Die CD wird 25 – (k)ein Ende in Sicht?

Jirko Alex
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Am 17. August 1982 wurde das erste Pop-Album auf eine CD gepresst und der kleine Silberling trat einen unvergleichlichen Siegeszug nicht nur im Musikgeschäft, sondern auch bei der Speicherung anderer Daten an. Dass daran kaum jemand glaubte und der Silberling ursprünglich gar nicht klein sein sollte, wissen heute nur die Wenigsten.

Das erste Album, das seinerzeit in digitale Rundform gepresst wurde, war gleichermaßen das letzte der erfolgreichen schwedischen Pop-Band Abba. Mit „The Visitors“ wurde in den damals zu Philips gehörigen Polygram-Werken in Langenhagen bei Hannover die Massenproduktion aufgenommen und das, obwohl zu dieser Zeit noch nicht einmal ein CD-Player in Serie hergestellt wurde. Dieser folgte nämlich erst am 1. Oktober des gleichen Jahres. Der Weg hin zur heutigen CD war auch sonst nicht gerade von Stringenz gezeichnet und gleicht an vielen Stellen einem Würfelspiel.

So kristallisierten sich sehr schnell die beiden Mutterunternehmen heraus, die später die CD gemeinsam entwickeln sollten: Sony und Philips. Während Philips bereits 1980 ein Verfahren zur Abtastung einer Bildplatte mit einem Laser entwickelte, hierbei jedoch die Daten immer noch analog speichern wollte, entwickelte Sony bereits 1977 das PCM-Tonformat, das die digitale Speicherung von Audio-Daten ermöglichte. Die Idee eines optischen Datenträgers, der Audio-Daten digital aufnehmen konnte, entwickelte sich recht schnell. Mehr oder minder zufällig wurden jedoch einige der Standards der ersten CD festgeschrieben: So sollte sich der Silberling ursprünglich an den Abmessungen einer Schallplatte orientieren, womit eine CD 30 Zentimeter im Durchmesser gemessen hätte. Dies hätte seinerzeit eine Speicherung von 30 Minuten Videomaterial ermöglicht; Audio-Daten hingegen hätten über 13 Stunden lang auf einer dieser Datenscheiben Platz gefunden. Diese übermäßige Speicherfülle hätte sich jedoch nicht mit der Musikindustrie vertragen, die auf die Vermarktung einzelner Alben spezialisiert war. Eine neue Größe musste gefunden werden.

Wie jedoch letztendlich eine 12 Zentimeter im Durchmesser messende CD entstand, darüber gibt es mehrere Anekdoten. Die schönste ist gleichzeitig die bekannteste und wurde sogar von Philips bestätigt: So sei es Sonys damaliger Vizepräsident Norio Ohga gewesen, der vehement dafür eintrat, auf eine CD müsse in jedem Fall Beethovens Neunte Sinfonie passen. Diese, obgleich Ohgas Lieblingsversion nur 66 Minuten lang war, kam in einer Version von Wilhelm Furtwängler aus dem Jahre 1951 exakt auf 74 Minuten – ein neuer Standard war geboren, der sich jedoch noch gegen zahlreiche Anzugstaschen durchsetzen musste. Diese nämlich seien zu klein, intervenierte Philips, woraufhin Sony Anzüge aus aller Welt vermessen ließ; das Ergebnis ist in Anbetracht der heutigen Größe von 12 Zentimetern naheliegend.

Eher willkürlich sei hingegen der Durchmesser des im Zentrum der CD liegenden Loches festgelegt worden: Man orientierte sich damals, so heißt es, schlicht an der kleinsten seinerzeit bekannten Geldmünze – dem niederländischen 10-Cent-Stück.

Nachdem – auf triviale wie erzählerisch schöne Weise – Abmaße und technische Details festgelegt wurden, schrieb man beide in dem „Roten Buch“ fest und definierte so 1980 die CD-DA, die Compact Disc Digital Audio. Bereits zur IFA 1981 stellte man der breiten Öffentlichkeit in Berlin das neue Format vor, um dann wiederum ein Jahr später mit der Massenproduktion zu beginnen. Diese setzte damals noch höhere Ansprüche als heute, gingen mit dem völlig neuen Medium doch auch neue Ansprüche an die Fertigungstechnik einher. So benötigte man neben einem Reinraum auch neue Geräte für die Herstellung der CD – die im Übrigen anfangs ganze 28 Sekunden pro Stück gedauert hatte. Heutige CDs werden innerhalb von 2,8 Sekunden vollständig gepresst.

Die Auflage der ersten CD-Alben ging nur in die Tausend; 1982 wurden auch nur etwa eine Million CDs gepresst. Die anfgänglichen Schwierigkeiten, sich gegen die etablieten LPs durchzusetzen, verflogen jedoch schnell, nicht zuletzt, weil CD-Spieler rasch günstiger wurden und CDs weitaus transportabler sind als Schallplatten. Auch der anfängliche klangliche Vorteil einer Schallplatte gegenüber einer CD, für die analoge Audiosignale eher schlecht als recht digitalisiert wurden, endete spätestens mit der Einführung des ersten vollständig digital produzierten Albums „Brothers in Arms“ der Dire Straits. Bereits 1988 betrug daher die Zahl der weltweit gepressten CDs 100 Millionen; 1990 wurden erstmals mehr Silberlinge gepresst als Musikkasetten oder LPs für sich genommen hergestellt wurden. 1994 übertrafen die Herstellungszahlen der CD die aller übrigen Formate zusammengenommen um das Doppelte.

Es folgten der Audio-CD weitere Ableger, beispielsweise die CD-ROM, die nun auch andere Daten aufnehmen konnte und bereis 1985 im Yellow-Book definiert wurde. Das erste ausschließlich auf CD-ROM verkaufte PC-Spiel kam jedoch erst 1993 in Form von Rebel Assault – seit dem trat der Silberling auch im IT-Sektor einen Siegeszug sondergleichen an, der auch heutzutage noch zu beobachten ist. Neben immer noch verbreiteten PC-Spielen auf CD-ROMs reißt auch der Absatz an wiederbeschreibbaren CDs nicht ab. Zudem gewinnen Werbe-CDs oder Hörbücher weiterhin an Bedeutung, weswegen an ein Ende der nun 25-jährigen Geschichte kaum zu denken ist. In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass bisher über 200 Milliarden CDs jedes Formats verkauft wurden. 35 Milliarden sollen dabei allein die Musik-CDs ausmachen. Gerade diese sind es aber auch, so das regelmäßige Wehklagen der Musikindustrie, die am stärksten vom Aussterben bedroht seien.

So müsse die Musikindustrie Umsatzrückgänge von bis zu 20 Prozent verkraften und schütze nicht zuletzt daher die verkauften Musik-CDs durch diverse Kopierschutzmechanismen. Das Wasser graben der Audio-CD hierbei vor allem Musik-Downloads sowie die Anfertigung von Raubkopien ab, so die Botschaft der Musikindustrie. Von jeder verkauften Musik-CD würden heutzutage drei Kopien angefertigt, die dem Verkauf natürlich sehr abträglich seien. Illegale Tauschbörsen im Internet täten ihr Übriges, das Grab für den physikalischen Tonträger Nummer Eins auszuheben.

Dass dieses Bild so trübe gar nicht sein kann, stellte vor kurzem jedoch eine Studie im Auftrag von Vanity Fair in Aussicht. So würden auch heute noch 75 Prozent der 14- bis 29-jährigen Deutschen ihre Musik auf CDs kaufen; die restlichen 25 Prozent laden sich Musik im Internet herunter – vornehmlich jedoch bei legalen Angeboten, heißt es. Insgesamt, so die Umfrage, gebe jeder Deutsche dieser Altersgruppe monatlich 23,80 Euro für Musik aus, wobei hier auch Konzerttickets mit inbegriffen sind. Zudem kaufe jeder im Schnitt 1,6 CDs pro Monat, was ein Aussterben des Silberlings noch in relativ weite Ferne rücken lässt.

Der Kampf gegen MP3-Musik-Downloads und -Player wird früher oder später wohl dennoch zu Gunsten letzterer ausgehen. Er könnte höchstens mit Preisnachlässen bei den CDs bekämpft werden, so die Einschätzung vieler Experten. So zeige sich auch im Vergleich zu Film- oder Musik-DVDs, dass die CD preislich kaum mehr konkurrenzfähig ist.

Dennoch, und wohl auch, weil 25 Jahre ja nicht wirklich alt sind, ist die CD für die Musikindustrie noch lange nicht tot. „Die CD für tot zu erklären ist ungefähr das Gleiche, wie einem 50-Jährigen zum Geburtstag einen Sarg zu schenken“, erklärte Michael Haentjes vom Bundesverband der deutschen Phonoindustrie auf der offiziellen Geburtstagsfeier der CD in Berlin. Ob das auch noch zum 50. Geburtstag der CD gelten mag?