Stream Deck+ im Test: Elgato gibt Streamern jetzt auch Drehregler an die Hand

Fabian Vecellio del Monego
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Stream Deck+ im Test: Elgato gibt Streamern jetzt auch Drehregler an die Hand

Mit dem Stream Deck+ erweitert Elgato erstmals die physischen Möglichkeiten der Steuerkonsole. Ausschlaggebend bleiben aber die Software und das Elgato-Ökosystem: Je nach Anwendungsszenario und Ausstattung ist das Modell entweder die ideale Steuereinheit oder der Versuch, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.

Das erste Stream Deck mit mehr als LCD-Tasten

Bei Elgatos Stream Decks handelt es sich um individualisierbare Steuerkonsolen, die sich in erster Linie an Content-Creator und Live-Streaming-Anwendungen richten, also beispielsweise auf Twitch. Bisher gab es bereits das Stream Deck für 149,99 Euro, das größere Stream Deck XL für 249,99 Euro, ein kleineres Stream Deck Mini für 79,99 Euro und das Stream Deck Mk.2 für unverändert 149,99 Euro. Die Eingabemöglichkeiten sind dabei bei allen genannten Modellen gleich: Viereckige und programmierbare Tasten mit LC-Display in ortholinearer Anordnung sind das Markenzeichen der Stream-Deck-Produktfamilie.

Das Stream Deck+ hat den Dreh raus

Das Stream Deck+ für 229,99 Euro bricht diese Tradition nun erstmals auf: Neben acht der besagten LCD-Tasten bietet Elgatos neueste Steuerkonsole auch eine LCD-Touchleiste und vier taktile 360-Grad-Drehregler mit Druckfunktion und wandelt damit in den Fußstapfen des Loupedeck Live respektive Razers Stream Controller.

In jedem Fall handelt es sich um dedizierte Steuerkonsolen, mit denen beispielsweise Audiospuren, die Stream-Beleuchtung oder aber Facecam-Einstellungen angepasst und kontrolliert werden können. Zudem lassen sich über die zugehörige Software Makros und Aktionsabfolgen definieren. Als Vorteil der LCD-Makrotasten nennt Elgato auch für das Stream Deck+ eine schnelle visuelle Rückmeldung, ohne dass zu diesem Zweck Platz auf dem PC-Bildschirm beansprucht werden muss. Elgato verweist zudem auf zahlreiche Plugins, Icons, Musikstücke und Soundeffekte sowie auf einen zugehörigen Store respektive für Stream-Deck-Käufer auf kostenfreie Mediatheken.

Mittelmäßige Verarbeitung und ein fester Standfuß

Das Stream Deck+ misst 140 × 138 × 110 mm und wiegt 465 g. Es verfügt über einen nicht beweglichen Standfuß, sodass die Bedienelemente stets ungefähr im 40-Grad-Winkel zum Nutzer zeigen. Auf der Rückseite befindet sich ein USB-C-Anschluss, wobei auf der anderen Seite des 160 mm langen Kabels ein USB-A-Stecker verbaut ist. Ohnehin benötigt das Stream Deck+ nur eine USB-2.0-Anbindung. Aufgrund des ausschließlich aus Kunststoff bestehenden Gehäuses, wackeliger sowie im Druckpunkt außerordentlich schwammiger LCD-Tasten und eiernder Drehregler hinterlässt die Steuerkonsole auf den ersten Blick keinen sonderlich hochwertigen Eindruck. Die Spaltmaße wiederum geben keinen Grund zur Beanstandung, obendrein steht das Stream Deck+ stabil. Nichtsdestoweniger passt die Erscheinung nicht unbedingt zur unverbindlichen Preisempfehlung von rund 230 Euro.

Zum Vergleich: Das Stream Deck und das Stream Deck MK.2 mit jeweils 15 LCD-Tasten kosten gemäß UVP 150 Euro, das mit sechs LCD-Tasten ausgestattete Stream Deck Mini schlägt mit 80 Euro zu Buche und für das Stream Deck XL mit 32 Tasten werden 250 Euro fällig. Die grundlegende Funktionalität der verschiedenen älteren Modelle ist dabei die gleiche, lediglich die Anzahl der physisch vorhandenen Tasten unterscheidet sich. Nur das Stream Deck+ kann sich mit LCD-Streifen und Drehreglern absetzen.

Einfache Einrichtung unter Windows und macOS

Wichtiger als die Hardware ist aber ohnehin die Software, die mit gleich mehreren Programmen daherkommt: Zum Marktstart des Stream Deck+ verfügbar sind die Stream-Deck-Software in Version 6.0, Elgato Camera Hub 1.5, Elgato Control Center 1.5, Elgato Wave Link 1.6.0 und zahlreiche Plugins. Vorausgesetzt wird gemeinhin Windows 10 oder macOS 10.15.

Bei der Einrichtung des Stream Deck+ fällt dann zunächst auf, dass die acht vorhandenen LCD-Tasten dank umschaltbaren Seiten und Ordnern nahezu beliebig oft belegt werden können. Der Platz für vordefinierte oder eigene Aktionen ist folglich beinahe unbegrenzt, wenngleich eben nicht auf alle Funktionen gleichzeitig zugegriffen werden kann. Ähnlich verhält es sich mit den neuen, endlos drehbaren Drehreglern: Aktionen lassen sich auf „Stacks“ ablegen, sodass per Druck auf den Drehregler sequentiell zwischen den verschiedenen Funktionen durchgeschaltet werden kann.

Die Konfiguration all dessen geht nach kurzer Orientierungsphase in der übersichtlichen Software einfach von der Hand – auch dank der praktischen Drag-'n'-Drop-Bedienung. So ist es etwa möglich, beispielsweise JPG-Dateien vom Desktop in die Stream-Deck-Software und auf eine der LCD-Tasten zu ziehen, damit das Bild anschließend als Hintergrund des entsprechenden Knopfes auf dem Stream Deck+ angezeigt wird. Der Hintergrund der LCD-Leiste lässt sich ebenfalls individuell gestalten, wobei Elgato bereits einige Muster und Szenen zur Auswahl bietet. Eine Bestätigung oder ein Speichern ist bei alldem nicht vonnöten: Vollzogene Änderungen wirken sich beinahe in Echtzeit auf das angeschlossene Stream Deck+ aus und lassen sich somit hervorragend nachvollziehen.

Für eine umfassende und letztlich tatsächlich konstruktive Konfiguration über einfache Standardfunktionen hinaus sollten Nutzer aber ein konkretes Ziel vor Augen haben und wissen, welche der dutzenden Plugins weiterhelfen. Die DLCs gibt es beispielsweise für OBS, Nvidia ShadowPlay, Twitch Studio, Philips Hue oder Discord. Auch eine Spotify-Integration wird geboten und ebenso ist es möglich, Hardware-Parameter des eigenen PCs zu überwachen, beispielsweise die CPU-Auslastung. Ein HWiNFO-Plugin ist ebenso verfügbar. Wer im Vorfeld aber keinen spezifischen Anwendungsrahmen definiert hat, steht erst einmal auf dem Schlauch.

Die Software-Fähigkeiten sind enorm

Die Möglichkeiten der Software geben es aber letztlich beispielsweise her, die Lautstärke verschiedener Tonspuren per Drehregler zu kontrollieren oder stummzuschalten – es kann sich etwa um den Systemton, die Tonspur eines Spiels, die Mikrofoneingabe oder Soundeffekte im Livestream handeln. Besagte Effekte können über den Store auch kostenfrei heruntergeladen werden und stehen anschließend in der Software zur Verfügung. Gleiches gilt für Icons für die LCD-Tasten oder Hintergrundmusik für den Livestream, wobei zwischen verschiedenen Genres, Musikgeschwindigkeiten und Instrumenten gefiltert werden kann.

Nutzer können überdies ihr Mikrofon stummschalten, eine Elgato Facecam ein- und ausschalten, deren digitale Zoomstufe oder Fokuseinstellung per Drehregler ändern und den Weißabgleich sowie die Helligkeit einstellen. Auch eine Steuerung der verschiedenen Elgato-Ringlichter oder -Key-Lights ist möglich. Livestreams und Aufnahmen lassen sich starten und beenden, Timer können gestellt werden und ein Internet-Speedtest kann auf Knopfdruck durchgeführt werden.

Alternativ ist das Stream Deck+ als Tastatur-Erweiterung für klassische kreative und produktive Anwendungen nutzbar, beispielsweise Videoschnitt­programme, Bildbearbeitungs­programme oder aber Mixing-und-Mastering-Anwendungen. Wer gleich mehrere Anwendungsszenarien hat, kann per Software verschiedene Konfigurationen erstellen und in Profilen speichern. Per Tastendruck lässt sich anschließend die komplette Tastenbelegung des Stream Deck+ ändern – oder aber dies geschieht, falls gewünscht, automatisch mit dem Start eines entsprechenden Programms respektive bestimmt durch das derzeit im Vordergrund befindliche Fenster. Anzumerken ist hierbei allerdings einschränkend, dass die entsprechenden Elgato-Softwares stets im Hintergrund laufen müssen. Werden die Programme beendet, verliert das Stream Deck+ sämtliche Funktionalität.

Fazit

Im Hands-on präsentiert sich das Stream Deck+ als zielführende Erweiterung zu Elgatos bestehendem Angebot an derartigen Steuerkonsolen. Für die Konzeption der Stream Decks als Werkzeug für Streaming- und Kreativanwendungen ergeben insbesondere die Drehregler absolut Sinn. Wer bereits über Elgato-Zubehör wie eine Facecam (Test), eine Facecam Pro, ein Key Light (Test) oder ein Elgato Wave DX (Test) verfügt, dem bietet der Hersteller mit dem Stream Deck+ tatsächlich die ideale Steuerzentrale.

Wer sich allerdings noch nicht in den vergleichsweise teuren Elgato-Kosmos eingekauft hat, für den erscheint die unverbindliche Preisempfehlung von 229,99 Euro sehr happig, zumal andere Produkte der Serie aktuell zu Black Friday reduziert sind, das neue hingegen nicht. Grundlegende Funktionen des Stream Deck+ abseits der zentralisierten Gerätesteuerung lassen sich zumeist auch mit sämtlichen Gaming-Tastaturen des Premiumsegments und den zugehörigen Programmen oder aber direkt in Software lösen. Zumindest im Ansatz – doch sollte das für einen Streaming-Start locker reichen.

Des Weiteren ist das Stream Deck+ keineswegs perfekt: Nutzer sind dauerhaft auf gleich mehrere im Hintergrund aktive Programme angewiesen, der Standfuß ist nicht verstellbar, die Verarbeitungsqualität könnte besser sein und das Kabel ist für eine saubere Verlegung bei vielen Setups zu kurz. Und auch einige Kleinigkeiten fallen angesichts des hohen Preises negativ auf: Wird beispielsweise die Systemlautstärke per Drehregler geändert, informiert das Stream Deck+ trotz LCD-Streifen nicht über die aktuelle Lautstärke – dazu ist weiter der Blick auf den PC-Bildschirm notwendig.

In Summe hat Elgato mit dem Stream Deck+ eine konsequente Weiterentwicklung der bisherigen Stream-Deck-Modelle präsentiert, die aber Stärken ebenso wie Schwächen erbt. Im Elgato-Ökosystem eingebettet, handelt es sich um ein mächtiges Werkzeug, sofern die Möglichkeiten und Plugins für professionelles Livestreaming oder kreatives Arbeiten ausgenutzt werden. Für einen Streaming-Anfänger ist das Produkt aber nicht zuletzt aufgrund des hohen Preises nicht empfehlenswert – ohne weitere Elgato-Produkte ist der Funktionsumfang eingeschränkt, insbesondere bei den Drehreglern.

ComputerBase wurde das Stream Deck+ leihweise von Elgato unter NDA zum Testen zur Verfügung gestellt. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungs­zeitpunkt, der Artikel erschien allerdings erst später. Eine Einflussnahme des Herstellers oder des Händlers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht.

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