Externe Temperatursensoren- das hässliche Entlein der PC-Kühlung. Zu Unrecht.

Hallo ihr. Nach einigem Rumprobieren (ich hatte gerade Zeit) möchte ich euch an meinen Erfahrungen mit externen Temperatursensoren teilhaben lassen.

Externe was? Warum hat man sowas?​

Gemeint ist z.B. sowas hier. Also ein Temperaturfühler, der nicht in irgendeine Komponente integriert ist, sondern nur als ein temperaturabhängiger Widerstand über einen 2-poligen Pfostenstecker an eine dafür vorgesehende Platine gesteckt wird.
Diese Sensoren gab/gibt es als Zubehör -offenbar- zu Wasserkühlungen oder Third-Party-Lüftersteuerungen.
Ich hab sowas, weil ich damals, sagen wir zwischen 2005 und 2010 (kA, wann genau) eine Lüftersteuerung für einen 5,25"-Schacht gekauft habe. Das Ding war von Anfang an enttäuschend und hat jahrelang in einem alten Mainboardkarton im Schrank gelegen. Ich hatte zufällig gesehen, dass mein jetziges Mainboard (Gigabyte X570 Aorus Pro) zwei Anschlüsse für derartige Sensoren namens "EC_Temp" hat, daher sind genau zwei dieser Sensoren beim Ausmisten nicht mit in den Schrott gewandert. Sie fressen ja kein Brot, wenn sie im Schrank liegen.

"Die Dinger sind lächerlich ungenau und sollten nur die Temperatur im Mülleimer messen."​

Nun, ja. Nein. Das ist viel zu einfach.
Allein durch die Bauweise sind die Sensoren thermisch isoliert und in Folge fürchterlich träge. Sowas zwischen CPU und CPU-Kühler zu klemmen wäre
Zitat von C3-PO
...der reine Wahnwitz!
Durch die Vielzahl von Temperatursensoren ist das ja auch nicht nötig. Sie sind aber -ich spreche hier für die beiden 15-20 Jahre alten Exemplare- nicht ungenauer als eingebaute Sensoren, also ca. 1°C mit unbekanntem Offset/Zielbereich (siehe später). Was will man mehr.

Die Hardware hat in Summe doch schon 69 eingebaute Sensoren. Wozu noch mehr?​

Stimmt völlig, in den meisten Fällen kommt man mit den eingebauten Sensoren hin. Die Graka (Radeon 6800XT) regelt sich eh selbst, der CPU-Kühler (hier: Ryzen 5800X-nicht-X3D mit einem Noctua NH-D15) kühlt wie geplant die CPU unter 90°C. Ich bin aber ein pingeliger Nörgler, der die Lütungsventile im Auto über zwei Wochen peinlich genau einstellt und dann bis zum Verkauf genau so lässt. Ich hab sie deswegen in der Optimalstellung fotografiert. Nein, habe ich nicht, aber es wäre tatsächlich mal praktisch gewesen.
Zurück zum Thema: Ich habe keine extra Lüftersteuerungssoftware o.Ä. am Laufen und alles nötige im UEFI eingestellt. Und hier ist das Problem: die 3 Lüfter am Lufteinlass (ich hab ein Corsair iCUE 5000X, aber das ist glaube ich hier egal) sollen dann mehr tun, wenn es drinnen warm wird (duh!), also wenn die CPU oder GPU schuften- das sind ja typischerweise die größten Hitzequellen. Welcher Sensor soll den Lufteinlass steuern? Die Graka kann ich im UEFI eh nicht auslesen, nur die CPU zu verwenden ist nicht immer sinnvoll, weil das nicht zwangsläufig der größte Hitzkopf ist.
Ich brauchte was für das gesamte System:

Die Abluft hinten oben ist ein Super Maß für die Temperatur im Gehäuse. Im Ernst.​

Und hier verwende ich den externen Sensor. Aus Spaß hab ich einen der beiden Sensoren vorne unten und den anderen hinten oben im Gehäuse einfach unter den Lüfter in den Luftstrom geschoben, einfach, um zu sehen, was passiert. Die Temperaturen habe ich in HWinfo angesehen, und ich war überrascht.
Die Eingangstemperatur ist sehr stetig bei ca. 23°C (es wird warm hier, das passt so), die Auslasstemperatur im idle ist ca. 30°C. Gutes Zeichen, das passiert schon mal den Sanity Check.
Beim Abspielen eines YT-Videos ist der Lüfter meiner Grafikkarte meist aus, aber manchmal springt er kurz an, wenn die Kerntemperatur doch zu hoch wird. So auch hier. Der Graka-Lüfter ging an und hat plangemäß die Hitze rausgepustet. Wenige Sekunden später stieg die Auslasstemperatur und 1-2°C an und sank wieder ab, als der Graka-Lüfter sich wieder schlafen legte. Soviel zu "lächerlich ungenau", das passiert reproduzierbar jedes Mal, ist also keine einfache Abweichung.

Fazit: Funktioniert das als Regeltemperatur?​

Eindeutig ja, aber nicht so wie CPU- oder GPU-Temperatur. Der Sensor ist wie schon geschrieben deutlich träger als die eingebauten Sensoren, man kann die Lüfterkurve also durchaus auf "hibbelig" (oder wie das halt herstellerabhängig heißt) stellen.
Der Regelbereich ist viel kleiner. Nach 2h Zocken ist die Auslasstemperatur von 30°C auf 38°C gestiegen, man hat also nur einen begrenzten sinnvollen Bereich zur Einstellung- aber durch die Trägheit funktioniert das tatsächlich gut.

Alles in allem ist das imo eine gute Variante, den Lufteinlass am PC zu regeln, aber eher für Bastler. Man muss rumprobieren, dies hier ist offensichtlich kein Kochrezept. Euer PC ist da eh anders als meiner, daher hab ich nicht angefangen, Kleinigkeiten aufzuzählen.
Es ist eine Methode, wenn man seine Temps und Lüfterkurven ohnehin schon selbst eingestellt hat und vielleicht optimieren will.
Ich hatte alles schon rumliegen und etwas Zeit, aber einen extra Temperaturcontroller hätte ich mir dafür nicht eingebaut oder gar gekauft. Aber wer weiß- guckt mal in euer Mainboardhandbuch, vielleicht sind da ja solche Stecker vorgesehen. Ob jetzt genau die oben Verlinkten bei euch sinnvoll funktionieren, kann ich nicht versprechen, ihr solltet also keine Angst haben, schlimmstenfalls 10€ in den Sand zu setzen. Ich weiß ja nichtmal mehr, was ich da genau eingebaut habe.

Danke für die Aufmerksamkeit.
 
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Xerxes-3.0 schrieb:
"Die Dinger sind lächerlich ungenau und sollten nur die Temperatur im Mülleimer messen."
Stimmt, deshalb werden die überall genutzt.
Xerxes-3.0 schrieb:
Allein durch die Bauweise sind die Sensoren thermisch isoliert und in Folge fürchterlich träge.
Na ja, so träge nicht und warum sollten die auf jedes Kinkerlitzchen reagieren? Hilft doch keinem.
Xerxes-3.0 schrieb:
Aber wer weiß- guckt mal in euer Mainboardhandbuch, vielleicht sind da ja solche Stecker vorgesehen.
Selbst wenn ist die Frage, ob man ohne Software regeln kann. Und wenn man nur Zieltemperatur X an Stelle Y erhalten will, gibt es für nen 10er auch komplette "Steuerungen" mit Sensor https://www.amazon.de/dp/B07HB5TV49 .
Xerxes-3.0 schrieb:
Soviel zu "lächerlich ungenau", das passiert reproduzierbar jedes Mal, ist also keine einfache Abweichung.
Also wenn ein Sensor bei 5 Mal testen 5 verschiedene Ergebnisse liefern würde, ist der nicht ungenau, sondern kaputt. Eine reale Abweichung kann man nur messen, wenn man vernünftiges Equipment hat, was wohl kaum ein Privater hat.
Selbst eine Abweichung über mehrere Grad ist doch total egal, weil diese ja relativ konstant wäre. Ja, der Kopf spielt nicht mit, wenn da jetzt 40 statt 38 stehen, weil dann ja wieder ein Barriere durchbrochen wird, aber um danach zu regeln ist es wirklich komplett egal.

Die Teile sind idR auf 25 Grad Celsius als Nenntemperatur ausgelegt, damit rechnen auch die Steuerungen / ....
Xerxes-3.0 schrieb:
Fazit: Funktioniert das als Regeltemperatur?
Ich würde mal sagen nein, weil interessanter als eine absolute Temperatur (z.b. 35 Grad Celsius) als Ziel ist z.b. ein Differenz von 15 zwischen Ein- und Auslass als Ziel (auf Basis deiner 23 zu 38 unter Last), sonst röhrt die Kiste im Sommer im Idle, obwohl die gar nicht müsste um die minimale Energiemenge aus dem Gehäuse zu befördern, was aber nicht geht, weil die Einlasstemperatur schon zu hoch ist.
Evtl. kann man hier mit Fan Control ( https://github.com/Rem0o/FanControl.Releases ) entsprechend sowas erreichen ;)




Hast du denn jetzt außer netten Messwerten irgendwelche Mehrwerte? Ist die Kiste jetzt länger ruhig und dreht weniger auf bei kurzen Lasten?
 
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Zunächst mal: das charmante an dieser Lösung ist, bei meinem Mainboard, dass man außer den Fühlern nix weiter benötigt. Also keine Platine und, das hab ich ja am Anfang geschrieben, keine Software, die mitläuft.

Das "ungenau"-bla war de facto immer die erste Antwort in den Forenbeiträgen, die ich dazu gefunden hab. Deswegen überhaupt der Titel. Ob die absolute Temperaur jetzt um ein paar Grad abweicht ist ja egal, das sieht man, wenn man den PC zum ersten Mal am Tag einschaltet und direkt im UEFI die Temperaturen anguckt. Du hast genau recht- wichtig ist, dass die Fühler immer das selbe anzeigen. Aus dem Greunge habe ich am Ende auch noch angemerkt, dass der ganze Text eher für Leute ist, die ihr Gehäuse kennen.

Die Einlasstemperatur mit einzubeziehen wäre natürlich Sahne, aber das wird nicht passieren, solange UEFI-Programmierer keine Matrixansteuerung einbauen (weil: keine Zusatzsoftware). Nur- mal weitergedacht: macht das wirklich irgendwas besser?
Keine Steuerung macht das, die regeln alle nur die ist-Temperatur der Komponenten. Das ist natürlich erstmal kein Argument dagegen.
Aber der Klumpatsch ist halt auch so heiß, wie er eben ist. Sollen im Sommer die Lüfter etwas höher drehen? Warum nicht. Das "im Idle röhren" ist glaube ich in der Praxis nicht soo das Problem, wenn man eine sinnvolle Lüfterkurve und halbwegs taugliche Lüfter hat.
Die "Idle"-Drehzahl aller Lüfter habe ich irgendwann mal so eingestellt, dass der PC als Ganzes kaum wahrnehmbar ist, und das ist bei den Corsair-Lüftern schon so 25% der Drehzahl.

Um die letzte Frage zu beantworten: ich habe jetzt einen Regelwert, der taugt, um den Lufteinlass zu regeln. Davor hatte ich verschiedene Regler im Gehäuse durchprobiert, aber irgendwie war das alles Grütze, weil die kaum mal über den Idle-Wert geregelt haben oder halt auf den falschen Wert hin optimiert waren. Aufdrehen bei kurzen Lasten war da nie das Problem (das macht eher der CPU-Kühler, aber der 5800X ist halt ein Hitzkopf), sondern eher, dass nicxht gerade ann mehr Luft reinkam, als sie benötigt wurde.

Falls da jetzt Tippfehler sind bitte ich das zu entschuldigen, ich hab vielleicht ein Bier getrunken oder vier.
 
#früher *keuch *hust lief das ja alles noch über solche externen Temperatursensoren. Da hatten Pentium 4, 9800 Pro, das Mainboard, etcpp noch lange keine solche Sensorik huckepack. Ich erinnere mich da an eine coole, manuelle Lüftersteuerung von Superflower, die hier sogar noch irgendwo in einer kruden Kellerkiste herumfliegen muss...

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Das isse :)

Irgendwo habe ich aus Nachlass sogar noch eine NZXT Sentry LXE rumliegen, die ich allenfalls mal für ein wildes Retro Build vorhalte.

Xerxes-3.0 schrieb:
Ich bin aber ein pingeliger Nörgler, der die Lütungsventile im Auto über zwei Wochen peinlich genau einstellt und dann bis zum Verkauf genau so lässt. Ich hab sie deswegen in der Optimalstellung fotografiert. Nein, habe ich nicht, aber es wäre tatsächlich mal praktisch gewesen.
Ich weiß ja nicht, wie's den anderen geht, aber das alleine macht dich in meinen Augen hervorragend sympatisch und nahezu zu einem perfekten Menschen! Auf meinem eigenen Inselstaat jedenfalls hättest du freien Eintritt :D

PS: ein paar mehr Bilder, Infos zu den Lüfterkurven und deren Heuristik würden den kompakten Leserartikel noch etwas aufhübschen. Aber vielen Dank für den Mut, mal über etwas ungewöhnliches in einem modernen PC zu schreiben :)
 
So ein passiver Sensor kostet aber keine 4€, da bekommt man ja schon einen Raspberry Pico dafür mit eingebautem Sensor.
 
Schau mal in den Wakü Bereich.
Da wird genug mit Sensoren rum gehampelt.

Ich habe einen für die Luft im Case und für die Luft außerhalb (Raumtem).

Haut mich nun nicht vom hocker 🤓🙈
 
Xerxes-3.0 schrieb:
Welcher Sensor soll den Lufteinlass steuern? Die Graka kann ich im UEFI eh nicht auslesen, nur die CPU zu verwenden ist nicht immer sinnvoll, weil das nicht zwangsläufig der größte Hitzkopf ist.

Die Kerntemperatur der neueren Ryzen-CPUs taugt sowieso nicht wirklich als Regelgröße:

https://www.computerbase.de/forum/t...rhaupt-empfohlen.2016973/page-2#post-25527733

Damals hatte ich die Idee, je einen LM35 am CPU- und GPU-Kühlkörper zu montieren, und mit einer analogen Schaltung beide Werte zu verwursten.

Mir schwebte da vor, die Gehäuselüfter in zwei Stufen nach der Grafikkarte zu regeln (z.B. Hoch: >50°C, zurückschalten auf Niedrig: <35°C), und den CPU-Lüfter erst ab 50°C Kühlkörpertemperatur langsam über die eingestellte Mindestdrehzahl hinaus aufzudrehen.

War aber bei meiner Mittelklassehardware (erst 2070 Super, jetzt 4070) einfach nicht nötig. Alle Lüfter sind immer noch weitgehend fest auf 800 U/min eingestellt.
 
DJMadMax schrieb:
PS: ein paar mehr Bilder, Infos zu den Lüfterkurven und deren Heuristik würden den kompakten Leserartikel noch etwas aufhübschen. Aber vielen Dank für den Mut, mal über etwas ungewöhnliches in einem modernen PC zu schreiben :)
Zugegeben, aber es war schon spät. 🫤
HITCHER_I schrieb:
So ein passiver Sensor kostet aber keine 4€, da bekommt man ja schon einen Raspberry Pico dafür mit eingebautem Sensor.
Das geht, aber dann wächst der Aufwand halt deutlich. Die Sensoren kann man anstecken und hat sie im UEFI für die Lüfterkontrolle.
minimii schrieb:
Schau mal in den Wakü Bereich.
Da wird genug mit Sensoren rum gehampelt.

Ich habe einen für die Luft im Case und für die Luft außerhalb (Raumtem).

Haut mich nun nicht vom hocker 🤓🙈
Den hab ich tatsächlich nicht im Blick, aber ich hatte beim Suchen sogar welche gesehen, die in Fittings etc. integriert sind. Alles, was ich im Bereich Luftkühlung dazu gefunden hatte, war "Lass die Dinger sein", aber das liegt vielleicht auch an den vielen Leuten, die die an die Rückseite des GPU-Sockels kleben und damit den Graka-Lüfter regeln wollen.
 
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