Beirat der Bundesnetzagentur: Vectoring-Beschluss soll FTTH-Ausbau nicht gefährden
Mit der Vectoring-Entscheidung ist die Bundesnetzagentur zunehmend isoliert. Nun fordert auch der Vorsitzende des Beirats der Bundesnetzagentur, der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies, bei dem Beschluss nachzubessern. Das Prüfverfahren der EU-Kommission sei hierfür ein geeigneter Anlass.
So heißt es in einer Stellungnahme von Lies: „Wir dürfen den Wettbewerb nicht beschränken, nur um kurzfristig ambitionierte Ausbauziele bis 2018 zu erreichen.“ Vielmehr müssten nun „die richtigen Weichen für die Gigabitgesellschaft“ gestellt werden, da Geschwindigkeiten von 50 Mbit/s für künftige Datenmengen nicht ausreichen.
Gigabit-Netze in Ballungsräumen profitieren vom Wettbewerb
Das Problem ist laut Lies: Um in Deutschland flächendeckend FTTH-Anschlüsse auszubauen, müssen bis zu 100 Milliarden Euro investiert werden. Nun sei ein marktgetriebener Ausbau von Gigabit-Netzen zu erwarten, da vor allem in Ballungsräumen – in denen rund drei Viertel der deutschen Bevölkerung lebt – eine hohe Wettbewerbsintensität im Breitbandmarkt bestehe. „Hier stellt sich schon die Frage, wie in den Ballungsräumen marktgetrieben in den nächsten zehn Jahren ein Glasfaserausbau erfolgen soll, wenn jetzt ausschließlich auf die Vectoring-Technologie gesetzt wird“, so Lies.
Grundsätzlich sind es Bedenken, die auch die EU-Kommission teilt, wie aus einem ausführlichen Schreiben an die Bundesnetzagentur hervorgeht. Daher hat die Brüsseler Behörde auch am 10. Mai ein sogenanntes „Serios-Doubts“-Verfahren eingeleitet, weil Zweifel bestehen, ob die Vorteile der Vectoring-Pläne ausreichen, um die Risiken für den Wettbewerb und den Glasfaserausbau zu rechtfertigen. Das Prüfverfahren dauert insgesamt drei Monate, mit einer finalen Entscheidung ist also im Juli zu rechnen. Und erst danach kann der Vectoring-Beschluss dann tatsächlich umgesetzt werden.
Zeit nutzen, um neue Vorschläge zu erarbeiten
Diese Zeit müsse laut Lies nun für einen neuen Vorschlag genutzt werden. Der Schwerpunkt soll dabei auf einem fairen Wettbewerb liegen. Zudem müssten die Voraussetzungen geschaffen werden, um eine nachhaltige Breitbandinfrastruktur zu entwickeln.
Bei der Bundesnetzagentur ist die Kritik bislang abgeprallt. So erklärte Bundesnetzagentur-Präsident Jochen Homann erst vor kurzem: „Wir halten den Beschluss in der Sache für absolut richtig und gehen davon aus, dass wir ihn durchsetzen können.“ Ebenso verteidigt die Telekom die Pläne. Demnach gefährden die Vectoring-Pläne nicht den Wettbewerb, sondern sorgen vielmehr für eine faire Konkurrenz zu den Kabelnetzbetreibern.
Mit der Stellungnahme von Lies wächst allerdings der politische Druck. Denn der Beirat der Bundesnetzagentur kann Entscheidungen der Bundesnetzagentur zwar nicht direkt beeinflussen. Doch die Regulierungsbehörde kann aufgefordert werden, dass Beschlüsse wie etwa die Vectoring-Entscheidung nochmals geprüft und in bestimmten Punkten überarbeitet werden.