Informatiker als Freiberufler?

Geschönt? Jein. Also die Stundenlöhne halte ich je nach Auftrag und Expertise noch für untertrieben. Ich sag mal so, ein Unternehmen verlangt durchaus 120-140€ pro Stunde und ich kenne auch Freiberufler (die machen das aber neben ihrem Beruf bei dem sie fest Angestellt sind), die auch diese Höhe in der Beratung verlangen. Im Zuge einer Umsetzung von z.B. einem Softwareprojekt wirst du diese Höhen dann allerdings nur mehr selten bekommen bzw. du musst ihnen ein Angebot vorlegen und dann kommt es darauf an wie schnell und gut du arbeitest.

Das klingt jetzt alles erstmal schön, allerdings brauchst du Kunden die deine Expertise anerkennen. Als Softwareentwickler/Tester wirst du normalerweise Jobs als Neuling finden, allerdings nicht zu den Stundenlöhnen.

Sprich diese Summen werden bezahlt für Freiberufler die ein Unternehmen auf nimmt, damit sie für das Unternehmen ein Projekt abwickeln. In so eine Position zu kommen, ist aber nicht einfach. Du benötigst Erfahrung, idealerweise sowohl ein paar Jahre als Softwareentwickler/Netzwerk Administrator etc. (je nachdem welches Projekt umgesetzt werden soll) als auch im Projektmanagement. Dann ist das beschriebene sicherlich möglich.

Die Nachteile sind aber offensichtlich:

- Du bekommst Projekte immer nur für begrenzte Zeiträume (6 Monate, 1 Jahr, vllt auch mal 2 Jahre). Entweder du hast Leerlauf zwischen den Projekten oder hast sogar Überlappungen (wenns die Verträge zu lassen) damit du eben keinen Leerlauf hast. -> Stress

- Oftmals holen sich Unternehmen erst einen Externen dazu, wenn die Kacke bereits brennt, sprich gemütlich wird es eher selten sein. Man muss da immer Helfer in der Not spielen und gleichzeitig ist man oft der Außenseiter im Gegensatz zu den Festangestellten.

- Vom Stundenlohn musst du natürlich noch Steuern und Abgaben wegrechnen und natürlich auch Spesen, Urlaub sowie Krankenstand.
 
Freiberufler sollte man wirklich nur machen wenn man die Psyche und Mentalität dafür hat,
hallo7 hat das sehr gut beschrieben.
In meiner Familie gibt es auch einige Freiberufler in anderen Bereichen, und das ganze ist einfach
mit enormen Stress und Druck verbunden. Wenn man dies sich nicht zumutet über eine längere
Dauer auszuhalten sowie auch mal damit leben kann das eventuell ein Projekt wegfällt und man
dann längere Zeit in der Luft hängt, für den kann es sich durchaus Finanziell lohnen.

Ist jedoch mit ungleich mehr Risiko und Aufwand ( auch die Altersvorsorge etc nicht vergessen)
verbunden als ein gemütliches Angestellten-Dasein.
Man muss vorallem abschalten können und sich zu Hause von der Arbeit lösen, sonst geht man psychisch auf Dauer
zu grunde.
 
Hinzu kommt, dass viele größere Unternehmen keine Verträge mit Einzelpersonen machen, sondern eher Personaldienstleister bzw. IT-Beratungsunternehmen nutzen. Mit diesen gibt es dann Rahmenverträge, wobei da Tagessätze von 1000 € bis 2500 € nicht unüblich sind.
 
Baboz schrieb:
Ist der Bericht beschönigend, oder kann man mit den Angaben rechnen?
Die IT Branche ist eine große Branche, ein bischen präziser müsstest Du schon werden. Aktuell werden bei den großen IT Outsourcern (IBM, HP, TSI etc.) jede Menge Leute freigesetzt, daß erzeugt zumindest im Beratungs- & Projektbereich schon einen gewissen Margendruck. Generell ist es ohne Connections recht schwer was brauchbares & längerfristiges zu finden.
 
Zusätzlich bitte auch noch deine Qualifikationen auflisten. Als "popeliger" Softwareentwickler mit Ausbildung, brauchst du da erst gar nicht dran denken - Ausnahme: du machst etwas, was gefragt, aber nicht mehr wirklich gelebt wird --> Cobol Entwickler beispielsweise.
 
Ah danke für die schnellen Antworten und die nützlichen Hinweise.

Zum Thema Qualifikation: Ich studiere Informatik und bin noch nicht wirklich "spezialisiert". Ein Bekannter programmiert Compiler für ne große Firma und verdient sich damit dumm und dämlich. Vielleicht wär das ja ne Idee :D

Connections habe ich nur bedingt. Hab mal hier und da n Praktikum gemacht, mein Schwager ist Entwickler in ner recht großen Firma, der ein oder andere Bekannte arbeitet in der Branche etc...

Gehen wir mal davon aus, ich bin recht fit in der Birne und könnte mich in alle Richtungen spezialisieren, was wäre da ein lukratives Feld, in dem man evtl. auch als Freiberufler gut eintauchen kann?

Gruß,
Baboz

PS: scheinbar sind die Angaben im Report dann zutreffen? Also nicht beschönigt?
 
Baboz schrieb:
PS: scheinbar sind die Angaben im Report dann zutreffen? Also nicht beschönigt?

Was heißt beschönigt? Du bist Student, sprich ohne Erfahrung. Kannst du in den nächsten 3-5 Jahren mit solchen Stundenlöhnen rechnen? Nein, im Normalfall nicht. (Einerseits weil du die Projekte nicht bekommst aufgrund mangelnder Erfahrung, andererseits weil du nicht schnell genug sein wirst aufgrund mangelnder Erfahrung)

Mit 10 Jahren Berufserfahrung und auch entsprechender Projekterfahrung ist es möglich und wahrscheinlicher.

Beim Feld musst du etwas nehmen, dass dich interessiert. Du wirst es dauerhaft nicht aushalten etwas zu machen nur weil es lukrativ ist. Vor allem in der IT bedeutet arbeiten ja oft auch 10h am Tag ein bestimmtes Problem zu finden/lösen und das öfter auch über mehrere Tage. Gerade als Freiberufler, wo du nicht mal eben zu einen Kollegen gehen kannst und fragen was der davon hält, ob er Ideen hat bzw. dich einfach nur beschweren kannst, dass es nervig ist (das ist auch wichtig^^) musst du das mögen, nicht nur können.
 
Ok ich gebe dir vollkommen recht, dass es auch Spaß machen muss. Aber nehmen wir mal an, mir macht es Spaß Homepages zu betreuen und es macht mir Spaß Compiler zu programmieren, dann sollte ich doch sicherlich das wesentlich lukrativere wählen, oder nicht? ;D

PS: Das Argument mit den Kollegen find ich gut. Allgemein ist die Selbstständigkeit eher einsam, nehm ich an. Hab von so Projekten gehört, wo sich Selbstständige gemeinsam n Büro teilen. Vielleicht ja auch ne gute Idee :)
 
^nennt sich coworking space und ist generell eine gute Idee um der Einsamkeit als Selbstständiger zu entgehen und Kontakte zu knüpfen. Ist aber sicherlich nicht der geeignete Ort um in Ruhe was zu entwickeln oder um mit sensiblen Kundendaten zu arbeiten.

Wenn schon irgendeine Richtung empfehlen, dann was aus der SAP Ecke wie zB Anpassung/Entwicklung. Ist imo ein recht krisensicherer Bereich der gut bezahlt wird und bei dem das eigene Wissen nicht nach 5y runderneuert werden muss.
 
Freiberufler sind sind in der IT sehr gefragt, aber du solltest auch bedenken, dass du auch eine Menge Konkurrenz haben wirst. Du solltest also einen guten Plan parat haben, wie du an Aufträge kommst. Ein Bekannter von mir bietet sich auf einigen Protalen an, die sich auf die Auftragsvermittlung für Freelancer spezialisiert haben. Das wäre vielleicht ein guter Anfang um ein Gefühl zu bekommen, wie man an einen Auftrag kommt.
 
Interessanter Report, danke! Das deckt sich auch soweit mit meinen Erfahrungen. Ich denke ob man Freiberufler werden will hängt auch stark von dem eigenen Charakter ab und was man sich von einem Beruf wünscht. Ich arbeite aktuell in einem größeren Konzern in der Software-Entwicklung (selbst mit Master-Abschluss) und habe mich bereits mit einigen Freiberuflern und Beratern sehr angeregt unterhalten und könnte mir dies selber für die Zukunft gut vorstellen (wenn ich mehr Arbeitserfahrung vorzuweisen habe).

Was meine Beobachtung bisher ist (lässt sich natürlich nicht pauschalisieren aber der Trend ist irgendwie doch erkennbar):

Was einen internen Mitarbeiter in einem großen Konzern antreibt:
- Sicherheit
- Gute Rahmenbedingungen (Arbeitszeit/Gleitzeit, Urlaubstage, HomeOffice-Möglichkeiten etc.)
- Gehalt und Aufstiegsmöglichkeiten

Was einen Freiberufler antreibt:
- Vielfältige, sich abwechselnde Projekte
- Hohe Lernkurve und Herausforderungen
- Selbstständigkeit, nicht gebunden an ein konkretes Unternehmen

Der Stundensatz kommt einem zwar sehr hoch vor (die im Report angedeuteten 61€-90€/h decken sich auch mit den Zahlen die wir im Durchschnitt zahlen - bei Beratern für Speziallösungen können die jedoch um ein vielfaches höher liegen) aber wenn du das Risiko zurechnest, den Lohnausfall bei Krankheiten und Urlaub, keine Weiterbildungen/Seminare, ggf. mehrere Wochen oder Monate Leerlauf zwischen Projekte sowie die ganzen Sozialabgaben/Steuern etc. ist dieser auch nicht wirklich so viel höher als bei einem internen Angestellten mit Tarifvertrag. Von daher sollte das Einkommen nicht der zentrale Faktor für eine Tätigkeit als Freiberufler sein (meiner Meinung nach).
 
Kleiner Tipp für den Einstieg...
Wie wäre es erstmal als Consulter zu arbeiten? Du kommst rumm, siehst verschiedene Tätigkeitsfelder und kannst Kontakte knüpfen.
Dabei hast du die "Sicherheit" bei einem der üblichen Verdächtigen angestellt zu sein, welche dich auch bei der Aquise neuer Projekte unterstützen.
 
Zurück
Oben