Spieleentwicklung: Beim Entwickler kommen 58 Prozent des Umsatzes an

Max Doll
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Spieleentwicklung: Beim Entwickler kommen 58 Prozent des Umsatzes an
Bild: Kai Hendry | CC BY 2.0

Eine Million US-Dollar auf Steam einzunehmen bedeutet nicht, großen Erfolg gehabt zu haben. Nach Abzug der nicht immer offensichtlichen Kosten und weiterer Abgänge wie Rückerstattungen bleibt rund die Hälfte, die beim Entwickler überhaupt verbucht werden kann.

Welche Faktoren zu berücksichtigen sind und was am Ende übrig bleibt, zeigt eine Beispielrechnung des ehemaligen Game Designer Simon Carless, die einen interessanten Blick in die wirtschaftliche Seite der Spieleentwicklung gewährt. Vom Umsatz müssten zunächst die Rückerstattungen abgezogen werden. Zahlen nimmt Carless vom Indie-Publisher No More Robots, der über sein gesamtes Portfolio auf monatliche Rückerstattungsquoten zwischen fünf und acht Prozent kommt.

Umgerechnet auf US-Dollar würden Beträge zwischen 6,5 und 11 Prozent zurückfließen. Der Unterschied zwischen der Anzahl der Rückerstattungen und des zurückfließenden Umsatzes entsteht durch regional unterschiedliche Preise. Länder mit höheren Spielepreisen können die Dollar-Quote nach oben treiben. Beeinflusst werde die Rate an Rückerstattungen durch verschiedene Faktoren: Die Güte des ersten Eindrucks bei Spielern und Presse, die Platzierung in einer Nische und die Qualität des Spiels. Auch die Region, in der angeboten werde, habe eine Auswirkung. In China würden etwa mehr Spiele zurückgegeben.

Für das Beispiel greift Carless zum Mittelwert von 9 Prozent. Von den verbleibenden 910.000 US-Dollar geht anschließend die Mehrwertsteuer ab. Ihre Höhe hängt von dem Land ab, in dem das Spiel gekauft werde. Im Schnitt liege sie bei No More Robots bei 8,5 Prozent. Von dem nun verbleibenden Netto-Umsatz in Höhe von 825.000 US-Dollar gingen weitere 30 Prozent an Steam. Carless erwähnt in diesem Kontext, dass er zwar gerne geringere Plattformgebühren sehen würde, bringt aber auch eine Wertschätzung der organisatorischen Entlastung durch den Service des Anbieters zum Ausdruck: Er wolle sicher „nicht die Person sein, die herausfinden muss, wie man Mehrwertsteuer an chilenische Behörden abführt“. Was bleiben, sind im Beispiel 57,5 Prozent oder 575.000 US-Dollar.

58 Prozent sind nicht das Ende

Am Ende ist die Rechnung damit aber noch nicht. Unter Umständen müssten darüber hinaus Kosten für das Wechseln von Währung berücksichtigt werden. Auch Steuern auf den erzielten Umsatz könnten anfallen, in Großbritannien läge sie bei weiteren 20 Prozent. Rebekah Saltsman vom Studio Finji führt die Rechnung weiter fort.

Sie zieht zwar keine Steuer ab, aber einen hypothetischen Publisher-Anteil in Höhe von 20 Prozent. Dieser Wert liege noch unter der branchenüblichen Norm und beließe dem Studio 462.000 US-Dollar. Unter Annahme von keinen weiteren Kosten, beispielsweise für Marketing, Gebäudemiete, der Rückzahlung von Krediten und Vorschüssen für das letzte Projekt oder Ausgaben für Hard- oder Software blieben bei einem Unternehmen mit vier Mitarbeitern für das nächste Spiel im Schnitt 115.000 US-Dollar pro Angestellten bei einer Projektdauer von einem Jahr.

Schon bei einer nicht untypischen Entwicklungsdauer von drei Jahren blieben lediglich 38.500 US-Dollar pro Person und Jahr, was allerdings als Bruttolohn noch ohne Sozialabgaben und Steuer zu verstehen wäre. Für kleine Studios kann es daher schnell ungemütlich werden. Denn um eine Million US-Dollar überhaupt umzusetzen, müssten bei einem Verkaufspreis von 20 US-Dollar, einem üblichen Indie-Preis, schon 50.000 Kopien abgesetzt werden.