Geschichte studieren... oder nicht?

sc00ty

Commander
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Hallo zusammen,

Der Titel verrät ja schon ziemlich viel. Ich bin momentan in der 11. Klasse des Gymnasiums und denke darüber nach, wohin es denn mal gehen soll. Ich habe mich mal ein wenig damit beschäftigt und habe zwei Richtungen gefunden, die mich interessieren: Geschichte und Journalismus.

Das Problem ist nun, dass mich Geschichte am meisten reizt. Allerdings wüsste ich nicht, was für Berufe mir danach zur Verfügung stehen (im Museum, Lehrer, Prof?). Bei Journalismus ist das eben kein so großes Problem.

Sind hier vll ein paar Historiker, die im Studium sind oder es schon fertig haben? Mich würde interessieren, wie es mit Jobs aussieht, ist das Studium sehr anspruchsvoll?

Danke schonmal für die Hilfe
sc00ty
 
ich sehe täglich unglückliche lehrer, das issn ganz mieser job!
 
Lehrer will ich auch nie werden... ich gehe noch auf die Schule und wundere mich jeden Tag, wie manche Leute sich diesen Beruf aussuchen können :rolleyes:
 
Geschichte gilt wie Sozialwissenschaften als Einstiegsmöglichkeit zum Journalistenberuf - ich habe mich nur lange gefragt, warum?

Nach jahrelangem Nachdenken fällt mir dazu vor allem eines ein: Verzweiflung. In solchen Fächern, die nur mit äußerster Phantasie berufsqualifizierend sind, hat man einfach keine festgenagelten Berufsfelder. Viel wichtiger ist, dass man schon während des Studiums in Redaktionen arbeitet, schreibt, veröffentlicht (im journalistischen Umfeld und nicht im wissenschaftlichen), sodass man nach dem Studium bereits ein oder zwei Füße in der Türe hat.

Ehrlich gesagt würde ich mich beim Berufswunsch Journalismus eher auch in Richtung desselben begeben. Zum Beispiel mit Journalistik oder einer Journalistenschule.

Eine Idee wäre auch noch Kommunikationswissenschaft, das oftmals sozialwissenschaftlich, historisch, etwas technisch und vor allem auf Medien und Kommunikation fixiert ist.

Und eines solltest Du nicht verwechseln: Geschichte in der Schule hat nur gaaaaaanz wenig mit einem Geschichte-Studium zu tun. ;)
 
Theoretisch heißt es:
"Historikern steht auf dem Arbeitsmarkt ein breites Berufsspektrum offen. Als Fachkräfte finden sie Anstellungen in Bibliotheken, Archiven, Museen, Presse, Rundfunk und Fernsehen, im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, bei Verlagen, Verbänden, Schulen, Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen."

http://www.uni-muenster.de/Geschichte/studium/

Praktisch schaust Du mal auf der Website der Arbeitsagentur nach, wie viele und was für Stellen für Historiker konkret angeboten werden.
 
Wobei Journalismus momentan eine echt harte Branche ist.
Da rein zu kommen und nicht als wasauchimmer bei einem Käseblatt zu enden, ist nicht einfach.

Ich spreche häufig mit meinem Nachbar darüber.

Mir wäre das ein zu großes Risiko, außer ich wäre mir sicher, dass ich da keine Probleme bekommen würde.
 
Welche Branche ist heute nicht hart? :(

Also ich habe letztes Jahr mein Berufspraktikum bei einer Zeitung gemacht. Die haben mir erzählt, dass der Zeitungsjournalismus ausstirbt. Bis auf die Bild schreibt keine Zeitung grüne Zahlen, Leute werden entlassen und keine neuen eingestellt. Wenn Journalismus, dann im TV oder im Internet...

Ich war in Giesen bei einer Vorlesung über römische Geschichte. Ich war überrascht, wie detailiert man auf alles eingeht - ganz im Gegenteil zu Geschichte in der Schule :rolleyes: Wenn man sich anschaut, wie wenig deutsche Schüler über Geschichte wissen... (ich habe einen Halbitaliener in der Klasse, der nicht weiß, wer Mussolini war!?).

Ich werde in den Ferien auf jeden Fall auch mal zum Arbeitsamt gehen und mich genau informieren.
 
sc00ty schrieb:
Sind hier vll ein paar Historiker, die im Studium sind oder es schon fertig haben? Mich würde interessieren, wie es mit Jobs aussieht, ist das Studium sehr anspruchsvoll?

Danke schonmal für die Hilfe
sc00ty

Bin selbst kein Historiker aber mein Vater ist Archäologe und hat u.a. Geschichte studiert.
Laut seiner Aussage ist das ne brotlose Kunst.
Ohne Promotion kommst Du nicht wirklich weit und selbst davon gibt es schon genug.
Die Jobchancen mit einem Geschichtsdiplom sind einfach gesagt: schlecht. Zu viele (z.T. exzellente) Absolventen bei einem minimalen Bedarf.

Als verbeamteter Lehrer auf dem Gymnasium hast Du allerdings ein nettes Auskommen und im Vergleich zur freien Wirtschaft sehr entspanntes Leben. Aber das kam für Dich ja nicht in Frage.

MFG
 
Eine ähnliche Antwort hatte ich schon befürchtet :( Als Prof an der Uni ist eben noch eine Alternative...
 
Ich wollte es nicht so drastisch wie e-ding formulieren, aber genau das ist der Punkt. Wenn man sich die möglichen Arbeitsstellen anschaut, dann liegen viele davon im öffentlichen Bereich. Wenn ich mir dann die finanzielle Lage der Kommunen anschaue, weiß ich auch, wo die am liebsten sparen.

Dem knappen oder sogar knapper werdenden Angebot an Arbeitsplätzen stehen (konstant) hohe Absolventenzahlen gegenüber, die von den Hochschulen kommen und auf den Arbeitsmarkt drängen. Also schrauben die Arbeitgeber die Anforderungen in die Höhe: noch mehr Praktika, noch mehr (alte) Fremdsprachen, exzellente Noten, kurze Studienzeiten, Doktortitel. - Und von denen nimmt man dann die Besten, der Rest fährt Taxi oder steht in der Bibliothek an der Theke, wo die Bücher zurückgegeben werden.

Beim Journalismus ist ein wenig so wie mit der Fotografie. Da beklagen sich auch viele darüber, dass jetzt jeder eine Digitalkamera hat und dass es eine Inflation an Bildern gibt. Aber das ist nicht das entscheidende Kriterium. Es zählt immer noch das, was auf den Bildern zu sehen ist. Und dort kann sich der Profi (theoretisch) von der Masse absetzen. Auch der Wandel der Medien (ob nun beim Journalismus oder in der Fotografie) ist eine Tatsache, die man hinnehmen muss. Da bricht nicht gleich alles weg, sondern es verändert sich alles. Darauf muss man eigene Antworten finden, sonst findet man keine Nische, in der man arbeiten und von der man leben kann.
 
sc00ty schrieb:
Eine ähnliche Antwort hatte ich schon befürchtet :( Als Prof an der Uni ist eben noch eine Alternative...

Nicht wirklich. Die Luft nach oben ist im wissenschaftlichen Betrieb sehr dünn und Studiengänge wie Geschichte eignen sich aufgrund der schlechten Berufsaussichten und mageren Drittmittelprojekten prima fürs Sparpaket der Hochschule.
 
Nun weiß ich gar nicht, ob man Geschichte allein als isoliertes Hauptfach studieren kann. Ich denke mal eher nicht. Dann käme es darauf an, womit man das Fach kombiniert.

Oder man beschreitet einen ganz anderen Weg und studiert – nur mal als Beispiel – Wirtschaftswissenschaften und geht später in den Bereich der Wirtschaftsgeschichte. Dann hätte man außer der brotlosen Kunst noch etwas anzubieten, könnte aber weiterhin seinem Hobby nachgehen.
 
@tankred

Na mit dem Abschluß darfst Du dann die Bleistifte vom Prof anspitzen. :D

Sorry for OT.
 
hmm....also wenn ich dir einen Tipp geben darf. Ich habe bisher Biologie studiert, und werde jetzt nanoEngineering in Duisburg studieren.

Warum?


Ich liebe Biologie, vielleicht wie du Geschichte.
Aber wir wollen doch beide von unserem Beruf leben können??-dann studier was "richtiges", zum Bsp Journalismus, und danach mach deinen Bätschala in Geschichte.
Nebenbei habe ich noch bei der WAZ als Schreiberling gearbeitet (die meines Wissens nach NICHT rote Zahlen schreibt ^^).
Das Grotesque ist, dass die dringend Journalisten und Fotografen suchen, aber die Abteilung, die das machen soll, keinen an Land holt. Daher sind angehende Leute wie du sicher gerne gesehen. Es ist nur unglaublich schwer erstmal rein zu kommen!!!!-denn das macht die Abteilung nicht selbst und das daaaauuuert. Einfach hinmarschieren, den Chef sprechen (sind locker da), sagen, man macht nen Probeartikel und der Rest klappt dann schon!!-das ist jetzt nicht explizit auf unsere Redaktion bezogen, sondern generell. Auch grosse Unternehmen suchen, aber jeder denkt, da würden sich 100000 Leute bewerben und keiner macht das!!-EIGENINITIATIVE ist das Zauberwort.

tschuldige das ich so weit aushole.

Folge deinem Herzen, mach ein paar Semester Geschichte und schreibe nebenbei für ne GUTE Zeitung!-sollte ich erfahren, dass du bei der BILD bist, gibts Kloppe^^^^

meinen Segen hast du^^

meine Bio-Studikollegen haben jetzt nen Comicshop und ne Zoohandlung. Nur damit du weißt, was dich erwarten kann (hmm....so ein Comicshop hat auch was:D)


hoffe, dir geholfen zu haben:o


Ghaz
 
e-ding schrieb:
@tankred

Na mit dem Abschluß darfst Du dann die Bleistifte vom Prof anspitzen. :D

Naja, der Bologna-Prozess führt dann nach Deiner Hypothese dazu, dass es nur noch Bleistiftanspitzer gibt? Nee, danach machst Du den Master, dann den Doktor und dann spitzt Du den Stuhl vom Prof an. ;)
 
Ich glaube, du musst das ganze etwas anders angehen. Schaue nicht, welches Studium dir Spaß machen könnte, sondern ganz konkret wie später dein Arbeitsalltag aussehen soll. Wenn du also gerne politischen Entscheidungen hinterfragst, dann ist Journalismus ein guter Anfang.
Hier schreibt einer darüber, dass der Journalismus sich im Umbruch befindet:

Rapunzel-Diät statt Macht-Kontrolle - Die Feminisierung des Journalismus trifft auf dessen Niedergang
Seine Argumentation ist nicht durchweg logisch, aber du wirst auch so wissen, dass Journalist heute nicht mehr den gleichen Status hat wie vor 40 Jahren.

Ich habe allerdings überhaupt keine Vorstellung davon, welches Unternehmen einen Historiker gebrauchen könnte. Für mich ist das ein Beruf (und Studium), den die Menschen überwiegend aus persönlichen Motiven und Vorlieben ergreifen und wo es meistens irrelevant ist, was der Arbeitsmarkt von dieser Entscheidung hält.
Ich habe mich in deinem Alter auch für Geschichte interessiert, das hat mit der Zeit aber nachgelassen. Mir reicht es heute, ein paar Bücher zu dem Thema zu haben.

Wie die meisten Menschen halte ich die Zukunft für wichtiger als die Geschichte, aber wenn Geld nicht dein Antrieb ist, sollte dich das nicht vom Studium abhalten.
 
Ich habe einfach mal den Test auf Monster.de gemacht. Die Suche nach „Historiker“ ergab nichts. Die Suche nach dem Kontrollbegriff „Chemiker“ brachte 157 Treffer. So sieht es aus. Und wenn ich noch einmal an die Stellen im öffentlichen Dienst erinnere. Dort zählt natürlich weiterhin die Frauenquote, weshalb männliche Bewerber erst recht kein Bein in die Tür bekommen werden.

Man sollte schon ein Thema studieren, für das man sich begeistern kann. Alles andere wäre Wahnsinn, weil ein Studium ein Höchstmaß an Eigenmotivation und Ausdauer verlangt. Aber wenn man unbedingt Ägyptologie studieren will, obwohl man weiß, dass man in diesem Bereich nie und nimmer einen Job finden wird, dann ist das dumm.

Längst nicht jeder hat die Möglichkeit, nach dem Master-Studium seinen Doktor zu machen. Dafür müssen z. B. die Noten stimmen. Und die Stelle muss auch vorhanden sein. Hinzu kommt wieder die eigene Motivation, jetzt noch einmal ein paar Jahre dranzuhängen und mit seinem Thema, über das man mit niemandem wirklich reden kann, allein auf dieser Welt zu sein. Und ob es nach dem Doktortitel einen Job gibt, steht auch noch in den Sternen.

Wenn man das Studium als Form der Selbstverwirklichung betrachtet, kann man alles studieren. Aber wenn das Studium auf den Beruf vorbereiten soll, dann sollte ein Job am Ende des Tunnels warten.
 
keshkau schrieb:
(...) Wenn man das Studium als Form der Selbstverwirklichung betrachtet, kann man alles studieren. Aber wenn das Studium auf den Beruf vorbereiten soll, dann sollte ein Job am Ende des Tunnels warten.

Schön zusammen gefasst. Also ich habe mir schon gedacht, dass die Auswahl an Berufen im Bereich Geschichte mager ausfällt. Wobei Journalismus immer gefragt ist. Es ist eine wirklich schwere Entscheidung, da ich befürchte, dass mich Journalismus nach einiger Zeit langweilen könnte. Ich muss wirklich mit dem Arbeitsamt Kontakt aufnehmen.

Falls hier vll ein paar Geschichtsstudenten sind; wie sieht der Aufbau des Fachs genau aus?
 
Eine Sache solltest du noch beachten und das ist die Studienfinanzierung. Grundsätzlich sind nur alle Unis der neuen Bundesländer gebührenfrei und bis du in 1-2 Jahren mit dem Abi fertig bist, wird sich auch nichts daran geändert hat, schätze ich. Bedenke, dass man heute nach seinem Abschluss einen kleinen Schuldenberg hat, wenn man auf Bafög oder Kredite zurückgreifen muss. Die Bafögrückzahlung ist zwar momentan auf 10.000€ gedeckelt, aber ich kenne drei Kommilitonen die aus verschiedenen Gründen einen Privatkredit aufgenommen haben und sie werden am Ende des Studiums etwa 20.000€ zurückzahlen müssen.

Seit Einführung der Gebühren soll das Interesse an brotlosen Studiengängen zurückgegangen sein und auch wenn deine Eltern momentan in der Lage wären, dein Studium vollständig zu finanzieren, solltest du noch im Hinterkopf haben, dass die Wirtschaft in den nächsten Jahren eher weiter abflaut und die Finanzierung und später Arbeitsplatzsicherheit wichtiger werden könnten.
Edit: Ich bezweifle, ob Journalismus immer gefragt sein wird. Und selbst wenn, willst du dich im schlimmsten Fall jahrelang von Praktikum zu Volontariat hängeln und dann am Ende noch froh zu sein, bei "Bild der Frau" den immergleichen Urlaubsartikel schreiben zu können?
 
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