ARM-Übernahme: Qualcomm zeigt Interesse, sollte Nvidias Kauf scheitern

Nicolas La Rocco
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ARM-Übernahme: Qualcomm zeigt Interesse, sollte Nvidias Kauf scheitern
Bild: Qualcomm

Qualcomms anstehender CEO Cristiano Amon hat im Interview mit dem britischen Telegraph Interesse an einem Anteil an ARM bekundet, sollte das Unternehmen nicht an Nvidia verkauft werden können und der aktuelle Besitzer SoftBank Anteile öffentlich anbieten. Ein Konsortium aktueller ARM-Kunden soll Teile des Konzerns übernehmen.

Nvidia will ARM für 40 Milliarden US-Dollar übernehmen und geht davon aus, dass die Übernahme Anfang des kommenden Jahres abgeschlossen werden kann. Für die Akquisition muss Nvidia jedoch gleich mehrere regulatorische Hürden im Vereinigten Königreich, in den USA, in Europa und in China nehmen. Das neutrale Lizenzmodell von ARM soll Aussagen von Nvidia zufolge beibehalten werden. Nvidia wiederum will das ARM-Portfolio um eigene Entwicklungen erweitern, etwa GPU- und KI-Technologien.

Branche sieht Übernahme kritisch

Die geplante Übernahme wird in der Branche äußerst kritisch gesehen, vor allem derzeitige Lizenznehmer wie Google, Microsoft und Qualcomm haben sich nach Ankündigung der geplanten Übernahme dagegen positioniert. Qualcomm bringt jetzt ins Gespräch, einen Anteil an ARM halten zu wollen, sofern die Übernahme durch Nvidia scheitern sollte. Der künftige Qualcomm-CEO Cristiano Amon, der nach 21 Jahren im Konzern am 30. Juni das Steuer von Steve Mollenkopf übernehmen wird, will neben anderen Unternehmen einen Anteil von ARM erwerben, sofern die geplante Übernahme durch Nvidia scheitert und der aktuelle Besitzer SoftBank den Streubesitz ermöglicht.

Konsortium soll ARM-Anteile halten

Sollte ARM eine unabhängige Zukunft haben, werde großes Interesse vieler Unternehmen im Ökosystem herrschen, in ARM zu investieren, darunter auch Qualcomm, argumentierte Amon im Interview mit dem Telegraph. Der aktuelle Qualcomm Präsident und bald CEO geht davon aus, dass sich großartige Möglichkeiten daraus ergeben könnten, wenn ein Konsortium aktueller Kunden in das Unternehmen investieren könnte. Qualcomm sei bereit dazu, diesen Schritt zu gehen und habe bereits mit anderen interessierten Unternehmen Gespräche geführt. Dem Telegraph zufolge gehören zu den Kritikern der Übernahme durch Nvidia auch Amazon und Tesla.

Nvidia hält an Plänen fest

Nvidia argumentiert – wenig überraschend – gegen einen Börsengang (IPO) von ARM. Einem Konzernsprecher zufolge benötige ARM stattdessen eine Infusion neuer Technologien, die ARM an Lizenznehmer weltweit weitergeben könne. Unter anderem deswegen habe sich Nvidia dazu entschlossen, ARM zu übernehmen. Nvidia präsentiert sich allerdings offen gegenüber Qualcomm und schlägt vor, neue Entwicklungen des Konzerns in das ARM-Ökosystem einfließen zu lassen.

Qualcomm entwickelt eigene ARM-Kerne

Qualcomm hat Anfang des Jahres das Start-Up Nuvia für 1,4 Milliarden US-Dollar übernommen und will künftig wieder eigene ARM-Kerne für SoCs entwickeln, anstatt Designs von der Stange von ARM zu lizenzieren. Qualcomm will im zweiten Halbjahr 2022 erste Samples eines vollständig neuen System-on-a-Chips für ARM-Notebooks im High-Performance-Segment ausliefern. Das SoC wird auf eigens entwickelte CPU-Kerne mit dem Know-how von Nuvia setzen. Die CPUs der nächsten Generation will Qualcomm allerdings auch in Flaggschiff-Smartphones, digitale Cockpits und in den Bereich der Advanced Driver Assistance Systems (ADAS) für Autos integrieren.

Nuvia wurde im Frühjahr 2019 von John Bruno, Manu Gulati und Gerard Williams III gegründet. Insbesondere Williams III gilt als ehemaliger Senior Director for Platform Architecture bei Apple als Koryphäe der SoC-Entwicklung. Williams III war von 2009 bis 2019 für alle CPU-Entwicklungen bei Apple verantwortlich und läutete mit dem A7 die 64-Bit-Ära der Smartphones ein. Er leitete bei Apple zuletzt die Entwicklung des Firestorm-Designs, das als großer Core im A14 Bionic und M1 zum Einsatz kommt. Vor seiner Zeit bei Apple hatte Williams III als „Fellow“ die höchste Position für Ingenieure bei ARM inne. Manu Gulati wiederum war für die Chip-Entwicklung bei Google verantwortlich, auch John Bruno war in diesem Bereich tätig.