AW: Formel 1 Talk 2016
Ich weiß nicht, was ich von dieser Aktion seitens Red Bull halten soll. Freilich war die Bestrafung, die von der FIA ausgesprochen werde, ein Witz. Andere Fahrer ziehen eine Stop'n'Go-Strafe oder werden in der Startaufstellung gleich strafversetzt, wenn sie nur mal eine falsche Linie überfahren oder einen Pylon streicheln. Kvyat aber fährt binnen Sekunden zwei Mal in das Heck von Vettel, versaut mehreren Fahrern das Rennen und bekommt nur eine Zeitstrafe aufgebrummt. Hamilton hätte man für das gleiche Vergehen wohl mit Kabelbindern in der Boxengasse aufgehängt und ihn dort bis Barcelona hängen lassen. In der Startphase oder auch beim bloßen Anbremsen in Anfahrt auf eine Kurve kann man natürlich mal jemanden hinten drauf fahren. Wenn das einmal passiert, dann ist das noch ein Rennunfall. Passiert das zwei Mal in wenigen Sekunden mit katastrophale Folgen für mehrere Fahrer, dann ist das schlicht Unvermögen und Dummheit und sollte härter bestraft werden, vielleicht mit Ausschluss aus dem laufenden Rennen und Start aus der Boxengasse im nächsten Rennen. Natürlich sollen die Piloten Rennen fahren, aber sie müssen auch wissen, wie weit sie gehen können und ein Gespür dafür haben, was sie mit einem Fehler anrichten können.
Dennoch bin ich mit dieser Entscheidung von Red Bull nicht einverstanden. Zwar könnte ich jetzt Genugtuung empfinden, da Kvyat nun doch nicht so einfach davon kommt, vor allem da er sich auch nach dem Rennen zumindest vor den Kameras wenig einsichtig gezeigt hat, aber die Degradierung in das B-Team ist eine viel zu harte Konsequenz aus diesem Wochenende und dem bisherigen Saisonverlauf. Diese Degradierung bedeutet ja nicht nur, dass er nun mit einem schlechteren Auto unterwegs sein wird. Seine Karriere dürfte ruiniert sein, denn Red Bull wird ihn sicher nicht mehr in das erste Team berufen (und wenn dann nur als Wasserträger wenn sonst kein Kandidat für diese Rolle greifbar ist), und die anderen Top-Teams holen sich eher die bewährten Fahrer von anderen Top-Teams oder rekrutieren aus dem eigenen Nachwuchs. Kein Top-Team wird einen Fahrer verpflichten, der bei Red Bull in Ungnade gefallen ist und in das B-Team degradiert wurde. Mal abgesehen davon dass Kvyat wird nun sicher richtig Bock haben wird, für Toro Rosso zu fahren.
Puuh, die Karriere ruiniert wegen eines zugegebenermaßen katastrophalen Fehlverhaltens in der Startphase eines Rennens? Das ist hart. Aber wir wissen natürlich, dass es Red Bull nicht darum geht, Kvyat für seinen Fehler zu bestrafen und das nachzuholen, was die FIA versäumt hat. Red Bull möchte schlicht mit Verstappen den vermutlich besseren Fahrer in das erste Team holen. Das Schicksal von Kvyat war schon lange besiegelt und der Startunfall von Sotschi nur ein Vorwand, um den Wechsel zu vollziehen. Spätestens zum Saisonende wäre Verstappen für Kvyat gekommen. Bis hierhin hat sich an der Perspektive für Kvyat also nicht viel verändert, aber dieser Abgang macht es nicht einfacher für ihn, nochmal ein Cockpit in einem Top-Team zu ergattern. Da muss man ja richtig froh, dass Red Bull kein anderes heißes Eisen im Feuer hatte, als Vettel noch reihenweise Konkurrenten abgeschossen hat.