Urteil im Fall „Supernature“ am 2. März

Jan-Frederik Timm
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Am gestrigen Freitag, den 19.1.2007, fand vor der 24. Pressekammer des LG Hamburg endlich die Verhandlung im Fall „Supernature“-Forum statt. Dr. Bahr, Anwalt des Foren-Betreibers Martin Geuß, kommentierte den Ausgang der Verhandlungen mit „Wir haben die Schlacht zu 5/6 gewonnen, aber den Krieg verloren.“.

Auch wenn Martin Geuß den Prozess in den meisten Punkten wohl für sich entscheiden wird, dürfte die sich im wichtigsten Punkt abzeichnende Niederlage für sein Forum, für ComputerBase, ja für das gesamte Netz gravierende Folgen haben. In diesem entscheidenden Punkt ging es einmal mehr darum festzustellen, dass ein Forenbetreiber für Foreninhalte erst dann haftbar gemacht werden kann, wenn er von diesen Inhalten Kenntnis erlangt und nicht unverzüglich etwas unternommen hat.

Laut Prozessbeobachtern ging das Gericht in der Verhandlung nicht allgemein auf das Thema ein, beschäftigte sich hingegen im Detail mit dem ursprünglich für die Abmahnung von Martin Geuß ursächlichen Foren-Beitrag. Während man sechs der sieben dort geäußerten Anschuldigungen und Behauptungen, die die betroffene Firma zur Abmahnung veranlasst hatten, durch das im Grundgesetz verankerte Recht auf freie Meinungsäußerung als rechtens eingestuft hat, sah man in der siebten Äußerung eine Rechtsverletzung. Im Rahmen eines Vergleiches legte das Gericht Martin Geuß nahe, die von der abmahnenden Seite geforderte Unterlassenserklärung zu unterschreiben und bestätigte somit indirekt, dass der Betreiber eines Forums auch ohne die Kenntnis über einen rechtswidrigen Beitrag für diesen Beitrag haftbar gemacht werden kann. Die Unterzeichnung der Erklärung hätte zur Konsequenz gehabt, dass Martin Geuß bei jeder weiteren, einschlägigen Äußerung auf dem Board die in der Unterlassungerklärung vereinbarten Verpflichtungen (Strafen) hätte tragen müssen – ganz egal, wer diese Äußerungen aus welchem Anlass getätigt hätte.

Martin Geuß lehnte den Vergleich ab, hätte die Unterzeichnung der Unterlassenserklärung den ursprünglichen Prozessanlass konterkariert. Einer der beisitzenden Richter äußert sich darauf mit „Wer ein öffentliches Forum betreibt und auch noch selbst daran teilnimmt, der haftet für alles, was dort passiert – ob er davon weiß oder nicht.“

Auch wenn die endgültige Urteilsverkündung erst am 2. März stattfinden wird, gehen Martin Geuß, sein Anwalt und Prozessbeobachter (Blog-Eintrag) davon aus, dass der angebotene Vergleich sowie die Äußerung des Richters keine Überraschungen auf der Zielgerade mehr zulassen werden, Forenbetreiber also (weiterhin) für alle auf ihrem Board getroffenen Äußerungen haftbar gemacht werden können – auch ohne Kenntnis von diesen Beiträgen gehabt zu haben.