Fujiyama schrieb:
Es stellt sich für mich nur eine Frage. Wann wird bei uns bei den sogenannten Fakecheckern der Stecker gezogen und die Zensur bekämpft?
Faktenchecks sind aber keine Zensur. Faktenchecks fügen Kontext hinzu und markieren FAKTISCH falsche Informationen als solche. Wenn ich behaupten würde, Gras wäre letztes Jahr blau gewesen und hätte nachts geleuchtet ist das schlicht meine Erfindung und eine falsche Tatsachenbehauptung. Vielleicht das ganze noch mit einem Bild aus Command&Conquer samt Tiberiumkristall "belegt". Wenn jemand das gerade stellt hat das weder was mit Zensur noch mit Unterdrückung von freier Meinungsäußerung zu tun.
Sich darüber aufzuregen hat was von einem Kind das losbrüllt wenn es mit der Hand in der verbotenen Keksdose erwischt wird. Aber da gibt's mal nen besseren Kontext:
Player(1) schrieb:
An alle die hier an "wissenschaftlichen Methoden" ala Faktenchecks glauben:
Es sollte noch angemerkt werden, dass diese sogenannten Faktenchecks ja wohl mehrheitlich politische Themen betreffen und dort bewegen wir uns auf einem Spielfeld von Weltanschauungen, Ideologien und deren Werten und dort gibt es oftmals kein eindeutiges "richtig" bzw "falsch". Also schwingt bei diesen Faktenchecks auch immer etwas Bias mit und ist somit niemals wissenschaftlich neutral. Also wofür braucht man dann so eine Bevormundung wie zB von Correctiv?
Ich persönlich habe bei Facebook NIE und auch wirklich NIE einen wie auch immer gearteten Faktencheck gesehen oder erlebt. Ich würde gerne in einer Welt ohne "Faktenchecks" leben, aber gerade wenn wir in die USA schauen, wo das Bildungsniveau nach Jahrzehntelangem totsparen und ideologiezwang zwischen traurig und erbärmlich liegt ist das mehr als nötig. Und ja, wir reden hier mal über die USA die von dem Thema betroffen sind. Dass "Fake News" in einem epidemischen Ausmaß durchs Land rollen ist längst kein Wunder. Durch "besorgte Eltern" sind naturwissenschaftliche Fächer in einigen Regionen quasi illegal, weil sie den religiösen Überzeugungen widersprechen. Selbst evidenzbasierte Wissenschaft ist in diesem Kontext umstritten. Und ja, ich pinsle gerade das Bild, dass etliche US-Amerikaner gerne in einem christlichen Gottesstaat leben möchten. Dass da ohnehin mit zweierlei Maß gemessen wird wenn es um gewalttätige und sexuelle Inhalte geht ist nochmal ein anderes Level, das damit direkt einher geht.
Es gibt diesbezüglich durchaus Videos von Eltern, die Zitate aus "schändlicher Literatur" vortragen, die unbedingt aus der Schulbibliothek entfernt gehört - und dem alle zustimmen bis sich herausstellt, das dann halt einfach mal die Bibel ist.
Die Unterteilung, was evidenzbasierte Fakten sind und was Weltanschauung und Meinung wird von interessierten Kräften ganz massiv bespielt. Der Tribalismus zwischen Demokraten und Republikanern und Trumpisten hat mit einer gewaltigen Geschwindigkeit die faktische und selbst die Meinungsebene verlassen und ist auf ein tribalistisch-religiöses Level gestiegen. Und da stimme ich dir sogar zu - "Faktenchecks" zu machen ist da schwer bis unmöglich. Aber selbst das Problem ich nicht neu. Wer im Katholischen die als richtig beschlossene Interpretation lesen will schlägt einfach den Katechismus auf. Da hast du selbst innerhalb der Religion eine "Faktenbasis" die sehr ähnlich arbeitet wie wissenschaftliche Veröffentlichungen.
Player(1) schrieb:
Freier geistiger Austausch ist doch eigentlich genau das, was wir in einer Demokratie wollen. Wo ist dann also das Problem wenn Menschen Unwahrheiten und Dummheiten verbreiten?
Das fragst du hoffentlich nicht ernsthaft....oder ich befürchte doch?!
Der geistige Austausch ist höchstens dann fruchtbar, wenn man sich auf eine gewisse gemeinsame Grundlage einigt, auf Basis derer man diskutiert. Eine Gesellschaft funktioniert ohne gemeinsamen Wertekompass nicht. Auch eine pluralistische, offene Gesellschaft braucht den. Eine Diskussion muss ein Ergebnis haben, sonst ist sie nicht konstruktiv.
Unwahrheiten und Dummheiten kann man natürlich posten, aber wer das tut muss damit leben, dass er KORRIGIERT wird und man WIDERSPRUCH erhält. Das Problem hier entsteht, wenn Leute bewusst oder unbewusst Lügen und Bullshit verbreiten und dann über Korrektur und Widerspruch herumheulen und "Zensur" wittern.
djducky schrieb:
Und genau das wird doch von rechts so geframed.
Auch, wenn wir uns bei vielen Dingen einig sind. Diese Sichtweise mit dem "beide Seiten sind ja irgendwie doof!" macht mir Angst.
Eins vorweg: Ich finde deinen Post großartig.
Ich würde aber eins ergänzen: Ich finde tatsächlich alle seiten doof. Ich darf das linke Spektrum für das interne Mobbing immer noch strunzdumm finden, auch wenn ich gegen die faschistischen Ideen eines F. Merz und die einer AfD bin. Nichts davon ist mein "politisches Zuhause". Sowas habe ich in Deutschland mit einer sozialliberal-progressiven Einstellung schlicht nicht.
Eine Links sind glaube ich ein guter Punkt mit dem "Aber" - Mit "Social Media" wird automatisiert Content Gepusht nachdem wie er geflaggt ist und nachdem nach "Engagement". Grenzüberschreitungen sind 100% Ragebait und Engagement-Bait. Alleine durch dieses Prinzip radikalisieren sämtliche Plattformen ihre Nutzer, ganz unabhängig vom Thema. Um gesehen zu werden muss es immer extremer werden. Aber: Das gleiche Prinzip gilt auch für Print und fürs Fernsehen.
Während beim Fernsehen das schiere Bombardement mit Werbung schon zum reihenweisen Abschalten geführt hat, Print schlicht zu langsam ist und man in den Online-Varianten mittlerweile den Content zwischen den Werbeblöcken suchen muss steht das den Online-Plattformen noch aus. Für Facebook ist die einzige Methode das Enagement-Level hochzuschauben auf jeden letzten Versuch zu verzichten, die Empörung zu moderieren.
Ich hab hier leider (oder zum Glück) keine funktionierende Kristallkugel für die Zukunft, was nach Social Media oder den aktuellen Plattformen kommt.