist der Einsatz des Behemoths. Der Koloss, in der Beta ein Panzerzug, wird dem unterlegenen Team im Conquest-Modus zur Verfügung gestellt und kann das Kräftegleichgewicht tatsächlich noch einmal empfindlich verschieben. Zwingend der Fall sein muss das zwar nicht, allerdings besteht nun zumindest die Chance, dass ein einseitiges Match noch einmal spannend wird.

Neue Waffen und Rollen

Auch wenn Battlefield 1 zugunsten spielerischer Dynamik ein ums andere Mal auf historischen Realismus verzichtet, haben sich doch die Klassen und ihre Rollen analog zum Waffenarsenal der Epoche geändert. Da Sturmgewehre fehlen, wird der Sturmsoldat mit Maschinenpistole eine Nahkampfklasse, der Support ist mit streuendem Maschinengewehr kein Ersatz. Größere Bedeutung erhält nun der Sanitäter mit (halb-)automatischem Gewehr, der mittlere Entfernungen sinnvoll abdecken kann. Todesmaschinen bleiben Scharfschützen, an deren Rolle sich wenig geändert hat. Klassische Unterstützer mit geringem Kampfwert gibt es nun jedoch nicht mehr.

Eine Art vereinfachtes Battlefield 4

All diese Änderungen können aber kaum darüber hinwegtäuschen, dass Battlefield 1 sich im Wesentlichen spielt wie eine Art vereinfachtes Battlefield 4, also zugänglicher geworden ist. Dominant sind oftmals Scharfschützenduelle, weil der Bulletdrop stark reduziert wurde. Das lässt nach ein paar Runden auf der einzelnen Karte in beiden Spielmodi immer wieder an den Battlefront-Ableger denken, zumal echtes Teamplay die Ausnahme geblieben ist. Koordinierte Aktionen ließen sich auf den Servern nicht beobachten.

Ein Fortschritt: Die Präsentation

Mehr Zerstörung und eine atemberaubende Kulisse machen das zumindest in den ersten Stunden wett. Krater in die Landschaft werden zu Deckung, die tatsächlich Leben retten, die Stadt auf der Wüstenkarte verwandelt sich langsam im Häuserkampf in eine Ansammlung von Ruinen. Panzer walzen krachend Wände ein, Geschosse schlagen krachend und mit gehöriger Wucht ein, ständig splittert oder dröhnt etwas: Die filmreife Kulisse trägt zu einem guten Teil zum Unterhaltungswert bei. Wie der separate Benchmark-Artikel aufzeigt, liefert Frostbite zudem eine hübsche Optik mit moderatem Hardwarehunger. Auch neue Animationen haben profane Auswirkungen: Battlefield zeigt nun, wie ein Geschütz manuell nachgeladen wird – das erzeugt im Angesicht herannahender Gegner mehr Spannung als einem Balken beim Wachsen zuzusehen.

Ausblick

Trotz des neuen Settings lässt Battlefield 1 derzeit vermuten, dass EA endgültig bei einer Politik der kleinen Schritte angekommen ist: Geringfügige Evolution statt Revolution gegenüber dem jeweils letzten Spiel des Schnittmusters scheint das Motto. Unter dem feschen Gewand steckt, zumindest bis die Community neue Mechaniken stärker fruchtbar macht, das altbekannte Gameplay mit leichten Variationen – eine Art Battlefield: Battlefront im Ersten Weltkrieg.

Damit entsteht der Eindruck, dass auch dieser Shooter stärker von seiner visuellen Qualität und der dichten Atmosphäre denn durch die Tiefe seines Gameplay zu motivieren sucht. Wer von dem zugrunde liegenden Konzept der Reihe(n) genug hat, den wird also auch das neue Battlefield potentiell weniger zur Rückkehr auf das Schlachtfeld bewegen können – aufgebaut wird trotz eines scheinbar radikalen Umbruchs zuvorderst auf Bewährtes, das in Details verbessert wird. Für vieler Spieler wird gerade das aber nach einer gelungenen Fortsetzung mit frischem Anstrich klingen.

Erscheinen wird Battlefield 1 am 21. Oktober 2016. Vorbesteller der Deluxe Edition dürfen jedoch bereits ab dem 18. Oktober spielen, während EA- und Origin-Access-Kunden ab dem 13. Oktober eine zeitlich limitierte Testversion zur Verfügung steht. An der mehrtägigen offenen Beta kann aktuell jeder Interessent teilnehmen.

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