Schäuble hält an Online-Durchsuchung fest

Sasan Abdi
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Nach einer kurzen Ruhephase spitzt sich der Streit um die Einführung der heimlichen Online-Durchsuchung weiter zu. Entgegen der Hoffnung von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) plant Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) das sogenannte BKA-Gesetz weiterhin mit der Online-Durchsuchung.

„Es wird kein BKA-Gesetz ohne Online-Durchsuchung geben“, wird Schäuble von seinem Ministerium zitiert. So sei das Gesetz in der Ressortabstimmung „und zwar mit dem Instrument der Online-Durchsuchung“. Damit dementiert der Innenminister Andeutungen seiner Amtskollegin Zypries, wonach das BKA-Gesetz unter Umständen auch ohne den umstrittenen Punkt kommen könnte. „Der Innenminister scheint inzwischen von seiner Forderung abzurücken, dass der Gesetzentwurf zu den neuen Zuständigkeiten des Bundeskriminalamts die heimlichen Online-Durchsuchungen enthalten muss“, hatte Zypries der Berliner Zeitung gesagt.

Konkreter beinhaltet das BKA-Gesetz eine Ausweitung der Kompetenzen des Bundeskriminalamtes (BKA). Zu einem der maßgeblichen Punkte in dem neuen Gesetz zählt besagte Online-Durchsuchung, die es den Beamten erlauben würde, Rechner von potentiellen Straftätern heimlich und unter Umständen noch vor der Ausübung einer Straftat auszuspähen. Auf diesem Wege, so die Argumentation der Verfechter der Regelung, könnten beispielsweise terroristische Gefährder frühzeitig ausfindig gemacht werden. Eben jener Punkt im BKA-Gesetz sorgt seit geraumer Zeit für großen Streit in der mit der Gesetzfindung beauftragten, aus CDU- und SPD-Innenpolitikern bestehenden Expertengruppe. Während das Gros der Unions-Innenexperten das Gesetz prinzipiell durchwinken würden, wehren sich vor allem die SPD-Politiker gegen die Online-Durchsuchung.

Ginge es nach der SPD und allen voran Brigitte Zypries, so würde das Gesetz erst einmal ohne den strittigen Punkt eingeführt werden. Stattdessen könnte man dann in aller Ausführlichkeit über die Online-Durchsuchung beraten. In Hinblick auf den am 10. Oktober beginnenden Prozess vor dem Bundesverfassungsgericht, der die private Klage gegen das so genannte Änderungsgesetz zum nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz beinhaltet, ginge sich die von der SPD favorisierte Regelung de facto besser an. Eben jenes Änderungsgesetz erlaubt den Verfassungsschützern in NRW bereits jetzt, auf private Computerfestplatten zuzugreifen. Das Urteil in diesem Fall könnte für die komplette Gesetzgebung vor dem Hintergrund der zahlreichen verfassungs- und datenschutzrechtlichen Bedenken wegweisend sein – ein Abwarten könnte sogar eine möglicherweise durch einen negativen Richterspruch anfallende Revision des BKA-Gesetzes vorbeugen. Allerdings ist mit einem Urteil in diesem Fall frühstens zum Ende dieses Jahres zu rechnen; ein Umstand, der sicherheitsbewußten Politikern zur Gegenargumentation gereicht.

Umso mehr werden die Gegner der Online-Durchsuchung in den kommenden Tagen und Wochen gegen das Gesetz trommeln. Justizministerin Zypries vereint in einem Stellungnahme die Kernkritikpunkte gegen das Vorhaben: „Bevor dieses Ermittlungsinstrument eingeführt wird, müssen die technischen Möglichkeiten, deren Folgen und die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen geklärt werden.“ Außerdem müsse auch geregelt werden, wie Dritte geschützt werden könnten. „Was geschieht beispielsweise, wenn das Bundeskriminalamt einen Trojaner in einem Computer platziert, der mit einem Krankenhaus verbunden ist? Kann die Polizei dann sämtliche Krankenakten einsehen? Ich glaube nicht, dass diese Fragen schon genau durchdacht sind“, so Zypries weiter.

In der Union stärkt man Innenminister Schäuble derweil demonstrativ den Rücken. So erklärte der Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU), dass Schäuble nicht von dem ablassen werde, was dringend notwendig sei. Ferner habe Schäuble erst vor wenigen Tagen in einem Rundschreiben noch mal deutlich gemacht, weshalb die Online-Durchsuchung trotz aller Bedenken von so enormer Wichtigkeit sei.