Hilfsbereitschaft in der Gesellschaft

Was bringt es denn hilfsbereit zu sein? Das wird hier irgendwie unreflektiert rein positiv dargestellt.
 
@uincom

gutes Gefühl, vielleicht auch ein Aspekt einer funktionierenden Gemeinschaft? Ich mag diesen "Everybody for himself" Gedanken nicht sonderlich. Wir sind immernoch eine Gesellschaft und da ist Hilfsbereitschaft für mich absolut selbstverständlich.

Ich finde es schade dass dieser Aspekt subjektiv betrachtet, immer weiter in den Hintergrund rückt. Irgendwie wie bei Unfällen. Anstatt zu helfen wird das Handy gezückt.
 
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Ich selbst war erschrocken darüber was mir vor ein paar Wochen in Berlin am Wittenbergplatz wiederfahren ist.

Ich komme zu Fuß zur Straße und muss warten weil die Ampel gerade auf Rot gesprungen ist. Von der anderen Richtung kommt ein sehr langsam gehender älterer Mann in meine Richtung und fällt auf einmal circa 1m vor dem Bürgersteig auf der Straße hin. Ich bin hin und habe versucht im zu helfen, aber er konnte sein rechtes Bein laut seiner Aussage nicht mehr spüren.
Die Autos hatten mittlerweile grün, aber anstatt etwas Rücksicht zu zeigen wurde gehupt und versucht sich vorbei zu quetschen. Das da ein Mensch auf der Straße liegt und offensichtlich Probleme hat - egal. Von den Menschenmassen am Wittenbergplatz kam nur noch ein junger Mann und fragte ob er helfen könne. Der Rest schaute blöd zu oder ignorierte das Theater.
Glücklicherweise waren Polizisten in der Nähe, die dann helfen kamen und die auch halfen den Mann von der Straße zu bekommen. Auf dem Bürgersteig kam dann nochmal eine Frau und fragte ob sie helfen könne, sie sei Ärztin.
Für mich eine erschreckende Bilanz.

Ich komme auch vom Land und wenn hier mal jemand hin fällt versuchen in der Regel die meisten zu helfen, aber in einem kleinen Dorf ist das wohl auch einfach etwas anderes. Hier kennt man sich und man wird wohl auch nicht so oft überflutet mit Möglichkeiten zu helfen. Stadt stumpf ab würde ich meinen.

Ich habe aber auch schon anderes hier in der ländlichen Gegend erlebt. Einmal wollte der Busfahrer eine ältere Dame im Winter im dunklen stehen lassen, weil sie nur einen hundert Euro Schein hatte und er nicht wechseln wollte/konnte. Das wohlgemerkt beim letzten Bus diesen Tages.
Auch habe ich schon erlebt, dass ein Busfahrer an einer älteren Dame vorbei gerauscht ist, da sie noch 10m von der Haltestelle entfernt war. Dass sie sich bemüht hat schnell zur Haltestelle zu kommen und dem Busfahrer zu gewunken war ihm auch egal.
 
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uincom schrieb:
Was bringt es denn hilfsbereit zu sein? Das wird hier irgendwie unreflektiert rein positiv dargestellt.
Und was ist daran im Allgemeinen schlecht?
So lange man sich dabei nicht selbst in Gefahr bringt oder daraus Forderungen ableitet, ist es es erst mal positiv zu bewerten.
 
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uincom schrieb:
Was bringt es denn hilfsbereit zu sein?
In einem Umfeld in dem Viele hilfsbereit sind, kannst du dich auch eher drauf verlassen, dass Dir im bedarfsfall geholfen wird.
Getreu dem Spruch "Wie man in den Wald hineinruft ...".

Genauso kann man aber andersrum auch fragen, was es denn "bringt", NICHT zu helfen?

Man könnte es anhand einer Situation gegenüberstellen ... z.B. die von @Schredderr beschriebene:
Was hätte es in dieser Situation gebracht, zu helfen:
1. Ein alter und scheinbar hilfloser Mann kommt von der Strasse runter, wo er in Ruhe versorgt werden kann.
2. Die Verkehrsbehinderung durch den alten Mann ist relativ schnell vorbei (davon hat man selbst in dem Fall nichts, aber alle anderen haben weniger Stress und die Anwohner haben schneller wieder Ruhe vor den hupenden Idioten.
3. Eventuell ist der alte Mann danach dankbar und eventuell gibt es von Zeugen (vllt. sogar an ganz anderer Stelle) ein bisschen Anerkennung ... beides fühlt sich nicht nur für Altruisten gut an.

Was bringt es in der gleichen Situation, nicht zu helfen?
1. Ein bisschen mehr Zeit.
2. Es gibt keine Störung des eigenen Alltags (aber z.B. für die Autofahrer ... zu denen man als Fussgänger ja eh nicht gehört).

Sicherlich gibts zu beiden Fragen noch weitere Punkte ... egal, ich finde ja ohnehin, dass es sich lohnt, zu helfen.
 
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Bei mir ist, je enger der Kreis, umso wahrscheinlicher, dass ich helfe. Familie kommt da natürlich als erstes und dann Freunde. Während der Schule Schulkameraden und heute Kollegen, aber auch hier nur, wie gut ich sie mag.
Wobei, bei den Kollegen muss man noch unterscheiden, ob es Hilfe im Büro ist (wenn zum Beispiel der Drucker spinnt), oder ob ich beim Umzug helfen soll. Dort wurde ich nur einmal gefragt und ich half auch. Aber da gäbe es auch nur wenige, wo ich helfen würde.

Nun außerhalb. Ich kam zu Glück noch nicht so oft in die Situation, dass jemand irgendwie vor mir zusammen brach und wenn, gab es zum Glück welche, dies das wohl kompetenter hinbekamen wie ich. Wenn mich jemand nach dem Weg fragt, versuche ich zu helfen, auch wenn ich immer das Gefühl habe, meine Beschreibungen seien schrecklich.

Anhalter nehme ich nahezu immer mit, weil da wird eindeutig signalisiert, das Hilfe erwünscht wird und ich weiß auch, welche Hilfe sie erwarten.

Aber Hilfsbereitschaft wird wirklich gelegentlich zu sehr ausgenützt, oder als Selbstverständlich angesehen. Schon meine Kollegen sagten mir, ich sei zu nett und muss nicht alles machen. Aber wie schon gesagt, im engeren Umfeld bin ich mit meiner Hilfe weit großzügiger.

Bezüglich Land und Stadt. Auf dem Land kennt ja jeder jeden und da ist entweder das Zusammensein näher, oder man ergattert sich einen schlechten Ruf ein. In der Stadt ist es weniger so, weshalb man sich weniger verpflichtet fühlt, zu helfen.

Allgemein helfe ich bei Dingen, wo ich selbst erwarten würde, dass man mir hilft. Ansonsten versuche ich so gut wie möglich allein zurecht zu kommen und bitte nur sehr selten um Hilfe.


Worüber ich für mich schockiert war, als ich mit einen neuen Fernseher bei einem großen Elektrohändler kaufte, ließ ich ihn nicht nachhause liefern, sondern nahm ihn gleich selbst mit. Zurückblicket hätte ich ihn liefern lassen sollen, aber was soll's. Auf jeden Fall mit dem Auto zum Lager gefahren und einer half mir, das Gerät bis zum Auto zu tragen und schon war er weg. Wahrscheinlich war seine Arbeit offiziell damit erledigt und er hatte natürlich noch anderes zu machen. Trotzdem war ich irritiert, dass er mir nicht half, das Gerät ins Auto zu laden. Wenn ich daran denke, was gelegentlich andere Firmen für einen Aufwand betreiben, um Kunden zu halten, nur allein auf Aussicht etwas zu verkaufen.
 
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Musashi schrieb:
Wie Hilfsbereit ist unsere Gesellschaft, seit ihr Hilfsbereit?
Ich habe unterschiedliche Erfahrungen, auf dem Land sind die Menschen sehr viel Hilfsbereiter als in den Städten.
Wie hilfsbereit die Gesellschaft im allgemeinen ist, keine Ahnung.
Meine Erfahrungen sind gemischt, von völlig uninteressierten Passanten bis übervorsorglichen Helfern war schon vieles dabei, ein nennenswertes Gefälle zwischen Land und Stadt ist mir noch nicht aufgefallen.

Wenn ich meine Hilfe gegenüber Anderen zusammenfassen müsste:
Freunde, Bekannte und Familie; ich helfe in fast jeder für mich vertretbaren Form, auch finanziell, dann aber nur mit klar definierten Konditionen. Bettler auf der Straße bekommen kein Geld, wenn dann Lebensmittelspende. Fremde, ja, wenn Hilfe aus meiner Sicht notwendig ist und sich offensichtlich niemand kümmert oder kümmern will. Verunfallten oder sichtbar hilflosen Personen helfe ich in jedem Fall. Regungslose Personen spreche ich an.
Selbstverständlichkeiten des Alltages wie „Tür aufhalten“ oder „in den Bus heben“ und „Sitzplatz räumen“ sind eine Frage des Anstandes und fallen nicht in die Kategorie „Hilfeleistung“.

Aus Erfahrung auch noch dieser Hinweis für „brenzlige“ Situationen, spielt nicht den Helden, sucht euch Verbündete, sprecht herumstehende (eventuell gaffende) Menschen direktiv an und fordert diese auf euch zur Hand zu gehen oder weitere Hilfe (Notarzt, Polizei, etc.) zu organisieren. Klappt erstaunlich gut.
 
SE. schrieb:
Aus Erfahrung auch noch dieser Hinweis für „brenzlige“ Situationen, spielt nicht den Helden, sucht euch Verbündete, sprecht herumstehende (eventuell gaffende) Menschen direktiv an und fordert diese auf euch zur Hand zu gehen oder weitere Hilfe (Notarzt, Polizei, etc.) zu organisieren. Klappt erstaunlich gut.
Aus meinen erste-Hilfe Seminaren weiß ich noch ziemlich gut, dass die einem ALLE geraten haben, man solle nicht anonym nachfragen, ob jemand den Notarzt oder die Polizei rufen kann ... man muss einzelne Individuen gezielt ansprechen und auffordern ... auf eine allgemeine Bitte hin erwarten zwar viele Menschen, dass "jemand" hilft, aber auf die Idee, das selbst zu tun, kommen wohl nur wenige.
Also direkt "Du/Sie rufst/rufen jetzt einen Notarzt!" (das Ausrufezeichen darf man ruhig hören) ... und immer daran denken ... für einen Ersthelfer (und das Opfer) zählt unter Umständen jede Sekunde, also MUSS man das mit dem "Notarzt rufen" wohl oder übel deligieren.
Früher hätte ich dafür sogar mein Handy zur Verfügung gestellt ... aber das würde ich mir heute wohl zweimal überlegen (und das dauert dann zu lange).
 
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Meiner Meinung wird man nicht mit "Hilfsbereitschaft" oder einem "selbstlosen-guten" Kern geboren-sprich Erziehung+Erfahrungen prägen den Charakter welche vom Statt bzw. den jeweiligen "Herrschenden" in einer Gesellschaft gezielt stark beeinflußt wird.
Will damit sagen:
Das bei einer spürbar steigenden "Verrohung" der Wesen im eigenen Umkreis ein recht sicheres Zeichen ist, dss etwas an der Gesellschaftsstruktur deren "Moralischen" Werten und Zielen mitsamt deren Umsetzung nicht zum langfristigenbWohle derselbigen dient!
In Deutschland zb. darf/sollte man (meiner Meinung nach) auftauchenden Probleme gegenüber nicht mit Gedanken wie : In anderen Ländern geht es den Leuten noch viel schlimmer -Hunger,Krieg,Armut- begegnen! Dadurch werden die Probkeme nur größer,man sollte sein Leben danach stattdessen mit "höheren" Zielen begegnen,also Misstände möglichst beseitigen.
Ich schätze man sollte hier am besten Ethik und Moral vom Kindergarten bis zum Lebensende den Menschen näherbringen!
Wird aber sicher nicht passieren.
Geld,Neid und Egoismus sind die vorherrschenden Charakterzüge in einer Kapitalistischen Welt, vor allem bei den meisten der Reichen+Mächtigen.
Ein paar Tausend Menschen herrschen über Milliarden...beginnen Kriege um Ihre Macht auszubauen, während der restliche "Abschaum" gefälligst Befehle auszuführen hat, dazu gehört das sie möglichst dumm+schwach bleiben sollen.
 
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Hallo

DerOlf schrieb:
ob jemand den Notarzt oder die Polizei rufen kann ...
Ich rate davon ab den Notarzt/Krankenwagen zu rufen, wenn sich der Hilfsbedürftige wieder erholt oder sagt das er/sie den Notarzt/Krankenwagen nicht benötigt muss der Anrufer den Einsatz bezahlen.
Man sollte immer die Polizei anrufen und denen den Sachverhalt erklären, dann muß die Polizei entscheiden ob ein Notarzt/Krankenwagen nötig ist und diesen bestellen und bei nicht Bedarf bezahlen.

Grüße Tomi
 
@Tomislav2007

Hmmm,also mal angenommen durch diesen "Umweg" kommt der Notarzt zu spät,
dann hast Du wegen ein paar Hundert Euronen BEWUSST die Möglichkeit des Todes eines Menschen in Kauf genommen...und damit stehst Du mit Sicherheit nicht alleine da!
Herzlichen Glückwunsch !
Ja, Geld ist natürlich viel wichter als Leben !
Hat diese Gesellschaft ja mal wieder "ganz gute Arbeit geleistet" !
🤬
 
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Ich sehe bei dem Thema ein Generationen und ein Regionenproblem. In unserem Landstrich kennt man das gegenseitige Helfen und es ist in der Nachkriegsgeneration fest verwurzelt. Mit jeder nachfolgenden Generation verliert sich das. Wer kennt denn heute noch "Knigge" oder handelt danach? Heute will sich jeder nur noch selbstverwirklichen und ist sich selbst der Nächste. Aber...noch leben ja genug Menschen die Anstand und Respekt gelernt haben und auch praktizieren. NOCH :confused_alt:
 
@adius

adius schrieb:
noch leben ja genug Menschen die Anstand und Respekt gelernt haben und auch praktizieren


Sorry, aber ich bezweifle mal ganz stark das es jemals genug gab - und solange die menschliche Rasse nicht wieder auf wenige Millionen reduziert wird, werden es noch viel weniger...genug kann es niemals geben !
Leider degeneriert die Menschliche Kreatur immer mehr...vermutlich unaufhaltsam,wie ich befürchte!
Aber ist ja egal, solange man noch "feiern" gehen kann, und es ausreichend weibliche Wesen gibt, gelle?
:schluck:
 
Tomislav2007 schrieb:
Ich rate davon ab den Notarzt/Krankenwagen zu rufen, wenn sich der Hilfsbedürftige wieder erholt oder sagt das er/sie den Notarzt/Krankenwagen nicht benötigt muss der Anrufer den Einsatz bezahlen.
Quatsch. Wenn der Anrufer nicht in missbräuchlicher Absicht den Notruf wählt werden keine Kosten erhoben. Ein medizinischer Laie kann nicht die Schwere von z.B. möglichen Verletzungen einschätzen, deswegen werden Profis gerufen, die dann über das weitere Vorgehen vor Ort entscheiden.
Solche Aussagen führen dazu das Menschen grundlos zu Schaden kommen könnten, nur weil Leser jetzt „Angst vor Kosten“ haben könnten. Ich bitte dich mit solchen absoluten Behauptungen zurückhaltender zu sein.
 
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@SE.

Du hast natürlich vollkommen Recht,
hätte ich eben auch anführen sollen,aber ich hab mich mal wieder so tierisch aufgeregt...solch Lebewesen verachtende Ansichten machen mich mittlerweile nicht mehr traurig oder mitleidig, sondern wütend!

Um deine Aussage bezgl. der Kostenübernahme von Notärzten zu beweisen:
Letztes Jahr hat eine gute Freundin von mir, einen Notarzt zu mir gerufen, ohne es mir mitzuteilen.
Also die "Sanitäter" ankamen konnte ich sie letztendlich irgendwann davon "überzeugen" das ich weder mitkommen werde, noch das es nötig wäre mitzukommen.
Daraufhin mußte ich denen nur einen "Beleg" der von ihnen aufgeschriebenen Darstellung der "Situation" unterschreiben.
Weder meine Freundin noch ich mußten auch nur einen Cent bezahlen, da wir sie halt nicht "verarscht" haben!
Nur bei bewußter "Irreführung" muß die verursachende Person zahlen - hatte nämlich zuerst auch die Befürchtung das ich noch zahlen muss, und die haben mich dann direkt vor Ort aufgeklärt.
 
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@Tomislav2007:
Ein harter Rat ... ich hoffe den wird nie jemand beherzigen, während Du wrklich einen Notarzt brauchst.
 
Hallo

SE. schrieb:
Quatsch. Wenn der Anrufer nicht in missbräuchlicher Absicht den Notruf wählt werden keine Kosten erhoben.
Das ist kein Quatsch, das ist die Realität, Krankenkassen bezahlen bei Krankenwagen nur Patientenbeförderungen und keine Leerfahrten
Wenn ein Krankenwagen gerufen wird und der Hifsbedürftige mangels Notfall nicht ins Krankenhaus transportiert werden will dann muss der Anrufer die Leerfahrt bezahlen.

Grüße Tomi
 
Tomislav2007 schrieb:
Wenn ein Krankenwagen gerufen wird und der Hifsbedürftige mangels Notfall nicht ins Krankenhaus transportiert werden will dann muss der Anrufer die Leerfahrt bezahlen.
Die Entscheidung des Hilfsbedürftigen hat nichts mit dem Notrufer zu tun. Eine Quelle wäre in der Tat interessant, schließlich gibt es auch den Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung. Mir und niemanden sonst den ich kenne wurde bisher ein berechtigter Notruf in Rechnung gestellt.
 
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