zEtTlAh schrieb:
Da streiten sich ja die Besserverdiener gerne
Ha, vollkommen richtig! Man kann durchaus audiophil sein UND gleichzeitig sogar ein tolles Setup besitzen, ohne Hunderttausende (oder auch "nur" Tausende) Euro in die Anlage zu investieren. Das vergessen viele, besonders eben Audiophile, die zugleich Besserverdiener sind, wie du so schön sagst, leider oft.
zEtTlAh schrieb:
Die Wohnung ist aber aktuell einfach nicht dazu gemacht
Man will und kann natürlich nicht immer die gesamte Wohnung auf den Kopf stellen, nur, um irgendwo optimal Musik zu hören. Aber aus dem Gegebenen schauen wir einfach mal, was sich machen lässt.
zEtTlAh schrieb:
Wenn es klanglich unterirdisch sein sollte, lasse ich mich nicht ermutligen. Bei sowas "lecke ich eher Blut"
Gute Einstellung
Hier meine Empfehlung:
Versuche tatsächlich so günstig wie möglich gebraucht an einen vernünftigen Plattenspieler heranzukommen und achte erst einmal nicht darauf, was das für ein Tonabnehmer ist, der da montiert ist.
Wichtig ist eigentlich nur, dass es sich beim Tonarm um eine SME-Aufnahme handelt. Das ist dieser kleine Bajonett-Verschluss am vorderen Ende, wo man mit einfachem Aufstecken und Zudrehen (bzw. anders herum) die gesamte Headshell, also die Nadel samt ihrem Gehäuse und dem Metallstück, das das ganze eben am Tonarm befestigt, austauschen kann.
Der Vorteil ist einfach, dass man hier ohne große Schrauberei schnell verschiedene Systeme gegentesten kann. Natürlich muss der Winkel, wie das System in der Headshell montiert ist, zum eigenen Plattenspieler bzw. dessen Tonarm (der Form des Tonarms - geschwungen, gerade) passen - du kannst also nicht immer einfach so blind ein System deines Freundes, der z.B. einen Thorens TD Sonstwas besitzt, ohne Weiteres auf einen Technics SL1210 schrauben - beide haben vielleicht eine SME-Aufnahme, aber da der Tonarm bei beiden unterschiedlich geformt ist, liegt die Nadel nicht unbedingt im richtigen Winkel auf. Das gilt es einfach nur zu beachten.
Hierfür gibt es Tonarmschablonen! Entweder kauft man sich einmal eine aus Kunststoff für 10 Euro bei Amazon oder aber man druckt sich eine in Papierform aus, da gibts ein paar im Netz.
Zusammengefasst ist das aber alles nur wichtig, wenn du dann an den Tausch des Tonabnehmers gehst. Wie gesagt, primär würde ich erst einmal einen möglichst günstigen Plattenspieler (egal ob mit Riemenantrieb oder mit Direct Drive - das ist ein magnetgelagerter Antrieb) besorgen und zwar möglichst mit Haube (sonst wird alles furchtbar staubig) und eben mit einem fertigen Tonabnehmer auf SME-Basis. Alles andere soll hier seitens des Plattenspielers erst einmal egal sein.
Mit etwas Glück bekommt man da bei Ebay bzw. in den Kleinanzeigen schon für 50 - 100 Euro richtig brauchbare Sachen, mehr solltest du gebraucht auch nicht als Erstkauf ausgeben und im Idealfall lässt du dir das Gerät vor Ort vorführen.
Nun kommen ein paar grundlegende Dinge von Amazon:
Single-Puck
Das ist das Teil, das du brauchst, um Singles, also die 7"-Dinger mit großem Loch in der Mitte, abzuspielen. Ich empfehle dir hier, einen schweren, stabilen Puck zu verwenden, den kannst du nämlich zusätzlich als Gewicht auf die normalen 12"-Platten auflegen - das verhilft dem Plattenspieler zu etwas mehr Laufruhe und kann leichtes Warping in den Schallplatten ausgleichen.
Empfehlenswert ist z.B.
der hier, hier hast du gleichzeitig eine kleine Wasserwaage drin, es ist nämlich unheimlich wichtig, dass der Plattenspieler gerade steht.
Was du auch immer brauchen wirst, ist eine Antistatik- bzw. Fusselbürste, sowohl für die Platten selbst, als auch für die Nadel, an der sich schnell ein paar Staubflusen ansammeln können:
Thakker Soft Brush
Mit der großen Bürste (Samt) einfach vorsichtig von aussen nach innen (eben in Rillenlaufrichtung) über die Platte streichen, während sie schon im Plattenspieler liegt und läuft (den Tonabnehmer selbstverständlich noch nicht auf die Platte auflegen). Die Platte drehen lassen und dann einfach mit der Samtbürste laaaaaaaangsam mehrmals von aussen nach innen fahren ohne festen Druck. Das fängt schonmal die gröbsten Staubpartikel weg und nimmt der Platte ein wenig das Knistern weg (aber nicht komplett).
Mit der kleinen Mini-Bürste kannst du dann bei Bedarf vorsichtig die Nadel abputzen. Wie gesagt, du wirst das merken, hier fängt sich immer mal etwas Staub.
Deshalb ist es auch so wichtig, dass der Plattenspieler mit Haube kommt. Ich spiele meine Platten z.B. sogar bei geschlossener Haube ab (habs hier leider sehr staubig aufgrund von viel Stoff und Teppich).
Ebenfalls praktisch ist eine kleine Waage für den Tonarm:
Proster Digitale Tonarmwaage
Hersteller von Tonabnehmern (also Nadeln/Cartridges bzw. kompletten Systemen) geben eine sehr genaue Vorgabe an, mit welchem Auflagegewicht das System spielen sollte. Die Denkweise, den Tonarm so saaaaaaaaaanft und leicht wie möglich (alte Menschen sprechen immer von 0,x "Pond") spielen zu lassen, ist vollkommen falsch. Eine Nadel benötigt ein gewisses Auflagegewicht und das macht sich tonal extrem bemerkbar. Wenn der Hersteller vorgibt, dass die Nadel mit ca. 2 Gramm aufliegen soll, dann stellst du am Tonarm auch entsprechend die 2 Gramm (+/- 10%) ein - wie gesagt, mit der Waage gegenprüfen. Zu leichtes Auflagegewicht wirkt sich tonal in einem flachen, muffigen Klangbild aus, Dynamik fehlt komplett, und und und. Zu festes Auflagegewicht hingegen kann ebenfalls tonal nach hinten losgehen, gleichzeitig ist es auf Dauer nicht gut für Platte und Tonabnehmer selbst.
Als allerletztes - noch kein Muss für die erste Hörsession, aber du wirst gewiss bald das "Knistern" abstellen wollen, das von den statisch aufgeladenen Platten kommt:
Die gute, alte Knosti
Das Ding ist ein billiger Haufen Plastik, erfüllt aber tadellos seinen Zweck. Wir - also Buddies und ich - haben damit schon hunderte Platten durchgewaschen. Ab und an sollte man mal neue Reinigungsflüssigkeit kaufen, die gibts separat - ist nicht billig, lohnt sich aber. Kratzer bekommst du damit selbstverständlich nicht aus den Platten raus, aber alle Knister- und Knacksgeräusche, die aufgrund der elektrostatischen Ladung der Platte kommen, stellst du damit effektiv und zu 100% ab.
Zu guter Letzt, wenn du deine Platten schon antistatisch wäschst, dann solltest du sie auch antistatisch lagern können. Hierzu muss das originale "inner Sleeve", also die innenliegende Papierhülle, falls überhaupt noch vorhanden, durch folgende ersetzt werden:
Antistatisch gefütterte Inner Sleeves für 12"
Die originalen inner Sleeves solltest du dabei keineswegs wegwerfen. Die kannst du ja ebenfalls im Plattencover mit drin lassen, aber die Platte selbst solltest du eben in solch einem speziellen Sleeve in das Cover schieben. Es gibt auch Kunststoff-Sleeves (outer Sleeves) für die Plattencover, wenn man es sammler- und zustandstechnisch auf die Spitze treiben möchte, auch die sind nicht teuer - hier aber tonal erst einmal irrelevant
Somit bleibst du auf jeden Fall erst einmal deutlich unter 250 Euro mit all den aufgelisteten Sachen, selbst inklusive der Knosti, die ich dir erst im "zweiten Bestellvorgang" anraten würde. Aber sobald du die Knosti einmal benutzt hast und nach dem Trocknen deiner Lieblingsplatte diese erneut auflegst, wirst du aus dem Staunen nicht mehr herauskommen, das verspreche ich dir.
Nur soviel:
Bei mir knistert (statisch bedingt) nicht eine einzige Platte
Falls du ein paar Plattenempfehlungen brauchst, so lasse ich dir gern ein paar "Rockige" Tipps, hauptsächlich aus den 70er Jahren da, hier gibt's wirklich fantastische Schallplatten (teils sogar moderne Re-Releases), die klanglich die Kinnlade auf die Tischkante fallen lassen.
Wenn du magst, schau ich gern mal, ob es in deiner Ecke (woher kommst du denn in etwa?) ein paar brauchbare Plattenspieler bei Kleinanzeigen gibt, die es sich lohnen würde, vor Ort mal anzuhören.
Achja und noch was:
Mach dir einen Discogs-Account. Ist kostenlos und du kannst darüber (auch per App am Handy) deine gesamte Plattensammlung verwalten und man kann dort im Marktplatz auch teilweise richtig tolle Platten von anderen Leuten kaufen bzw. selbst bei Bedarf verkaufen.