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Künstliche Intelligenz: Ist der Hype begründet – oder sollten wir uns eher sorgen?

Fabian Vecellio del Monego (+1)
319 Kommentare
Künstliche Intelligenz: Ist der Hype begründet – oder sollten wir uns eher sorgen?
Bild: System Shock 3 – OtherSide Entertainment

Lange Zeit existierte Künstliche Intelligenz vor allem als ein Versprechen der Zukunft, zwar im Kleinen durchaus bereits wirkend, im Großen aber kaum greifbar. Das änderte sich über die letzten Monate schlagartig, die Welt wird vom KI-Hype regelrecht überrollt. Aber ist der Trubel gerechtfertigt – und wie geht ihr damit um?

Das Versprechen der Künstlichen Intelligenz

Die KI-Welle rollt derzeit durch die Tech-Branche. Vor allem Microsoft verfolgt eine aggressive Strategie: Der Konzern reiht Ankündigung an Ankündigung, um auf OpenAIs fortschrittlichem GPT-4-Modell basierende Assistenten in das eigene Produktportfolio zu integrieren. Die Künstliche Intelligenz soll Bing zu informativeren Ergebnissen verhelfen, in Office-Programmen assistieren und in Teams als virtueller Sekretär zu Diensten sein. Aber auch die Konkurrenz arbeitet daran, Künstliche Intelligenz in die eigenen Produkte zu integrieren. Das gilt neben Google und Meta sowie Bildgeneratoren wie Dall·E 2, MidJourney und Stable Diffusion auch für eine Vielzahl an Startups, die an eigenen Modellen arbeiten. Generative KI ist das Schlagwort der Stunde, Large Language Models werden gar als Katalysator einer Revolution gehandelt.

Über allem schwebt dabei eine elementare die Frage: Wie viel bleibt am Ende vom Hype? So vielversprechend etwa ChatGPT im Umgang mit Sprache ist, so wenig konnten sich die in der Branche zuletzt forcierten Trends wie das Metaverse oder alles rund um Blockchain und Kryptowährungen nachhaltig etablieren. Und auch bei Künstlicher Intelligenz gilt: Vieles ist nach wie vor bloß angekündigt – was bisher bereits getestet werden kann, sind vor allem Preview-Versionen. So muss sich etwa bei Microsofts und Googles Office-Integrationen noch zeigen, ob die KI-Assistenten tatsächlich ein praktischer Helfer im beruflichen Alltag sein können, oder es auf absehbare Zeit bei einem Spielzeug für Technik-Begeisterte bleibt.

Wie erlebt ihr den KI-Hype?

Wie seht ihr die aktuellen Entwicklungen? Erhalten ChatGPT und Künstliche Intelligenz derzeit zu viel Aufmerksamkeit? Oder vielleicht gar nicht genug? Erleben wir gerade den Anfang einer neuen technischen Revolution – oder handelt es sich nach Metaverse und Blockchain um die nächste Luftnummer?

Wie bewertest du den aktuellen KI-Hype?
  • Der Trubel rund um Künstliche Intelligenz und insbesondere ChatGPT ist absolut gerechtfertigt – da bahnt sich die nächste große technische Revolution an, die ganzen Berufe, Branchen und Wirtschaftszweige umkrempeln wird.
    35,1 %
  • Die aktuelle Entwicklung ist zwar durchaus faszinierend, aber der Hype ist übertrieben. Bis Künstliche Intelligenz tatsächlich weitreichende Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft haben wird, dauert es noch.
    45,9 %
  • Ich verstehe den Trubel nicht. Die neuen KI-Modelle sind zwar ein großer Schritt, marktreif ist da aber nichts. Mal abwarten, wann Künstliche Intelligenz tatsächlich nützlich wird.
    15,2 %
  • Der Hype ist die reinste Luftnummer – bisher hat OpenAI doch quasi nichts an den Tag gebracht, was irgendwie sinnvoll und konstruktiv eingesetzt werden kann. In ein paar Monaten redet da keiner mehr drüber.
    3,8 %

Seit der Veröffentlichung von ChatGPT im November 2022 kann ein jeder Interessierte mit den modernen KI-Chatbots experimentieren. Ebenso bieten Bildgeneratoren wie MidJourney oder auf Stable Diffusion schon viele Möglichkeiten. Macht ihr davon Gebrauch – oder seht ihr bislang lediglich zu?

(Wie) nutzt du KI-Chatbots und KI-Bildgeneratoren selbst?
  • Ich habe privat mit den neuen Möglichkeiten experimentiert.
    47,8 %
  • Ich habe Chatbots verwendet, um lustige Geschichten zu erstellen, für Witze und zur Unterhaltung.
    14,7 %
  • Ich habe Chatbots bereits produktiv genutzt, um mich bei privaten Projekten zu unterstützen.
    18,4 %
  • Ich habe KI-Bildgeneratoren bereits produktiv verwendet, um mich bei privaten Projekten zu unterstützen.
    9,2 %
  • Ich habe Chatbots schon genutzt, um mir bei Hausaufgaben, Hausarbeiten oder anderen Aufgaben im Bereich Bildung zu helfen.
    7,9 %
  • Ich habe Chatbots genutzt, um im beruflichen Kontext Texte zu generieren oder zu verfeinern.
    14,6 %
  • Ich habe KI-Bildgeneratoren eingesetzt, um mir im beruflichen Kontext Skizzen oder gar fertige Bilder zu erstellen.
    3,6 %
  • Ich greife auf Chatbots zurück, um mir beim Programmieren zu helfen.
    15,5 %
  • Ich habe KI-Chatbots und KI-Bildgeneratoren bislang noch nicht genutzt.
    43,2 %

Kritik, Sorgen und Ängste sind nicht nur Nebenwirkung

Aber es gibt auch Kritik am neuen Trend. Warnungen vor den Konsequenzen des KI-Wettrennens machen die Runde; Probleme mit den neuen Werkzeugen sind nicht von der Hand zu weißen. Das betrifft etwa den Umgang mit Desinformation und Falschmeldungen – so stellte etwa Midjourney die kostenfreie Version ein, nach dem Deepfakes für Aufsehen sorgten. Das galt beispielsweise für die Darstellung einer vermeintlichen Verhaftung von Donald Trump sowie ein Bild des Papstes. Chatbots und Bildgeneratoren liefern nicht nur Unterhaltung und das Versprechen einer gesteigerten Produktivität, sondern speisen ebenso eine neue Ära der Desinformation.

Forscher und auch prominente Individuen der Tech-Branche wie Steve Wozinak und Elon Musk fordern bereits eine schärfere Regulierung für KI-Designs sowie ein sechsmonatiges Moratorium für die Entwicklung besonders intelligenter Modelle, die leistungsfähiger als GPT-4 sind. Dazu wird es aber höchstwahrscheinlich nicht kommen – schon lange ist OpenAI keine gemeinwohl­orientierte Organisation mehr, sondern ein gewinnorientiertes Unternehmen, dass seinen immensen Vorsprung nicht verspielen wird. „Open“ ist dabei schon längst nicht mehr Programm; die Kritik der Branche Folge.

Außerdem ist fraglich, woher die benötigte Rechenleistung kommen soll. Es war zunächst bloß ein Aprilscherz: KI-Mining benötigt so viele GPUs, das erneut Gamer beim Kauf einer neuen Grafikkarte das Nachsehen haben. Doch völlig aus der Luft gegriffen ist das Szenario nicht, wie Jan und Fabian bereits im CB-Funk #12 thematisierten. Microsoft verbraucht laut Medienberichten intern so viele Ressourcen, das für einige Teams bereits der Zugang zu KI-Hardware beschränkt wurde. Und außerdem steht der enorme Energieverbrauch im Fokus, der erforderlich ist, um die nötigen GPU-Chips zu produzieren und die hochkomplexen KI-Modelle zu trainieren. Und dann gibt es da natürlich auch noch das ikonische Science-Fiction-Schreckgespenst der abtrünnigen Künstlichen Intelligenz, die die Menschheit unterjochen will.

Welche Sorgen habt ihr? Und ist eine Regulierung überfällig?

Nachfolgend also die Frage: Wo seht ihr die Risiken; in welchen Bereichen werden die aktuelle Entwicklungen für die größten Probleme sorgen? Bitte legt euch auf maximal drei Antwortmöglichkeiten fest, sodass das Ergebnis der Umfrage den Schwerpunkt der Sorgen der Community auf ComputerBase besser sichtbar machen kann.

In welchen drei Bereichen bereitet dir die KI-Entwicklung am meisten Sorgen?
  • Neue Möglichkeiten für Desinformation und Propaganda
    76,2 %
  • Deepfakes bei Bildern und Videos
    68,2 %
  • Neue Formen der Cyberkriminalität
    41,9 %
  • Massenüberwachung und Social Scoring; weitere Implikationen für den Datenschutz
    40,7 %
  • Politische Rahmenbedingungen und Gesetze passen sich nicht schnell genug an
    36,9 %
  • Automatisierung und das Verschwinden von Arbeitsplätzen oder gar ganzen Berufen
    23,0 %
  • Verstärkung sozialer Ungleichheit: Nur wer zahlt, kann auf die fortschrittlichsten KI-Modelle zurückgreifen
    27,3 %
  • Konsolidierung der Monopolstellung großer Tech-Konzerne
    34,8 %
  • Missachtung von Moral, Ethik und humanistischer Werte durch Künstliche Intelligenz
    38,0 %
  • Hoher Energie- und Ressourcenverbrauch
    30,0 %
  • Entwicklung fortschrittlicher KIs, die sich gegen die Menschheit richten können
    23,8 %

Nach wie vor offen ist die Frage, wie sich das KI-Wettrennen kontrollieren lässt und welche Maßnahmen dazu überhaupt geeignet sind. Italienische Datenschützer bremsen ChatGPT in Italien aus; OpenAI verarbeite unrechtmäßig Nutzerdaten, heißt es. Die EU arbeitet derzeit an einem „KI Act“ – also an einem Gesetz, dass Forschung zu und Nutzung von Künstlicher Intelligenz einen rechtlichen Rahmen geben soll. Bei den Verhandlungen geht es aktuell um die Frage, ob Large Language Model wie GPT-4 bereits als Hochrisiko-Technologie zu bewerten sind.

Wie steht die ComputerBase-Community zu diesem Thema? Ist eine strengere Regulierung längst überfällig – oder wäre sie viel mehr schadhaft?

Sollte das Feld der Künstlichen Intelligenz stärker reguliert werden?
  • Ja, auf jeden Fall. Neue politische Rahmenbedingungen und Gesetze sind längst überfällig – wir brauchen einen Paradigmenwechsel bei Urheberrecht, Datenschutz und der Besteuerung Künstlicher Intelligenz. Die Politik muss der aktuellen Entwicklung Herr werden.
    39,3 %
  • Ja, Regierungen sollten sich mit dem Thema auseinandersetzen. Regulierung ist notwendig, aber man sollte nichts überstürzen.
    37,7 %
  • Wir sollten erst einmal abwarten und beobachten – die derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen passen vorerst. Später sind wir klüger und können fundiert entscheiden.
    16,6 %
  • Nein, ganz im Gegenteil – Deregulierung ist das Stichwort. Die derzeitigen Gesetze schaden dem technischen Fortschritt.
    6,4 %

Mitmachen ist ausdrücklich erwünscht

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Im Podcast erinnern sich Frank, Steffen und Jan daran, wie im Jahr 1999 alles begann.