Activision-Übernahme: Microsofts Spiele-Strategie ist Wachstum

Max Doll
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Activision-Übernahme: Microsofts Spiele-Strategie ist Wachstum
Bild: Activision

Noch immer gibt es kein grünes Licht für die Übernahme von Activision durch Microsoft. In einer Anhörung im Streit mit der US-amerikanischen Federal Trade Commission versuchte der Konzern aus Redmond den Zukauf zu rechtfertigen und gab dabei Einblicke in seine Strategie im Segment Videospiele. Es geht um Wachstum.

Das große Ziel von Microsoft ist es zu verhindern, dass Wettbewerber eine kritische Masse erreichen, indem sie wertvolle Marken ansammeln. Dies lässt sich einerseits aus Aussagen von Microsoft-Führungspersonal ablesen, aber auch aus einer internen Mail von 2019, die im Zuge der Anhörung durchsickerte. Darin fordert der Xbox Game Studios Chef Matt Booty zu verhindern, dass ein Konkurrent „das Disney der Spiele“ werde „und die meisten wertvollen Marken“ besitzt. Microsoft könne Sony dabei „aus dem Geschäft kaufen“, also durch Einsatz der sehr viel größeren finanziellen Ressourcen an den Rand des Marktes drängen. Die Mail gehe der Ankündigung der Übernahme aber um 25 Monate voraus, argumentierte Microsoft, habe mit dem Kauf nichts zu tun und sei nie umgesetzt worden.

Ein Spiele-Disney will Microsoft allerdings verhindern, denn die Übernahme von ZeniMax (u.a. Bethesda) rechtfertigte der Konzern vor Gericht mit der Absicht, eine PlayStation-Exklusivität von Starfield zu verhindern, nachdem sich Sony Deathloop und Ghostwire Tokyo (zeitlich begrenzt) für die eigene Plattform gesichert hatte. Die Übernahme sei wichtig gewesen, um „rentabel“ zu bleiben, argumentierte Xbox-Chef Phil Spencer laut The Verge – ein Kauf als reiner Selbstschutz also.

Nach der Übernahme hat sich das Blatt allerdings gewendet. Die FTC brachte im Rahmen der Anhörung vor, dass alle ZeniMax-Spiele, darunter Redfall, Indiana Jones und Starfield, nach dem Aufkauf für den PC und Xbox-Konsolen veröffentlicht wurden. Wo Elder Scrolls VI erscheinen wird, ist laut Spencer allerdings noch unklar; das Spiel liege noch zu weit in der Zukunft, um festzulegen, auf welche Plattformen es kommen werde.

Was wo veröffentlicht wird, wird individuell entschieden. Dabei legt Microsoft den Blick zu einem guten Teil auf den Game Pass, auf dem offenkundig große Zukunftshoffnungen liegen. Minecraft wird laut einer internen Mail nicht über PSNow angeboten, weil sich Microsoft nicht selbst Konkurrenz machen möchte, Fallout 76 hingegen schon, weil der Titel nach dem schrecklichen Start und negativen Ersteindrücken dringend eine größere Spielerschaft brauche oder eingestellt werden müsse. Im Falle von Activision scheint die Übernahme aktuell ausschlaggebend für Zusicherungen über Multiplattformveröffentlichungen zu sein. Ansonsten geht es aber darum, gegenüber Plattformen mit einem geschlossenen Portfolio aufzutreten, um bessere Bedingungen auszuhandeln oder die Unterstützung durch alle Titel zurückzufahren. Nicht zuletzt müsse die Xbox-Sparte eigenständig profitabel sein, sie soll nicht quersubventioniert werden.

Ein großes Angebot hilft in beiden Punkten. Das Wachstum wird dazu groß gedacht: In einer 2021 erstellten Liste werden mehr als 100 Unternehmen als Übernahmekandidaten geführt. Damals saß die Geldbörse allerdings noch dichter am Körper, denn das Limit für eine einzelne Übernahme lag bei maximal 20 Milliarden US-Dollar. Auf der Liste standen dabei Publisher wie Devolver Digital, 505 Games, Focus Interactive, Sega, aber auch große Studios wie CD Projekt Red, FromSoftware, das später von Embracer gekaufte Gearbox, Bungie und Housemarque, die sich beide Sony gesichert hat, oder Crytek.