Oracle und SAP im Kampf um Retek

Sasan Abdi
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Manchmal ist die Schlacht vorbei, bevor sie so richtig begonnen hat. Wenn man diesen Umstand auf die Business-Software-Branche überträgt, dann lässt sich hierzu als bestes Beispiel der aktuell beendete Preiskampf um den US Handels- und Logistik-Softwarehersteller Retek aufführen.

Mit Spannung hatte man einen harten Schlagabtausch zwischen den beiden Branchenriesen Oracle und SAP erwartet. Während das US-Unternehmen Oracle gegen Ende letzten Jahres noch in einem heftigen, 18 Monate andauernden Übernahmekampf mit der Branchengröße Peoplesoft steckte, hatten sich die Jungs von SAP aus Walldorf an den Handels- und Logistiksoftware Experten Retek herangemacht.

Mit dem Management auf seiner Seite war der SAP-Retek-Deal schon fast an Land gezogen worden, als sich – für SAP wahrscheinlich ein Unglücksfall - Oracle nach erfolgreicher Übernahme von Peoplesoft wieder dem „konventionellen“ Markt widmen konnte. Denn im letzten Moment stieg Oracle in das Gebuhle um Retek ein und provozierte damit ein Wettbieten mit dem Branchenprimus.

Bei SAP ließ man sich nicht zwei Mal bitten, so dass alsbald zur Freude der Retek-Aktionäre ein Preistreiben begann. Obgleich der Retek-Vorstand sich wacker hinter die Offerten aus Walldorf stellte, setzte sich der höhere Einsatz von Oracle nun doch durch. Nach einem letzten SAP-Angebot von 11 Dollar je Aktie überbot Oracle nun mit 11,25 – und erreichte damit ein Einlenken seitens SAP. Damit verleibt sich Oracle nach dem riesigen Peoplesoft ein kleines aber feines Unternehmen ein, das insgesamt eine Hegemoniestellung im Bereich der Handelssoftware gewährleistet.

„Oracle hat das größte Anwendungssoftware-Geschäft in Nordamerika, und wir haben vor, unsere Führungsposition auszubauen“, freute sich laut dpa Oracle-Chef Larry Ellison. Und das zurecht. Denn neben der Vormachtstellung in diesem sehr speziellen Segment übernimmt Oracle mit Retek auch zugleich rund 200 Großkunden aus 20 Ländern. Retek macht zudem derzeit einen Gewinn von immerhin 8,2 Millionen US-Dollar. Bei SAP argumentierte man den Rückzieher mit viel Understatement auf eine moralische Ebene: „Von einem weiteren Bieterkampf hätten weder die Investoren der SAP noch die gegenwärtigen und zukünftigen Kunden im Segment Handel profitiert“, so SAP-Vorstand Henning Kagermann.

De Facto aber hat SAP sich vielleicht insgesamt vor einer Fehlinvestition geschützt, zumal nicht absehbar war, wie lange Oracle den Preis erhöht hätte. Dennoch könnte diese kurze Preisschlacht ein mittelfristiges Zeichen für einen Wechsel an der Branchenspitze sein. Letztlich muss man sich bei SAP fragen lassen, warum man bisher in den Augen vieler allzu lasch auf dem mittlerweile heißen Business-Software Markt auftritt, während sich Oracle – zugegebenermaßen ökonomisch riskant, aber bisher doch effektiv – Stück für Stück mit einer aggressiven Einkaufspolitik an die Spitze drängt. Mit der Übernahme, die – ganz typisch für Oracle – gegen den Willen des Retek-Managements über die Bühne geht, erklärt das US-Unternehmen den Walldorfern ganz offen den Kampf. Das hat man bei SAP erkannt, doch wähnt man sich mit recht plausiblen Argumenten in Sicherheit: „Diese Position (die Erste, Anm. d. R.) im Weltmarkt kann man sich nicht erkaufen, sondern gewinnt sie nur durch das Vertrauen der Kunden und die Schaffung von Mehrwert [...] SAP ist zuversichtlich, ihre starke Marktposition im Segment Handel weiter auszubauen. “ Es bleibt also spannend.