Netzsperrendisput in Frankreich weiter am köcheln

Maximilian Schlafer
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In Frankreich nimmt die Brisanz der Meinungsverschiedenheiten bezüglich des am 15.12.2010 erlassenen Netzsperrengesetzes, welches die Möglichkeit der Sperrung für bestimmte Websites ohne jegliche richterliche Kontrolle vorsieht, weiter zu.

Die besagte Gesetzespassage befindet sich in einem Gesetzespaket mit dem Namen LOPPSI, das sich aus diversen (Neu-)Regelungen für polizeiliches Handeln zusammensetzt. Selbiges soll nun nach Medienberichten eben gestern, am 15.12., von der Nationalversammlung erlassen worden sein. Das besagte Gesetz sieht vor, dass eine zentrale „Behörde gegen Internetkriminalität“ unter anderem die Option frei hat, in bestimmten Fällen eine Website zu sperren, ohne damit einen Richter befassen zu müssen. Der Senat hatte in diesem Frühjahr zwar noch eine Adaption der Regelung hin zu einer richterlichen Kontrolle durchgeführt, dies wurde jedoch vom französischen Innenminister Eric Besson wieder revidiert.

Befürworter dieser Regelung – etwa Innenminister Besson – , wie sie vor allem in der rechtskonservativen Präsidentenpartei UMP zahlreich zu finden sein sollen, argumentieren damit, dass dies unerlässlich und essentiell für die Bekämpfung von Kinderpornos sei. Gegner der Regelung – etwa die Bürgerrechtsbewegung La Quadrature du Net – konstatieren der Regierung und ihren diesbezüglichen Hauptakteuren Besson und Sarkozy, dass der Schutzzweck der Norm bezüglich Kinderpornographie nur ein Vorwand sei, um so eine Handhabe gegen Webseiten zu bekommen, die unangenehme Inhalte transportieren, wie etwa Wikileaks eine ist. Zur Untermauerung dieser These wird oft vorgebracht, dass ausgerechnet Besson mehrmals mit intensiver Wortwahl seine Missbilligung ob des Wikileak'schen Handelns dartat.

Kurioserweise bekunden sogar anerkannte, französische Kinderschutzorganisationen ihr Unverständnis ob dieser Regelung. Diese wird als „nutzlos“ in Sachen Kinderpornobekämpfung und als „unmittelbare Gefahr für die Meinungsfreiheit“ von diesen bezeichnet. Diese Ansicht wird jedoch sowohl in Frankreich selbst als auch in den relevanten Gremien der EU eher spärlich beachtet. In letzterer herrschen vielmehr von Seiten der Innen- und Justizminister – mit Ausnahme Deutschlands und Rumäniens – intensive Bestrebungen, eine unionsweit verpflichtende Netzsperreneinführung zu forcieren. Über einen entsprechenden Vorschlag der zuständigen Ministerin Malmström soll im EU-Parlament im Februar abgestimmt werden.