Ein Gesangsmikro kannst du auch auf 25 cm Abstand nutzen. Da diese Bauweise (passiv, dynamisch) grundsätzlich sehr wenig Pegel ausgibt (sehr geringer Wirkungsgrad), muss der Verstärker am anderen Ende jedoch meist ziemlich schaufeln. Das
kann bei Sprache schon zu Engpässen führen. Andererseits hindert einen niemand daran, den Pegel einfach in der Software um ein paar dB zu erhöhen. Also halb so wild, so lange die Kette ansich rauschfrei ist ... was die meisten günstigen Interfaces zwischen 60 und 200 Euro (mit nur wenigen Ausnahmen) bereits garantieren können.
Die Sache ist halt die, dass bei gleich eingepegelter Stimme ein auf 30 cm besprochenes Mikro immer mehr Hintergrundgeräusche aufzeichnet als ein auf 10 cm besprochenes Mikro. Daher gilt gerade in akustisch suboptimalen Räumen immer die Empfehlung zu Mikrofonen, welche mit der Nahbesprechung zurechtkommen. Ein Kriterium dafür wäre z.B., dass sie auf kürzeste Distanz zu keinem all zu übertriebenen Nahbesprechungseffekt neigen, welcher den Bassbereich übertönt und die Stimme verwischt. Das meiste, was du im Bereich der "Bühnenmikrofone" findest, wird diesem Anspruch gerecht.
In dieser Kategorie gibt es im Übrigen auch Kondensatormikrofone, welche im Gegensatz zu der passiv-dynamischen Bauweise eine Phantomspeisung benötigen (bietet jedes herkömmliche Interface), im Gegenzug jedoch etwas mehr Pegel bereitstellen. Damit muss man weniger Angst haben, auf größeren Abständen nicht mehr laut genug aufnehmen zu können.
Kondensatormikrofonen sagt man oft eine höhere Empfindlichkeit gegenüber Umgebungsgeräuschen nach. Das ist ein Stück weit jedoch lediglich eine akademische Angelegenheit. In der Praxis lässt sich auch mit Kondensatormikrofonen eine gute Geräuschunterdrückung erreichen, sofern man ein wenig auf die Richtcharakteristik (Polardiagramm) sowie die Abstimmung (Frequenzgang) achtet. Die Richtcharakteristik sollte eine enge Niere vollziehen. Der Frequenzgang sollte in den Höhen nicht zu stark betont sein. Ansonsten wird nämlich nicht nur die Stimme, sondern auch der Hall im Raum in den hohen Frequenzen betont.
Neben dem Besprechungsabstand sollte man auch auf eine korrekte Aufhängung und Ausrichtung achten. Damit kein Körperschall vom Tisch zur empfindlichen Membran gelangen kann, sollte das Mikro mit einer gefederten Spinne entkoppelt sein. Um den bestmöglichen Sound zu bekommen, sollte das Mikro grob auf Kopfhöhe platziert werden. Kleine Dreibenstative (Beispiel: Rode NT USB) sind hier dringend zu vermeiden. Stattdessen empfiehlt sich ein flexibler Mikrofonarm oder ein längerer Schwanenhals.
Aber genug zur Theorie. Hier mal ein paar Dinge, die ich empfehlen könnte:
Audio-Interface:
Behringer UMC22 - unterster Einstieg, aber gute P/L
Behringer UMC202HD - das nächstgrößere Modell mit richtigen Treibern (anstelle von ASIO4all) und zwei Inputs
Focusrite Scarlet Solo - besser verarbeitet, auch technisch etwas ausgereifter
Audient iD4 - technisch nochmals aktuellere Plattform, meine Standardempfehlung für ambitionierte Einsteiger
Mikrofon - XLR:
Behringer XM8500 (dynamisch) - günstige Allzweckwaffe mit erstaunlicher P/L
Pronomic SCM-1 (Kondensator) - kompaktes Stäbchenmikrofon mit guter P/L
Shure SM57 (dynamisch) - ähnlich dem XM8500, aber von bewährtem Markenhersteller
Rode M3 (Kondensator) - für Sprache oft unterschätzter Kleinmembraner, guter Allrounder
Rode Procaster (dynamisch) - Klassiker unter Podcastern, m.E. mit eine der besten Richtwirkungen für Sprache, P/L ist aber Geschmackssache
Audio Technica AT2035 (Kondensator) - Standardempfehlung für Studioaufnahmen, auch für Podcasting/Streaming geeignet
Mikrofon - USB:
Samson Q2U (dynamisch) - sehr bewährt, USB/XLR Hybride
Antlion ModMic USB (Kondensator) - viel zu teuer, aber gutes (fast konkurrenzloses) Konzept für flexible, mundnahe Mikrofonierung
Shure MV7 (dynamisch) - sehr potentes Mikro für Podcasting/Streaming mit guter Software, Preis ...
Bei Empfehlungen von USB-Mikrofonen tue ich mich generell etwas schwer. Was ich bei den Reviews, die ich in den letzen Jahren verfolgt habe, immer wieder feststelle, ist, dass die Hersteller günstiger USB-Mikrofone die praktischen Auswirkungen der Richtcharakteristik, Entkopplung und korrekten Platzierung völlig unterschätzen. Häufig ist die Nierencharakteristik viel zu breit und dämpft rundherum nur einen Bruchteil des Spektrums. Zusätzlich verschärft wird dieser Umstand durch die häufige Anhebung in den Höhen, durch welche man Detailauflösung vorgaukeln möchte. Hinzu gesellt häufig eine starre, äußerst körperschallanfällige Aufhängung mit winzigem Stativ, welches suggeriert, dass es völlig okay sei, sein Mikro einfach neben die klackernde Tastatur zu stellen. Ist mir völlig unverständlich, warum ausgerechnet die für Gamer vermarkteten Produkte in diesen grundlegenden Disziplinen so häufig durchfallen. Auf dem Markt der XLR-Mikrofone ist das nicht ansatzweise so kritisch. Da sind - was nicht verwundert - deutlich häufiger Entwickler anzutreffen, die was von der Materie verstehen. Wobei leider auch die immer häufiger dazu genötigt werden, unsinnige Designs für den Durchschnittsgamer zu entwerfen, die im ersten Moment zwar praktisch(er) aussehen, längerfristig jedoch oft nur klangtechnische Nachteile mit sich bringen.
Ich würde in jedem Fall zu einem ordentlichen Mikrofonarm (z.B.
Tonor T30 oder
K&M 23840) oder von mir aus auch einem Schwanenhals (z.B.
Gravity MA Goose XL) raten. Damit kannst du das Mikro von der Seite oder von oben auf den Mund richten und bei Bedarf auch so weit wegziehen, dass es nicht mehr im Bild ist.
Ob XLR- oder USB-Mikrofon bleibt dann dir überlassen. Ich würde mir jedoch kein beliebiges Gaming-Mikrofon besorgen, weil diese nur selten für die bestmögliche Geräuschunterdrückung optimiert sind. Das gilt für die meisten günstigen OEM-Mikrofone
(Neewer, Tonor, Uhuru, Auna, Sudotack, Liam & Daan, SPC Gear usw.) und insbesondere Gaming-Brandings.
Und wenn alle Stricke reißen, dann kannst du dich immer noch mit einer Software probieren, die Hintergrundgeräusche rausfiltert. Sofern dies möglichst latenzfrei in Echtzeit passieren sollte, würde ich ürbigens lieber zu einem Audio-Interface raten.