Seid mal ehrlich,
niemand ist gerne bei einem Umzug dabei. Das ist nichts, was man gerne in der Freizeit macht, man macht es nur, weil man sich guten Freunden verpflichtet fühlt und die Freundschaft nicht beschädigen möchte. Weil eine direkte Ablehnung immer übel genommen wird, verweise ich meist auf irgendwelche Projekte in der Arbeit, Rufbereitschaft oder Wochenendausflüge, die angeblich genau an diesen Tagen stattfinden... Nachdem ich selbst nie Hilfe brauche und gleichzeitig eine halbwegs plausible Ausrede habe, nimmt mir das dann auch selten jemand ernsthaft übel.
Andere empfinden mein Verhalten als egoistisch. Ich empfinde es dagegen als egoistisch, wenn andere mir Tätigkeiten übertragen wollen, die sie zu 100% selbst durchführen könnten, sich aber einfach die Arbeit sparen wollen. So wie beim Beispiel von
@TheManneken, der die Umzugskartons fertig hat und diese locker (mit seiner Frau?) selber ins Auto tragen und rüber fahren
könnte. Aber um sich eben zahlreiche Stunden Arbeit zu sparen, wird auf Ressourcen von Freunden zugegriffen. Es wird eine Tätigkeit, die jeder Erwachsene ausführen kann, auf andere ausgelagert,
weil man selbst keine Lust dazu hat. Nur vielleicht 5% von so einem Umzug bekommt man als Familie/Paar nicht selbst gebacken (z.B. Waschmaschine, Kühlschrank, Couch), dort und nur dort sehe ich Hilfe als gerechtfertigt an.
Es gibt auch Personen, die ziehen alle 2 Jahre um und wollen jedes mal Hilfe aus dem halben Freundeskreis - wie sollen solche Leute dazu lernen, dass eine langfristige Planung im Leben wichtig ist, wenn andere die Suppe immer wieder aufs neue auslöffeln?
Es gibt hunderte Beispiele dieser Art: Manche fliegen in den Urlaub und wollen
Transfer zum Flughafen (~70km einfach) von Freunden, obwohl ein Dauerparkplatz vor Ort für rund 50-70€ (je nach Dauer des Urlaubs) oder alternativ ein Shuttleservice pro Fahrt für rund 30€ pP zu bekommen ist. Wenn ich in den Urlaub fliege, buche ich stets so einen Parkplatz, weil Freunde für Hin- und Rückfahrt insgesamt 4x 70km fahren müssen, nur damit ich mir die bestenfalls 70€ Parkplatzgebühren spare. Das meiste von der Ersparnis geht ja schon durch die KFZ-Kosten für vier anstatt zwei Fahrten drauf. Bei Verspätungen müssen die dann stundenlang am Flughafen warten.
Anderes Beispiel ist
Hundebetreuung während Urlaubsreisen... Jeder, der sich einen Hund anschafft, muss sich im klaren sein, dass Urlaub damit schwierig wird. Ich finde es schier unverschämt anderen diese Bürde aufs Auge drücken zu wollen, so ein lautes, stinkendes, haariges und Dreck machendes Tier über Wochen in die Bude zu stellen.
Weiteres Beispiel sind
Hochzeiten oder Junggesellenabschiede am Arsch der Welt, also über 200km Entfernung. In meinem Alter sind 3-5 Hochzeiten im Jahr normal, da ist man durchaus froh, wenn das an einem Samstag erledigt ist und ich nicht zusätzlich einen Tag an- und abfahrt habe. Bei uns gibt man in der Regel ~100€ pro Person bei einer Hochzeit, wenn dann noch KFZ-Kosten für
einfach 400km Entfernung sowie eine Hotelübernachtung dazukommen, ist das Wochenende von Freitag Nachmittag bis Sonntag Abend verbraucht und der Geldbeutel um 500€ leichter.
Ich empfinde das als frech und egoistisch, solche Sachen anderen aufs Auge drücken zu wollen. Was man nicht will das man dir tut, das füg auch keinem anderen zu - so in etwa wurde ich erzogen.
Will ich für andere Flughafentransfer spielen? Nein, also fordere ich das auch nicht.
Will ich Hundesitter fremder Tiere spielen? Nein, also fordere ich das auch nicht.
Will ich mehrfach im Jahr bei einem Umzug mitmachen? Nein, also lass ich die anderen auch bei meinen Umzügen in Ruhe
Will ich für fremde Hochzeiten 400km pendeln? Nein, also habe ich 10km von unserer Wohnung entfernt geheiratet, im direkten Umkreis aller, die wir eingeladen haben.
Das sind alles Dinge, die andere unter dem Begriff Hilfsbereitschaft zusammenfassen würden.
Ich persönlich finde es dagegen egoistisch, solche Punkte zu fordern. Ehrlich gesprochen habe ich aber viele
Freunde durch diese Einstellung verloren und selbst
Beziehungen in der Familie beschädigt. Die Schwester meiner Frau wollte z.B. eine Bürgschaft für einen Kredit haben und da habe ich interveniert, weil sie (die Schwester) nicht mit Geld umgehen kann und die Bank aus gutem Grund kein weiteres Geld leiht. Es ging um 15.000€ für einen Umzug (Wohnungseinrichtung). Wir hätten das Geld gehabt, weil wir sparsam waren, z.B. hatten wir ein 20 Jahre altes Auto mit EZ 1997 und haben in einer 40qm Sozialwohnung gewohnt. Die insolvente Schwester dagegen hatte 1 Jahr vorher einen neuen Fiat Cabriolet für ~25k gekauft und über 8(?) Jahre finanziert. Wäre eine Bürgschaft über 15.000€ an die Schwester meiner Frau als Hilfsbereitschaft durchgegangen, hättet ihr das gemacht? Wir hätten das Geld theoretisch gehabt, aber das liegt daran, dass wir haushalten können und nicht die Kohle mit beiden Händen zum Fenster rauswerfen.
Ich habe die Bürgschaft jedenfalls verhindert, nachdem ich im Rahmen der Ehe mit verantwortlich für solche Bürgschaften gewesen wäre. Wir hatten für ein Eigenheim gespart, dass wir knapp 2 Jahre danach auch gekauft hatten. Das Verhältnis der Schwester zu meiner Frau und mir ist jetzt natürlich stark abgekühlt. Hätten wir die Bürgschaft gegeben und damit eine Zahlungsunfähigkeit unterstützt, wäre das Verhältnis vermutlich eher schlechter, als besser... Welche Wahl hatten wir großartig? Das Verhältnis war de facto beim Eintreffen der WhatsApp beschädigt worden, ganz gleich unserer Antwort