Borderlands 4
Borderlands 4 wird wohl eher aufgrund der fragwürdigen Aussagen von Randy Pitchford, dem CEO des Entwickler-Studios des Spiels, und seinen technischen Problemen in Erinnerung bleiben als für seine Qualitäten. Die Meme-würdigen Aussagen von Herrn Pitchford reichen von Aussagen, dass Borderlands 4 ein „Premium Game for Premium Players“ sei, hat empfohlen, für eine bessere Performance Grafikoptionen zu deaktivieren, die nicht existieren, hat Spieler aufgefordert, eine eigene Engine zu entwickeln, wenn sie es besser könnten (obwohl der liebe Randy selbst nur die UE5 lizensiert hat) und Spielern sogar empfohlen, „to refund the game“. Doch kann das Spiel neben der geistigen Diarrhoe seines CEOs auch mit spielerischen Qualitäten punkten? Im Einzelnen:
Technik:
Um mit dem Elefanten im Raum anzufangen: Das Spiel funktioniert nicht gut und sieht kaum besser aus als Borderlands 3, sein direkter Vorgänger, verlangt dafür aber High-End-Hardware, um in UHD ansatzweise brauchbar zu funktionieren. Das Spiel ist, selbst mit potenter Hardware, streng auf Frame Generation angewiesen, um auf eine vernünftige Anzahl von FPS zu kommen. Das Spiel ist technisch so fordernd, dass es bereits diverse Optimierungs-Guides gibt, bspw. der nachfolgende von Hardware Unboxed, den ich nur empfehlen kann:
Mit meinem 5800X3D und meiner 4080 bin ich damit unter Nutzung von DLSS-Q und FG zumindest auf halbwegs stabile 80 FPS gekommen. Warum das Spiel aber bei den empfohlenen Einstellungen krampfhaft auf TSR, dem UE5-eigenen Upscaler, springt, bleibt wohl das Geheimnis des Entwicklers. Die Performance ist übrigens auch auf Konsolen schlecht und bricht bis auf 1 (!!!) FPS ein (s. bspw.:
PS5 PEAK PERFORMANCE 1 FPS). Allen Plattformen ist gemein, dass das Spiel an einem Memory Leak leidet und die Performance des Spiels daher mit fortschreitender Spielzeit schlechter wird. Ein regelmäßiger Neustart des Spiels ist also performancefördernd. Was daran stört? Das Spiel erzeugt (zumindest auf dem PC) bei jedem (!) Start neu Shader – mitunter selbst beim Spielen selbst. Ansonsten hat das Spiel Probleme beim Data-Streaming, was sich – zumindest und gerade beim Fahren – so anfühlt, als würde man das Spiel von einer alten HDD spielen.
Das Spiel geizt im Übrigen auch nicht mit Spielabstürzen und Bugs. Selbst bei High-End Hardware (sprich: 9800X3D und 5090) kann es vorkommen, dass das Spiel mitunter im Minutentakt abstürzt. Berüchtigt ist mittlerweile der Crash des Spiels in einem Promo-Event mit Conan O’Brien. Es kann zudem dazu kommen, dass einzelne (Side-) Quests softlocken (wohl durch Crashes verursacht) oder man seine Skill Points verliert. Was mir schließlich noch missfällt, ist der Umstand, dass das Spiel keine Option dafür bietet, sich den Bildschirm auszusuchen, auf welchem man spielen möchte. Beim derzeitigen Zustand des Spiels bleibt mir also nichts weiter übrig, als eine klare Kaufwarnung auszusprechen, bis das Spiel vernünftig optimiert ist.
Story:
Das Spiel beginnt damit, dass man auf dem Planeten Kairos bruchlandet und zunächst vom Antagonisten des Spiels, dem „Timekeeper“ gefangen genommen wird. Der Timekeeper ist mit technischen Mitteln – ganz getreu den Skynet-Verschwörungstheorien – dazu in der Lage, andere Menschen zu kontrollieren. Leider wurde auch der Spielcharakter Opfer hiervon, hat aber Glück, von der Befreiungsbewegung, der „Crimson Resistance“ beim Ausbruch unterstützt zu werden. Es ist danach am Spieler, Verbündete im Kampf gegen den Timekeeper und seine Handlanger zu finden um den Kampf aufzunehmen.
Erfreulich ist zunächst einmal, dass die Story deutlich geerdeter und für Borderlands-Verhältnisse quasi schon Ernst ist. Der grauenvolle Zoomer-Humor aus Borderlands 3 ist komplett verschwunden und auch der sonst für die Serie übliche Toilet Humour findet sich nur selten. Die Story ist dennoch leider (auch aufgrund des formelhaften Aufbaus) nichts Besonderes und auch die Charaktere haben deutlich weniger Charisma als diejenigen, die man in Borderlands 1 und 2 kennenlernen konnte; die Story reicht aber mit Leichtigkeit dafür aus, dem Spiel einen Handlungsbogen zu geben, und das Gameplay zu tragen. Von den Charakteren wird mir vermutlich nur Defiant Caulder länger im Gedächtnis bleiben.
Gameplay:
Die Stärke eines Looter-Shooters sollte stets im Gameplay liegen und hier liegen auch die Qualitäten von Borderlands 4. Das Gunplay fühlt sich besser denn je an und die verschiedenen Gear-Kombinationen sorgen für interessante Spielmöglichkeiten. Die Idee, verschiedene Herstellerteile zu mischen, ist dem Gameplay nämlich sehr förderlich und sorgt dafür, dass man nicht zwangsweise auf legendary gear angewiesen ist. Dazu kommt, dass die neuen Vault Hunter durchaus ihre Stärken haben und interessante builds möglich sind. So gibt es bspw. jetzt schon builds, mit denen man die stärksten Bosse quasi oneshotten kann. Der Core-Gameplayloop des Spiels ist also besser denn je und sorgt für das altbekannte spaßige Borderlands-Chaos. Der einzige Wermutstropfen: Neben den Legendaries gibt es keine Iconics mehr.
Borderlands 4 ist der erste Titel der Reihe, der eine Open World bietet. Die Open World tut dem Spiel in dem Sinne gut, als dass es keine Ladezeiten mehr zwischen den Zonen gibt. Ladezeiten gibt es im Grunde nur noch beim Fast Travel und beim Betreten von Dungeons. Die Dungeons – und insbesondere ihre Bosse – sind ihrerseits gut gemacht und machen Spaß. Dass man (auch bestimmte Open-World-) Bosse nach dem ersten Erledigen gegen Gold neu spawnen kann, ist eine gerngesehene Änderung und macht das Farmen von Legendaries und anderem Gear deutlich einfacher. Sowohl die Dungeons als auch die Open World bieten schöne Panoramen – sei das nun die grüne Vielfalt des Startgebiets oder auch die Mad Max Vibes des Wüstengebiets. Das Problem sehe ich darin, dass es keine Iconics mehr gibt und das dafür sorgt, dass man in der Open World und durch Challenges hauptsächlich nur Kosmetika freischaltet; Exploration sich also nicht lohnenswert anfühlen kann. Schließlich – und das kann man als Schwäche werten – muss man sich Fast Travel Points freischalten. Das kann ätzend sein und – im Falle, dass man nicht aktiv Fast Travel Points freischaltet – dazu führen, dass man lange Reisezeiten hat.
Leider hat das Gameplay allerdings auch klare Schwächen. So ist mir – gerade bei dem neuen Gear-System – ein Rätsel, warum man so wenig Inventar- und Bankplätze hat und warum es keine besseren Möglichkeiten gibt, sein Inventar zu sortieren. Der Inventarplatz ist – gerade, weil auch lila und sogar blaue Ausrüstungsgegenstände Meta sein können – einfach nicht ausreichend, um längere Baller-Orgien abhalten zu können. Eine weitere Schwäche des Spiels liegt m.E. auch darin, dass es (im Gameplay-Sinne) sehr langsam an Fahrt aufnimmt und man erst nach mehreren Stunden Grundfähigkeiten erlernt und alle Ausrüstungsarten freigeschaltet hat. Verschlimmert wird das dadurch, dass das Questdesign nunmehr auch vorsieht, dass man sich erst brav die Dialoge der NPCs anhört, bis man tatsächlich mit der jeweiligen Quest anfangen bzw. sie fortsetzen kann; so also unnötig Zeit verliert. Schließlich halte ich es auch für keine gute Idee, das Specialization-System erst freizuschalten, nachdem man die Story und das Intro zum Ultimate Vault Hunter Modus abgeschlossen hat. Hierbei handelt es sich um ein System, in dem man diverse passive Fähigkeiten und Statusboni freischalten kann. Es wäre m.E. sinnvoll gewesen, das System dann freizuschalten, wenn man Level 50 erreicht.
Fazit:
Abseits der technischen Schwächen bietet Borderlands 4 durchaus viel Spaß und stellt ein gutes Fundament für die weitere Entwicklung des Spiels dar. Ob Gearbox auf diesem Fundament aufbauen und für ein „Engoodening“ des Spiel sorgen kann, bleibt abzuwarten. Den Fans der IP wäre es zumindest zu wünschen, da das Spiel durchaus Potential hat und wohl das beste Borderlands-Erlebnis seit Borderlands 2 ist. Im derzeitigen Zustand des Spiels ist ein Kauf allerdings nicht zu empfehlen und das Spiel wäre mit einer Bewertung von
5/10 abzustrafen. Sollte Gearbox allerdings auf dem durchaus guten Fundament aufbauen, das Spiel optimieren und an diversen QoL-Features arbeiten (einen Photo Mode nehme ich bei der überdimensionierten UI auch gern), hätte das Spiel durchaus Potential zu einer 8/10.