Berufung erfolgreich: Qualcomm gewinnt Verfahren gegen 997 Mio. Euro Geldstrafe

Volker Rißka
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Berufung erfolgreich: Qualcomm gewinnt Verfahren gegen 997 Mio. Euro Geldstrafe
Bild: Qualcomm

Viereinhalb Jahre, nachdem die Europäische Kommission gegen Qualcomm eine Geldbuße in Höhe von 997 Millionen Euro wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung im Sektor der LTE-Basisband‑Chipsätze verhängt hatte, hat Qualcomm die Berufung gewonnen. Der Grund: Es gab zu viele Verfahrensfehler.

Viele Verfahrensfehler zu Ungunsten von Qualcomm

Das neue Urteil stützt sich zum einen auf die Feststellung mehrerer Verfahrensfehler, die die Verteidigungsrechte von Qualcomm beeinträchtigt haben, und zum anderen auf eine Analyse der wettbewerbswidrigen Auswirkungen der monierten Anreizzahlungen. Unterm Strich konnte das Urteil so nur für nichtig erklärt werden.

Was die Nichtbeachtung der Verteidigungsrechte von Qualcomm anbelangt, stellt das Gericht mehrere Fehler fest, die die Kommission bei der Erstellung der Fallakte begangen hat. Darüber hinaus wurden Fehler bei der Beschränkung des Beschlusses auf den LTE-Markt, nicht aber für UMTS deutlich gemacht, was wirtschaftliche Auswirkungen für Qualcomm gehabt haben könnte. Folglich hat die Kommission, da sie das Unternehmen zu diesem Punkt nicht angehört hat, dessen Verteidigungsrechte verletzt.

Das Gericht stellt darüber hinaus auch fest, dass die Kommission zwar zu dem Ergebnis gelangte, dass die von Qualcomm getätigten „Anreizzahlungen“ die Anreize für Apple, sich an konkurrierende Anbieter zu wenden, um sich mit LTE-Chipsätzen zu versorgen, zwar in der Tat verringert haben, jedoch aus dem Beschluss der Kommission hervorgeht, dass Apple für den überwiegenden Teil seines Bedarfs im relevanten Zeitraum, das heißt des Bedarfs, der im Wesentlichen iPhones entsprach, keine technische Alternative zu den LTE-Chipsätzen von Qualcomm hatte. Das Gerichte gelangt damit zu dem Ergebnis, dass die Analyse der Kommission nicht unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände vorgenommen wurde und daher rechtswidrig war.

Gegen die Entscheidung des Gerichts kann innerhalb von zwei Monaten und zehn Tagen nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden. Nun sind die Anwälte der Europäischen Kommission wieder am Zug.

Die zweite große Schlappe in einem halben Jahr

Im Januar dieses Jahres entschied das zweithöchste Europäische Gericht bereits in einer ähnlichen Angelegenheit zugunsten des Beklagten. Das Urteil, das die durch die EU verhängte Wettbewerbsstrafe in Höhe von 1,06 Milliarden Euro zu Lasten von Intel aufgehoben hat, wurde Ende Januar 2022 vom Gericht der Europäischen Union (EuG) gesprochen.