Leserartikel Kurztest InnovationIT SSDs (inkl. Benchmarks)

sini

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Hallo zusammen,
diesen Beitrag wollte ich schon eine ganze Weile veröffentlichen, wollte aber dem Hersteller genügend Zeit zur Reaktion geben ... (bislang habe ich noch keine belastbare Rückmeldung hierzu bekommen).


Vorwort
Die ersten SSDs die ich verbaut hatte war die Vertex 2 und später die Vertex 3 Serie von OCZ. Prinzipiell für den Preis damals ganz gute Laufwerke; hatten aber noch diverse Kinderkrankheiten. Die Konkurrenz schlief nicht und bald drauf schwenkte ich auf die „BX100“ bzw. „840 EVO“ um. Diese schnitten bei den damaligen Tests gut ab und wurden mein neuer Standard für SSDs.
Schlussendlich hat es sich dann auf die EVO-Serie von Samsung eingependelt. Maßgeblicher Grund hierfür war der Computerbase-SSD-Langzeit-Test https://www.computerbase.de/2017-06/ssd-langzeittest/ welchen ich sehr aufschlussreich empfand. (tendenziell (ver-)kauft man lieber Sachen die lange halten).

Seit ein paar Monaten hat mein Großhändler selbst eine Marke ins Leben gerufen (InnovationIT) und vertreibt über diese eigene SSDs zu wirklich attraktiven Preisen. Nur wie steht es um die Performance? Leider werden nur Transferraten für sequenziellen Datentransfer angegeben. Unklar ist auch ob ein Cache verbaut wird und welche IOPs man erwarten darf ...

Nunja, aktuell habe ich etwas Langeweile und jeweils eine 500 GB SATA SSD von InnovationIT (EAN: 4251538809412) und Samsung hier liegen; jetzt wird getestet!


Verarbeitung
Das Gehäuse ist komplett aus Metall und macht einen soliden Eindruck. Der Deckel ist geklemmt und mit einer kleinen Schraube seitlich fixiert. Die Qualität der Platine und Verarbeitung der Lötstellen ist sehr gut.

IMG_4582.JPG IMG_4580.JPG IMG_4581.JPG


Technisches Controller
Der Controller ist ein "Silicon Motion SM2258XT". Dieser Controller sitzt auch in der Curcial BX500 Serie.
Die Eckdaten sind wie folgt:
  • kein DRAM
  • Lesen 540 MB/sec
  • Lesen IOPS 40.000
  • Schreiben 450 MB/sec
  • Schreiben IOPS 70.000
http://en.siliconmotion.com/download/product-brief/SM2258XT_Product_Brief_ENG_Q1109.pdf

Also prinzipiell eine BX500, für einen geringfügig günstigeren Preis?


Technisches Speicherzellen
Die Zellen stammen wohl von Taiwan AGI. Es handelt sich um TLC-Zellen die scheinbar auch bei Intel in der 600P Serie Verwendung finden.


Technisches SMART-Werte
Die von der SSD angebotenen SMART-Werte sind umfangreich mit CrystalDiskInfo auslesbar.

04_SMART.jpg


Benchmarks
Die Grundvoraussetzungen für eine günstige Einstiegs-SSD sind gegeben. Dann schauen wir mal wo der Hase die Locken hat 😉.

Zum Vergleich habe ich die Samsung EVO 860, EVO 850 und EVO 840 Serie mitgetestet. Hier die Ergebnisse:

04_Tabelle.jpg


Die SSD schlägt sich gar nicht mal so schlecht. Auch im fast vollgeschriebenen Zustand sind die Werte okay. Die Used-Werte vom ASS verwundern mich dann aber doch etwas. Identische IOPs aber starker Einbruch bei sequentiellen Vorgängen? Die Werte vom Magician könnten passen.

Den "Used"-Zustand habe ich hergestellt in dem ich schlicht eine sehr große, nicht gut komprimierbare Datei auf die SSDs kopiert habe. Das Vorgehen war wie folgt:
Kopiervorgang 1: USB-SSD -> InnovationIT
Kopiervorgang 2: InnovationIT -> Samsung 860
Kopiervorgang 3: Samsung 860 -> InnovationIT
Kopiervorgang 4: InnovationIT -> Samsung 860

Beim ersten Kopiervorgang hat die InnovationIT ein sehr gutes Ergebnis abgeliefert. Bei 380 MB/sec limitiert eher die USB-Schnittstelle der Quelle als die SSD:

05_InnovationIT.jpg


Der Kopiervorgang von InnovationIT-SSD zu Samsung860-SSD verlief ebenfalls wie erwartet. Hier kann man auch schön die SLC-Cache-Funktion der Samsung erkennen:

06_Samsung860.jpg


Beim dritten Kopiervorgang trat dann aber bei der Innovation ein interessantes Phänomen auf:

07_InnovationIT.jpg


Genau ab 50% Füllstand der SSD dümpelte die Transferrate dann bei 10-20 MB/sec. Dies war reproduzierbar, stets ab 50% Füllstand.
Meine Vermutung ist, dass 2 Speicher-Module wesentlich langsamer angebunden sind.

Das Beschreiben der SSD dauert dann natürlich ewig. Ein CRC-Check der geschriebenen Dateien funktioniert jedoch. Die Daten werden also tatsächlich komplett und fehlerfrei geschrieben.

Die EVO860 schreibt auch nach 50% bis zum Ende mit hoher Geschwindigkeit.

Installation Windows
Nach dieser "Tortur" habe ich Windows auf der SSD installiert. Die Installation hat etwas länger als erwartet benötigt. Nach dem ersten Start merkte man aber schon, dass es an einigen Stellen harkt. Im Einstellungs-Menü hat es teils ewig gedauert bis ein Haken gesetzt wurde. Die erste Update-Welle hat unglaublich lange gebraucht und diverse Punkte wurden abgebrochen. Dies ist tatsächlich eher ungewöhnlich.


Firmware:
Für die SSD gibt es keine Wartungsprogramme. Ein (einfaches) Update der Firmware ist scheinbar nicht vorgesehen. Die Vergangenheit hat aber immer mal wieder gezeigt, dass gerade dies bei den SSDs teils sehr notwendig ist.
  • OZC-SSDs brauchten damals zwingend Updates, da sich sonst die Laufwerke zerstört hatten
  • HP-SSDs drohte Datenverlust nach 32.768 Betriebsstunden
  • Samsung 840 EVO hatte einen Firmware-Bug bei dem die SSD immer langsamer wurde
Dem gegenüber steht ein unkompliziertes RMA-Verfahren (wird einfach ausgetauscht).


Produktpalette
Deren Produktpalette umfasst SATA sowie NVMe Laufwerke mit folgenden Kapazitäten.

SATA: 120 GB, 240 GB, 256 GB, 480 GB, 512 GB, 1000 GB
NVMe: 240 GB, 256 GB, 480 GB, 512 GB, 1000 GB


Fazit
Prinzipiell macht die SSD eine mäßig gute Figur in der DRAM-Less-SSD-Kategorie. Der herbe Leistungseinbruch nach 50% Füllstand gibt aber auch einen sehr faden Beigeschmack. Andererseits wird dies im Alltags-Betrieb bei normalem Nutzungsverhalten eines Office-PCs nicht stark auffallen?!? Als Laufwerk für Datentransfers oder Zwischenspeichern von Daten ist es definitiv nicht zu empfehlen. Als potentes Systemlaufwerk ist es aber auch nicht zu gebrauchen, da selbst kleine Operationen teils ewig brauchen und das System alles andere als agil läuft.

Ein anderer Punkt ist die Haltbarkeit. Ich konnte keine Angabe zur TBW finden. Orientiert man sich an der Intel 600p sind es wohl um die 300 TBW. Das ist nicht schlecht, aber auch nicht wirklich gut.

Tya, also was soll man sagen? Mir fällt kein wirklicher Einsatzzweck für die SSD ein außer als günstige Speicher-Erweiterung die nicht mit großen Transfers belästig werden möchte. Zudem wird die SSD sich wohl in refurbished Geräten zwecks Gewinnmaximierung wiederfinden.

Was meint ihr?

Updates:
2020-05-22 Punkt "Installation Windows" und "Firmware" hinzugefügt, Fazit entsprechend angepasst
 
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Den Einbruch bei Füllung der SSD würde ich mehr als nur einen "faden Beigeschmack" nennen. Das ist absolut unbenutzbar in dem Zustand. Wenn ich nur 200GB brauche, ist das natürlich kein Problem, aber dann brauche ich auch keine 512GB SSD.
Trotzdem (oder gerade deshalb) dennoch ein sehr interessanter Test.
 
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sini schrieb:
Prinzipiell macht die SSD eine gute Figur in der DRAM-Less-SSD-Kategorie. Der herbe Leistungseinbruch nach 50% Füllstand gibt aber auch einen sehr faden Beigeschmack.
Sehe ich auch so...man muss gucken, in welchem Anwendungsgebiet man die SSD verwenden möchte.

Als lautlose Kapazitätserweiterung für Daten, die nicht oft geschrieben werden, sehe ich da durchaus eine Option...immer stark abhängig von Endpreis.

Aber als Systemlaufwerk würd ich keine ohne DRam Cache nutzen.....und der Leistungseinbruch ist so heftig....da will man keine großen Datenmengen am Stück speichern.
.....insgesamt gibt es denke ich bessere Optionen.....etwas Aufpreis, aber dann ordentliche Rundum-Leistung.
 
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Conqi schrieb:
Das ist absolut unbenutzbar in dem Zustand. Wenn ich nur 200GB brauche, ist das natürlich kein Problem, aber dann brauche ich auch keine 512GB SSD.

Ich habe die SSDs schon ein paar mal in Refurbished Geräten gesehen. Quasi als günstiges Upgrade des Speichers und das Problem werden die meisten Käufer erst Jahre nach dem Kauf erkennen. 🤔

Baal Netbeck schrieb:
...und der Leistungseinbruch ist so heftig....da will man keine großen Datenmengen am Stück speichern.

Die Frage die sich mir stellt ist, ob der Controller später im Hintergrund die Daten von den schnellen Zellen auf die langsamen auslagert. So wie der SLC-Cache bei Samsung. Wäre dem so, würden der Pseudo SLC-Cache mit 250 GB extrem üppig bemessen sein (Samsung verwendet in der Größe nur bis zu 22 GB).
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich glaube nicht an eine unterschiedliche Anbindung der Speichermodule
Die SSD wird auch irgendeine Form von Cache haben (wahrscheinlich auch SLC). Da es keinen DRAM-Cache gibt, bricht dann die Schreibrate extrem ein, wenn die SSD "nachschauen" muss, wo sie denn die Daten ablegen kann. Das findet man bei allen DRAM-less SSDs in mehr oder weniger ausgeprägter Form.
 
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Danke für den Test, schön gemacht.
Mich würde interessieren, ob der dramatische Leistungseinbruch (10-20 MByte/sec bei MLC!?!) ein "Einzelfall" der getesteten SSD (also ein Produktfehler) ist oder bei dem Modell immer auftritt (ob Designfehler oder beabsichtigt/in Kauf genommen sei dahingestellt).
Insbesondere falls es verschiedene Grössen der SSD geben sollte, könnten sich die Modelle untereinander erheblich unterscheiden - dann wäre es erst recht spannend wie sich andere SSDs der Marke verhalten.
 
Danke für den schönen Lesertest, der seinen verdienten Platz auf der Startseite finden wird.

Liebe Grüße
Sven
 
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Demon_666 schrieb:
Da es keinen DRAM-Cache gibt, bricht dann die Schreibrate extrem ein, wenn die SSD "nachschauen" muss, wo sie denn die Daten ablegen kann. Das findet man bei allen DRAM-less SSDs in mehr oder weniger ausgeprägter Form.
Jepp, der DRAM wird ja für die Mapping-Tabelle verwendet, kann gut sein dass die SSD ab einem gewissen Füllstand mit der Verwaltung genau dieser überfordert ist weil der Controller selber ja nur sehr wenig eigenen RAM hat.
 
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Den aktuellen Preis hätte man durchaus erwähnen können, denn 70€ finde ich, insbesondere bei der gebotenen Leistung, alles andere als attraktiv.
 
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naja also günstig geht anders 70 € ist ne hausnummer für 500 gb dafür bekommt man z.B. auch eine mx500 die recht gut abschnitt wenn ich mich richtig erinnere. nun gut vielleicht tut sich ja noch was am preis. Danke für den Test.
 
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[SET]-=JENNER=- schrieb:
naja also günstig geht anders 70 € ist ne hausnummer für 500 gb dafür bekommt man z.B. auch eine mx500 die recht gut abschnitt wenn ich mich richtig erinnere. nun gut vielleicht tut sich ja noch was am preis. Danke für den Test.
MLC NAND ist in so gut wie keiner Consumer SSD mehr, das haben in der Regel nur noch die auf
Langlebigkeit getrimmten Industrial SSDs. Die MLC SSDs, die in unserer Firma vertrieben werden,
haben aber wesentlich mehr Schreibleistung, auch wenn die SSD voll ist. Da stimmt was nicht.

@sini Guter Test! Chapeau! :D
 
Schöner Test, aber was mir aufgefallen ist - schau dir mal das Foto vom CristalDisk an, die ist an SataII angeschlossen - kann das sein?
 
MichaG schrieb:

Du hast Recht, kleiner Typo meinerseits. Das ist natürlich TLC-NAND. Sucht man nach der Nummer findet man folgende Seite. https://www.mobile01.com/topicdetail.php?f=490&t=5465422

Scotty40 schrieb:
Schöner Test, aber was mir aufgefallen ist - schau dir mal das Foto vom CristalDisk an, die ist an SataII angeschlossen - kann das sein?
Jein, für den Screenshot hatte ich die vorhin an einem SATA-USB3.0 Adapter. Die Tests habe ich natürlich direkt am SATA3-Anschluss durchgeführt 😅

DKK007 schrieb:
Welche Hardware wurde denn als Basis verwendet?
Intel Core i3-9100 auf einem B360M-C Mainboard. Ist hier mein Test- und Datenrettungs-PC.

DKK007 schrieb:
Genau das habe ich gemacht. Das Schreiben hat EWIG gedauert, aber der Test der geschriebenen Daten war okay.
Das Teil ist nach 50% Füllstand einfach nur langsam.

Pandora schrieb:
Den aktuellen Preis hätte man durchaus erwähnen können, denn 70€ finde ich, insbesondere bei der gebotenen Leistung, alles andere als attraktiv.
Der Einkaufspreis liegt deutlich unter 70€.

Phrasendreher schrieb:
Danke für den Test, schön gemacht.
Mich würde interessieren, ob der dramatische Leistungseinbruch (10-20 MByte/sec bei MLC!?!) ein "Einzelfall" der getesteten SSD (also ein Produktfehler) ist oder bei dem Modell immer auftritt (ob Designfehler oder beabsichtigt/in Kauf genommen sei dahingestellt).
Insbesondere falls es verschiedene Grössen der SSD geben sollte, könnten sich die Modelle untereinander erheblich unterscheiden - dann wäre es erst recht spannend wie sich andere SSDs der Marke verhalten.

Ja es gibt verschiedene Modelle, Schnittstellen und Größen. Ich hatte den Großhändler auch schon vorgeschlagen mir mal ein Lineup davon zu schicken. Dann hätten die ein paar Referenzwerte und könnten ggf. eine Position am Markt etablieren. Aber wie man sieht, habe ich bislang nur die eine SSD die ich mal aus Neugier mitbestellt hatte. Ich kaufe nur ungerne die Katze im Sack 😅
 
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sini schrieb:
Prinzipiell macht die SSD eine gute Figur in der DRAM-Less-SSD-Kategorie. Der herbe Leistungseinbruch nach 50% Füllstand gibt aber auch einen sehr faden Beigeschmack.
Du hast offenbar nicht verstanden wozu der DRAM Cache ist, denn beim sequentiellen Beschreiben merkt man von dem wenig, den Einbruch verursacht vielmehr der Pseudo-SLC Schreibcache. Der DRAM Cache ist nur für Verwaltungsdaten des Controllers, nicht für Userdaten!
 
Entschuldige, aber wo habe ich geschrieben, dass der Leistungseinbruch damit zusammenhängt, dass kein DRAM-Cache vorhanden ist?
 
Das hast du zwar nicht geschrieben, aber ihr "eine gute Figur in der DRAM-Less-SSD-Kategorie" ohne einen Test zu machen der erlauben würde dies überhaupt sagen zu können und dann im nächsten Satz auf den Einbruch einzugehen, deutet doch sehr darauf, dass nicht bekannt war wozu welcher Cache bei einer SSD dient.
 
Das ist eher dem Zusammenfassen fürs Fazit geschuldet ...
Welchen Test vermisst du denn diesbezüglich? Noch habe ich die SSD hier und könnte dies nachholen.
 
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