Sharp zu Foxconn: Sicher geglaubte Übernahme wieder in Gefahr

Tobias Reuter
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Sharp zu Foxconn: Sicher geglaubte Übernahme wieder in Gefahr
Bild: Foxconn

Eigentlich schien die Übernahme des strauchelnden japanischen Elektronikkonzerns Sharp durch den taiwanischen Zulieferer-Riesen Foxconn schon besiegelt, nachdem Sharps Führungsriege dem Deal zustimmte. Doch Foxconn hat überraschend angekündigt, zuvor erst noch „neue Informationen“ bezüglich Sharp prüfen zu müssen.

Foxconn hat nur wenige Stunden nach der Zusage von Sharps Führungsgremium eine knappe Stellungnahme veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die Übernahme erstmal alles andere als sicher ist: „Nachdem uns Sharp gestern Morgen neues Infomaterial gegeben hat, haben wir Sharp gestern Abend darüber informiert, dass wir den Abschluss des Übernahmeabkommens verschieben müssen.“ Foxconn müsse die neue Situation erst analysieren und bewerten, bevor über den Sharp-Deal entschieden werden könne. Analyst Atul Goyal sieht das gesamte Übernahmegeschäft durch die neue Entwicklung ernsthaft gefährdet.

Milliardenschwere Verbindlichkeiten als Grund für Foxconns Zögern

Zwar äußerten sich weder Foxconn noch Sharp zum besagten neuen Infomaterial über den japanischen Konzern; laut Wall Street Journal geht es aber konkret um Verbindlichkeiten von Sharp über umgerechnet rund 3,1 Milliarden US-Dollar, von denen Foxconn bisher nichts wusste. Nach Foxconns Ankündigung, den Deal vorläufig zu verschieben, brach die Sharp-Aktie um 18 Prozent ein. Sharp ist in den letzten Jahren insbesondere durch die fallenden Preise von LC-Displays in finanzielle Not geraten.

Foxconn-Chef Terry Gou plante ursprünglich, die Sharp-Übernahme, deren Finanzvolumen etwa 6 Milliarden US-Dollar betragen soll, bis Ende Februar abzuschließen. Analyst Gavin Parry sieht die Übernahme als Möglichkeit für Foxconn, Apple als Kunden noch enger an sich zu binden und Konkurrent Samsung mehr und mehr auszustechen. Foxconn mit Sharp als Teil des eigenen Konzerns könne Apple dabei helfen, unabhängiger von Samsung als Display-Zulieferer zu werden. Ebenso seien lukrativere Verträge mit Apple möglich. Außer dem iPhone-Hersteller gehören unter anderem auch Microsoft und Sony sowie fast jeder Hersteller in der IT-Branche zu Foxconns Kundenkreis.

Der einzige Übernahme-Konkurrent von Foxconn ist der japanische Staatsfonds INCJ (Innovation Network Corp. of Japan), welcher ebenfalls Interesse an Sharp bekundet hat, allerdings ungleich weniger Geld bieten soll als der taiwanische Zulieferer. Foxconn hatte zuletzt aber klar die Nase vorn und sah bereits wie der designierte neue Mutterkonzern von Sharp aus. Die Bieterschlacht um den japanischen Elektronikkonzern wird auch als Test für Japans Offenheit gegenüber ausländischen Investoren gesehen.