Wann ist ein Photo ein Fake...

KitKat::new() schrieb:
stimmt, es ist wichtig ob man nun von Fotos oder von Bildern spricht.
Das Foto wäre ja trotzdem echt.
Das ist zugegeben, ein interessanter Ansatz. Nur so, ob ich es richtig verstanden habe. Das Foto wäre die technische Ebene, das Bild die "Inhaltliche" Ebene. Also die Aussage des Bildes.

Also kann ein Foto echt sein, aber das Bild darauf ein Fake. Könnte aber dann ein Foto ein Fake sein, das Bild aber echt? Jetzt nochmals auf das "Schwarzkehlchen" aus dem Beispiel von @Exit666 , wo das Foto an sich ja ein Fake war, da ein Baumstumpf nachträglich eingetragen wurde, aber die Aussage (also das Bild) meiner Meinung nach noch immer das selbe wäre, oder wird deiner Meinung nach bei einem Fake Foto immer auch das Bild zu einem Fake? (Trotz allem hätte ein Bild auf einem Foto immer den Vorwurf auch an sich ein Fake zu sein).
 
Skaiy schrieb:
In dem Fall manipuliert man das Foto schon vorher.
Aber das Foto selbst ist eben nicht manipuliert. Es gibt die (vorher manipulierte) Realität wieder, wie sie ist.

Wichtig wäre hierbei mMn der Zeitpunkt der Manipulation ... als "fake" (im Sinne des Threads) sehe ich nur die nachträgliche Veränderung des Fotos. Also die Veränderung der Momentaufnahme der Realität, wie sie im Augenblick des Auslösens war.

Geschminkte Person auf unbearbeitetem Foto -> das Foto ist kein Fake
Ungeschminkte Person, die durch Nachbearbeitung geschminkt aussieht -> das Foto ist ein Fake.

Das "Bild" ist in diesem Zusammenhang die Momentaufnahme im Augenblick des Auslösens ... wird dieses nachträglich bearbeitet, so ist auch das "Bild", welches das Foto erst nach der Bearbeitung zeigt, mMn ein Fake.
 
Okay, klar, das Foto an sich ist ein Fake.

Für mich macht es aber keinen Unterschied, denn das Ergebnis und die Intention ist gleich: Die Person möchte ihre anscheinend nicht makellose Haut so bearbeiten, dass sie makellos ist. Ob nun in der Realität oder per Filter macht keinen Unterschied.

Und genau deshalb wären für mich beide Fälle nicht fake, denn sonst, nach meinem Verständnis, müsste ich die Person in der Realität, die sich schminkt, ebenfalls als Fake bezeichnen.

Und da das so gut wie niemand tut, ist für mich digitale Schminke kein Fake.

Aber ja. Das Foto an sich per Definition schon.
 
CCIBS schrieb:
Ist also ein Foto dann echter, wenn die Person darauf richtig gut geschminkt ist?
Wenn es nur (echte) Schminke ist, besteht zumindest theoretisch die Möglichkeit, dass die Dame auch so aussieht wenn man sie im echten Leben sieht. Zwar erst nach zwei Stunden Maske und nur aus dem richtigen Winkel mit der richtigen Beleuchtung, aber immerhin.
 
Ich verstehe erst die nachträgliche Bearbeitung des Fotos als Fake, da dort nur die Darstellung der Realität verändert wird, nicht aber die Realität selbst.
Schminke verändert die Realität selbst (die kriegst du nicht mit einem Click wieder weg - das digitale Pendant schon).

Mal als Beispiel: Gebrauchtwagen mit Lackschäden, die überlackiert wurden, vs. Gebrauchtwagen mit Lackschäden, die per Bildbearbeitung beseitigt wurden.
Das optische Ergebnis mag das selbe sein, aber beim ersten Bild zeigt das Foto die Realität (einen Gebrauchtwagen mit ausgebesserten Lackschäden) im zweiten Bild zeigt das Foto einen Wagen, der so nicht existiert ... das zweite Foto ist ein Fakle, das erste ist es nicht.

Schminke und Lackausbesserungen sind Teil der Realität ... die digitale Aufhübschung via Software ist es aber nicht und das ist für mich der entscheidende Unterschied.

Existierte das im Foto gezeigte wirklich in dem Moment, wo das Foto geschossen wurde?
An dieser Frage entscheidet sich für mich, ob das Foto ein Fake ist.
 
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Axxid schrieb:
Wenn es nur (echte) Schminke ist, besteht zumindest theoretisch die Möglichkeit, dass die Dame auch so aussieht wenn man sie im echten Leben sieht. Zwar erst nach zwei Stunden Maske und nur aus dem richtigen Winkel mit der richtigen Beleuchtung, aber immerhin.
Nur zum Verständnis. Ich rede dann nur von Filtereinstellungen der Software, die nur so weit gehen, dass man die Person auch entsprechend Schminken könnte. Oder ganz schlicht. Wenn man bei einem Mann den Schnauzbart wegretuschieren würde, welchen er auch wegrasieren könnte.

DerOlf schrieb:
Mal als Beispiel: Gebrauchtwagen mit Lackschäden, die überlackiert wurden, vs. Gebrauchtwagen mit Lackschäden, die per Bildbearbeitung beseitigt wurden.
Also Lack beim Auto und Make Up bei einem Menschen ist schon etwas anderes. Da würde ich eher sagen, Lack und Tätowierung. Lack verschwindet ja nicht, oder verschmiert, sobald man mal mit dem Finger drüber fährt. Wenn man einen Lackschaden neu lackiert, wurde eigentlich ein Schaden beseitigt und nicht nur retuschiert, was nach etwas Regen wieder verschwinden wurde.
 
CCIBS schrieb:
Oder ganz schlicht. Wenn man bei einem Mann den Schnauzbart wegretuschieren würde, welchen er auch wegrasieren könnte
Dann sind wir wieder beim Kontext. Ein Mann könnte also auf Tinder ohne Bart werben, obwohl er dann beim Date mir Holzfällerbehaarung auftaucht.
Oder das Anglerfoto mit dem Riesenfisch, weil theoretisch hätte ich ihn ja fangen können.
 
Axxid schrieb:
Dann sind wir wieder beim Kontext. Ein Mann könnte also auf Tinder ohne Bart werben, obwohl er dann beim Date mir Holzfällerbehaarung auftaucht.
In meinem Gedankengang würde er sich bis zum dem Date rasieren, genauso wie sich ja eine Person mit einem Filter sich bis zum Date trotzdem so schminken könnte, wie sie auf dem Foto aussieht. Wenn die Person es mit dem Filter nicht übertrieben hat. Es geht mir aber darum, den Zustand eines Filters mit überschaubaren Aufwand auch durch das Schminken öder ähnliches herbeizuführen.
Axxid schrieb:
Oder das Anglerfoto mit dem Riesenfisch, weil theoretisch hätte ich ihn ja fangen können.
Ich habe zugegeben jetzt nur knapp über 20 Jahre Erfahrung beim rasieren und kein bisschen beim Angeln. Ich stelle mir aber trotzdem vor, dass es einfacher ist, den Zustand eines retuschierten Bart in der Realität zu verwirklichen, als einen Riesenfisch zu angeln, welchen man in ein Foto nachträglich eingefügt hat.

Aber auch da wären wir wieder bei der Situation, dass das Foto mit dem Fisch echt sein könnte, der Fisch echt ist, der See im Hintergrund ebenfalls, und der Fisch aus dem See stammte und sogar erst vor knapp fünf Minuten geangelt wurde. Nur hat die Person auf dem Foto, welche den Fisch hält, den Fisch nicht gefangen, sondern der Kumpel, der das Foto schoss. Nur behauptet halt der Text unter dem Bild auf Instargram, dass die Person auf dem Bild den Fisch gefangen hat.
 
CCIBS schrieb:
Ich habe zugegeben jetzt nur knapp über 20 Jahre Erfahrung beim rasieren und kein bisschen beim Angeln. Ich stelle mir aber trotzdem vor, dass es einfacher ist, den Zustand eines retuschierten Bart in der Realität zu verwirklichen, als einen Riesenfisch zu angeln, welchen man in ein Foto nachträglich eingefügt hat.
Also ein Fake ist kein Fake, wenn der Fake nicht auffliegt?
 
Für mich ist das Problem ein wenig, dass “Fake” ein sehr starker Ausdruck ist. Wenn jemand per Filter ein wenig die Augenringe kaschiert oder den einen Pickel überdeckt gleich “Fake!!” zu schreien halte ich für etwas extrem. Aber die Grenze ist nunmal fließend.
Es kommt immer im Einzelfall darauf an was das Bild aussagen will/soll, wobei die Aussage natürlich in Frage gestellt werden kann, da die Bilder oft für immer online zu finden sind. Daher sollten solche Bilder für mich als “bearbeitet” markiert werden, wodurch man den Inhalt zumindest in Frage stellen kann/darf/muss.
 
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@KitKat::new()
Mir geht es darum, dass es wenig relevant ist, wenn der Zustand des Filters auch in der Realität leicht zu Rekonstruieren ist. Sei es durch eine Rasur (oder sich ein Bart wachsen lassen), oder sich zu schminken.

Wenn eine Person für so ein Tinder Bild richtig aufwändig geschminkt ist, obwohl sie nur 2 % der Zeit so aussieht (also einmal in der Woche), ist das für mich auf jeden Fall nicht weniger Fake, als ein Filter. Böse Zungen würden aber wohl auch sagen, dass diese 2 % für das, wofür Tinder da ist, locker ausreicht.
 
Was an Veränderung eine Rolle spielt, liegt im Auge des Betrachters. Es fängt eigentlich schon vorher mit Ausleuchtung, Schaffen bestimmter Situation oder auch Wegschneiden von Teilen des Fotos an. Dazu verwenden viele Geräte inzwischen auch automatische Bildfilter usw., was nach Meinung einzelner hier eigentlich auch schon fake wäre.
Ich habe ein paar image processing Programme geschrieben: bei den einfachsten Filtern wird im Endeffekt schon jedes einzelne Pixel verändert. Teilweise wird der Gradient aus den Pixelwerten berechnet, dass vom Originalbild abgezogen, ein anderer Filter verwendet und dann wieder zurückgerechnet usw. Das sind wohlgemerkt nur die primitivsten Sachen.

Jetzt denkt vielleicht der eine oder andere, dass es hier nur um Heller oder Dunkel geht. Wenn man aber z.B. auf einem Graustufenbild oder den jeweiligen Farbkanälen eine Dilatation + anschließender Erosion mit gleichen Gewicht macht, dann sieht man das im ersten Moment nicht direkt, aber so könnten z.B. schon Kleinigkeiten verschwinden, wie z.B. ein Pigmentfleck. Je nach Stärke oder Matrixtyp kann das Resultat noch varrieren. Aber auch das sind - mathematisch gesehen - eigentlich ziemlich primitive Aktionen.

Im Grunde genommen basiert die Bewertung ob "fake" oder nicht bei vielen auf einer Art "gefühlten" Relation der Pixelwerte einzelner Bildteile. Wo man da die Grenze zieht ist allerdings äußert subjektiv. Muss es auch sein, weil die Bildwahrnehmung wegen unterschiedlichen menschlichen Augen und unterschiedlichen Denkstruktueren von vorneherein nicht identisch ist.
 
Ich verlinke Telepolis eigendlich nicht gerne, aber das Aufmacherbild dieses Artikels zeigt noch einen anderen Aspekt:
https://www.telepolis.de/features/Wie-Bildausschnitte-uns-manipulieren-koennen-5045295.html

Ist das Waehlen eines Bildausschnittes eine "Faelschung"?
Aber es kann massive Auswirkungen auf die Botschaft eines Bildes haben, ganz ohne KI oder aufwendige Nachbearbeitungen.
Die Bilder haetten auch mit dem veraenderten Bildausschnitt entstehen koennen, und waeren objektiv "echt". Nur zeigen sie halt nicht alles und damit wird die Botschaft schnell eine "Luege durch Weglassung"
 
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Ranayna schrieb:
...
Ist das Waehlen eines Bildausschnittes eine "Faelschung"?
Aber es kann massive Auswirkungen auf die Botschaft eines Bildes haben, ...

Naja, da kommt es schon darauf an, wie stark interpretierend man auf Bilder schaut und anschließend politisiert oder etwas unterstellt. Ich finde beide Beispiele nicht besonders überzeugend, dass da etwas Schlimmes passiert. Das gab es übrigens schon vor etlichen Jahren im Trailer vom Sender Phoenix, wo man im ersten Ausschnitt nicht sah, dass jemand im Rollstuhl saß und danach sah man es und das war dann ein Beispiel für Gründlichkeit. Nur habe ich damals schon gesagt, dass ich in ersten Linie mal einen Menschen sehe und es - ohne konkreten Problemsituation - gar nicht wichtig ist, ob jemand im Rollstuhl ist oder nicht. Und selbst mit Rollstuhl kann ich nicht einschätzen, ob die Person auch ohne ein bisschen laufen kann oder was der Hintergrund ist.
Bei Ausschnitten ist dann wieder das Problem, dass da selbst beim unwichtigsten Kram einfach mal unterstellt wird, dass da was nicht in Ordnung ist, obwohl es nur ums Layout für die Zeitung geht usw. Es wird eben oft mit zweierlei Maß angemessen und das gilt auch für die Bewertung eines Bildes.

Wenn man es ganz böse will, dann ist die eigentliche Manipulation die Auswahl und die Inszinierung von Bildern oder Videos. Sobald es um eine bestimmte Message geht, nimmt man etwas, was diese Message unterstützt und gegenteiligen Kram lässt man weg. Im Zweifelsfall nimmt man Bilder aus der Vergangenheit oder gar Spielfilmausschnitte, wie in Nachrichtensendung ja bereits passiert ist, siehe Fox News vor über 15 Jahren.

Dabei sollte man auch beachten, dass Menschen plötzlich ganz tolerant werden, wenn die "richtigen" Leute Fakes anwenden. Wenn z.B. bei der Heute Show der bayrische Ministerpräsident in ein Sexfilmchen geschnitten wird oder wie letzte Woche der Bundespräsident mit KI Voice - und das war nicht gut als Fake erkennbar - minutenlang die Sendung füllt und dazwischen echtes Videomaterial gezeigt wird ... wieso ist das in Ordnung? Nur weil das lustig sein soll und angeblich jeder weiß, wie das gemeint ist? Oder weil es gegen "die Richtigen" geht?
 
@Ranayna
Genau das Bild wollte ich auch verwenden, weshalb ein Foto echt sein kann, aber das Bild Fake. Habe es nur nicht gefunden.
 
Ranayna schrieb:
Die Bilder haetten auch mit dem veraenderten Bildausschnitt entstehen koennen, und waeren objektiv "echt". Nur zeigen sie halt nicht alles und damit wird die Botschaft schnell eine "Luege durch Weglassung"
Das mag zwar stimmen, aber wer entscheidet, wann alles abgebildet/gezeigt wird? Sind nur noch 360° Aufnahmen (bzw. Darstelllungen) keine Fakes, weil auch außerhalb des Sichtfeldes des Beobachters etwas "wichtiges" hätte passiert sein können, das bei Kenntnis die Interpretation des Bildes geändert hätte?

Das ganze kann man auch beliebig weiter treiben. Ist das Bild eines jubelnden Sportlers nur dashalb ein "Fake", weil sich im selben Moment beim selben Wettkampf etwas tragisches ereignet hat und es daher nicht zu dieser Reaktion des Sportlers hätte kommen sollen bzw. sich seine Reaktion vermutlich schon sehr kurz nach der Aufnahme geändert hat?

So nach dem Motto: vom Boston Marathon 2013 darf zum Zeitpunkt des Anschlages (oder wie lange vorher) kein Bild eines jubelnden Läufers/Zuschauers in der Nähe des Anschlagsortes mehr gezeigt werden, weil der Fotograf ja auch in die Richtung das Anschlages hätte schauen können?

Solche Bilder, die Teile des Ereignisses ausblenden, mögen, zusammen mit einem manipulativen Text, einen falschen Eindruck erwecken. Die Bilder ansich wären für mich aber trotzdem kein Fake. Egal, ob beschnitten oder im Original so aufgenommen.

CCIBS schrieb:
aber das Bild Fake.
Für mich ist dann immer noch das Bild/Photo kein Fake, sondern nur die Aussage, die sich ggf. aus dem Bild in Kombination mit einem Kommentar/einer Berichterstattung ergibt.
 
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gymfan schrieb:
Für mich ist dann immer noch das Bild/Photo kein Fake, sondern nur die Aussage, die sich ggf. aus dem Bild in Kombination mit einem Kommentar/einer Berichterstattung ergibt.
Hatte ich sogar zuerst in dem Post so geschrieben, habe es aber dann raus genommen, da ich so etwas ja schon vorher erwähnt habe und mich nur wiederholt hätte.
 
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