Porsche PCM 6.0 im Test: Apple CarPlay, Android Auto, Sprachbedienung

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Nicolas La Rocco
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Die teils fehlenden Apps führen zum vierten Menüpunkt: der Integration des Telefons. Dort ist zunächst einmal anzumerken, wie hervorragend der Qualitätseindruck bei der klassischen Telefonie von beiden Seiten empfunden wurde. Es gibt eine Abschottung gegenüber Außengeräuschen, außerdem sorgten Mikrofone und Lautsprecher für eine sehr gute Sprachqualität. Bei einem Telefonat gefragt, wo man sich denn aktuell befinde, konnte die andere Seite kaum glauben, dass man gerade über die Autobahn fährt.

Kabelloses Apple CarPlay

Bei der Anbindung des Smartphones kommen zwei weitere Neuerungen des PCM 6.0 zum Tragen, die für viele Anwender den größten Unterschied zum bisherigen PCM ausmachen dürften: kabelloses Apple CarPlay und kabelgebundenes Android Auto. CarPlay konnte bei Porsche bislang ausschließlich kabelgebunden genutzt werden und Android Auto wurde bis zum PCM 6.0 überhaupt nicht unterstützt. Bei Porsche setzt sich damit ein Trend fort, den ComputerBase bei anderen deutschen Premium-Herstellern wie Mercedes und BMW beobachten konnte: Erst kommt Apple, dann folgt Android. Bei Mercedes waren Datenschutzbedenken der Grund, dass Google erst später mit Android Auto Einzug halten durfte. BMW und jetzt auch Porsche sagen aber, dass eben ein Großteil der Fahrzeugbesitzer mit einem iPhone unterwegs sei. Dennoch bleibt ein gewisses Gschmäckle und sei es nur aus Gründen der Parität, damit sich keine Seite beschweren kann, dass Porsche am besten gleich beide Systeme kabellos hätte umsetzen müssen.

Aufseiten von Apple ist CarPlay in der drahtlosen Variante beinahe perfekt realisiert worden. Einmal im Menü für externe Geräte mit dem Auto verbunden, in dem auch alle anderen Smartphones verwaltet werden, wird automatisch gefragt, ob eine kabellose Verbindung zwischen iPhone und PCM 6.0 hergestellt werden soll. Die Darstellung erfolgt gestochen scharf und frei von jeglicher Verzögerung. CarPlay nimmt vorbildlich beinahe den gesamten Bildschirm ein, sodass nur ganz links die Menüleiste der fünf Hauptkategorien des PCM 6.0 und ganz rechts eine Handvoll Statusinformationen etwa zum Empfang der Embedded-SIM des Autos oder zur Nutzung der Qi-Ladeschale in der Mittelkonsole angezeigt werden. Über die Leiste links kommt man so stets zu den wichtigsten Einstellungen des Autos, ohne über die Porsche-App von CarPlay zur nativen Benutzeroberfläche des Infotainmentsystems wechseln zu müssen.

Qi-Ladeschale ungünstig platziert

Etwas Kritik muss sich Porsche für die Position der Qi-Ladeschale gefallen lassen. Diese befindet sich während der Fahrt außerhalb der Reichweite des Fahrers (was auch positiv gewertet werden kann), weil dafür erst die Armlehne nach oben geklappt und in dem Fach relativ weit nach hinten gegriffen werden muss. Ein großes iPhone 12 Pro Max samt Hülle, aber auch ein Pixel 5 konnten problemlos geladen werden. Direkt daneben befinden sich zwei USB-Typ-C-Anschlüsse, die im nächsten Szenario bei Android Auto benötigt werden.

Android Auto bringt Spiele ins Fahrzeug

Android Auto ist die zweite große Neuerung, die das PCM 6.0 mitbringt. Die hier ausschließlich kabelgebundene Anbindung bringt abseits dieses Nachteils keinerlei Überraschungen mit. Auch bei Google lassen sich weitere Apps etwa aus dem Bereich Streaming ins Auto bringen, die Porsche nicht nativ anbietet. ComputerBase hat für den Test ein Pixel 5 mit Android 12 Beta 4 genutzt, das bei Android Auto bereits die neuen GameSnacks, also HTML5-Spiele, ins Fahrzeug bringt. Spiele auf dem Infotainmentsystem hat Google bislang exklusiv für sich und macht damit ein wenig den durch Porsche verursachten Nachteil der rein kabelgebundenen Umsetzung gut. Die Spiele lassen sich ausschließlich im Stand ausführen und werden rein über den Touch-Bildschirm gesteuert. Es handelt sich durchweg um Casual-Games, mit denen sich die ein oder andere Minute etwa bei Pausen auf längeren Fahrten vertreiben lässt.

Nachteilig wirkt sich bei Android Auto die omnipräsente schwarze Leiste im unteren Bereich des Bildschirms aus, in der Google den Home-Button, die zuletzt verwendeten Apps, die Benachrichtigungen und den Google Assistant unterbringt. Für die eigentlichen Inhalte bleibt dadurch ein deutlich schmalerer Bereich des Bildschirms, als er bei CarPlay oder den nativen Inhalten des PCM 6.0 zur Verfügung steht. Außerdem fällt bei Google hin und wieder auf, dass Symbole in vergleichsweise niedriger Qualität gerendert werden, was so bei Apple nicht zu beobachten war. In Summe spielt Android Auto zumindest auf dem PCM 6.0 klar die zweite Geige im Vergleich zu Apple CarPlay.

Fahrzeugeinstellungen mit (falscher) 3D-Grafik

Mit von der Partie ist beim PCM 6.0 ein neues Menü für alle Einstellungen rund um das Fahrzeug. Untergliedert in „Drive“, „Assistenz“, „Trip“ und „Komfort“ lassen sich fahrzeugspezifische Einstellungen für den jeweiligen Bereich vornehmen. Dass „Drive“ in einem Porsche ganz vorne steht, versteht sich von selbst und erscheint in einem Sportwagen sinnvoll. Alles rund um Fahrmodus, Fahrwerk und Fahrwerksniveau lässt sich in diesem Bereich einstellen. Auch der permanent ausfahrbare Heckspoiler, die Sportabgasanlage und die Start-Stop-Automatik finden sich dort. Wie sportlich und aggressiv der Cayenne Turbo GT zu Werke gehen soll, lässt sich am einfachsten aber über einen Drehregler am Lenkrad einstellen – bei Ferrari nennt sich ein ähnlicher Schalter Manettino.

Während die Fahrzeugeinstellungen auf der linken Bildschirmhälfte vorgenommen werden, wird auf der rechten Hälfte als weitere Neuerung des PCM 6.0 eine in Echtzeit gerenderte 3D-Grafik des Autos dargestellt. Auf welchen Bereich des Fahrzeugs welche Einstellung Auswirkung hat, lässt sich so gut visuell nachvollziehen. Mehr Mühe hätte sich Porsche aber bei der exakten Umsetzung des gefahrenen Modells geben können. Dass es sich beim Cayenne Turbo GT um die Karosseriebauform Coupé handelt, stimmt zumindest noch. Doch abgebildet wird statt des deutlich aggressiver gestalteten und performanteren Turbo GT lediglich ein Turbo. Felgen, Auspuff und weitere Anbauteile stimmen bei der 3D-Grafik deswegen nicht mit dem Auto überein, in dem man sitzt. Ja, Meckern auf hohem Niveau, aber genau dort befindet sich Porsche nun mal.

Sprachbedienung führt in die Slowakei

Eine neue Sprachbedienung bringt das PCM 6.0 ebenfalls mit. Diese erweitert das Infotainmentsystem um eine weitere Art der Bedienung abseits des Touch-Bildschirms und der Reihe ausgelagerter Menüpunkte unterhalb des Displays, die rund um den Automatikwählhebel versammelt sind. Über diese gibt es Schnellzugriff auf primäre Funktionen wie Musik, Navigation, Assistenzsysteme oder Klimaanlage. Letztere ist für beide vorderen Zonen zudem stets über Kippschalter erreichbar. Aber zurück zur neuen Sprachbedienung: Analog zu „Hey Google“ und „Hey Siri“ löst im Auto „Hey Porsche“ den Assistenten aus.

Die Sprachbedienung soll dank Online-Unterstützung mehr Formulierungen aus dem alltäglichen Sprachgebrauch verstehen und ohne vorgegebene Kommandos auskommen. Das Resultat ist allerdings bestenfalls mittelprächtig, da es nicht so natürlich wie bei Google oder Apple klingt und nicht mit vielen Befehlen umgehen kann. Einfache Anfragen wie „Ich brauche Benzin“ oder „Mir ist kalt“ setzt das System jedoch ohne spezifisches Kommando um. Aber das Fenster öffnen oder den Spoiler ausfahren? Keine Chance. Letzteres wurde als Navigationswunsch in die Slowakei interpretiert. Bei Google Assistant oder Siri ist man definitiv besser aufgehoben, auch wenn sich damit keine Funktionen des Fahrzeugs steuern lassen.