Astrophysik: Verständnisfrage Neutronenstern/Schwarzes Loch

ascer

Captain
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Hallo Leute,


1.
ich bin bei Wikipedia über folgende Aussage "gestolpert" (doppeldeutig^^):
"Die gravitative Bindungsenergie eines Neutronensterns der doppelten Sonnenmasse ist nach dem Gesetz über die Äquivalenz von Masse und Energie, E = mc2, äquivalent zu einer Sonnenmasse. Das ist die Energie, die bei der Supernovaexplosion freigesetzt wird."

Das will mir nicht ganz einleuchten, denn die Energie ist doch gerade die masse mal dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit.

Zum einen müsste ein Neutronenstern der doppelten Sonnenmasse (warum gibts dafür eig kein Formelzeichen?^^) doch ungleich mehr Energie haben, da das m in der Gleichung doppelt so groß ist...und zum anderen ergibt sich doch auch die Gravitationskraft aus der Masse eines Objektes? Oder irre ich mich da?

Wie kann denn etwas, was doppelt so viel Masse besitzt, wie ein anderes Objekt, trotzdem die gleiche Energie haben?

Oder ist mein Ansatz da falsch?



2.
Ein schwarzes Loch entsteht durch einen Stern, welcher die Grenze von 3 Sonnenmassen überschreitet, da er durch die Kernfusion zunehmends schwere Elemente im inneren bildet.
Überschreitet er diese Masse wird die Gravitationskraft so gewaltig, dass er buchstäblich in sich zusammenfällt.
Seine Gravitationskraft ist dann so stark, dass Objekte, die es "verlassen wollen", eine Fluchtgeschwindigkeit höher der Lichtgeschwindigkeit bräuchten.
Da eine Geschwindigkeit höher c nach unserem aktuellen Verständnis nicht möglich sind, kann nichts dem schwarzen Loch entkommen.
Soweit richtig? *g*

Da stellen sich mir doch aber die Fragen:
wie stark wird die Materie im schwarzen Loch denn komprimiert?
besteht das schwarze Loch "ewig"? Oder kollabiert es irgendwann?
und
"Wächst" ein schwarzes Loch, wenn es Materie "aufsaugt"? Oder wird die Materie immer weiter in einem einzelnen Punkt konzentriert?



danke schonmal im vorraus :)


grüße,
Ascer


PS: könnte man eigentlich nicht mal ein spezielles Physik/Astrophysik Forum hier einrichten? :)
 
  1. …? Ist die Masse eines "Neutronensterns der doppelten Sonnenmasse", das was übrig bleibt oder das was der Stern vor der Supernova-Explosion gewogen hat? Bei letzterem könnte ich mir das so erklären, dass während der Supernova Material mit entsprechend einer Sonnenmasse abgeworfen wird und der entstehende Neutronenstern dann noch eine Sonnenmasse wiegt.
  2. Ein schwarzes Loch besteht ewig und wächst solange, wie sich noch Materie um es herum befindet, die aufgesogen werden kann. Meistens besteht diese Materie allerdings aus Staub und kleineren Gesteinsbrocken und trägt nur unmerklich zum Wachstum des Schwarzen Loches bei. Supermassive schwarze Löcher haben auch mal "klein" angefangen ;)
 
@ascer
Dein grundlegender Fehler in deinem Verständnis ist die Interpretation von "E=mc²". Es geht darum, dass die Bindungsenergie einer Masse äquivalent ist. Das heist aber nicht, dass die Masse Energie ist oder umgekehrt. Den "Zwischensatz" hätte sich der Author auch verkneifen können, sondern schreiben sollen:
"Die gravitative Bindungsenergie eines Neutronensterns ist die Energie, die bei der Supernovaexplosion freigesetzt wird."
 
Zu 1.:
Zunächst einmal ist der deutsche Artikel nur eine (schlechte) Übersetzung des auch schon schwachen Artikel aus dem Englischen, speziell dein Satz lautet im Original etwas verständlicher:
The gravitational binding energy of a neutron star with two solar masses is equivalent to the total conversion of one solar mass to energy (from the law of mass-energy equivalence, E = mc2). That energy was released during the supernova explosion.
Zu deiner eigentlichen Frage: Wenn ich das richtig sehe kommt die Gleichheit folgendermaßen zustande:
-Die Energie die einer Sonnenmasse ist durch E=m_{Sonne}c^2 gegeben
-die gravitative Bindungsenergie ist über E=3Gm_{Neutronenstern}/5r_{Neutronenstern} definiert. Mit r, dem typischen Radius eines solchen Sterns (~10-20km)
Eine kurze Rechnung liefert zwar eher die vierfache Sonnenmasse, aber du solltest dich daran gewöhnen dass ein Faktor 10 in der Astrophysik als "exaktes Ergebnis" durchgeht :p
Auf der anderen Seite liegen der zweiten Formel ein paar Vereinfachungen zu Grunde, die den Unterschied erklären könnten.

Zu 2.:
Es gibt eine untere Grenze für die Kompression von Materie (->Pauli-Verbot), genau aus diesem Grund wächst ein schwarzes Loch auch tatsächlich. Die Lebensdauer ist unter Umständen tatsächlich begrenzt.
Wenn du es genauer wissen willst musst du aber jemanden auftreiben der fit in ART ist, da kann ich aber leider nicht mit dienen :p
 
Mal ne Laienfrage:

also ein schwarzes Loch saugt ja Masse an und wird dadurch immer größer - und saugt auch mehr an oder?

Kann sowas denn nicht irgendwann mal völlig aus dem Ruder laufen? Wobei ich mir wiederum gerade die Frage stelle ob es nicht auf ein Sonnensystem beschränkt ist, da ja außerhalb eines Sonnensystems eher wenig Masse ist. ( was ja ziemlich schlau von der Galaxie ist - dann geht die nicht kaputt )

Oder gibts da neue Erkentnisse?
 
haunt schrieb:
Kann sowas denn nicht irgendwann mal völlig aus dem Ruder laufen?
Inwiefern aus dem Ruder laufen?

Ein schwarzes Loch kann maximal die Materie aufsaugen, die sich innerhalb dessen Einflusssphäre befindet, also das was von dessen Gravitation angezogen wird. Diese steigt steigt natürlich leicht, wenn Materie aufgenommen wird, was dann auch die Einflusssphäre etwas vergrößert. Allerdings ist irgendwann Schluss. Nämlich dann wenn sich in der Einflusssphäre keine Materie mehr befindet.
 
Wenn dich das so sehr interessiert solltest du vielleicht mal eine ART Vorlesung besuchen oder ein Physikstudium anfangen. Das Thema ist so knallhart dass die meisten dir nur Antworten geben können die bereits sehr populär sind.

besteht das schwarze Loch "ewig"? Oder kollabiert es irgendwann?
Stichwort: Hawking Strahlung

wie stark wird die Materie im schwarzen Loch denn komprimiert?
Ich glaube nicht dass man dir darauf eine wissenschaftlich sinnvolle Antwort geben kann. Denn mann muss erstmal verstehen was da überhaupt passiert. Ist jedenfalls nicht einfach *schlürrp, aufgesaugt* EDIT: Vielleicht hilft dir Stichwort: Druckgradient im Zusammenhang mit Schwarzschild was. Kannst ja mal googeln.

Nochmal EDIT:

"Wächst" ein schwarzes Loch, wenn es Materie "aufsaugt"? Oder wird die Materie immer weiter in einem einzelnen Punkt konzentriert?
Das kannst du dir evt. selbst ausknobeln und zwar Anhand der Thermodynamik. Entropie ist bei einem schwarzen Loch Oberflächenabhängig. Wenn sich die Entropie ändert, dann auch die Oberfläche, und damit auch die Form.
 
Zuletzt bearbeitet:
Schwarzes Loch trifft es eh nicht mehr so ganz, da Aktuell davon ausgegangen wird das es "Planeten" mit enormer Anziehungskraft sind, die die Photonen des Lichts mit ansaugen, und dadurch den Schein eines Schwarzen Loches erzeugen, aber im Grunde ist es eben ein Planet. Der Effekt ist aber der gleiche das alles angezogen wird, was eben nicht die nötige Fluchtgeschwindigkeit erzeugen kann.
 
"Die gravitative Bindungsenergie eines Neutronensterns der doppelten Sonnenmasse ist nach dem Gesetz über die Äquivalenz von Masse und Energie, E = mc2, äquivalent zu einer Sonnenmasse. Das ist die Energie, die bei der Supernovaexplosion freigesetzt wird."
Das stimmt so nicht. E=Mc² hat hier nun mal keine Gültigkeit. Relativistische Rechnungen haben nur >90% der Lichtgeschwindigkeit Gültigkeit. Götterwind hat das schon richtig "gedeutet".

Es gibt eine untere Grenze für die Kompression von Materie (->Pauli-Verbot), genau aus diesem Grund wächst ein schwarzes Loch auch tatsächlich. Die Lebensdauer ist unter Umständen tatsächlich begrenzt.
Was hat das mit dem Pauli Verbot zu tun? Das Pauli Prinzip beschreibt die Orbital Besetzung von Atomen. Ein Schwarzes Loch bildet theoretisch0 eine Singularität. (unendlich klein)
 
Es gibt eine untere Grenze für die Kompression von Materie (->Pauli-Verbot), genau aus diesem Grund wächst ein schwarzes Loch auch tatsächlich. Die Lebensdauer ist unter Umständen tatsächlich begrenzt.

Inwieweit das beim schwarzen Loch sinn macht weiß ich nicht. Aber das Pauliverbot spielt eine Rolle bei Neutronensternen. Da Neutronen der Fermi-Dirac-Statistik unterliegen führt das Pauli-Verbot zu einem Fermi-Druck der der Gravitation entgegenwirkt. Den mathematischen Teil dazu habe ich in der ART Vorlesung aber gleich verdrängt - und das aus gutem Grund.
 
Gute Frage für mich ist die Theorie mit den Planeten mit enormer Anziehungskraft logischer, aber überprüfen werden wir das wohl nicht so einfach können, mangels adequater Raumfahrt.
 
Eine Singularität ist jener Punkt, an dem die Mathematik versagt. Das muss nicht unbedingt etwas mit der Realität zu tun haben. ABER: Bereits in kleinem Abstand zur Singularität funktioniert das mathematische Modell wieder sehr gut.

Hier eine sehr gute Erklärung zu Was passiert mit einem Wasserstoffatom in der Nähe eines Schwarzen Lochs.
http://de.answers.yahoo.com/question/index?qid=20080807123317AApUvqq

Schwarze Löcher spucken auch große Teilchenmengen wieder aus.
http://www.g-o.de/wissen-aktuell-10145-2009-07-06.html


Maximale Größe eines Schwarze Lochs
Natarian und Treister[7] haben dargelegt, dass ein oberes Massenlimit für Schwarze Löcher existiert und bei etwa 10 Milliarden Sonnenmassen liegen muss. Die Begründung liegt, anschaulich erklärt, darin, dass die hineinstürzende Materie durch die Gravitationskraft eines solchen supermassiven Schwarzen Lochs derart beschleunigt wird, dass sich ein stabiler Orbit außerhalb des Schwarzschild-Radius ergibt. Zusätzlich wirken auch die elektromagnetische Strahlung und die „Materiewinde“, die von der Materie in der Akkretionsscheibe ausgestrahlt werden, als Widerstand gegen weiter einfallende Materie, so dass sich letztlich ein Gleichgewicht zwischen einfallender und abgestoßener Materie einstellt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sherman123 schrieb:
Schwarze Löcher spucken auch große Teilchenmengen wieder aus.
Ein schwarzes Loch spuckt sicherlich keine Materie/Strahlung aus, da die Fluchtgeschwindigkeit schlicht und einfach über der Lichtgeschwindigkeit liegt. Diese Gammarays die man sieht, entstehen in der Akkretionsscheibe (sie befindet sich außerhalb des Ereignishorizontes), in der die Partikel aufspiralisiert werden und dann senkrecht zur Akkretionsscheibe der Gravitation der Singularität entweichen.
 
uh danke für den Hinweis. Das wusste ich nicht.
Bei der Recherche bin ich auf Größen gestoßen.

http://www.einstein-online.info/de/vertiefung/Jets/index.html schrieb:
Für ein typisches supermassereiches Schwarzes Loch mit rund hundert Millionen Sonnenmassen sind die Größenverhältnisse dabei wie folgt: Ganz innen sitzt das Schwarze Loch selbst, dessen äußere Begrenzung - der Horizont - die Ausmaße einer Kugelfläche mit einem Radius von acht Lichtminuten (150 Millionen Kilometern) hat. Daran schließt sich direkt der innere Akkretionsfluss an, und im Abstand von etwa einer Lichtstunde (einer Milliarde Kilometern) beginnt die Akkretionsscheibe. Sie reicht bis zu einem Abstand von etwa 50 Lichtstunden (50 Milliarden Kilometern). Im Übergangsbereich von Akkretionsscheibe zu Staubtorus gibt es eine Lücke - der Staubtorus, der für die leuchtkräftigsten aktiven Galaxienkerne selbst etwa die Masse von 100 Millionen Sonnen besitzt, beginnt erst in einem Abstand von rund einem Lichtjahr.
Das hätte ich nie geglaubt, dass wir uns in derart großen Dimensionen bewegen.
 
...und ich hab immer gedacht ein "schwarzes Loch" sei eine Singularität im Raum-Zeit Kontinuum. Wenn ein scharzes Licht dadurch charakterisiert wäre, das es "Materie ansaugt", wieso ist es dann schwarz, also "verschluckt Licht", wo doch Licht gar keine Materie (respektive Masse) hat...
 
Zuletzt bearbeitet:
Licht kann sogar einen Impuls ausüben - den sogenannten Strahlungsdruck. (siehe Sonnensegel) Photonen haben lediglich keine Ruhemasse.

Sie unterliegen, wie alle uns bekannten Teilchen, auch der Gravitation.

EDIT: Masse Photon:
ff154e4e8434ca0a6d84e78500bd43a2.png

C ist die Lichtgeschwindigkeit
h das planck'sche Wirkungsquantum
f frequenz

http://www.mpibpc.mpg.de/Fragen-Portal/Antworten-Archiv/Masse_eines_Photons/index.html schrieb:
Allerdings kann man einem Photon rechnerisch eine Masse zuordnen nach der schönen Formel E = m x c2 von Herrn Albert Einstein, da ein Photon ja Energie darstellt. Darum "spürt" ein Photon auch beispielsweise die Anziehungskraft der Erde. D.h. wenn du mit einer Taschenlampe von der Erde weg in den Himmel hinein leuchtest, dann müssen die Photonen gegen die Gravitation "ankämpfen" wie ein Ball, den man hochwirft. Die Photonen werden aber nicht langsamer wie der Ball, sondern sie bewegen sich immer mit Lichtgeschwindigkeit. Sie verlieren jedoch Energie in der Weise, dass sich ihre Wellenlänge bzw. ihre Frequenz ändert: Blaues Licht würde sich beim Entfernen von der Erde leicht ins Rote hinein verschieben. Dieser Effekt ist messbar, aber sehr gering!
 
Zuletzt bearbeitet:
...ach so ist das, naja jetzt hab ich wenigstens den relativistischen Dopplereffekt auch mal verstanden...(Galaxien die sich entfernen "verscheiben" sich in den Rotbereich usw.)

...jedenfalls kommt es mir als Laie so vor, als tät sich hier die Physik selber widersprechen...

img116.png


denn die relativistische Masseformel besagt ja praktisch, daß Materie nie Lichtgeschwindigkeit erreichen kann, weil sonst die Masse ins Unendliche wächst, widerrum hat Licht nun doch eine Masse, schon lustig diese Physi(komi)ker...
 
Zuletzt bearbeitet:
Nunja, Masse ist in meiner Formel nicht ganz korrekt.
Eigentlich setzt man mit Energie gleich.

Aber ich verstehe diesen Bereich der Physik auch nur sehr unvollständig.
 
Sherman123 schrieb:
Das stimmt so nicht. E=Mc² hat hier nun mal keine Gültigkeit. Relativistische Rechnungen haben nur >90% der Lichtgeschwindigkeit Gültigkeit.

Ich habe mich selbst nicht wirklich intensiv mit der Physik bisher befasst, aber ich meine mich erinnern zu können, dass die relativistische Betrachtung immer gilt?
Nur für v < 0,1*c ist der Fehler gegenüber der klassischen Betrachtung so gering, dass man in den meisten Fällen die relativistischen Effekte außer Acht lassen kann?

Sherman123 schrieb:
Eine Singularität ist jener Punkt, an dem die Mathematik versagt.

Ein anschauliches Beispiel für Singularität liefert die technische Optik:

Nähert sich ein Objekt dem objektseitigen Brennpunkt, läuft das Bild je nach Laufrichtung gegen +Unendlich (reelle Abb.) oder -Unendlich (virtuelle Abb.).
Im Brennpunkt selbst tritt die Singularität auf, da das Bild sowohl reell als auch virtuell sein kann.
 
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