Den Titel "Spiel meines Lebens" müssen sich zwei Spiele teilen:
Chrono Trigger und
Final Fantasy VI.
Beide innerhalb eines Jahres (1995 bzw. 94) für das SNES erschienen (leider nicht in Deutschland), beides Rollenspiele und beide von Squaresoft.
Chrono Trigger
Obwohl erst nach Final Fantasy VI erschienen, habe ich Chrono Trigger zuerst gespielt, hauptsächlich weil es damals bei den Importhändlern etwas einfacher zu bekommen war.
Trotz nicht allzu umfangreicher Englischkenntnisse (gerade mal ein Jahr Englisch am Gymnasium) hat mich das Spiel von Anfang an gefesselt.
Die zwar farbenfrohe aber trotzdem atmosphärische Welt, die sympathischen Charaktere und vor allem das mit viel Liebe zum Detail umgesetzte Zeitreisethema (die Spielwelt lässt sich in sieben verschiedenen Epochen von der Dinosaurierzeit über Gegenwart und postapokalyptische Zukunft bis hin zum "Ende der Zeit" bereisen) geben dem Spiel ein einzigartiges Flair.
Auch das Gameplay hat trotz klassichem "Active Time Battle"-System einige interessante Kniffe: Gekämpft wird nich genretypisch in einem separatem Kampfbildschirm, sondern in der selben Ansicht, in der man auch die Welt erkundet. Dabei spielt auch die Platzierung der Gegner eine Rolle, denn manche Spezialangriffe treffen z.B. nur Gegner in einer Linie oder um den jeweiligen Charakter herum. Apropos Spezialangriffe: Davon hat jeder der sieben Charaktere eingene, die sich zusätzlich in Combos mit zwei oder gar drei Charakteren kombinieren lassen.
Die Story ist Squarsoft-typisch gut ausgearbeitet und mit interessanten (und tragischen) Wendungen versehen. Das Zeitreisethema ist dabei exzellent in die Handlung integriert, insbesondere bei den optionalen Handlungssträngen vor dem Endkampf.
Für Langzeitmotivation sorgt der "New Game +" Modus, mit dem man das Spiel mit der Ausrüstung und den Werten eines anderen Spielstandes nocheinmal beginnen kann, diesmal allerdings mit der Möglichkeit fast beliebig direkt zum Endkampf zu reisen, was dann - je nach Spielfortschritt - in einem von zwölf verschiedenen Enden resultiert.
Aus technischer Sicht überzeugte Chrono Trigger - für damalige Verhältnisse - ebenso. Das Spiel war eines der größten (auf einem 4 MByte Modul) für das SNES, was es im Bezug auf Grafik, Sound und Umfang zu einem Highlight der SNES-Zeit macht.
Final Fantasy VI
Nach den überaus positiven Erfahrungen mit Chrono Trigger beschloss ich, mir trotz des für einen Schüler schwer zu stemmenden Preises von 150 DM mit Final Fantasy VI eine weitere dem deutschen Markt vorenthaltene Perle (übrigens meines Wissens nach das einzige Spiel, das von der Total! in allen Wertungskategorien eine glatte Eins bekommen hat) zuzulegen.
Und ich wurde trotz einiger Startschwierigkeiten aufgrund des höheren Schwieriegkeitsgrades nicht enttäuscht.
Während sich die beiden Spiele vom Spielprizip ähneln, hat Final Fantasy VI eine wesentlich düsterere und dichtere Atmosphäre, schließlich ist ein machtgieriger Imperator gerade dabei, die Welt mithilfe seiner überlegenen Technologie zu unterwerfen. Auch die Charaktere sind wesentlich ernster und erwachsener, zudem verzichtet das Spiel - im Gegensatz zu seinen Nachfolgern und Chrono Trigger - weitgehend auf einen Anime-artigen Stil.
Gerade die Charaktere in ihrer Vielfalt und Tiefe tragen auch die Handlung. Ein Dieb auf Seiten der Rebellen, eine ehemalige Generälin des Imperiums, ein Mädchen mit rätselhaften Kräften und ein König, der zumindest nach außen hin mit dem Imperium kooperiert, sind nur vier der bis zu vierzehn Charaktere, die sich in der Party versammeln.
Das Gameplay ist traditioneller als bei Chrono Trigger, mit separaten Kampfbildschirmen, in denen sich die Gegner auf der einen und die Charaktere auf der anderen Seite gegenüberstehen. Doch auch hier gibt es einige interessante Eigenheiten: Zusätzlich zu der jedem Charakter eigenen Spezialfähigkeit lassen sich im Spielverlauf Zauber erlernen und auch die Attribute der Charaktere anpassen. Ein besonderes Highlight sind einige Passagen (unter anderem der komplette letzte Dungeon) in denen man bis zu drei Gruppen von Charakteren gleichzeitig befehligt.
Der Story fehlt zwar ein ähnliches Konzept wie die Zeitreisen in Chrono Trigger, doch auch hier gibt es einen Wendepunkt, der die Welt und die Atmosphäre noch einmal grundlegend verändert. Zudem hat fast jeder Charakter einen eigenen Handlungsstrang, der Ereignisse aus seiner Vergangenheit noch einmal aufgreift und ihm so erheblich mehr Tiefe verleiht.
Technisch war das Spiel nicht ganz so fortgeschritten wie Chrono Trigger, trotzdem ist es auch heute noch recht ansehnlich. Die Musik (inklusive der legendären Opernszene) ist bis heute ein absoluter Meilenstein der Videospielgeschichte.
Warum sind nun genau diese beiden Titel die Spiele meines Lebens? Nun, zum einen waren es meine ersten richtigen Rollenspiele und dieses Genre ist heute noch mein favorisiertes. Viel wichtiger ist aber, dass mich diese beiden Spiele stark hinsichtlich dessen, was ich von einem Spiel erwarte, geprägt haben:
- interessante und tiefgründige Charaktere
- eine mitreissende, intelligente und stellenweise überraschende Geschichte
- eine durchdachte und detailliert ausgearbeitete Welt, auch abseits der Haupthandlung
- ein solides Designkonzept mit angemessener künstlerischer (wichtig) und technischer (weniger wichtig) Umsetzung
- gutes und anspruchsvolles Gameplay nach dem Prizip "leicht zu lernen - schwer zu meistern"
Das wichtigste Merkmal, das ein Spiel aufweisen muss und wofür die beiden obigen Titel Paradebeispiele sind, ist aber die "Seele". Ich will spüren, dass in dem Spiel das Herzblut der Entwickler steckt und nicht nur eine Liste mit Features abgearbeitet wurde.
Selbst ein Spiel mit der besten Grafikengine, den besten Sprechern, der ausladensten Spielwelt, dem größten Budget und von den kreativsten Köpfen der ganzen Branche, ein Spiel, das nach allen objektiven Kriterien hervorragend ist, gefällt mir nicht, wenn man ihm nicht anmerkt, dass mit Leidenschaft und Freude daran gearbeitet wurde.