Spaßgesellschaft: ja oder nein?

Odium

Captain
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Ich kenne das Wort 'Spaßgesellschaft' nur in einem negativen Zusammenhang. Oft sagen Leute dann, dass die heutige Jugend verweichlicht sei, keine Lust mehr hätte und nur noch für den Kick leben würden.

Doch, was steckt wirklich dahinter? Ich habe mal versucht, in einem Moment einzufangen, was sich wirklich verändert hat. Man kann doch getrost sagen, dass sich das Leben innerhalb der letzten 100 Jahre spürbar vereinfacht hat, oder?

Ich frage mich daher, ob der Mensch sich nicht zusehends von einem der Arbeit gewidmeten Leben entfernen sollte und sich wirklich so viel wie möglich dem zu widmen, was ihm gefällt. Maschinen nehmen uns immer mehr Arbeit ab, sollten wir da die fehlende Arbeit nicht einfach durch Freizeit ersetzen?
Ich denke da an eine Gesellschaft, die sich überwiegend den eigenen Interessen widmet und nicht den halben Tag dafür aufwenden muss, zur Arbeit zu fahren - ganz einfach weil die Gesellschaft es nicht mehr nötig hat. Siehe Arbeitslosigkeit..

Naja, ich bin gespannt, wie einige darüber denken.
 
Ich finde das Wort Spaßgesellschaft unpassend.

Es ist nunmal der Fall, daß sich ein höherer Lebensstandart darin manifestiert, daß man nicht mehr für sein Überleben arbeiten muss. Natürlich muss man arbeiten um Geld zu verdienen aber nicht mehr in der Weise, daß man zB seine Ernährung jeden Tag aufs neue sichern muss.

dH man arbeitet insgesammt weniger und damit mehr Zeit. Was man mit der Zeit macht soll jedem selbst überlassen sein - man kann sie mehr oder weniger sinnvoll nutzen.
Von daher sollten wir lieber froh sein, nicht jeden Tag 16h arbeien zu müssen um was zu Essen zu haben, anderen Menschen geht es da erheblich schlechter.
 
Spassgesellschaft kann man aber auch durchaus positiv sehen:

Kapitalistisch:

Der Mensch hat Freude an der Arbeit, er schafft etwas, beweist sich! Seine Freizeit kann er sich durch das mit Freude dann meist höhere Gehalt einteilen, wie er möchte und seinen Spass ausleben!

Spirituell:

Habe Spass an allem, was das Leben dir momentan bietet... egal, ob du Ferrari fährst, oder aber dich an einem Strassenmusiker, der deinen Lieblingssong spielt, erfreust, während du um Geld am Bahnhof bettelst...


Spass ist Interpretationssache, ich für meinen Teil versuche mich, an den banalsten Dingen zu erfreuen... ist viel sinnvoller und ergiebiger, als das ganze Jahr für nen 2WochenMallorcaUrlaub zu sparen :)
 
Wenn ich "Spaßgesellschaft" höre, bringe ich damit auch eine wachsende Oberflächlichkeit der Gesellschaft in Verbindung, und ein zunehmender Verlust der Perspektive hinsichtlich dessen, was wirklich wichtig ist und der Verhältnismäßigkeit anderen gegenüber.
 
@ Sahneknuffi

So geht es mir auch. Der Begriff "Spaßgesellschaft" beinhaltet, daß der eigentlich postiv belegte Begriff der Gesellschaft als Gruppe eine negative Wendung erfährt. Es werden Realitätsverlust und Pflichtvergessenheit beschrieben.

"Die heutige Spaßgesellschaft" heißt: Hauptsache Fun, aber keine ernsten Minuten mehr, in denen nachgesonnen wird usw.

Ich sehe den Begriff auch eher negativ. Heute wollen alle Parties und sonst nix mehr. Sogar der Kanzler unserer gebeutelten Republik läßt keine Gelegenheit aus, sich irgendwo zum Affen zu machen und Mätzchen zu treiben, anstatt zu regieren und Seriosität auszustrahlen. Aber die Politik repräsentiert ja das Volk...
 
Der Begriff Spaßgesellschaft hat bei mir auch einen negativen Beigeschmack.
Die Spaßgesellschaft wie man sie heute nennt hat es jedoch, wenn auch in abgewandelter Form, schon immer gegeben.
Einige haben auf Kosten anderer Spaß, d. h. es herrscht eine Ignoranz gegenüber andere. Dieses wird fast immer auf Gruppen mit (angeblich) geringerem sozialen Stand, finanziellen Mitteln oder auch Intellekt ausgetragen.
Im Prinzip sollte jedoch jeder den Spaß frönen, der ihm gefällt und andere nicht beleidigt.

@Blutrichter
Du hast insofern Recht, daß die Politiker das Volk repräsentiert (vertreten). Aber mit Sicherheit vertreten Sie nicht die Meinung der Mehrheit.
Das liegt wiederum daran, das sich zu wenige für Politik interessiert bzw. sich schnell in dieses System integrieren.
Somit mangelt es an Alternativen, das zeigen die Wahlbeteiligungen.
 
Der Begriff Spaßgesellschaft, der ja grundsätzlich etwas positives reflektieren sollte, ist auch für mich eher negativ belegt. Ich denke, dass der Ausdruck eigentlich von der (älteren) „Eltern- und Großelterngeneration“ geprägt wurde und wie blutrichter schon richtig sagt mit Realitätsverlust und Pflichtvergessenheit in Verbindung gebracht wird.

Die Spaßgesellschaft in der jungen Generation, zeigt m.E. jedoch alle Merkmale einer Leistungsgesellschaft. Versteht man mal den Begriff „Spaß“ (=lustig, glücklich) als Charaktereigenschaft der Mitglieder dieser Gesellschaft und erweitert man diesen Begriff auf weitere Charaktereigenschaft, die meiner Meinung nach hinter diesem stehen, wie unproblematisch, locker, souverän (cool), gut aussehend, witzig, wird recht schnell klar, dass diese Eigenschaften wohl von den wenigsten dauerhaft reflektiert werden können. Die Medien tun ein Übriges um Jugendlichen/ jungen Erwachsenen zu zeigen, wie Sie, bzw. ihr Leben auszusehen hat. Der Leistungsdruck der Arbeitswelt hat sich in die Freizeit sowie in das Sozialverhalten übertragen. Dass hier der eine oder andere durchs Raster fällt ist wohl genauso zwangsläufig als dass vielen diesem Druck nicht mehr Stand halten. Nicht umsonst steigt der Absatz von Antidepressiva an Jugendliche/ junge Erwachsene bis 25 (teilweise auch unter 14 Jahren) in den letzten Jahren stetig an!

Alles andere als spaßig, oder? :(
 
Spaßgesellschaft assoziere ich erst einmal mit:
- Unterhaltungs-TV (Laut, Bunt, Sinnfrei)
- Freizeitparks (Teuer bezahlter Spaß auf Teufel komm raus)
- Strandurlaub (2 Wochen Saufen & Braten mit Denkverbot - noch steigerbar durch Animation und Ferienclub)
- Massendisco's (5000 Leute ohne Willen)
- usw.

Ja, es ist schade drum, aber "Spaß" ist inzwischen wirklich negativ belegt. Warum? Siehe oben!
Die Spaßgesellschaft ist auch eine Gesellschaft der Charakter-, Belang- und Gedankenlosigkeit. Man gibt sich (und sein schwer erarbeitetes Geld) dem Spaßangebot des Spaßmarktes hin. Letzendlich geht es nicht darum, sich gut zu fühlen und Spaß zu haben, sondern sich ablenken und berieseln zu lassen.
 
Tja, es gibt eben für alles seine Zeit und den dazu passenden Ort... eigentlich. Aber heutzutage lautet die Devise eher "Freizeit und Fun überall".
Es gibt nur noch Talk- und Blödelshows und überall muß alles immer zum totlachen sein... Da genieße ich es richtig, wenn ich sonntags im Bett bleiben kann, bei einem guten Buch und hoffentlich von der Welt mal nix mitbekomme.
 
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