Weltanschauungen im Allgemeinen, Systemkritik, Diskussionen rund um den Kapitalismus

th3o

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Aus gegebenem Anlaß habe ich mich entschlossen ein Thema aufzumachen, dass nicht unmittelbar ein ganz bestimmtes Thema behandelt sondern eher als Sammelthread dienen kann, um weiter ausschweifen zu können ohne gleich darauf aufmerksam gemacht zu werden, dass man das Thema verfehle.
Das Thema wird man in diesem Thread nicht verfehlen können, denn hier werden auch Beiträge Platz haben, deren Inhalt erst in einem größeren Kontext ersichtlich wird und in einem großeren Kontext Sinn machen wird.

Eröffnen möchte ich mit einem Diskussionsvorschlag, nämlich dem wie weit das kapitalistische System unser aller Leben beherrscht und inwieweit man sich davon freimachen kann oder freimachen soll.
Weiter soll es (wenn die anderen mitmachen möchten) darum gehen, inwieweit unser Denken schon von den gegenwärtigen gesellschaftlichen Strukturen präformiert oder determiniert wird. Oder anders gewendet: Ist unser Denken noch wirklich unseres oder gibt es dann doch Mechanismen, die dazu beitragen, dass unser Denken eindimensional wird und dazu führt, dass Verhaltensweisen einzelner Individuen eigentlich nur noch den Machthabern innerhalb der Gesellschaft in die Hände spielen.

Das Vorgehen beim Behandeln des Themas ist jedem selbst überlassen. Es kann theoretisch und praktisch argumentiert werden, philosophisch und nicht-philosophisch. Das einzige worum ich bitte: keine platten Parolen und keine persönlichen Angriffe, sowie keine ein-Satz-Beiträge (meinerseits wird auf diese nicht eingegangen).

Das gegenwärtige kapitalistische System heute hat sich im Laufe der Zeit gegen das sozialistische und kommunistische System durchgesetzt. Meinerseits wird kein solches sozialistisches System angestrebt. Das was es gegeben hat war Staatskapitalismus und hatte mit den Theorien eines Marx oder Engels nichts zu tun. Aber das nur am Rande.
Das kapitalistische System ist weltweit noch nicht etabliert aber auch dort wo es noch nicht herrscht wirft es seine Schatten voraus in dem Sinne, dass durch die Macht des Kapitals auch nicht-kapitalistische Regionen in ihrer Existenzform so nicht weiter bestehen können wenn sie nicht "mitmachen".
Das Leben der Menschen, die innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft leben genießen einen bestimmten Luxus und/oder eine bestimmte materielle Wohlfahrt. Wenn hier von "kapitalistischer Gesellschaft" die Rede ist, dann beziehe ich mich auf die Industrienationen in Europa sowie auf die USA.
Wie aber sieht es mit den Menschen innerhalb dieser Gesellschaften aus?
Meiner Meinung nach (um einen der Diskussionsvorschläge auszuführen) verhält es sich so, dass der Mensch in der kapitalistischen Wirtschaftsordnung eher das Anhängsel der dynamischen Herrschaftsmaschinerie ist statt ein diese Maschine bestimmender Faktor. Der wissenschaftliche Fortschritt heutzutage trägt nicht dazu bei Wohlstand für alle zu erzeugen, sondern erzeugt eher nebenher nur soviel Wohlstand, wie es nötig ist, dass die Massen nicht rebellieren und sich auflehnen.
Das "technische", also mathematische Denken bleibt nicht stehen bei den Naturwissenschaften sondern erstreckt sich auch auf die Lebensbereiche der einzelnen Individuen. Systematisch wird beigebracht, dass nur "ordnendes", "konkretes" Denken zur Bedürfnissbefriedigung dienen kann und dass alles andere, wie zB Spekulation, eine einzige Spiegelfechterei sei.

Soweit ein kleiner Umriss der Thesen, von denen ich meine, dass man sie durchaus vertreten kann.

Ich freue mich auf Antworten darauf und auch (und das vor allem) auf eigene Thesen und Anschauungen.
 
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Leichter wird so eine "Diskussionsrunde" natürlich, wenn man jemanden mit im Boot hat, der eine andere Gesellschaft will, vielleicht sogar eine andere Staatsform. Dann kann man gegeneinander argumentieren. Ansonsten bleibt es teilweise ein "Meinungssammelthread". Versuchen wir es mal:

Naja, dass man garnicht mehr individuell denken kann, würde ich nicht sagen. Auch dass die Gemeinschaft dem Einzelnen suggeriere, Gedanken, die nicht ordnend oder konkret sind, seien Spiegelfechtereien, halte ich für etwas überzogen. Dinge wie Kunst und Phantasie sind in unserer Gesellschaft ja Gott sei Dank noch keine Tabu-Themen. In manchen Teilbereichen ist jeder Einzelne frei und in manchen Teilbereichen ist er eben in bestimmten Punkten eingeschränkt, bzw. durch gewisse Zwänge gebunden. Man lebt innerhalb einer Gesellschaft, die sich bestimmte Regeln gesetzt hat. Manche Leute (vor allem Linke Teenager) stellen sich die Frage, woher sich die Gemeinschaft das Recht nimmt, ihnen persönlich Vorschriften zu machen, wenn sie die Gemeinschaft doch für sich ablehnen, und kein Teil derer sein wollen. Z.B. wird man sie nicht mitten auf der Autobahn Spaziergänge machen lassen oder man wird nicht zusehen wie sie mitten in der Fußgängerzone ihren Stuhlgang verteilen. Man wird niemanden eigene Erzeugnisse herstellen und eintauschen lassen, ohne dass er dafür Umsatzsteuer zahlen muss. Niemand darf sagen "ich bezahle keine Steuern, denn der Staat nutzt sie um weitere Beton-Oasen zu bauen, die ich ablehne". Jeder ist an die Gesetze der Gemeinschaft in einem gewissen Maße gebunden. Die Rechte jedes Einzelnen hören nämlich dort auf, wo die Rechte des Nächsten anfangen. Und wenn jemand auf das Recht besteht in einer Fäkalienfreien Stadt zu leben, dann muss man eben ne Toilette benutzen. Da die Mehrheit unsere Staatsform für richtig hält, wenn auch nicht unbedingt wie die Ausübung derer von Statten geht, muss sich eben jeder an deren Gesetze halten. Deshalb hat man ja politische Mittel, um gegen Fehlentscheidungen der Politik vorzugehen. Ok, der Einzelne hat nur begrenzte Macht im kapitalistischen System. Da wir aber auch in einer Demokratie leben und der Staat teilweise den Markt kontrolliert, hat der Einzelne schon Einfluss auf das Ganze. Er muss nur genug andere von seiner Meinung überzeugen. Dass der Kapitalismus weltweite Auswirkungen hat, auch negative will ich nicht bestreiten. Die Frage wäre dann eben: "Was ist die Alternative, in der man am Ende nicht in Armut oder Barbarei endet?"
 
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Naja ich denke da besteht schon so eine Art Selbstregulierung, wie es th3o schon anklingen lassen hat. Díe Menschen die sich ausgebeutet und arm fühlen sind eben eine klare Minderheit, darum kommt es nicht zum richtigen politischen und wirtschaftlichen Umschwung. Viele Deutsche (wahrscheinlich die Mehrheit) beschwert sich zwar über Missstände, diese sind de facto in Ihrem Leben aber noch nicht so maßgeblich, dass gemeinheitlich gegen die bestehenden Strukturen vorgegangen werden könnte.
Den meisten Menschen in Deutschland geht es eben immer noch verdammt gut.
Mag sein, dass Löhne und Lebenshaltungskosten nicht mehr äquivalent zueiander steigen. Aber von einer Inflation hätten wir auch nicht viel. Eine Planwirtschaft oder ähnliches die egoistisches Verhalten in der Wirtschaft am liebsten ganz ausschalten würde ist leider hinderlich für Fortschritt und Wachstum und daher keine Alternative.
Auf längere Dauer wird weder starker Kapitalismus noch starker Sozialismus bestehen können. Nur eine ausgeglichene goldene Mitte hat längeren Bestand.
Aber Deutschland ist meiner Meinung nach für diese goldene Mitte immernoch ein echtes Musterbeispiel.

Ich sehe es natürlich auch mit Sorge, dass sich in unserem Land egoistische und kapitalistische Konturen herausbilden aber glaube, dass da ein gewisses Limit da ist und sich das wieder von selbst ins Gleichgewicht bringt.
 
Ich stimme dem was th3o sagt größtenteils zu. Der Kapitalismus ist zur Zeit so vollgefressen das es schon pervers ist. Wenn einige Privatpersonen mehr Vermögen haben als ganze Länder auf dieser Welt kann etwas nicht stimmen. Da stellt sich dann natürlich die Frage wie lange das noch gutgehen kann.

Was ich am Kapitalismus wie er zur Zeit existiert ablehne ist sein ansatzweise Menschenverachtendes Antlitz. Menschen werden nur noch auf ihre Arbeitsleistung reduziert, es wird gnadenlos aussortiert in "nützlich" und "nicht nützlich". Die Individualität des einzelnen hat in der Gesellschaft keine bzw. nur eine sehr begrenzte Bedeutung. Jeder steht mit seiner Arbeitsleistung in erbarmungsloser Konkurrenz zu den anderen also gilt für immer mehr Teile der Bevölkerung: Ellenbogen raus, nach unten treten (Minderheiten, Sozialhilfeempfänger) und nach oben (AG, Gesetzgeber) buckeln. Dem einzelnen wird bei fehlender eigene
Wertschöpfung suggeriert,dass er auf der Welt nichts wert sei.

In solchen Verhältnissen,in denen der Markt das Maß aller Dinge ist,und sich viele Menschen infolge der Globalisierung „entwurzelt“ fühlen, finden menschenfeindliche,rassistische,sexistische Ideologien ihren Nährboden.Durch die Ausgrenzung und Diskriminierung anderer Bevölkerungsgruppen wird die eigene Bezugsgruppe und damit man selbst aufgewertet.Insbesondere Nazi Gruppen vermitteln durch ihre Kameradschaft (die sich meist durch Treue zur Gemeinschaft und nicht durch Freundschaft charakterisiert) das lang gesuchte und schon vergessen geglaubte Verständnis und die Geborgenheit insbesondere für Jugendliche.

Zwangsläufig stellt sich die Frage ob die Fehler im System liegen oder ob das System schon der Fehler ist.
 
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Aus gegebenem Anlaß habe ich mich entschlossen ein Thema aufzumachen, dass nicht unmittelbar ein ganz bestimmtes Thema behandelt sondern eher als Sammelthread dienen kann, um weiter ausschweifen zu können ohne gleich darauf aufmerksam gemacht zu werden, dass man das Thema verfehle.
Das Thema wird man in diesem Thread nicht verfehlen können, denn hier werden auch Beiträge Platz haben, deren Inhalt erst in einem größeren Kontext ersichtlich wird und in einem großeren Kontext Sinn machen wird.
Respekt, ein Thread der eine Regel ausschließt und der Moderation die Möglichkeit nimmt in dieser
Richtung "moderierend" einzugreifen. Geschickt eingefädelt.
Wie dem auch sei, alle anderen Regeln greifen nach wie vor. Eines kann ich versprechen, sobald die
Moderation, zeitlich wie auch personell, Quantität oder Qualität nicht mehr sichten kann, wird auch hier
entsprechend eingegriffen. Diese betrifft auch Beschwerde PNs der Boardies an die Moderation.
Sei es durch schließen, oder Umfunktionierung zum PuG Aquariumssammelthread.
 
Ich glaube der angesprochene Punkt der "Teilbereiche" ist interessant.
Es stellt sich zumindest bei mir die Frage ob die Trennung von bestimmten Bereichen in dem Sinne notwendig ist, als der Zusammenhang zwischen den einzelnen Bereichen dann schon gar nicht mehr sichtbar ist. Oder anders formuliert: Ist ein Teilbereich ein in sich geschlossenes Ganzes oder nötigen die Freiheiten des einzelnen Bereichs auch dazu Freiheiten im vermeintlichen Ganzen zu fordern? Ich meine, dass die Freiheiten das tun.
Der Kunst und Phantasie ist mit Sicherheit keine physische Grenze gesetzt, doch frage ich mich vor allem im Bereich der Kunst welche Aufgabe der Kunst zufällt. Hat Kunst die Aufgabe einfach eine Art Abwechslung zum Alltag zu bieten oder sollte Kunst in dem Sinne politisch sein und versuchen auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam zu machen? Kunst der Kunst willen ist dann ja doch arg fruchtlos. Also stelle ich mir auf jeden Fall die Frage nach der gesellschaftlichen Funktion von Kunst und auch von Phantasie. Was bewirkt diese vermeintliche Freiheit der Kunst und Phantasie? Bewirkt es vielleicht sogar das-sich-Abfinden mit misslichen Zuständen weil man es sich ja im Geiste gemütlich machen kann? Ich denke, dass das eine große Gefahr ist wenn man versucht materielle Missstände mit Kunst und Phantasie zu betäuben. Also auch hier auf jeden Fall Diskussionsbedarf.

Angesprochen wurden die Regeln die sich die Gesellschaft selbst gesetzt hat und denen man nun einmal folgt. Ich meine damit nicht solche Regeln wie "bei Rot stehen bleiben" oder "wenn ich an der Kasse stehe und was kaufe dann muss ichs auch zahlen" sondern die Regeln, die Eigentumsverhältnisse ermöglichen, die zu Ungleichheit zwischen den Menschen zwangsläufig führen und so auch Keile durch Gesellschaften treiben. Anders gewendet: Wem kommen die Gesetze eher zugute und wem nicht? Und warum sind die Gesetze so wie sie sind und nicht anders? Und weiter: Warum finden sich Menschen mit ungleichen Verhältnissen ab? Bringen sie es sich selbst bei sich damit abzufinden oder wird es ihnen als Notwendigkeit "verkauft"?
Diese Frage stellt sich auch in Hinsicht auf die Staatsform. Es ist meines Erachtens nicht so einfach zu sagen, dass "die Menschen" sich diese Staatsform die wir haben ausgesucht haben. Ich meine nicht, dass jeder damals entschieden hat "ja, ich möchte auch Demokratie". Deshalb muss man, hier wiederhole ich mich, schauen welche Verhältnisse dazu führen, dass manche mehr, manche weniger in einem Land zu sagen haben und ob diese Verhältnisse ihrerseits einem Gerechtigkeitsempfinden entsprechen.
 
smacked2 schrieb:
Zwangsläufig stellt sich die Frage ob die Fehler im System liegen oder ob das System schon der Fehler ist.

meiner meinung nach ist das system an sich der fehler, denn wir leben in ketten die wir uns selbst auferlegt haben (bzw. die uns auferlegt worden sind). wenn wir ehrlich sind ist dieses system doch nichts weiter als moderne sklaverei. man dient bzw lebt ja quasi nur noch zur aufrechterhaltung des systems. eigene ziele, wünsche und dergleichen werden immer mehr irrelevant.

im prinzip mag das system des handels (bzw der einführung von währung als gegenleistung) kein schlechter gedanke gewesen sein (allein schon für das verteilen von ressourcen), aber mitlerweile überwiegen die negativen aspekte so dermaßen, das ganze bevölkerungsteile auf dem planeten unter den auswirkungen "leiden" (manche mehr manche weniger).
das ding is, das die menschen hier schon so festgefahren in ihrem denken sind, das sie sich nicht einmal mehr etwas anderes vorstellen könnten, selbst wenn sie es wollten (mich selbst eingeschlossen, mit dem kleinen unterschied das es mir bewusst ist und mir nur nichts besseres einfällt - womit ich ja nicht allein bin wie es scheint wenn ich mir die bisherigen postings ansehe).

ich denke auch das es "einen weg zurück" nicht mehr gibt.
denn niedere dinge wie gier, neid und dergleichen wird man nichtmal mehr aushebeln können wenn man einen weg finden sollte vom kapitalismus weg, dafür ist der karren glaub ich schon zu festgefahren in diesem sumpf.
desweiteren denke ich das es aufgrunddessen auch noch gewaltig knallen wird im verlauf der zeit und die welt sich aufteilen wird in 2+ parteien, wovon dann jetziger genannter "terrorismus in all seiner vielfalt" quasi nur die vorläufer sind. (sprich: bündelungen ganzer staaten)

es klingt auf den ersten blick vielleicht sehr spekulativ (vielleicht sogar absurd), aber ich halte so ein szenario durchaus für eine denkbare entwicklung, wenn "festgefahrene denkmuster" aufeinander prallen.

andersrum halte ich es für sehr unwahrscheinlich das der kapitalismus bzw. "unsere westlichen werte" sich überall ausnahmslos verbreiten. einfach schon aus dem grunde, weil es in diesem system immer "verlierer" gibt die ausgebeutet werden. und wenn überall die gleichen voraussetzungen herrschen... beisst sich die katze in den vielzitierten schwanz, denn ohne die ausbeutung dritter bricht ja das gesamte system in sich zusammen wie n kartenhaus. deswegen versteh ich auch die staatsoberhäupter nicht, die das überall verbreiten wollen.

also wird dieses system sowieso irgendwann ihr ende finden, auf die eine oder andere weise. es ist eigentlich nur eine frage der zeit und wer am ende übrig bleibt.
 
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Nun ja, ich bin an Lösungen und Alternativen durchaus interessiert aber ich möchte mir nicht alleine den Kopf darüber zerbrechen weil ich auch auf der anderen Seite keine Lust habe, dass das, was dann herauskommt einfach als etwas unter Vielem gehandhabt wird.
Ich bin der Meinung, dass man sich zusammen Gedanken darüber machen sollte was nicht richtig läuft und da schon mal auf einen Nenner kommen sollte. Alles andere ist wirklich Zeitverschwendung wenn man auf eine Umkrempelung eines "altgedienten" Systems hinarbeitet.
Lösungen, sofern es wirklich eine Lösung gibt, besteht nicht darin, dass einer sich hinstellt und seine Lösung losblökt und die anderen stimmen dem zu oder nicht, sondern eine Lösung wird gefunden wenn es ein gesamtgesellschaftliches Bewußtsein gibt und alle oder so ziemlich alle Menschen sich der Mechanismen bewußt werden, die dazu dienen eine unbewußte Abhängigkeit von den herrschenden Interessen zu reproduzieren. Solange dieses Bewußtsein sich nicht einstellt lohnt es nicht mal Ansatzweise über Lösungen zu sinnieren sondern es muss darum gekämpft werden, dass endlich sich ein kritisches Bewußtsein einstellt und die Menschen auch wirklich anfangen sich und ihr Leben zu hinterfragen, also hinter die Fassade schauen und die Bewegungsgesetze des Ganzen zu erfassen suchen. Dann und nur dann, so meine Ansicht wird eine Lösung, welche auch immer, sich herauskristalliseren: nämlich durch einen Akt der sich bewußtwerdenden Menschen und nicht durch einzele Akte weniger...so genial diese Akte von mir aus auch sein mögen, aber wenn die Einsicht in der Gesellschaft nicht herrscht, so wird einfach nur wieder Diktatur herrschen.
 
selbstreflektion, schön und gut.. das problem was ich dabei sehe..
dazu wird man aber wohl die wenigsten bewegen können, entweder weil sie nicht können oder wollen. das fängt doch schon bei worcaholics an, welche quasi von kleinauf darauf aus sind sich mit aufgaben zuzustopfen bis sie nichts anderes mehr sehen. dazu müsste man schon fast ganzen gesellschaftsteilen versuchen die scheuklappen zu entreissen und menschen sind nunmal gewohnheitstiere.
viele machen diese entwicklung wohl erst durch wenn sie in die midlife-crisis kommen, weil sie merken das die zeit knapp wird und sich selbst vielleicht vollkommen vernachlässigt haben.
wo man ja aber auch kaum einen vorwurf anbringen kann, immerhin wird man von kleinauf mit diesen werten erzogen und sein leben lang in diese form gepresst, ob sie passt oder nicht.
wie will man sie dazu bringen das alles zu sehen?

/edit: sieh dir doch nur mal allein die beiden parteien an: usa vs. extreme islamisten - die islamisten prangern das westliche kapitalistische system an - statt sich zu fragen wieso das alles, marschieren sie rüber und wollen sie umerziehen. mag jetzt vielleicht extrem klingen (vielleicht hinkt der vergleich sogar für einige), aber im grunde ist es bei diesem vorhaben nicht anders. wenn du versucht hier menschen davon zu überzeugen das das derzeitige system falsch ist wirst du von allen ecken und enden bombadiert und mit bösen blicken gestraft. (wenn nicht schlimmeres an konsequenzen)

/edit2: kann man eigentlich soweit gehen zu sagen, das wir bereits in einer diktatur leben, die nur langsam nur immer mehr (global gesehen) ihr wahres gesicht zeigt? gläserner mensch, gesellschaftlicher druck auf den einzelnen, verlust der individualität... vielleicht ist es zuweit hergeholt, aber bei genauerer betrachtung.... das alles führt doch im grunde zu nichts anderem? oder täusch ich mich da? es sind dieselben mechanismen.
 
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Wo stoßt ihr denn an Grenzen unserer Gesellschaft, die es irgendwann einmal (wann?) nicht gab? In vergangenen Agrargesellschaften ging es den Leuten auch nicht, oder kaum besser als den Heutigen. Musste man vor 4000 Jahren weniger als 8 Stunden am Tag arbeiten? Ok, mann hatte keinen Chef...aber man war durch die Umstände gebunden. Von was träumt ihr eigentlich (nicht negativ gemeint)? habt ihr irgendwelche Fernseh-Sendungen im Hinterkopf, in denen alle den ganzen Tag in der Wiese herumhüpfen und die Natur genießen? Ist es wirklich schlimm Kunst um der Kunst willen zu erschaffen? Klar, man kann eine Aussage reinpacken, aber man muss nicht. Glaubt ihr an eine Gesellschaft wie in Star-Treck? Jeder arbeitet nur noch um des Fortschritts willen? Sowas wird es wohl nie geben, da stirbt die Menschheit eher aus, befürchte ich. Das Prinzip "ich gebe/arbeite dir etwas, dafür gibts/arbeitest du mir" ist sehr naheliegend und gab es auch schon vor der Erfindung des Geldes als Tauschmittel. KLOK sagt eigene Ziele würden in der heutigen Gesellschaft irrelevant. Welche Ziele kann man denn nicht verwirklichen, was früher ohne Weiteres machbar war? Und was bringt es unser aktuelles System in Frage zu stellen und zu bombadieren, wenn man nicht konkret sagt wo es hängt, und wie man wirklich leben sollte. Dass im Moment nicht alles toll ist, davon ist jeder leicht zu überzeugen, dieser Meinung ist fast jeder. Bewegen kann man nur etwas mit sinnvollen und umsetzbaren Verbesserungsvorschlägen. Also: Ansatzpunkt-Eingangsfrage: Wo stößt ihr an Grenzen, die ihr nicht mehr wollt?


Edit: Seid ihr euch bewusst was Demokratie heißt? Von wegen "Ich meine nicht, dass jeder damals entschieden hat "ja, ich möchte auch Demokratie"." oder "das wir bereits in einer diktatur leben". Das würde bedeuten es habe nie die Möglichkeit gegeben zu wählen, oder es gäbe diese nun nichtmehr. Einige junge Menschen wissen heute nicht mehr zu schätzen was die Menschen, die damals in der Franz. Revolution und im/nach den Weltkriegen, damals mit der Einführung einer Demokratie geleistet haben. Dann tretet eben in eine Partei ein oder bemüht euch darum eine neue zu Gründen, wenn euch die Wahlmöglichkeiten nicht gefallen.
 
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Mir geht es in erster Linie darum zu bezeichnen wo ich meine, dass das kapitalistische System im allgemeinen Menschen Grenzen setzt und ihnen diese Grenzen aber als Freiheiten verkauft über die sie selber angeblich entscheiden können.
Wie schon gesagt: ich bin nicht interessiert einer Partei beizutreten, die innerhalb des gegebenen Systems sich bemüht. Das gleiche gilt auch für das Gründen einer eigenen Partei. Ich und meine Partei wären an den Gesetzen und den Auflagen gebunden die das Bestehende einfach nur helfen zu reproduzieren. Nein danke, das können andere gerne machen.
Wie schon gesagt, mir liegt nichts an einzelnen Beispielen sondern an Tendenzen die innerhalb des Bestehenden sichtbar werden und aus dieser Position heraus argumentiere ich und aus dieser Positon heraus entwickle ich meine Gedanken.
Und am Rande erwähnt: es ist nur mal wieder dieses alte Denken, dass man immer auch einen Lösungsvorschlag in der Tasche haben muss wenn man etwas kritisiert. Dass Kritik selbst schon Fortschritt an sich ist, wird dabei nicht gesehen. Kritik als solche, wie ich sie verstehe, hat nur das Ziel irgendwann das Bewußtsein der Menschen zu erreichen und das meine ich geht am besten in den Bildungseinrichtungen (Grundschulen, weiterführende Schulen, Universitäten).
Ich bin der Ansicht, dass bestimmte Denkmuster und Denkgesetze zuerst dort durchbrochen werden müssen um überhaupt die Möglichkeit zu haben auf einem Fundament die eigene Kritik fruchtbar zu machen.
 
TnTDynamite schrieb:
Glaubt ihr an eine Gesellschaft wie in Star-Treck? Jeder arbeitet nur noch um des Fortschritts willen? Sowas wird es wohl nie geben, da stirbt die Menschheit eher aus, befürchte ich. Das Prinzip "ich gebe/arbeite dir etwas, dafür gibts/arbeitest du mir" ist sehr naheliegend und gab es auch schon vor der Erfindung des Geldes als Tauschmittel. KLOK sagt eigene Ziele würden in der heutigen Gesellschaft irrelevant. Welche Ziele kann man denn nicht verwirklichen, was früher ohne Weiteres machbar war?

ich bin auch fest davon überzeugt das es so ein modell wie in star trek nie geben wird. es wäre durchaus als idealbild ansehbar, aber ist absolutes wunschdenken. und ich glaube auch: so etwas wird es ohne jahrzehnte (oder jahrhunderte und weltweite) lange kriege nicht geben, denn wie hieß es schon in fight club frei zitiert: "man muss erst beim nullpunkt angelangt sein um wirklich klar sehen zu können". bestes beispiel das posting über mir.. (soll kein persönlicher angriff sein)
und eigene ziele werden sofern irrelevant, da es nur um die aufrechterhaltung des systems geht. was bedeutet, wenn du der gesellschaft (in unserem kapitalismus) keinen wirtschaftlichen nutzen bringst bist du unten durch in jeglicher hinsicht. und insofern werden eigene ziele doch nichtig. das soll jetzt keiner in den falschen hals kriegen das ich die meinung vertreten würde nach dem motto "lasst uns alle dem egoismus fröhnen und nur noch das machen was uns grade in den kram passt und auf alle andern sch******".
aber "menschliche werte" sind zum luxus geworden den sich in dieser ellbogen gesellschaft kaum einer mehr leisten kann, eben weil man dann einfach befürchten muss auf der strecke zu bleiben in diesem unerbitterlichem konkurrenzkampf in den wir uns selbst gegenseitig zwingen.
perfekte beispiele wären hier einrichtungen die bedürftige unterstützen - wird meist nur über spenden finanziert und oft durch ehrenamtliche mitarbeiter geführt (die ebenfalls dafür nichts bekommen ausser vielleicht anerkennung oder n tritt) - obwohl jeder weiss das diese einrichtungen wichtig sind - denn der wirtschaftliche nutzen ist gleich null.
die liste für beispiele ist endlos, aber bevor ich mich in details verlier, kapp ichs mal hier.
die frage heisst auch nicht "was war denn früher besser?", sondern "was können wir in zukunft besser machen". das sinnieren über vergangene errungenschaften und debakel bringt uns nirgendwo hin.

/edit: observer88, das hat mit links und rechts nichts zu tun - hier mal n link für dich: http://de.wikipedia.org/wiki/Freidenker
 
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Nochmal zur Erinnerung an alle:
Der Thread hat kein fixes Thema und eben weil es kein fixes Thema hat gilt das Schema Kritik--->Lösungsansatz---->Kompromiss hier auch nicht als Diskussionsgrundlage.

Die Diskussionsgrundlage wird durch die Dynamik des Threads als ein Ganzes gegeben und muss nicht den Standardmustern von Argumentation zwingend folgen.
Jedoch den Standardmustern des höflichen Umgangs miteinander!

Wenn jemand eine Theorie oder eine Meinung zu den Begriffen im Threadtitel abgibt, dann ist es eine Unart ihn darauf hinzuweisen, dass er das nicht so tut wie man es selber gerne hätte. Das sollten bitte alle hier im Hinterkopf haben die bei diesem Thread mitmachen.
 
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ObServer88 schrieb:
Typisch linkes Denkmuster:
Viel Kritik, aber keine Ahnung was besser ist und durchführbar wäre.

Naja besser kritisieren als alles hinnehmen ;)
Und es gibt durchaus Lösungsansätze wie z.B. der demokratische Sozialismus o.ä. das es bei so grundlegenden Fragen wie der Systemfrage allerdings keine einfachen Antworten geben kann die man sich mal schnell aus den Fingern saugen kann dürfte klar sein.
 
Was Smacked2 gesagt hat möchte ich nochmal unterstreichen. Es dreht sich hier bei einigen wirklich um die sog. Systemfrage (ein Wort, das mir zumindest nicht wirklich gefällt) und es ist das bei so einem Sachverhalt selbst für den gesunden Menschenverstand (dem man meiner Meinung nach einen zu hohen Stellenwert in unserer gegenwärtigen Gesellschaft gibt) einsichtig, dass man da nicht mit irgendwelchen mathematischen Mitteln oder Wenn-Dann formallogischen Denksystemen rangehen kann, sondern grundsätzlich offen bleiben muss um eben sein eigenes Denken nicht schon von vornherin einzuschränken.
Schon Adorno wusste, dass nur im Denken gegen das für sicher geglaubte Denken, das einzige Mittel liegt, um einer Abstumpfung im Denken zu entkommen. Nichts anderes wird hier versucht.
 
es wäre schön wenn man das ganze dann auch noch so im verlauf des threads formulieren könnte das es "normalsterbliche" auch noch verstehen können, wie du es im erklärenden post nach tnt's beitrag getan hast, denn sonst seh ich schwarz was das potenzielle feedback angeht.
 
Dann greife ich auch mal in die Debatte ein. Als Aufhänger orientiere ich mich ein wenig an dem Eröffnungsbeitrag.

Punkt 1: Inwieweit beherrscht das kapitalistische System unser Leben und kann bzw. soll man sich davon befreien?
Das bestehende (Gesellschafts-)System, in das wir hineingeboren werden, bestimmt zunächst einmal ganz selbstverständlich unser Leben und Denken. Das äußert sich unter anderem in gesellschaftlichen Gepflogenheiten und Riten (z. B. die Rolle von Dorfältesten oder die Unterschiede des Stellenwerts alter Leute in Japan und in Deutschland). Die Prägung erstreckt sich weiterhin auf die bevorzugte Religion und auf den vorherrschenden philosophischen Background einer Gesellschaft (z. B. die griechisch und jüdisch-christlich geprägte abendländische Kultur in Europa und die von Konfuzianismus, Buddhismus und Taoismus geprägte chinesische Kultur.

Man sollte diese Aspekte nicht leichtfertig unter den Tisch fallen lassen. Denn die Einflüsse sind vielfältig. So gab es in der Vergangenheit etwa Beschränkungen bis in den militärischen Bereich hinein: Für japanische Samurai galt ein strenges Regelwerk für die Verwendung ihres Lang- und des Kurzschwertes (Bushidō: http://de.wikipedia.org/wiki/Bushidō). In Europa verbot Papst Innozenz II. den Einsatz der Armbrust gegen Christen (http://resikom.adw-goettingen.gwdg.de/abfragebegriffe.php?optionID=52) und drohte bei Verstößen mit dem Bann aus der Kirche.

Die Menschen werden in ihren Gesellschaften sozialisiert. Das geschieht primär über die Familien und durch die Schulen. Wenn kleinen Kindern im 3. Reich eingetrichtert wurde, dass Adolf Hitler der Messias und der Krieg notwendig und richtig sei, dann waren viele Kinder davon sicher lange Zeit überzeugt. – Wenn man nun den Kapitalismus als System begreift, dann trifft eine gewisse Prägung sicher auch hier zu. Im Zuge der weiteren persönlichen Entwicklung der Menschen und vor dem Hintergrund der unübersehbaren Anzahl an Informationsmöglichkeiten haben wir allerdings die Möglichkeit, unser bisher erworbenes (Schul-)Wissen kritisch zu hinterfragen und uns eigene Gedanken zu machen. Die Gesellschaft gibt den heranwachsenden Menschen also ein Weltbild mit auf den Weg – bevorzugt natürlich ihr eigenes, auch damit man sich darin besser zurechtfindet –, lässt ihnen jedoch die Freiheit, sich eine abweichende Weltanschauung anzueignen.


Punkt 2: Gibt es Mechanismen, die dazu beitragen, dass unser Denken dazu führt, dass Verhaltensweisen einzelner Individuen eigentlich nur noch den Machthabern dienen?

Jetzt könnte man trefflich darüber streiten, wer denn nun die Macht im Staat hat: Sind es die Bürger oder die von ihnen gewählten Politiker? Sind es die Journalisten in den Medien oder die Unternehmer? Sind es die Arbeitnehmer, die den Laden in Schwung halten, oder die Bürokraten in den Verwaltungen?

Um als Machthaber überhaupt Macht ausleben zu können, benötigt man Mehrheiten. Das können politische Mehrheiten im Parlament sein oder Stimmenmehrheiten bei Wahlen. Um Wahlen zu gewinnen, muss man eine große Anzahl von Wählern überzeugen oder zumindest überreden. Das wiederum geschieht im Regelfall über die Massenkommunikationsmittel (TV, Zeitung, Zeitschrift, Radio, Internet usw.)

In der Praxis werden fortwährend Versuche unternommen, das Denken der Menschen zu beeinflussen. Das ist an sich nicht verwunderlich beim Kampf um Mehrheiten. Ein gutes Beispiel dafür sind die sog. Euphemismen sowie Begriffe der political correctness: Der Finanzminister sagt nicht, dass er auch dieses Jahr neue Schulden aufnimmt, sondern nur, dass er die Neuverschuldung absenken wird. Wer Soldaten in den Krieg schickt, sagt ihnen nicht, dass sie womöglich von Granaten zerfetzt werden. Nein, sie "fallen". Damit nimmt man der Situation etwas von ihrem Schrecken und verharmlost das Denken. Anderes Beispiel: Es gibt in der politischen Diskussion zwar demografische Rentenanpassungen oder Nullrunden, aber so gut wie keine Rentenkürzungen.

Ob das nun wirksame Mechanismen sind, um das Denken zu beeinflussen, lässt sich pauschal kaum beantworten. Denn das, was die Mächtigen kommunizieren möchten, muss erst von den Medien, also durch Redakteure und Journalisten, verbreitet werden. Es hängt von ihrer Kritikfähigkeit und -willigkeit ab, wie die Meldung bei den Zielgruppen ankommen. Und die müssen längst nicht alles kommentarlos schlucken, was ihnen präsentiert wird.


Punkt 3: Sind die Menschen in der kapitalistischen Wirtschaftsordnung eher das Anhängsel der dynamischen Herrschaftsmaschinerie oder ein sie bestimmender Faktor?

An dieser Stelle nutze ich die Gelegenheit, um weiter auszuholen. Wenn ich lange genug zurückblicke – auf die 2.000 Jahre alte Seidenstraße zwischen Europa und Zentralasien, auf die Zeit der italienischen Renaissance oder auf die Entdeckung Südamerikas –, dann wird deutlich: Den Menschen in Europa geht es heute deutlich besser als früher. Und die konkrete Erfahrungswelt des ganz überwiegenden Teils der Menschen in Europa war früher im Gegensatz zu heute winzig klein. Die einfachen Menschen auf der Straße besaßen keine Seide und kein Gold. Und sie interessierten sich auch nicht dafür, woher diese Waren stammten oder auf welche Weise sie produziert, gefördert oder herangeschafft wurden.

Nun könnte man die Sache ganz pragmatisch und darwinistisch betrachten: Die Europäer (bzw. die nach Amerika ausgewanderten Europäer) waren ihren Artgenossen in anderen Teilen der Welt z. T. haushoch überlegen. Nach dem Prinzip „survival of the fittest“ hatten die Ureinwohner Nord- und Südamerikas und auch Afrikas keine reelle Chance. Sie wurden untergebuttert bzw. umgebracht. Theoretisch hätte es auch anders laufen können: Die frühzeitliche Hochkultur der Ägypter hätte überdauern und eine Flotte über das Mittelmehr schicken können, um Europa einzunehmen.

Bis vor ca. 150 Jahren war der Hunger ein ständiger Begleiter der Menschen, auch in Europa. Die allgemeine „Sättigung“, im wahrsten Sinne des Wortes, ist daher ein recht junger Zustand, auch wenn die meisten von uns es oft gar nicht anders kennen. – Nun bringen es die modernen Transport- und Kommunikationssysteme mit sich, dass wir Europäer regelmäßig einen Blick über den Tellerrand werfen. Wir interessieren uns für Robbenbabys in Alaska, für die Lebensbedingungen von Kaffeebauern in Südamerika, für Überschwemmungsopfer in Bangladesch usw. Das ist ebenfalls eine vergleichsweise neue Entwicklung in der Menschheitsgeschichte, die erst durch den entsprechenden Fortschritt möglich geworden ist. Unser humanistisches Menschenbild, unsere soziale Ader, unser Mitleid bzw. Mitgefühl oder unsere Scham bringen uns dazu, derartige Missstände auch in anderen Ländern wahrzunehmen.

Dabei erkennen wir zugleich Zusammenhänge, die bisher unter den Teppich gekehrt worden sind. Denn der Kaffee, den wir trinken, muss ja irgendwo auf der Welt angebaut worden sein. Und je weniger der Kaffeebauer verdient, desto weniger müssen wir für die Bohnen zahlen.

Nun kann man behaupten, der Kaffeebauer sei in das kapitalistische System eingespannt und habe keine Alternativen, die es ihm z. B. erlaubten, gemeinsam mit anderen Bauern die Verkaufspreise anzuheben. Man kann sich auch hinstellen und sagen, die Abnehmer in Europa sollten keinen Kaffee mehr trinken und auf Tee oder Ähnliches umsteigen, um den Druck auf die Händler und Kaffeeröster zu erhöhen. Wir hätten als Konsumenten tatsächlich die Wahl. Aber machen wir uns nichts vor. Wenn von den ca. 680 Mio. Europäern auch nur jeder Vierte Kaffee bzw. Tee trinken möchte und die entsprechenden Rohstoffe hier nicht angebaut werden können, dann bedarf es in jedem Fall einer großen logistischen Leistung irgendwo auf der Welt, um diesen Bedarf zu decken. Ähnlich ist es mit der Fleischproduktion. Fleisch war noch vor wenigen Jahrzehnten ein Luxus, den sich die Familien lediglich an Sonn- und Feiertagen leisten konnten. Mittlerweile ist der Fleischkonsum stark angestiegen. Wenn man sich die Ballungsdichte in den Städten und die Agrarflächen auf dem Land anschaut, dann ist jedem bewusst, dass es so viele glückliche Kühe und frei laufende Hühner oder Puten in deutschen Landen gar nicht geben kann.

Das bedeutet nicht unbedingt, dass wir ein Anhängsel des Kapitalismus sind. Aber es heißt zumindest, dass unser aller Konsumverhalten (allein durch die Masse) derartige Strukturen wie z. B. die Massentierhaltung erheblich begünstigt.

Wenn in der Ausgangsthese von th30 von einer dynamischen Herrschaftsmaschinerie die Rede ist, dann stelle ich zunächst einmal fest, dass uns (Europäer) diese Maschinerie den Wohlstand auf breiter Front gebracht hat. Als Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Konsumenten sind wir Bestandteile dieses Systems und entsprechend eingebunden. Andere Gesellschaften mögen anders gestrickt sein. Aber in den grundlegenden Funktionen, die das Miteinander regeln, unterscheiden sie sich kaum. Das gilt zumindest dann, wenn man nicht auf dem Kriterium des Privatbesitzes an Produktionsmitteln herumreitet.

Wenn die Menschen nach Wohlstand streben, weil sie darin eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation sehen, dann ist es kein Wunder, dass sie sich am Vorbild des Kapitalismus orientieren. Viele Menschen, z. B. in Afrika, verbinden damit zugleich die Hoffnung auf Frieden und Demokratie. Die Staaten in Europa führen keine Kriege gegeneinander, vielmehr haben sie sogar die EU geschaffen. Und sie haben die Demokratie etabliert, in der Minderheiten nicht verfolgt und getötet werden. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der „Sozialismus“ sowjetischer Prägung in zahlreichen Staaten in den wirtschaftlichen Ruin führte, scheint der Kapitalismus eine echte Alternative zu sein.

Der wissenschaftliche Fortschritt heutzutage trägt nicht dazu bei Wohlstand für alle zu erzeugen, sondern erzeugt eher nebenher nur soviel Wohlstand, wie es nötig ist, dass die Massen nicht rebellieren und sich auflehnen.
Fortschritt ist zunächst einmal teuer und damit nicht für jeden erschwinglich. Deshalb kosten schnelle Computer-Prozessoren auch mehr als langsame. Es stimmt zwar, dass man die Ressourcen dieser Welt besser verteilen könnte, etwa um den Hunger in der Welt zu bekämpfen. Aber ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass die Menschen wirklich zum Verzicht bereit sind. Wenn in den Kaufhäusern nur so viele Güter liegen würden, wie Nachfrage vorhanden ist (etwa an der Wursttheke), dann würden die meisten von uns ganz schön blöd aus der Wäsche gucken. Wir wollen die große Auswahl, weil wir uns daran gewöhnt haben. Und wir spenden auch nicht unsere alte Winterjacke aus dem letzten Jahr, nur weil wir uns in diesem Jahr eine neue gekauft haben. Die Menschen sind dafür viel zu egoistisch und denken, dass sie schließlich für ihren Wohlstand hart gearbeitet haben.


Punkt 4: Das technische Denken bleibt nicht stehen bei den Naturwissenschaften, sondern erstreckt sich auch auf die Lebensbereiche der einzelnen Individuen.

Ein sehr interessanter Punkt, zu dem ich viel schreiben könnte. Das hole ich vielleicht demnächst nach.
 
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@keshkau
und ich muss erstmal deinen beitrag ordentlich durcharbeiten keshkau ;) dann kommt auch eine entsprechende antwort oder einiges an bezugnahme meinerseits

@klok
das ist immer so eine sache mit dem "einfacher" formulieren.
ich sage immer, dass ein sachverhalt sich von sich aus entfaltet.
wenn die art und weise nun mal kompliziert anmutet, dann hat es vielleicht auch einfach was damit zu tun, dass der sachverhalt selber kompliziert ist.
würde man nun versuchen ihn "einfach" zu verpacken; man würde den sachverhalt schlicht verfehlen.
die forderung nach "einfachheit" beinhaltet unterschwellig die forderung, dass einem alles vorgekaut wird...eine tatsache, die dann eigenes denken unnötig macht.
genau aber eigenes denken soll angeregt werden und das geht eher wenn man an einem text zu beißen hat und nicht wenn der text sich wie flüssignahrung verhält.
bestimmte gedanken und gesinnungen sind kein marktschreiertum sondern ernste angelegenheiten und es gilt das motto: wer dahinterkommen möchte, der kommt auch dahinter.
 
Punkt 4: Das technische Denken bleibt nicht stehen bei den Naturwissenschaften, sondern erstreckt sich auch auf die Lebensbereiche der einzelnen Individuen.

Wenn wir über Wissenschaften reden und speziell über technische Innovationen, dann muss man wissen, dass Technologien immer Segen und Fluch zugleich sind. Sie spielen nicht einseitig ihre jeweiligen Vorteile oder Nachteile aus, sondern stets beides, Dazu ein Beispiel von Freud (aus: Das Unbehagen in der Kultur, 1929/1930):
Man könnte einwenden, ist es denn nicht ein positiver Lustgewinn, ein unzweideutiger Zuwachs an Glücksgefühl, wenn ich beliebig oft die Stimme des Kindes hören kann, das Hunderte von Kilometern entfernt von mir lebt, wenn ich die kürzeste Zeit nach der Landung des Freundes erfahren kann, dass er die lange, beschwerliche Reise gut bestanden hat?

Gäbe es keine Eisenbahn, die die Entfernungen überwindet, so hätte das Kind nie die Vaterstadt verlassen, man brauchte kein Telephon, um seine Stimme zu hören. Wäre nicht die Schiffahrt über den Ozean eingerichtet, so hätte der Freund nicht die Seereise unternommen, ich brauchte den Telegraphen nicht, um meine Sorge um ihn zu beschwichtigen.

Schon in den 40er-Jahren des 20. Jahrhunderts analysierte der Medientheoretiker Harold Innis die Entstehung von sog. Wissensmonopolen, die mit der Beherrschung neuer Technologien naturgemäß einhergehen. Die Wissensmonopole machen deutlich, dass der Nutzen und die Nachteile einer Technologie nicht gleichmäßig verteilt sind, sondern dass es immer Gewinner und Verlierer gibt: Die Venyl-Schallplatten wurden von den CDs verdrängt und inzwischen graben digitale Formate wie MP3 den Silberscheiben auch schon wieder das Wasser ab.

Die Wissenschaften bringen neue Technologien hervor, die wiederum zu neuen Begriffen führen, um sie zu beschreiben. Aber im gleichen Atemzug werden bestehende Begriffe und Definitionen in ihrem Sinn verändert: Welche Bedeutung hatten die Begriffe „Information“ und „Intelligenz“ vor der Verbreitung der Computertechnologie und welche haben sie heute? Wie hat sich der Begriff der „öffentlichen Meinung“ durch das Fernsehen in den letzten Jahrzehnten schleichend, aber nachhaltig modifiziert?

Die grundlegende Kritik sollte jedoch viel früher ansetzen. Die meisten Menschen machen sich darüber vermutlich gar keine Gedanken. Aber ist es nicht seltsam, dass wir im gesamten Bildungswesen Noten und Zensuren verwenden, um Prüfungsleistungen zu beurteilen? Zwar meinte schon Galilei, dass die Sprache der Natur die Mathematik sei. Doch das war rein naturwissenschaftlich zu verstehen. Als jedoch im Jahr 1792 an der Universität Cambridge Aufsätze von Studenten erstmals mit Noten bewertet wurden, war dies ein Meilenstein auf dem Weg zur Konstruktion eines mathematischen Wirklichkeitsbegriffs. Hier wurde menschlichen Gedanken ein quantitativer Wert beigemessen. Und wenn man einmal so weit gegangen ist, die Qualität von Gedanken mit einer Note (Zahl) zu versehen, dann ist es kein großer Schritt mehr, bis man auch Schönheit, Mitleid, Liebe oder Intelligenz (siehe IQ) benotet. Auf diese Idee wäre Galilei allerdings nie gekommen.

Wenn sich heute Marketingexperten, Psychologen oder Soziologen an ihre Zahlen klammern und ohne deren Hilfe kein zuverlässiges Wissen mehr erlangen oder ausdrücken können, dann ist das ein Hinweis darauf, wie tief und nachhaltig ein solches mathematisches Denken in uns verwurzelt ist.

Die Auswirkungen sind gravierend. Neben dem Glauben, Intelligenz messen zu können, haben die Menschen unter anderem auch Lügendetektoren entwickelt, die – natürlich unter streng wissenschaftlichen Bedingungen – vermeintlich in der Lage sind herausfinden, ob jemand lügt oder die Wahrheit sagt.

Der entscheidende Trugschluss ist hierbei, dass man wie selbstverständlich davon ausgeht, dass sich die naturwissenschaftlichen Methoden auch zur Untersuchung menschlichen Verhaltens eignen. Ferner könnte man auf den fatalen Gedanken kommen, menschliches Verhalten durch „geeignete Techniken“ kontrollieren und in die richtigen Bahnen lenken zu können, also die Gesellschaft rational und human zu organisieren. Und schließlich könnte man zu der Überzeugung gelangen, der Glaube an die Wissenschaft könne zu einem neuen Fundament umfassender Überzeugungen werden, die vielleicht sogar dem Leben einen Sinn geben.

Es sollte jedoch klar sein, dass sich Dimensionen wie Ethik oder Moral nicht auf naturwissenschaftlicher Basis erfassen lassen. Die Naturwissenschaften bieten auch keine Nestwärme, kein Wohlbefinden und schon gar keine Unsterblichkeit.
 
Das sich viele immer mehr benachteiligt fühlen liegt wohl auch daran, das dem kapital. Lager ein Gegenpol fehlt.
Der brach vor 17 Jahren zusammen...

Seitdem geht es stetig bergab. Kurz vor dem Mauerfall passierte ein Glücksfall, der zu keinem anderen Zeitpunkt hätte kommen konnte.
Auf die BRD bezogen kurbelte dies die Wirtschaft wieder an.
Doch das legte sich nach kurzer Zeit wieder und dann ging es wieder bergab.


Jetzt, wo sich fast alle Staaten der Welt auf der gleichen Spielwiese tummeln, wird der Platz zu klein.
Das wird dann über kurz oder lang zu Spannungen führen, die nur militärisch ausgetragen "gelöst" werden können.

Der Kampf um die Rohstoffe, die die Gesellschaften am laufen halten, nimmt immer drastischere Formen an.
Ich las vor Kurzem einen Artikel im Spiegel.
Da ging es darum, wie sich die Chinesen auf dem afrikan. Kontinent verhalten...
Gelinde ausgedrückt war der Tenor: Die verhalten sich schlimmer, als die damaligen Kolonialmächte.
Wenn es um Rohstoffe geht, wird auch mit den schlimmsten Diktatoren paktiert und der dortigen Bevölkerung geht es schlimmer und schlimmer.

Vllt. mag der eine oder andere jetzt meinen, das die UNO oder die westl. Welt nicht solche Praktiken hat bzw. diese verabscheut.
Stimmt. Nur haben wir die gleiche Vorgehensweise, wenn es um Öl, Erze oder andere wichtige Waren geht, die unsere Gesellschaft (dringend) benötigt.
Der Motor muss am laufen gehalten werden.

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Die Demokratie ist auch so ein Thema.
Was haben wir denn wirklich ? Was können wir alle 4 Jahre entscheiden ?
Wir entscheiden doch nur, wer uns an der Nase herumführt. Mehr nicht.
Es ist eine Wahl zw. Pest und Cholera.

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Können wir aus diesem System ausbrechen und was anderes schaffen ?
Wird schwer sein da wieder rauszukommen.

So drastisch es jetzt klingen mag.
Es gab zu lange keinen Krieg mehr in Europa. Es herrscht schon zu lange Frieden.
Die geschaffene EU wird auch wieder zerbrechen.
Wenn etwas zusammengehämmert wird, dann wird es auch wieder zerbrechen.
Beispiel war Jugoslawien. Das zerbrach auch innerhalb kürzester Zeit wieder.
Die Bevölkerungsgruppen waren zu unterschiedlich in Denken und Kultur.


Die EU stellt im Prinzip nichts anderes dar. Das zeigt sich immer wieder gut, wenn es darum geht eine Entscheidung zu finden, mit der alle leben können.
Die Kompromisse, die immer wieder zustande kommen, werden es nicht immer richten können.
Die EU ist quasi zum scheitern verurteilt.


Der Punkt / das Grundgerüst für einen Neuanfang oder für etwas Neues fehlt.
Es muss erst etwas in Trümmern oder sehr im Argen liegen, damit was Neues geschaffen werden kann.
 
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