AW: Arcania großer Flopp?
Ich habe den Thread jetzt noch eine Weile still mitverfolgt.
Also wirklich zu floppen scheint dieses Produkt nicht, befindet es sich ja doch in einigen Verkaufscharts an der Spitze.
Wenn man dieses Spiel im Testschnitt sieht und die Ausreißer nach unten und oben abschneidet, dann bekommt das spiel eine 2-. Somit ist es kein Brüller, aber auch weit entfernt davon ein Reinfall zu sein.
Auch die Usermeinungen spiegeln das wieder, wobei die Meinung stärker zum Befriedigend als Gut neigt.
Soweit so gut.
Wir haben ja jetzt auch inzwischen rausgefunden, dass die Gothic- Fans der alten Schule quasi persönlich beleidigt sind, weil Spellbound ihren Hoffnungsträger bzw. die (Vor-) Freude an dem Produkt zunichte gemacht hat. Diese haben das Spiel "blind" aufgrund der Versprechungen und dem Zusatz im Spieletitel Gothic gekauft.
Dann gibt es Fraktion zwei, die dieses Spiel einfach ohne Vorkenntnisse der Gothic Reihe bzw. ohne Referenz zu den Vorgängern gespielt haben. Diese können sich im Schnitt gut damit anfreunden.
Warum wegen eines Computerspiels dann ein Glaubenskrieg ausbricht, vor allem, weil zu 90% persönliche Befindlichkeiten zur Bewertung rangezogen werden, ist mir ein Rätsel.
Auch die übertriebenen Reaktionen bezüglich "Ich wünsch dem Publisher den Ruin", oder dass Spellbound in der Hölle schmoren soll, sind völlig fehl am Platze.
Ich kann nicht verstehen, wie jemand in der heutigen medial aufgeklärten Gesellschaft Blindkäufe aufgrund eines "großen Namens" und aufgrund von "Marketingeplänkel" tätigt und dann groß auf die Pauke haut, wie betrogen er sich fühlt, weil diverse Dinge schöngeredet wurden.
GERADE diejenigen, die sich als Gothic- Fans bezeichnen, hätten doch wissen müssen, was auf sie zukommt.
Es war ja im vorfeld mehr als genug von Arcania zu lesen und auch mehrmals, dass es casual ausgelegt würde.
Wie heisst der Spruch so schön (bezugnehmend auf die, die vorher schon Gothic 3 gekauft hatten):Fool me once, shame on you. Fool me twice, shame on me.
Wie viel Emotion in dieser Diskussion steck sieht man auch daran, dass es doch tatsächlich stimmen gibt, die sich über die schlechte Grafik beschweren.
Wenn man eines zugeben muss, dann ist es, dass Arcania grafisch bis jetzt jedes Rollenspiel locker putzt. Diese Weitsicht gepaart mti Licht- und Schattenspiel gab es echtzeitberechnet in noch keinem RPG.
Ich frage mich immer, welche Referenz dann für so eine absurde Einschätzung führt, oder ob es nicht doch eher die Wut ist, dass das geliebte Gothic (obwohl seit Teil 3 totgesagt) mit diesem Teil nun zum x-ten Mal "endgültig" gestorben ist.
Analog dazu:
HipHop ist auch nicht mehr das, was es mal war. Und auch dort gibt es eine Kultur, die sich beweihräuchert oldschool zu sein und sich über sämtliche Modeerscheinungen und Auswüchse dieser Musikrichtung beschwert, ja sogar ganze Fehden austrägt. Das gehört einfach zur Entwicklung dazu. Viele mögen aber einfach der neue "Style". Ob es den Oldschoolern nun gefällt, oder nicht.
Ich, als alter Rollenspiel- Hase sehe der Entwicklung zum casual- Gaming im RPG Bereich auch mit Argwohn entgegen. Jedoch verurteile ich sie nicht und ich versuche dem Neuen eine Chance zu geben und "offen" dieser Entwicklung gegenüberzutreten. Diese muss ja nicht zwangsläufig schlecht sein.
Die Atmosphäre und die damit verbundenen Gefühle und Erinnerungen, die ein Bards Tale 1, ein Wasteland oder ein Planscape Torment beschert haben, werden so nie wiederkehren. Wie in einem Beitrag weiter vorne beschrieben bestand bei den alten RPGs schon allein der Reiz darin, dass wirklich so ziemlich alles neu und innovativ war.
Zudem hat die mangelnde visuelle darstellung und die Textlastigkeit die Phantasie angeregt und es wurde im Kopf eine Welt generiert, die nicht durch Technik, sondern durch die eigenen Gedanken perfektioniert wurde.
Kein Programmierteam der Welt kann das ersetzen, was meine Gedanken dieser Welt hinzugefügt haben.
Die heutige Generation würde wahrscheinlich Granaten werfen, wenn ihnen so ein Ruckelspiel wie E.L.I.T.E. auf dem C64 vorgesetzt würde.
Damals war man dankbar für die innovative Vektorgrafik, der riesigen Welt etc.
Alles hat geruckelt, es war extrem viel mangelhaft, nicht realistisch und logisch inszeniert und aus heutiger Sicht hat es 1000 Schwachstellen. Es ist jedoch in meinen Augen das beste Computerspiel, dass ich jemals in den Fingern hatte.
Man hat sich einfach auf das Erlebnis eingelassen, weil man damals nicht erdrückt wurde mit hunderten Neuerscheinungen am Softwaremarkt, weil der Konsumgedanke, der Zeitdruck noch nicht in diesem Maße fortgeschritten war.
Insofern ist es eine Erscheinung unserer heutigen Zeit, dass man sich auf diverse Spiele nicht mehr einlassen will. Wenn ich lese, wie viele Benutzer sich die Spiele einfach illegal aus dem Internet ziehen, dann zeigt mir das was der User grundsätzlich der heutig erhältlichen Software für eine Wertigkeit beimisst.
Ich bin mir zu 100% Sicher, dass wenn sich die Rollenspiele, wie die alten Gothic- Fans sie sich wünschen, in Massen verkaufen würden, dann würde sich ein Publisher und ein Programmierteam finden, welches genau diesen Marktbedarf abdecken würde. Bei den derzeit vorherrschenden Ansprüchen graut mir aber jetzt schon vor dem offiziellen Verkaufspreis
Lange Rede kurzer Sinn:
Spielt Demos, lest Tests durch, sammelt Informationen NACH dem Release, wenn ein Spiel ein Wackelkandidat in Eurer Kaufentscheidung ist.
Kauft Spiele, die Ihr spielen wollt legal. Seht Spiele als "Spiel" und nicht als Hochleistungswettbewerb, wer es am schnellsten durch hat.
Dann klappts auch wieder mit dem Spielspaß
Unter Berücksichtigung meines oben ausgeführten Plädoyers können sich Gegner und Befüworter von Arcania hoffentlich darauf einigen, dass dieses Spiel nicht den Geschmack von jedem getroffen hat, aber es für einige Zeit durchaus Kurzweil verbreiten kann.
Grüße
Zero