Google umgeht chinesische Zensur

Benjamin Beckmann
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Es ist ein gewagter Schritt, doch Google bietet seit gestern ungefilterte Suchergebnisse in China an. Durch eine Umleitung zu google.com.hk, dem Suchmaschinen-Ableger in der Sonderverwaltungszone Hongkong, hofft Google, die chinesischen Zensurbestimmungen umgehen zu können.

Ergebnisse zum Tian'anmen-Massaker
Ergebnisse zum Tian'anmen-Massaker

So sind nun beispielsweise – wie im Bild zu sehen – detaillierte Informationen zum Tian’anmen-Massaker, der grausamen Niederschlagung der Studentenproteste durch die chinesische Regierung im Jahr 1989, für das chinesische Internetvolk abrufbar. Dies setzt natürlich voraus, dass die verlinkten Seiten nicht bereits der Zensur zum Opfer gefallen sind. Andernfalls ist der Vorschautext in den Google-Suchergebnissen die Endstation.

Der Schritt wird auf Seiten des kalifornischen Konzerns als „völlig legal“ angesehen. Hongkong stellt seit der Übergabe an China durch Großbritannien am 1. Juli 1997 eine Sonderverwaltungszone mit abweichendem Wirtschaftssystem und vergleichsweise lockeren Gesetzen dar. Dort unterliegt Google nicht der Pflicht, politisch brisante Inhalte aus dem Suchindex zu filtern. Dass die chinesischen Behörden dieses Vorgehen billigen, gilt allerdings als unwahrscheinlich. Dem Schritt Googles ging ein monatelanger Streit voraus. Ende 2009 machten Spionage-Angriffe gegen Google, welche ihren Ursprung auf dem chinesischen Festland hatten, weltweite Schlagzeilen. Kurz darauf kündigte Google im Gegenzug an, die geforderte Zensur nicht weiter anwenden zu wollen. Dies trifft nun auf die Google-Suche, Google-News und die Bildersuche zu. Die zu Google gehörenden Portale YouTube, Blogger und Sites werden hingegen gefiltert, was allerdings auch vor der Umleitung der Fall war.

Fraglich ist, wie lange das Angebot in dieser Form bestehen kann. Zwar verstößt der Internetkonzern mit seiner Umleitung nicht gegen geltendes Recht, die chinesische Regierung zeigte sich in einer ersten Reaktion aber wenig erfreut über den Schritt. Theoretisch könnte der Zugang zu den in Hongkong stationierten Servern von China aus geblockt werden. Dann müsste sich der Konzern aber wohl endgültig aus der Volksrepublik zurückziehen oder aber Inhalte wieder zensieren. Für Google ist China jedoch ein bedeutender Markt, da bereits heute etwa 380 Millionen Chinesen online sind. Zwar hält Google nur einem Marktanteil von 35 Prozent im Suchmaschinenmarkt des Landes, der zweifelsohne expandierenden Wirtschaft kann man sich aber nur schwer verschließen.