Lexip Pu94 im Test: Analogsticks retten keine schlechte Maus

Fabian Vecellio del Monego
84 Kommentare
Lexip Pu94 im Test: Analogsticks retten keine schlechte Maus

tl;dr: Mit der Pu94 will das französische Startup Lexip eine klassische Maus, einen Joystick und einen Analogstick vereinen. Das ungewöhnliche Konzept eröffnet bei unterstützten Programmen interessante Möglichkeiten, fordert aber zahlreiche Kompromisse. Und die klassische Funktion Maus steht viel zu oft hinten an.

Maus, Joystick und Analogstick vereint

Bereits zur CES 2018 stellte Lexip das Konzept einer Gaming-Maus mit ins Chassis integriertem Joystick und seitlichem Analogstick vor, anschließend wurde die Pu94 über Kickstarter finanziert. Die Kampagne erwies sich dabei als äußerst erfolgreich: Schon nach rund 25 Minuten war das Ziel von 25.000 Euro erreicht, insgesamt konnten knapp 430.000 Euro von 3.824 Unterstützern gesammelt werden. Zur diesjährigen CES kündigte das Unternehmen dann nach einigen Verzögerungen an, die Maus nunmehr auch regulär zu vertreiben.

Aufgerufen wird dabei eine unverbindliche Preisempfehlung von rund 130 Euro, zu denen es die Pu94 derzeit allerdings nur über Lexips eigene Website zu erwerben gibt. Zwar existieren einige wenige Angebote seitens Drittanbietern, diese überschreiten die Preisempfehlung jedoch teils deutlich. Ohnehin ordnet sich das Eingabegerät zu diesem Kurs klar am oberen Ende der Preisspanne ein – und konkurriert folglich mit sämtlichen Flaggschiffen der Mitbewerber.

Gänzlich neu ist das Konzept dabei übrigens nicht: Lexip selbst hatte schon im Jahr 2011 ein ähnliches Produkt veröffentlicht, das jedoch ausschließlich für professionelle 3D-Anwendungen beworben wurde. Damals fielen die Rezensionen für die rund 200 Euro teure Lexip 3D Mouse überwiegend negativ aus, nun wagt das Unternehmen einen zweiten Versuch. Schon rein äußerlich sind der Pu94 dabei Ähnlichkeiten zum acht Jahre alten Quasi-Vorgänger nicht abzuerkennen.

Lexip Pu94
Ergonomie: Rechtshändig
Sensor: Avago/Pixart ADNS-9800
Laser
Auflösung: 50–12.000 CPI
4 Stufen
Geschwindigkeit: 3,8 m/s
Beschleunigung: 294 m/s²
USB-Abfragerate: 350 Hz
Primärtaster: Omron
Anzahl Tasten: 8
Oberseite: 4
Linksseitig: 2
Sondertasten: Mausrad
cpi-Umschalter, Analogstick
Software: 25 Profile
vollständig programmierbar
Beleuchtung: Farbe: RGB, 1 adressierbare Zone
Modi: Atmend, Farbschleife
Gehäuse: 119 × 68 × 41 mm
Hartplastik, Beschichtung
Glanzelemente, Gummielemente
Gewicht: 141 Gramm (o. Kabel)
Anschluss: USB-A auf Micro-USB-Kabel, 1,60 m, umwickelt
Preis: ab 65 €

Äußerlichkeiten

Beim ersten Blick auf die Pu94 sticht die ungewohnte Optik ins Auge: Die Maus erscheint verhältnismäßig hoch und wohlbeleibt. Auch der sichtbare Analogstick mutet vorerst eigenartig an. Zudem sind die kurzen Primärtasten des Eingabegeräts auffällig: Das Gehäuse bildet über eine Fläche von rund einem Zentimeter Breite die Front der Maus. Somit ist der vordere Teil zwar nicht klickbar, dient aber dennoch der Bedienung der Pu94: Per Druck lässt sich der interne Joystick nach vorne neigen.

Letzterer ist von außen nicht sichtbar in den beweglichen Sockel der Maus integriert. Das gesamte Kunststoff-Chassis sitzt auf einer Art Fuß, der intern sowohl den Sensor als auch den Joystick und auf der Unterseite die insgesamt sechs Gleitfüße umfasst.

Auch die Buchse für das abnehmbare Micro-USB-auf-USB-A-Kabel wird an der vorderen Seite der Bodenplatte befestigt. Von oben ist der Untersatz dabei nicht sichtbar, da die ergonomische Hülle durchweg größer ausfällt. Lediglich bei starker Neigung des in alle Richtungen beweglichen Oberbaus wird der Fuß sichtbar.

Das Chassis indes ist sowohl auf Grund der asymmetrischen Formgebung als auch der Platzierung der Tasten und des Analogsticks lediglich für die rechte Hand ausgelegt. Die Pu94 ist grundsätzlich mit kleineren und größeren Gliedmaßen bedienbar und ermöglicht entsprechend der Größe der Hand verschiedene Griffvarianten. Die Formgebung legt potentiell den Claw-Grip nahe. Es sei gleichwohl angemerkt, dass das Empfinden der Haptik selbstverständlich subjektiver Natur ist.

Gehäuse und Materialien

Die haptisch relevanten Stellen hat Lexip überwiegend mit einer Soft-Touch-Beschichtung oder seitlich mit Gummi-Elementen versehen, das Grundgerüst des Chassis bildet glänzender Kunststoff. Rutschig wird die Maus daher minimal am glatten Streifen vor den Primärtasten, schwer wiegt das allerdings nicht. Beide Flanken der Pu94 sind leicht konkav geformt und bieten damit ausreichend Halt für Bewegungen und die Bedienung des Joysticks. Der Ring- sowie der kleine Finger finden jedoch keinen Platz und liegen mit den Kuppen auf dem Mauspad auf.

Beim Hochheben rutscht die Maus somit zwar nicht aus der Hand, wiegt aber recht schwer: 141 Gramm bringt die Pu94 auf die Waage. In Anbetracht ihrer Größe ein stolzer Wert, der zweifelsohne auf den Joystick und somit zusätzlich benötigten Fuß zurückzuführen ist. Auf ein Gewichtssystem verzichtet das Eingabegerät, dessen Schwerpunkt jedoch ohnehin ausgewogen und mittig liegt. Den Sensor indes hat Lexip ein gutes Stück weiter vorne platziert.

Gute Gleit-Elemente scheitern an Fuß und Kabel

Bezüglich der Gleit-Eigenschaft verspricht Lexip eine außergewöhnlich gute Charakteristik, für die anstelle klassischer Teflon- oder schlichter Kunststoff-Füße Keramik-Elemente treten. Insgesamt sechs dieser runden, konvex geformten Keramikfüße befinden sich unterhalb der Pu94. Ebenso viele Gleitfüße des Typs bietet der Hersteller auch in einem Nachrüst-Kit für rund 20 Euro an. Tatsächlich erweist sich das Material als überaus gleitfähig, bei der Pu94 unterliegen die Bewegungen jedoch zwei teils gravierenden Einschränkungen.

So sind die Gleitfüße so sehr in die raue Kunststoff-Bodenplatte eingebettet, dass die Maus je nach Druck der Hand mit den teils scharfkantigen Rändern des Fußes über das Mauspad kratzt. Insbesondere dann, wenn der Joystick genutzt und die Maus gekippt wird. Des Weiteren ist das mit Nylon umwickelte Kabel äußerst steif und beeinflusst die Mausbewegung je nach Lage massiv. Es empfiehlt sich somit, auf ein flexibleres Kabel umzusteigen – dank der Micro-USB-Buchse ist das einfach möglich.

Inhomogene Beleuchtung und Farben

Hinsichtlich der möglichen Beleuchtung der Pu94, auf die im Software-Teil des Artikels näher eingegangen wird, lässt sich vorwegnehmen, dass sowohl der hinter dem Mausrad platzierte Knopf auf der Oberseite, das Lexip-Logo auf dem Mausrücken als auch die Innenseite der Hülle bunt leuchten, jedoch nur als eine Zone angesprochen werden können. Insbesondere der Rahmen des Chassis ist dabei arg asymmetrisch und spärlich beleuchtet. Im Gebrauch fällt das jedoch nicht sonderlich auf – schlicht und ergreifend, weil die innere Beleuchtung bei Tageslicht ohnehin kaum sichtbar ist.

Enttäuschend ist überdies die nicht gegebene Homogenität der einzelnen Bereiche: Je nach ausgewähltem RGB-Wert fallen die tatsächlich dargestellten Farben doppelt oder gar dreifach unterschiedlich aus, häufig zeigen sich Grün- und Blaustiche in einzelnen Bereichen. Leuchtdioden zur Indikation der gewählten Auflösung oder des gewählten Profils gibt es indes – auch wahlweise per Software – nicht.

Tasten und Sticks

Mit insgesamt sechs Tasten rangiert die Pu94 eher im unteren Mittelfeld der Gaming-Mäuse, mit zwei Analogsticks wiederum liegt sie definitiv oberhalb der Mitbewerber. Dabei ist anzumerken, dass die Sticks per Software quasi auch als je vier Tasten – also je zwei pro Achse – konfigurierbar sind. Die Tastenanzahl steigt somit auf theoretische zwölf Stück. Im Falle des Analogsticks funktioniert diese Variante überraschend gut, beim Joystick erwartungsgemäß mäßig. Er lässt sich weit weniger gut in die klassische Bedienung einer Maus integrieren.

Grundsätzlich ist das Chassis angenehm zu neigen und der Joystick reagiert präzise, wenn auch nach vorne hin ein größerer vertikaler Spielraum besteht, als nach hinten. Ungewolltem Auslösen beugt eine eigens adjustierbare Schutzzone vor: Erst ab einer bestimmten Neigung – ab Werk sind es 36 Prozent – löst der Joystick aus.

Der Joystick ist ungewohnter als der Analogstick

Problematisch ist allerdings die simultane Verwendung des Joysticks sowie der eigentlichen Mausfunktionen, also das Bewegen des Chassis und Betätigen der Primärtasten. Den Joystick in eine Richtung zu neigen und die Maus selbst gleichzeitig in die gleiche Richtung zu bewegen, erfordert zumindest ein wenig Übung, wenn der Fuß nicht angehoben werden soll.

Das Klicken der rechten oder linken Maustaste indes ist ohne ein weitreichendes Umgreifen kaum möglich, während das Eingabegerät nach vorne geneigt wird – dazu ist nämlich der Druck des Zeige- und des Mittelfingers auf der den Tasten vorgelagerten Fläche vonnöten.

Der Analogstick derweil ist einzeln für sich betrachtet unspektakulär und in seiner Konzeption von zahlreichen Gamepads bekannt. Lediglich die Verwendung bei einer Maus ist neu. Bei der Pu94 nimmt er dabei die Position einer Daumentaste ein. Zwar ist er auch klickbar, die entsprechende Aktion aber nicht mit einer Funktion belegbar – ein Druck des Sticks bleibt somit ohne Konsequenz.

Omron-Schalter und Standardtasten

Abseits der beiden Analogsticks verhält sich die Pu94 unauffällig. Als Primärtaster kommen laut Lexip Omron-Modelle zum Einsatz, die exakte Spezifikation der Lebenszeit bleibt der Hersteller jedoch schuldig. Hinter dem leicht gerasterten Mausrad findet sich eine einzelne Taste, die eine Funktionalität zur Auflösungsumschaltung impliziert, standardmäßig jedoch unbelegt ist. Die beiden sehr hoch linksseitig platzierten Tasten hingegen sind ab Werk zur Vorwärts- und Rückwärtsnavigation vorgesehen.

Potentiell eignet sich Die Pu94 damit durchaus für Spiele, die von zahlreichen Zusatztasten profitieren können, beispielsweise MOBAs oder MMORPGs. Eine Zweitbelegung der Tasten wird indes nicht angeboten.