@Aragorn21
Es gibt allerdings auch viele, die sehr differenziert Kritik an Assange und Wikileaks üben. Und diese Kritikpunkte sind durchaus berechtigt. Ich weiss auch nicht, warum man jetzt diese News bringt. Young hat bereits vorher seine Bedenken zu Wikileaks geäußert. Neu ist dies also nicht.
Nun aber noch einmal zurück zu der Kritik an Assange und Wikileaks.
Ich wurde bereits hellhörig, als ich lesen musste wie Assange mit der Kritik von Reporter ohne Grenzen umgegangen ist, als sie die Veröffentlichung der Klarnamen in den Afghanistandokumenten zu recht kritisierten. Er hat dies als idiotisch abgetan und dieser Journalistenorganisation vorgeworfen, sich von Pentagon ausnutzen zu lassen (Quelle:
http://www.taz.de/1/netz/netzpolitik/artikel/1/laecherliche-kritik/). Aber er geht noch weiter bzw. lehnt sich noch weiter aus dem Fenster:
Assange wies die Kritik zurück und versicherte, seine Mitarbeiter hätten die Dokumente geprüft und Namen von "Unschuldigen" geschwärzt. Was er damit meint, erklärte er beim Seminar in Stockholm an einem Beispiel. Assange zeigte Dokumente, in denen das amerikanische Militär berichtet, wie es einem afghanischen Radiosender Geld für pro-amerikanische Berichte zahlt. Der Chef des Senders wird mit Namen genannt. "Er hat sich bestechen lassen", sagte Assange. Damit sei der Mann in seinen Augen schuldig. Das Beispiel ist bemerkenswert, weil es zeigt, wie Wikileaks-Mitarbeiter klassische Journalisten-Aufgaben übernehmen: Sie sichten und filtern. Und sie bewerten. Wer Unschuldige von Schuldigen unterscheidet, ist nicht mehr bloß Anwalt. Er ist auch Richter.
Quelle:
http://www.sueddeutsche.de/digital/wikileaks-julian-assange-fast-ein-held-1.992375
Entscheidend ist hier, dass sich Wikileaks zum Richter über die Schuld von Einzelpersonen aufschwingt – und auf diese Weise selbst zum Kombattanten wird, wenn die unfreiwillig ans Licht Gezerrten vor aller Augen an den Pranger gestellt werden und dadurch – im schlimmsten Fall – am Ende gar mit ihrem Leben bezahlen.
Und auch Amnesty International, die man bei der Sichtung der Afghanistan Dokumente um Hilfe gebeten hatte, geriet bei Assange in Ungnade, nur weil sie nicht so wollten und konnten, wie er sich das vorgestellt hat.
Quelle:
http://www.golem.de/1008/77138.html
Oder warum hat man das Buch der Autorin Michaela Wrong ungefragt bei Wikileaks veröffentlicht? Die autorin war zu recht erbost darüber. Allerdings hat man ihr wohl nur geantwortet, mag sein dass dies Buch ihr Baby gewesen wäre nun sei es aber das Kind von Kenia. Dieses Buch war kein Regierungsdokument sondern unterlag dem geistigen Eigentum der Autorin. Naja aber das Video Collateral Murder unterlag dann doch dem Copyright von Wikileaks
Quelle:
http://www.freitag.de/politik/1015-wer-ueberwacht-wikileaks
Und was die ExKlusivverträge mit großen Verlagen angeht. wohin die reise wohl gehen wird, hat Herr Assange in einem Interview selbt aufgezeigt:
http://stefanmey.wordpress.com/2010/01/01/leak-o-nomy-die-okonomie-hinter-wikileaks/
Für mich steht das in einem krassen Widerspruch zu den Idealen, die sie doch bisher sehr großspurig vertreten haben. Neutralität sieht für mich anders aus.
Wie sieht es denn mit der eigenen Transparenz aus bzw wie demokratisch ist wikileaks denn organisiert? Bezeichnend dazu ist assange aussage, wer letztendlich über die Authentizität der Dokumente entscheidet:
Ich bin die letzte Entscheidungsinstanz, ob das Dokument echt ist".
Quelle:
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,719614-5,00.html
Weitere Ungereimtheiten lassen sich bezüglich des Beirates, der eigentlich im aufbau sein sollte (
http://web.archive.org/web/20080314204422/http://www.wikileaks.org/wiki/Wikileaks:About) aufzeigen. Seltsam ist dass die Mitglieder, die Wikileaks nannte (
http://web.archive.org/web/20080327225000/www.wikileaks.org/wiki/Advisory_Board) zum teil sehr überrascht waren, dort überhaupt aufzutauchen oder sie wurden zwar gefragt, aber es hat dann keinen weiteren austausch mehr gegeben. (Quelle:
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,719614-3,00.html)
Aber mir scheint, dass es auch intern bei Wikileaks brodelt. Zumindestens distanziert man sich von den Verschwörungstheorien von Assange:
Es gibt nur ein Problem zwischen Julian und zwei Frauen", sagte der schwedische WikiLeaks-Sprecher "Harold" dem "Guardian". Man solle die "ganz normalen Ermittlungen" ihren Lauf nehmen lassen.
Quelle:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,735533,00.html
Auch in diesem Artikel äußern sich Vertraute kritisch zu Assanges Verschwörungstheorien. Von einigen wurde auch sein Rücktritt gefordert:
http://www.taz.de/1/netz/netzpolitik/artikel/1/wikileaks-will-nicht-mehr-assange-sein/
Für mich sieht es so aus, als wäre Assange irgendwie in den Sog einer gewissen Aufmerksamkeitsökonomie geraten, indem er versucht immer wieder einen "oben" drauf zu setzen. So verhielt er sich auch bei der Veröffentlichung des Videos Collateral Murder. Der eigentliche Titel "Permission to Engage" wurde zugunsten von Collateral Murder verworfen um eine höhere mediale Aufmerksamkeit zu erzielen.
Quelle:
http://www.newyorker.com/reporting/2...urrentPage=all
Nicht anders verhält es sich mit seiner Androhung Material im Falle seines Ablebens zu veröffentlichen. Damit schürt er eine gewisse Stimmung und verletzt zugleich die Ideale von Wikileaks.: Denn entweder sind die Daten von öffentlichem Interesse, dann gehören sie aber auch nicht zurück gehalten. Oder es sind wieder Daten die wenig mit Whistleblowing zu tun haben und nur dazu dienen Einzelpersonen an den Pranger zu stellen, indem man das große Interesse an klatsch und Tratsch bedient. So etwas hat Wikileaks nun leider auch schon betrieben. Die Veröffentlichung von 500000 Pagernachrichten, die während des 11. Septembers verschickt wurden, fällt für mich in diese Kategorie. Steve Aftergood, der nun nicht gerade unkritisch gegenüber den USA ist beschreibt das sehr treffend:
Die Organisation "verletze regelmäßig das Recht auf Privatheit von Gruppierungen, die mit Regierungen und der Geschäftswelt nichts zu tun haben, und das ohne jeden Mehrwert für die Öffentlichkeit" - und nur aus einem Grund, weil sie es eben könnten. Als Beispiel führt Aftergood die von WikiLeaks veröffentlichten vertraulichen Rituale einer amerikanischen College-Studentinnenverbindung namens "Alpha Sigma Tau" an. Es gebe keinerlei Vorwürfe gegen die Gruppe, die diese Veröffentlichung rechtfertigen würden, so Aftergood. "Das ist weder Whistleblowing noch Journalismus."
Quelle:
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,708199,00.html
Für mich gibt es durchaus berechtigte Kritik an Herrn Assange und Wikileaks. Grundsätzlich befürworte ich Whistleblowing Plattformen solang sie sie sich ihrer Verantwortung bewusst sind, transparent und demokratisch organisiert sind, sich neutral verhalten und sich auf das Wesentliche konzentrieren und nicht pure Sensationslust befriedigen. Und genau das alles vermisse ich bei Wikileaks und vor allem bei Herrn Assange