Ich neige dazu, GTA4 hinter GTA:SA zu sehen. Zwar gibt es neben der Hauptquest wieder einiges zu tun, allerdings wohl bei Weitem nicht soviel wie bei GTA:SA. Dass das meiste nun zentral über das Handy zu erreichen ist, halte ich auch nicht für die beste Idee. Das Handy ist zwar praktisch, aber weil das Handy Auftraggeber und Hot Spots in der Spielwelt überflüssig macht, hat man viel stärker als bei GTA:SA das Gefühl, nur vor einen statischen Kulisse zu agieren. An der Stelle kommt erscherdend hinzu, dass es viel zu wenig Geschäfte und andere begehbare Örtlichkeiten gibt. Ich glaube, die Spielwelt lebt in erster Linie von der eindrucksvollen Inszenierung. Stellt man sich das Spiel mit der Engine von GTA3 vor, wäre man wahrscheinlich schwer enttäuscht, obwohl die Spielwelt noch wesentlich mehr als das erste GTA3 zu bieten hätte (aber um 2002 war ein Spiel wie GTA3 noch bahnbrechend).
Dass sich jetzt alles um das Handy dreht, halte ich übrigens nicht für die beste Idee. Einerseits ist das natürlich praktisch, andererseits ist es auch furchtbar nervtötend, wenn alle paar Minuten Nachrichten und Anrufe eingehen. Einen Gegenstand, der schon im realen Leben viele Leute in den Wahnsinn treiben kann, sollte nicht der zentrale Gegenstand in einem Spiel sein. Da will man mal ein wenig in Ruhe die Stadt erkunden, aber alle paar Minuten will irgendeiner deiner Freunde mit dir Bowlen gehen. Klar, man kann einfach "Nö" sagen, aber dann zeigt das Spiel sofort an, dass man in der Gunst des Freundes gesunken ist, was wohl viele Spieler dazu verleiten wird, zähneknirschend mit den Nervensägen immer und immer auszugehen, obwohl man gerade etwas anderes vor hatte. Ich fand die Freundinnen in GTA:SA schon nervtötend. Hier habe ich nun ein Dutzend Freunde, die ständig was von mir wollen.
Dies hätte man entschärfen sollen, in dem man einfach von Zeit zu Zeit SMS von Freunden erhält mit der Bitte, mal wieder was mit ihnen zu unternehmen, ohne das Ganze mit der Gunst bei den Freunden zu verknüpfen. Den Erwerb von Respekt und Freundschaft hätte man auch einzig und allein mit Quests und den Jobs für die Freunde verknüpfen können. Es sollte aber auch erwähnt werden, dass das Handy das Gefühl intensiviert, Teil einer virtuellen Gesellschaft zu sein.
Das Geld ist eine weitere Sache, die mich stört. Man hat einfach viel zu viel davon und keine Gelegenheit, irgendwas damit zu machen. Man kann keine Immobilien kaufen, man kann keine Autos kaufen bzw. tunen, es gibt kaum Läden, wo man es ausgeben kann und vor allem nicht genug Klamottenläden, was mich besonders stört.
Man braucht noch nicht mal Waffen kaufen, weil man so viele Waffen findet, dass man niemals einen Gunshop aufsuchen muss. Ich bin jetzt halbwegs auf der zweiten großen Insel angekommen und habe eine Pistole mit 1300 Schuß und ein richtig feines SMG mit einigen hundert Schuß. Das reicht, denn das SMG pustet jeden Gegner in windeseile weg, ist dabei aber ähnlich handlich wie eine Pistole. Und aus jeder Mission, in der geballert wird, nimmt man mehr Munition mit, als man verballert. Das bringt mich dann auch gleich zum Schwierigkeitsgrad. Das Spiel ist zu einfach, viel zu einfach. Selbst wenn man mal einen Gegner übersieht und dieser einen von Hinten angreift, gerät man nicht in Gefahr.
Es sollte nun nicht unter den Tisch fallen, dass vieles in GTA:SA auch nicht ideal und immer besser als in GTA4 gelöst war. Die Spielwelt in GTA:SA war deutlich größer, sie war aber in vielen Teilen auch total belanglos und teilweise nicht mal gut und spielspaßfördernd gestaltet. Die ganzen ländlichen Gegend waren zwar ganz nett, aber die Straßenführung war schon furchtbar. Es wirklich keinen Spaß gemacht, durch die ländlichen Gegenden zu cruisen. Das die Welt in GTA4 gesund geschrumpft wurde, finde ich nicht verkehrt. Sie ist noch immer sehr, sehr groß, vor allem ist sie aber, bis auf einige Ausnahmen, besser gestaltet als die Welt in GTA:SA. Das größte Plus der Welt von GTA4 ist die gelungene Inszenierung mit vielen liebevollen Details.
Und auch in GTA:SA hatte man zuviel Geld. Spätestens ab San Fierro hat man sich jede verfügbare Immobilie aus der Portokasse kaufen können. Das war dann auch schon ein sinnloses Feature, weil man für die ganzen Immobilien nicht machen musste. Allerdings hätte man dieses Feature nicht gleich ganz streichen müssen. Vielmehr hätte man andere Wege zum Erwerb von Immobilien finden. Questreihen, an deren Ende man ein Haus oder ein Geschäft oder einen Club erhält, wären doch eine schöne Sache gewesen.
Zu gut Letzt muss ich noch sagen, dass mir die abgefahreneren und übertriebeneren Settings der Vorgänger besser gefallen haben. Das gilt besonders für das "Gangsta-Setting" aus GTA:SA, das so herrlich ironisch und durchgeknallt war und sich selbst nicht ernst genommen hat. GTA4 ist zwar noch immer recht abgedreht, aber mir ist schon beinahe zu ernst und realistisch, teilweise so realistisch, dass ich mich in Ballereien ernsthaft gefragt habe, was ich da eigentlich mache. Langsam aber sicher erreicht GTA eine Grenze, an der es mir keinen Spaß mehr macht, einen Gangster in einer virtuellen Welt zu spielen (vielleicht ist aber auch eine Chance dafür, dass ein Spiel auch mal mehr als nur ein Spiel sein kann).
Ein Wort noch zu Story: Das abrupte Ende von GTA:SA - ab Las Venturas hat man gemerkt, dass wohl die Entwicklungszeit aus ging und nur noch das Nötigste hin gerotzt wurde - hat mich schwer enttäuscht. Ich kann nur hoffen, dass es GTA4 an der Stelle besser macht. Bisher habe ich auch manch guten Ansatz gesehen. Störend ist hingegen, dass sich die Story für mich bislang nur im Kreis dreht. Ich mache ein paar Aufträge für den einen Gangsterboss, um das Geld zu verdienen, das ich schon haben. Dieser Boss verschwindend dann erst einmal oder wird von mir abgeknallt und das Spielchen geht von vorne los. Bislang habe ich nur viele Versatzstücke gesehen, aber noch lange kein schlüssiges und überzeugendes Gesamtbild.
Fazit: Wahrscheinlich werde ich GTA4 nicht so gut wie GTA:SA. Liberty City ist zwar beeindruckend in Szene gesetzt, gespickt mit liebevollen Details und es macht viel Spaß, diese Welt auf sich wirken zu lassen und das Gefühl zu haben, wirklich da zu sein, aber dieses Gefühl hält nur so lange an, bis man merkt, dass man in der Welt nicht viel machen kann und das man vor allem nicht viel entdecken kann. Aber vielleicht warten die netten Überraschungen noch auf mich, Helikopter in Hinterhöfen, die von mir gewunden werden wollen und andere Spielereien. GTA4 ist aber dennoch ein grandioses Spiel, keine Frage, auch wenn ich hier nun soviel Negatives aufgezählt habe.
P.S.: Das Taxifahren find ich richtig geil. Als ich das erste Mal auf dem Rücksitz eines Taxis gesessen habe und mir die Welt da draußen angeschaut habe, war ich richtig geflasht. Aber auch das Einkaufen von neuen Klamotten finde ich klasse gemacht: Wie beim richtigen Shoppen rein in den Laden, was Passendes aus den Regalen suchen und anprobieren. Ein gewaltiger Fortschritt zu GTA:SA und zu schade, dass es nur eine handvoll Läden gibt. Es wäre so geil, wenn man richtige Shopping Mall hätte, in der man sich sogar ein wenig verliren könnte. Und das Internet im Spiel verdient natürlich auch eine lobende Erwähnung. Ich hab mich schon dabei erwischt, eine geschlagene Stunde im Internet (im Spiel) geschmökert zu haben.