Radeon Adrenalin: Grafiktreiber übertaktet AMD Ryzen ungefragt über das BIOS

Update Sven Bauduin
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Radeon Adrenalin: Grafiktreiber übertaktet AMD Ryzen ungefragt über das BIOS
Bild: AMD / Montage: Sven Bauduin

Der Grafiktreiber AMD Radeon Adrenalin verändert diverse BIOS-Werte ungefragt und übertaktet damit Ryzen-Prozessoren, nachdem OC-Profile für die Grafikkarte geladen wurden. Der Treiber überschreibt dabei die zuvor vom Anwender im UEFI definierten Einstellungen ohne jeden Hinweis.

AMD Radeon Adrenalin verändert Werte im Curve Optimizer

Der Treiber übertaktet Ryzen-CPUs vom Typ Vermeer auf Basis der Zen-3-Architektur ungefragt und das auf BIOS-Ebene. Hierzu werden die zuvor im UEFI hinterlegten Werte für den Curve Optimizer so verändert, dass der Prozessor in 50 MHz Schritten ans Limit getrieben wird. Ein Verhalten, welches das Community-Mitglied der-Kalli bereits am 24. März beobachtet und in einem Leserartikel dokumentiert hatte.

Nachdem die Redaktion das Problem mit eigenen Systemen auch nach mehreren Versuchen nicht nachvollziehen konnte, hat der Hersteller die Problematik jetzt gegenüber der Website Tom's Hardware bestätigt und weitere Untersuchungen zu dem Thema angekündigt.

We are aware of an issue in the AMD software suite that is adjusting certain AMD processor settings for some users. We are investigating the issue and we’ll share more information as soon as we’re able.

AMD

Auch die Website Deskmodder hatte bereits mit dem Radeon Adrenalin 22.3.1 (Test) entsprechende Beobachtungen gemacht und darüber berichtet. Wie der Autor herausgefunden hat, sollen die bereits zuvor im UEFI hinterlegten Werte für den Curve Optimizer vom Grafiktreiber überschrieben worden sein, nachdem ein GPU-Profil geladen wurde.

Misstrauisch machte erst das instabile System, welches sich nach dem Laden des UV-Profils für die eingesetzte AMD Radeon RX 6800 XT (Test) sehr auf- und anfällig verhielt.

Um das zuvor geladene UV-Profil der Grafikkarte als Fehlerquelle auszuschließen, wurde dieses rückgängig gemacht und das Standardprofil der GPU geladen. Aber die Fehler blieben und ein Blick ins BIOS zeigte schlussendlich weshalb.

Nun komme ich aber ins UEFI und sehe, dass meine Einstellungen komplett überschrieben wurden. Die Kurve ist dahin, und der Prozessor wurde, scheinbar in 50 MHz Schritten, ans absolute Limit getrieben, sprich in ein instabiles.

Deskmodder

Nach erneutem Laden des UV-Profils für die Grafikkarte wurde im BIOS eines der zuvor abgespeicherten Presets geladen und die Fehler waren verschwunden. Die Website konnte den Fehler mehrfach und mit verschiedenen Firmware-Versionen von AMD AGESA Combo-AM4v2 1.2.0.3 bis 1.2.0.6 reproduzieren.

Release Notes von Radeon Adrenalin bestätigen das Problem

In der Zwischenzeit bestätigen auch die offiziellen Release Notes des neuesten AMD Radeon Adrenalin 22.4.1 das Problem.

Ryzen CPU Overclock settings may be changed after resetting or importing a profile from Radeon Performance Tuning Options.

AMD

Das Problem äußert sich anschließend in Bluescreens, da die Kurve des Curve Optimizer zu aggressiv eingestellt ist, oder in einer Fehlermeldung in dem GUI des Grafiktreibers, die besagt, dass die automatische Übertaktung fehlgeschlagen sei.

Automatische Übertaktung fehlgeschlagen
Automatische Übertaktung fehlgeschlagen (Bild: der-Kali)

Was sagt die Community dazu?

Was sagt die Community zu diesem Thema? Könnt ihr den Fehler reproduzieren, wenn ihr im Besitz einer aktuellen Grafikkarte und Zen-3-CPU von AMD seid? Die Redaktion würde sich über euer Feedback freuen und den Artikel entsprechend erweitern, sollten neue Erkenntnisse vorliegen.

Update

Integration von Ryzen Master als Problemquelle

Dass der AMD Radeon Adrenalin überhaupt dazu in der Lage ist, Prozessoren vom Typ AMD Ryzen zu übertakten, verdankt der Grafiktreiber der Integration der AMD Ryzen Master Monitoring SDK.

Die AMD Ryzen Master Monitoring SDK ist ein Entwicklerkit, das insgesamt 20 API-Calls mit 35 Funktionen bereithält und mittlerweile auch im Grafiktreiber von AMD zu finden ist.

Die folgenden CPU-Funktion und -Werte können über das AMD Ryzen Master Monitoring SDK ausgelesen und zum Teil auch beeinflusst werden.

AMD Ryzen Master Monitoring SDK
  • Processor Information: Type, Vendor, Package
  • Cache/Core Information: L1, L2, L3, core counts
  • Memory Information: VDDIO, RAS, CAS, Read Address-to-Column Delay, Row Pre-Charge Delay
  • Current and Power: EDC (A), TDC (A), PPT (W), Average Core Voltage (ACV), Temperature, Voltage, CPU Active State Info
  • Speeds: Effective Frequency, Peak Speed, Fabric Clock, Memory Clock

Weitere Informationen liefert die offizielle Website zu AMDs Entwicklerkit.

Ohne Ryzen Master SDK gibt es keine Probleme

Wie die Website Deskmodder berichtet, kann das AMD Ryzen Master Monitoring SDK noch vor der Installation des Grafiktreibers entfernt werden, womit das ungefragte CPU-OC verlässlich unterbunden werden kann.

Radeon Software Slimmer entfernt das SDK

Hierzu ist das kleine Open-Source Radeon Software Slimmer notwendig, welches unter der GNU General Public License 3.0 vertrieben wird und welches das AMD Ryzen Master Monitoring SDK vollständig entfernen kann.