keshkau
Commodore
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Aufgrund des bereits geschlossenen Threads von extasy möchte ich einen zweiten Versuch starten, um die am 16. Juni 2007 verabschiedeten "programmatischen Eckpunkte" der LINKEN zur Diskussion zu stellen. Die Inhalte habe ich der Rheinischen Post entnommen.
Im Bereich der Wirtschaft gilt als Leitbild die Idee des „demokratischen Sozialismus“, der den Kapitalismus in einem „transformatorischen Prozess überwinden“ soll. Gefordert werden konkret:
- mehr Mitbestimmungsrechte für Betriebsräte
- stärkere Kontrollen der Finanzmärkte
- Verschärfung des Kartellrechts und die
- Überführung von „Schlüsselbereichen der Wirtschaft“ in Gemeineigentum
Kommentar dazu: In Deutschland wurden in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, um ineffiziente Wirtschaftsbereiche zu privatisieren. Als erfolgreiches Beispiel sehe ich hier die Bereiche Post und Telekommunikation, die den Kunden erhebliche Einsparungen gebracht haben. Von einer Rückführung solcher Branchen in Gemeineigentum halte ich wenig. Denn anschließend sitzen in den Schaltzentralen wieder desinteressierte Beamte und die Bürokratie dürfte zunehmen.
Im Bereich Arbeit fordert die LINKE:
- einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in existenzsichernder Höhe
- eine Verkürzung der Wochen-, Jahres- und Lebensarbeitszeit
- gleichzeitige Stabilität der Einkommen (mit Verweis auf steigende Produktivität)
- Förderung eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (im Sozial-, Kultur- und Ökö-Bereich)
Kommentar dazu: Eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich bedeutet in jedem Fall eine Verteuerung des Faktors Arbeit. Die „Finanzierung“ über steigende Produktivitäten möchte ich erst noch sehen, wenn wir über personalintensive Beschäftigungen reden (Altenpflege, Friseure, Verkäufer, Briefzusteller).
Bei den Steuern ist klar, wohin die Reise gehen muss. Zur Finanzierung ihrer Vorschläge fordert die LINKE:
- deutlich mehr Steuern für Konzerne und Unternehmen
- Wiedereinführung der Vermögenssteuer
- Erhöhung der Erbschaftsteuer auf große Erbschaften
- Heraufsetzung des Spitzensteuersatzes auf mindestens 50 Prozent
Kommentar dazu: Jeder, der schon einmal Überstunden gemacht hat und diese ausbezahlt bekam, weiß aus eigener Erfahrung, wie unbefriedigend es ist, wenn man auf das Zusatzeinkommen mehr als 50 Prozent Abschläge hat. Hier handelt es sich nicht zuletzt um eine psychologische Grenze, die tunlichst nicht überschritten werden sollte, weil sie demotivierend wirkt. – Wenn man den Unternehmen die Entscheidung abnehmen möchte, sich für oder gegen den Standort Deutschland zu entscheiden, dann sind kräftige Steuererhöhungen sicher der richtige Weg.
Wenn ich an die gesamte Keule denke, die hier geschwungen wird (Betriebsräte stärken, Personalkosten durch Mindestlohn und Arbeitszeitverkürzung anheben, Steuererhöhungen usw.), dann wird mit solchen Maßnahmen ein sehr unternehmerfeindliches Klima geschaffen.
Für die Sozialsysteme stehen folgende Forderungen im Raum:
- Schaffung eines Anspruchs auf bedarfsorientierte Grundsicherung
- Abschaffung bzw. Überwindung der Hartz-Gesetze
- Abschaffung des „Zwangs zur Aufnahme jeglicher Jobs“
- Einzahlpflicht für Beamte und Selbstständige in die Sozialkassen
- Einbeziehung aller Einkommensarten für die Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung
- Absenkung des Renteneintrittsalters ohne Abschläge auf 60 Jahre
Kommentar dazu: Hallo, steht das da wirklich, frage ich mich? Erstens sollte klar sein, dass Einzahlungen von Beamten und Selbstständigen in die Sozialkassen zugleich neue Ansprüche begründen. Der Geldfluss ist keine Einbahnstraße. Man kann auch weitere Einkommensarten bei der Berechnung heranziehen. Aber ein Arbeitsloser soll sich je nach Lust und Laune zurücklehnen dürfen, wenn ihm ein Job angeboten wird? Da frage ich mich wirklich, bei dem die Verantwortung für das eigene Leben und für die eigene Versorgung liegt: beim Staat oder bei jedem selbst? Bisher galt der Grundsatz, dass jeder für sich selbst zu sorgen hat und dass der Staat unterstützend eingreift, wenn einem das nicht gelingt. Und wenn die Arbeitsagentur einem Arbeitslosen sagt: „Hier hast Du einen Job, nächste Woche kannst Du dort anfangen.“, dann hat derjenige diesen Job zu machen, um nicht länger der Gemeinschaft auf der Tasche zu liegen. So sehe ich das.
Aber das Beste kommt natürlich zum Schluss: die Frühverrentung mit 60 Jahren ohne Abzüge. Die Rentenversicherung erhält Jahr für Jahr 78 Mrd. Euro Zuschuss aus Steuermitteln vom Bund. Das hat vor allem zwei Gründe: die deutsche Einheit und der große Fehler, Menschen mit 58 Jahren in Rente zu schicken (und zwar deshalb, so die Theorie, um Platz für die jüngere Generation zu schaffen).
Aber wie soll das gehen? Bei einem Bruttoeinkommen von 2.500 Euro zahlt ein 61-jähriger Arbeitnehmer, ebenso wie sein Arbeitgeber, monatlich ca. 250 Euro in die Rentenversicherung ein. Nun fallen diese Einzahlungen weg (2 x 250 Euro = 500 Euro pro Monat) und dafür soll der Mann jeden Monat ca. 1.000 Euro Rente aus eben dieser Kasse erhalten. Das wird spannend werden, wenn die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter kommen. Aber das ist auch schon heute völlig unrealistisch.
Bei der Bildung sehen die Eckpunkte unter anderem ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen vor sowie das Recht auf kostenlose Ganztagsbetreuung von Kleinkindern.. Kritischer sehe ich die Forderung nach einem „Recht auf einen Ausbildungsplatz“ sowie die Absicht, Kinder vom ersten bis zum neunten Schuljahr in „integrativen Schulen“ zu unterrichten.
Es werden noch mehr Punkte angesprochen: Umwelt, Daseinsvorsorge, Ostdeutschland, Bundeswehr, Regierungsbeteiligung. Hier ist mir wichtig zu erwähnen, dass die LINKE sich verpflichtet, nur „unter Beachtung ihrer Grundsätze“ Koalitionen mit anderen Parteien einzugehen. In der Praxis bedeutet das wohl den expliziten Verzicht auf die Übernahme von Regierungsverantwortung. Und in dieser Rolle kann man meiner Meinung nach auch am einfachsten große Versprechungen machen.
Ich habe oben bereits meine Kritik an den „programmatischen Eckpunkten“ in kurzer Form umrissen und bin gespannt, ob sich jemand findet, der die Praxistauglichkeit der Programmvorschläge aus seiner Sicht zur Diskussion stellen möchte.
Im Bereich der Wirtschaft gilt als Leitbild die Idee des „demokratischen Sozialismus“, der den Kapitalismus in einem „transformatorischen Prozess überwinden“ soll. Gefordert werden konkret:
- mehr Mitbestimmungsrechte für Betriebsräte
- stärkere Kontrollen der Finanzmärkte
- Verschärfung des Kartellrechts und die
- Überführung von „Schlüsselbereichen der Wirtschaft“ in Gemeineigentum
Kommentar dazu: In Deutschland wurden in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, um ineffiziente Wirtschaftsbereiche zu privatisieren. Als erfolgreiches Beispiel sehe ich hier die Bereiche Post und Telekommunikation, die den Kunden erhebliche Einsparungen gebracht haben. Von einer Rückführung solcher Branchen in Gemeineigentum halte ich wenig. Denn anschließend sitzen in den Schaltzentralen wieder desinteressierte Beamte und die Bürokratie dürfte zunehmen.
Im Bereich Arbeit fordert die LINKE:
- einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in existenzsichernder Höhe
- eine Verkürzung der Wochen-, Jahres- und Lebensarbeitszeit
- gleichzeitige Stabilität der Einkommen (mit Verweis auf steigende Produktivität)
- Förderung eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (im Sozial-, Kultur- und Ökö-Bereich)
Kommentar dazu: Eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich bedeutet in jedem Fall eine Verteuerung des Faktors Arbeit. Die „Finanzierung“ über steigende Produktivitäten möchte ich erst noch sehen, wenn wir über personalintensive Beschäftigungen reden (Altenpflege, Friseure, Verkäufer, Briefzusteller).
Bei den Steuern ist klar, wohin die Reise gehen muss. Zur Finanzierung ihrer Vorschläge fordert die LINKE:
- deutlich mehr Steuern für Konzerne und Unternehmen
- Wiedereinführung der Vermögenssteuer
- Erhöhung der Erbschaftsteuer auf große Erbschaften
- Heraufsetzung des Spitzensteuersatzes auf mindestens 50 Prozent
Kommentar dazu: Jeder, der schon einmal Überstunden gemacht hat und diese ausbezahlt bekam, weiß aus eigener Erfahrung, wie unbefriedigend es ist, wenn man auf das Zusatzeinkommen mehr als 50 Prozent Abschläge hat. Hier handelt es sich nicht zuletzt um eine psychologische Grenze, die tunlichst nicht überschritten werden sollte, weil sie demotivierend wirkt. – Wenn man den Unternehmen die Entscheidung abnehmen möchte, sich für oder gegen den Standort Deutschland zu entscheiden, dann sind kräftige Steuererhöhungen sicher der richtige Weg.
Wenn ich an die gesamte Keule denke, die hier geschwungen wird (Betriebsräte stärken, Personalkosten durch Mindestlohn und Arbeitszeitverkürzung anheben, Steuererhöhungen usw.), dann wird mit solchen Maßnahmen ein sehr unternehmerfeindliches Klima geschaffen.
Für die Sozialsysteme stehen folgende Forderungen im Raum:
- Schaffung eines Anspruchs auf bedarfsorientierte Grundsicherung
- Abschaffung bzw. Überwindung der Hartz-Gesetze
- Abschaffung des „Zwangs zur Aufnahme jeglicher Jobs“
- Einzahlpflicht für Beamte und Selbstständige in die Sozialkassen
- Einbeziehung aller Einkommensarten für die Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung
- Absenkung des Renteneintrittsalters ohne Abschläge auf 60 Jahre
Kommentar dazu: Hallo, steht das da wirklich, frage ich mich? Erstens sollte klar sein, dass Einzahlungen von Beamten und Selbstständigen in die Sozialkassen zugleich neue Ansprüche begründen. Der Geldfluss ist keine Einbahnstraße. Man kann auch weitere Einkommensarten bei der Berechnung heranziehen. Aber ein Arbeitsloser soll sich je nach Lust und Laune zurücklehnen dürfen, wenn ihm ein Job angeboten wird? Da frage ich mich wirklich, bei dem die Verantwortung für das eigene Leben und für die eigene Versorgung liegt: beim Staat oder bei jedem selbst? Bisher galt der Grundsatz, dass jeder für sich selbst zu sorgen hat und dass der Staat unterstützend eingreift, wenn einem das nicht gelingt. Und wenn die Arbeitsagentur einem Arbeitslosen sagt: „Hier hast Du einen Job, nächste Woche kannst Du dort anfangen.“, dann hat derjenige diesen Job zu machen, um nicht länger der Gemeinschaft auf der Tasche zu liegen. So sehe ich das.
Aber das Beste kommt natürlich zum Schluss: die Frühverrentung mit 60 Jahren ohne Abzüge. Die Rentenversicherung erhält Jahr für Jahr 78 Mrd. Euro Zuschuss aus Steuermitteln vom Bund. Das hat vor allem zwei Gründe: die deutsche Einheit und der große Fehler, Menschen mit 58 Jahren in Rente zu schicken (und zwar deshalb, so die Theorie, um Platz für die jüngere Generation zu schaffen).
Aber wie soll das gehen? Bei einem Bruttoeinkommen von 2.500 Euro zahlt ein 61-jähriger Arbeitnehmer, ebenso wie sein Arbeitgeber, monatlich ca. 250 Euro in die Rentenversicherung ein. Nun fallen diese Einzahlungen weg (2 x 250 Euro = 500 Euro pro Monat) und dafür soll der Mann jeden Monat ca. 1.000 Euro Rente aus eben dieser Kasse erhalten. Das wird spannend werden, wenn die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter kommen. Aber das ist auch schon heute völlig unrealistisch.
Bei der Bildung sehen die Eckpunkte unter anderem ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen vor sowie das Recht auf kostenlose Ganztagsbetreuung von Kleinkindern.. Kritischer sehe ich die Forderung nach einem „Recht auf einen Ausbildungsplatz“ sowie die Absicht, Kinder vom ersten bis zum neunten Schuljahr in „integrativen Schulen“ zu unterrichten.
Es werden noch mehr Punkte angesprochen: Umwelt, Daseinsvorsorge, Ostdeutschland, Bundeswehr, Regierungsbeteiligung. Hier ist mir wichtig zu erwähnen, dass die LINKE sich verpflichtet, nur „unter Beachtung ihrer Grundsätze“ Koalitionen mit anderen Parteien einzugehen. In der Praxis bedeutet das wohl den expliziten Verzicht auf die Übernahme von Regierungsverantwortung. Und in dieser Rolle kann man meiner Meinung nach auch am einfachsten große Versprechungen machen.
Ich habe oben bereits meine Kritik an den „programmatischen Eckpunkten“ in kurzer Form umrissen und bin gespannt, ob sich jemand findet, der die Praxistauglichkeit der Programmvorschläge aus seiner Sicht zur Diskussion stellen möchte.
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