Distribution, Desktop, DAU - Der Einstieg in Linux

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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Woraus besteht ein Linux Betriebssystem?
1 + 2 + 3 + 4 = Distribution?
TLDR / Fazit




Vorwort

Viele der Computerbase User gehen mit dem Gedanken schwanger ihr Microsoft Betriebssystem durch ein Linux Pendant zu ersetzen.
Die Beweggründe dafür können vielfältig und oft sehr individuell sein.

Ist der Beschluss aber erst Mal gefasst, steht man als Windows User oft wie der Ochse vor dem Berg.

Völlig neue Begrifflichkeiten tauchen bei der Recherche auf oder bekannte Begriffe stehen plötzlich in ganz anderem Kontext.

Irgendwann stellt man dann fest: Linux ist nicht gleich Linux und es gibt sogenannte Distributionen.
Die Angst hier schon eine "falsche" Wahl zu treffen, führt bei vielen bereits zur Aufgabe des Projekts.
Die, die es wagen, werden anfangs sogenannte "Distro-Hopper" - das heißt sie wechseln ihre "Version" von Linux sehr regelmäßig und finden oft nach Jahren dann "ihre" Linux Distribution, mit der sie auf Dauer glücklich sind.

Das hat zum einen mit dem Spaß an der Freude an etwas neuem zu tuen, ist oft aber auch einfach nur Begleiterscheinung eines bestimmten Umstandes: Ahnungslosigkeit.


Das wichtigste:
Woraus besteht ein Linux Betriebssystem?

Man braucht (sehr vereinfacht) folgende Dinge für ein PC Betriebssystem (mit Linux):

1) Kernel

Linux selber ist eigentlich nur der Linux Kernel - wikipedia.
Kernel
oder Kern ist der innerste Teil eines Betriebssystems, der alle anderen Teile konfiguriert, verwaltet und verknüpft.
Microsoft Windows nutzt seinen eigenen Kernel für diese Aufgaben: Microsoft Windows NT - wikipedia
Man spricht im Betriebssystem auch von Kernelspace und Userspace.

Dieser Kern kann von Herstellern und Entwicklern an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden und findet so in den unterschiedlichsten Geräten Verwendung:
  • Server
  • Laptops / PCs
  • intelligente Kühlschränke
  • Smart TVs
  • Mobiltelefone
  • TV Receiver
und viele mehr...


2) Software

Wie oben bereits erwähnt, wird der Linux Kernel in vielen verschiedenen Geräteklassen eingesetzt.
Da dieser aber nur den innersten Teil eines Betriebssystems ausmacht und keinerlei "Software", im Sinne von Userprogrammen und ähnlichem, mitbringt, muss diese natürlich passend für das jeweilige Einsatzgebiet ausgewählt werden.
Ein Betriebssystem für den Betrieb auf einem Webserver braucht einen anderen Katalog an Software, als ein Betriebssystem auf einem Laptop, Desktop PC oder Fernseher.


3) GUI

Nicht jedes Gerät braucht eine grafische Oberfläche und nicht alle grafischen Oberflächen brauchen die gleichen Features.
-> Ein TV Receiver lässt sich anders bedienen als ein Laptop und ein Server hat gar keinen Bildschirm vorgesehen um einen "Desktop" darzustellen.
Der unterschiedliche Einsatz von Linux hat auch zu sehr unterschiedlichen Desktop Oberflächen geführt.
So ist es bei Linux, dank des gemeinsamen Kernels und etablierter Standards, möglich, völlig unterschiedliche Desktop Oberflächen und Umgebungen zu nutzen und dennoch auf ein und die selbe Software zugreifen zu können.
Als Basis dient dazu meist der X-Server [wikipedia] oder kurz X, mit Wayland wird aber bereits an einem Nachfolger gearbeitet.
Auf diesen kann dann eine grafische Oberfläche aufsetzen.

Anders ist es bei Microsoft Windows:
Microsoft Windows (...xp...7...10) ist als ein geschlossenes Produkt konzipiert, mit dem gezielten Einsatz als Desktop Betriebssystem, daher ist es nur logisch, dass es eine einheitliche Version der grafischen Oberfläche für Windows gibt.
Dies ist eine der großen Stärken von Windows, da jeder Windows PC im Grunde gleich ist.
Gleichzeitig ist es aber auch die größte Schwäche von Windows, da jeder Windows PC im Grunde gleich ist :D



4) anderes Gerödel


Der Vollständigkeit halber, möchte ich hier erwähnen, dass dies eine sehr simple Darstellung der Sachlage ist.
Praktisch kommen hier noch weitere Komponenten ins Spiel, die für einen Anfänger und selbst die meisten Fortgeschrittenen User nicht so "relevant" bei der Auswahl einer Distribution sind.
Das wären:
  1. der Bootloader - die Software, die den initialen Bootvorgang startet
  2. das Init-System - der erste gestartete Prozess des Systems, der den Rest initiiert
  3. Deamon Services - entspricht den Microsoft Systemdiensten und sind Programme die im Hintergrund laufen und bestimmte Dienste bereitstellen (Beispiel cupsd als Druckerserver)


1 + 2 + 3 + 4 = Distribution?
Nicht ganz!
Alle oben genannten Teile eines Betriebssystems sind, im Falle von Linux, frei im Internet verfügbar.

Man kann sich also den Kernel, die passende Software, extra Treiber, GUI und co laden, kompilieren und auf die eigene Hardware anpassen.

Das ist allerdings nicht nur sehr mühsam und etwas komplizierter als im obigen Satz formuliert, sondern ist in der Wartung, spätestens bei einem Update eines Pakets, sehr aufwendig bis haarsträubend.
Wenn dann erst mal mehrere Tausend Softwarepakete aktualisiert werden müssen hört der Spaß dann meist endgültig auf :heul:

Kurzum: da hat doch keiner Zeit für!

Braucht man auch nicht, dafür gibt es Distributionen.

Was macht eine Distribution und worauf muss ich denn jetzt achten?

Im wesentlichen gibt es zwei Punkte:
  • Vorkonfiguration: Die Distro stellt eine passende Vorauswahl an Kernel, Software und GUI zusammen
  • Softwarequellen: Die Distro bindet eigene Server mit Paketquellen ein, die dann vom System für Updates, Upgrades und als Quelle für neue Software genutzt werden. Was das genau bedeutet und wie die Softwareverwaltung im Details funktioniert, wird im Software Guide für Linux erklärt.


Der springende Punkt:

Die Meisten konzentrieren sich bei ihrer Suche viel zu sehr auf den ersten Punkt (die Vorkonfiguration der GUI und Auswahl der vorinstallierten Software), was aus User Sicht auch sehr verständlich ist, aber es wird dabei oft vergessen, dass es sich immer nur um eine VORKONFIGURATION handelt!

Viel wichtiger sind ein guter Paketmanager, stabile und gepflegte Repositories und eine engagierte Community!
Denn die schönste GUI bringt einem nichts, wenn man auf der letzten Gurkendistro ohne Maintainer unterwegs ist, dadurch kaum Hilfe findet, oder keine stabilen Updates bekommt.

Außerdem:
Der Desktop, also die Bedienoberfläche des Betriebssystems, ist in der Regel unabhängig von der jeweils genutzten Distribution.

BEISPIEL:

Ihr installiert euch Linux, um genau zu sein Ubuntu.
Ihr seid begeistert und erzählt eurem Bekannten davon.

Kurze Zeit später besucht ihr euren Bekannten und er erzählt euch, er hat sich auch "Linux" installiert.
Das sieht aber anders aus als bei euch.

Euer Bekannter hat eine andere Version von Ubuntu installiert, diese hört auf den Namen Kubuntu.

Euch gefällt was ihr seht und um ehrlich zu sein, euer Ubuntu gefällt euch nicht mehr, ihr wollt auch Kubuntu!

Also den mühsam eingerichteten PC wieder Platt machen und durch Kubuntu ersetzen?

Auf keinen Fall!

Ihr wollt nicht unbedingt Kubuntu haben ihr wollt die Bedienoberfläche, die bei Kubuntu voreingestellt war!

Ubuntu nutzt in der normalen Version die Bedienoberfläche (den Desktop) Gnome.

Kubuntu nutzt die Bedienoberfläche KDE.

LÖSUNG:
Ihr könnt euch diese einfach zusätzlich installieren, und könnt dann am Anmeldebildschirm zwischen den verschiedenen Oberflächen wechseln!


TLDR / FAZIT


DON'T PANIC!

Die Suche nach der richtigen Distribution ist nicht so schwer.
Hier geht es hauptsächlich darum, euch den Start etwas angenehmer zu machen.
Grundsätzlich ist die Wahl der Distribution weniger wichtig als man glaubt, sie sollte nur schon möglichst euren Ansprüchen entsprechen, um weniger anpassen zu müssen.
Bewegt euch aber auch nicht zu weit von den breit ausgetrampelten Pfaden weg (aka große bewährte Distros und Paketmanager!) und lasst euch nicht von jeder Kleinigkeit zur nächsten Distro bewegen, sondern lernt euer System einzustellen und zu bedienen.

Und jetzt:

  1. besucht die folgende Übersicht über Desktop-Umgebungen und lasst die verschiedenen Eindrücke auf euch wirken
  2. wählt eure Favoriten aus und besucht die folgende Übersicht über Linux Distributionen und schaut nach, welche der für Anfänger geeigneten Distributionen es so gibt
  3. besucht den Meta-Guide für Linux und lasst euch in die Welt von Linux begleiten.
Zum Schluss ein Zitat aus der Community:

aRkedos schrieb:
Naja im Grunde kannst du mit jeder Distribution ALLES machen. Man kann z.B. ein Manjaro nehmen und den Desktop so aussehen lassen wie bei Ubuntu, sodass man gar nicht merkt, dass da Manjaro läuft (außer in der Paketverwaltung). Ist halt nur viel Aufwand.

Denn ganz grob besteht jede Distro aus: Linux Kernel, Initsystem (meistens Systemd), Packagemanager und einer Vorauswahl an Desktopumgebungen (i.d.R. Gnome, KDE, XFCE). Darüber hinaus hat jede Distro auch so ihre eigenen Pakete in den Repositories.

Aber ansonsten ist der Aufbau eines jeden Linux Systems gleich. Die wichtigsten Configurationsdateien sind an der gleichen stelle, die Zusammenhänge sind die gleichen.

Wenn man sich das einmal klar macht und erkennt, dann fühlt man sich auch nicht mehr so von der Auswahl erschlagen. Jedenfalls ging es mir so. Und man ist dadurch irgendwann in der Lage z.B. Problemlösungen, welche eigentlich auf andere Distributionen gemünzt sind auch für seine eigene umzusetzen.


Have Fun!
 
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Wirklich ein sehr guter Beitrag👍
Ich selber habe mich für OpenSUSE Leap 15.1 entschieden, aber mit aktuellem Kernel.

Man muss sich schon ein bisschen einlesen und ein paar Sachen beachten. Hat man sich mit der Thematik ein wenig auseinander gesetzt läuft alles fast wie gewohnt.

Dank Dual-Boot kann man beides ohne Probleme nutzen.
 
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