Industrie 4.0

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Tiu

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Es ist ja nichts neues, dass viele Menschen (so auch ich) bei großen Neuerungen und Veränderungen ihres bekannten Daseins nicht immer begeistert sind.
Zwar wissend, dass man den Lauf der Zeit ohnehin nicht wird stoppen können aber dennoch auch Zeit und Raum für die Gefahren die Neuerungen mit sich bringen auch einmal genauer zu analysieren.
Denn es wird dabei auch immer Gewinner und Verlierer geben. Und hier sollte man eben sehr genau hinschauen, ob es am Ende mehr Gewinner oder doch mehr Verlierer geben wird.
Wer und in welchem Maße davon profitiert!

Mit meinen 52 Jahren habe ich schon so einige Umbauten und industrieellen Neuausrichtungen erlebt.
Die Aufgabe der Kohle und Stahlproduktion sowie weite Teile der Produktion für elektrische & elekronische Geräte, Weite Aufgabe der Textilindustrie, Energiewende, Mechanisierung, Robotosierung, Computerisierung von Handel, Produktion, Dienstleistung etc.

Rückblickend kann ich da sagen, dass zwar nicht 1:1 die Arbeitsplätze verloren gingen, aber im starken Maße qualifizierte Arbeitsplätze abgebaut wurden.
Der am größten anwachsende Arbeitsmarkt befindet sich heute im Bereich des Niedriglohnsektors.
Schlimmerweise auch noch begleitet von Zeitarbeit.
Jeder 5. Vollzeitbeschäftige arbeitet heute im Niedriglohnbereich. Über die negativen sozialen und finanziellen Auswirkungen, was Altersrente, Sozialkassen etc angeht, braucht man wohl kaum mehr drüber nachdenken.

Aber was hat das jetzt alles mit Industie 4.0 zu tun?
Sehr viel, denn es geht da vor allem um Arbeitsplätze... um Vollzeitarbeitsplätze... Egal ob im Niedriglohnsektor oder in Berufen die heute "noch" der Mittelschicht unserer Gesellschaft angehören.

Industrie 4.0 bedeutet vor allem.... Digitalisierung, Robotisierung verbunden mit KI.
Das Ergebnis muss also zwangsläufig einen imensen Stellenabbau bedeuten... Hauptsächlich in den Bereichen Logistik, Einkauf, Service, Buchhaltung und Lohnbuchhaltung, Personalmanagement, Arbeitsvorbereitung / Produktionsplanung etc etc etc.

Viele Berufe, die heute noch weit verbreitet sind, wird man in wenigen Jahren / Jahrzehnten nur noch dort antreffen, wo man Produkte oder Dienstleistungen (noch) nicht standardisieren oder normen kann.
Aber Berufe wie Lageristen, Kommisionierer, Verpacker, Staplerfahrer, LKW Fahrer, Einkäufer, Qualitätsprüfer, Buchhalten, Analysten, Personalsachbearbeiter, Produktionsplaner wird man wegrationalisieren wo immer man normen und standardisieren kann.
Doch durch was sollen diese Verluste an Arbeitsplätzen denn ausgeglichen werden? Und vor allem wie?
Antworten wie.... ach... haben wir in der Vergangenheit auch alles irgendwie hinbekommen... können doch da einfach nicht mehr befriedigen, oder?
Zumal es auch nicht stimmt, denn der Verlust eines Facharbeiterarbeitsplatzes durch Schaffung einen Niedriglohnarbeitsplatzes niemals ein Ausgleich sein kann.

Ohnehin klafft da eine gewaltige Lücke.
Seit etwa den 1960er geht die Kurve der Produktivität steil nach oben, während die Kurve der Einkommen abflacht.
Die Aussage von Ökonomen, dass die Produktivität gleich mit den Einkommensverhältnissen steht, ist eine Lüge aus Zaubertricks.

Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, dass früher selbst der Pförtner einer Firma auch bei der Firma angestellt war.
Der Pförtner bei Krupp oder Thyssen war ein Pförtner den man nach dem gültigen Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie bezahlt hat.... und heute? Outgesourced an Wach- und Schließgesellschaften kaum besser als der Mindestlohn. Die Kantinen werden durch heute ebenfalls outgesourced um Lohnkosten zu sparen, in wie vielen Firmen arbeiten zig Firmen für die Firma nur um Lohnkosten zu drücken? Die Logistik innerhalb einer Firma was Wareneingang, Lager, kommisionierung, Verpackung und Versand angeht wird heute in vielen Firmen durch Logistikdienstleister erledigt... Gleiche Arbeit, anderer Tarifvertrag.
Wie viel Firmen gründen heute eigene Zeitarbeitsfirmen um "mögliche" Mitarbeiter billig einzukaufen und auszunutzen?

Und zu guter letzt.
Roboter, Computer und KI´s zahlen weder Steuern noch Sozialabgaben.
Aber gerade die werden wir brauchen um das Heer der Niedriglöhner und Arbeitslosen jahrzehntelang versorgen zu können..

Eigentlich eine traurige Zukunftsaussicht, oder?
 
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Das ist der Automatismus im Kapitalismus. Immer mehr, immer schneller, immer produktiver. Das spiegeln jetzt schon die sinkenden Löhne für immer mehr Menschen wieder, bei gleichzeitig stark ansteigenden Vermögen für immer weniger Menschen. Also, immer mehr Menschen werden in Zukunft immer weniger haben, dafür immer weniger Menschen noch viel mehr. Dieses Wirtschaftssystem ist einfach nur krank. Und die Politik handelt seit Jahrzehnten in der Wirtschaftspolitik gegen die wirtschaftlichen Interessen der Mehrheit, dafür für die oberen 10%.
 
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Das ist ein interessantes Thema, Danke.
Ich bin sowohl angetan von (der bevorstehenden) Automatisierung teile jedoch auch deine Befürchtungen.

Was ich als durchweg positiv empfinde, Menschen „müssen“ nicht mehr arbeiten um zu überleben, könnten es aber. Egal wie hoch der Grad der Automatisierung eines Tages sein wird, ich glaube es wird immer Nachfrage nach von Menschen hergestellten/erschaffenen Dingen geben. Eventuell auch eine Rückkehr von jetzt unnötigen Berufen. Diese Dinge werden jedoch ungleich teurer sein bzw. sind es schon. Und ich nehme an das einige wenige jetzt bekannte „klassische“ Berufsfelder übrigbleiben, ich denke hier vor allem an den sozialen/medizinischen/kreativen Bereich. Neue werden sicher auch entstehen.

Als wirklich negativ nehme ich „nur“ die Phase des Übergangs war. Also die Zeit in der Maschinen/Software bereits eingesetzt wird, für die nunmehr für Unternehmen/Industrie „unbrauchbar“ gewordenen Menschen noch keine (soziale) Lösung gefunden ist. Pessimistisch betrachtet bedeutet das Massenarbeitslosigkeit und Armut für große Teile der Bevölkerung, egal wo auf der Welt und (ungeahnten) Reichtum für die die Maschinen besitzen.
Es gibt Gedanken und auch schon Umsetzungen um derartigen Auswüchsen beizukommen, die Stichworte dazu sind: Digitalsteuer, Maschinensteuer, etc.pp. – z.B. Richard David Precht, der vielleicht einigen hier bekannte Philosoph aus Funk und Fernsehen, hat sich dazu z.B. schon geäußert, ich meine auch im Jung&Naiv Podcast. Aber auch andere beschäftigt(e) dieses Thema, Elon Musk fällt mir spontan ein, Bill Gates und Stephen Hawking. Es gibt wirklich viel Lesestoff mit Lösungen und Überlegungen von vielen Menschen dazu.

Zum angesprochenem Niedriglohnbereich, ja das ist so und systemimmanent. Es wird nicht besser werden solang hier nicht politisch gehandelt wird. Die notwendigen Maßnahmen gegen Niedriglohnarbeit sind einigermaßen trivial umsetzbar und müssten mMn nicht diskutiert werden.

Empfehlungen zu dem Thema lass ich folgende hier, falls irgendwer Nachholbedarf haben sollte und/oder gern ein Buch dazu lesen würde:
Eine Rezensionen vom „Arbeitsfrei - eine Endeckungsreise zu den Maschinen die uns ersetzen werden“ von Constanze Kurz und Frank Rieger, 2013 erschienen.
https://netzpolitik.org/2013/rezens...inen-die-uns-ersetzen-werden/#vorschaltbanner
 
Volker Pispers.:daumen:

Willkommen im Kapitalismus, um mal weiter Pispers aussagen zu zitieren: 70% der Deutschen wählen ja auch immer die Partein die Politik für die reichen machen.
Solange sich das Volk von der Bild Zeitung lenken lässt, wird sich nichts ändern.

Ich komme aus dem Logisik Bereich, habe aber noch Glück weil ich nach Chemie Tarif bezahlt werde, und ich bin 45 und denke das ich noch meine paar Jahre Arbeit haben werde, aber um meine Kinder mach ich mir schon Gedanken wenn ich seh wie sich die Welt in den letzten 25 Jahren geändert hat und die erst am Startpunkt ihres Lebens sind.
 
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@dante1975 Mein Bruder arbeitet seit über 37 Jahren auf einer großen Kieler Werft. Nächste Woche wird sein Arbeitsplatz sehr wahrscheinlich wegrationalisiert werden. Seine Tochter hat wegen Corona gerade ihre Ausbildungsstelle verloren, ein Jahr vor der Gesellenprüfung.
 
Ich habe mein Arbeitsplatz auch wegen Corona verloren, aber schnell ein neuen gefunden.. Ich weiss ja nicht was dein Bruder genau macht, aber nach 37 Jahren wird er ja eine gute abfindung bekommen, vieleicht reicht das alles ja sogar schon für den Vorruhestand...
Für seine Tochter tut es mir leid, langsam merkt man die Wirtschafftlichen schäden die Corona verursacht hat, ich hoffe sie findet schnell einen neuen Ausbildungsplatz.

Wie zum Thema aber gesagt, ich denke wir haben noch Glück das wir noch relativ sicher Arbeitsplätze bekommen, aber wie sieht das in 20-30 Jahren aus?
 
Im Grunde gab es zu diesem mMn sehr wichtigen Thema schon eine sehr ausführiche Diskussion im BGE-Thread (leider geschlossen).

Dort findet man auch viele links zu interessanten Materialien, die sich mit der Frage beschädtigen, welche Probleme eine weitgehende Automatisierung mit sich bringen könnte, und ob eine Kompensation (z.B. durch ein Aufblähen der Arbeitsbereiche, die nicht automatisiert werden können ... größtenteils im DIenstleistungsbereich) mehr oder weniger wahrscheinlich erscheint.
Es würde sich sicherlich lohnen, in diesen Thread hineinzuschauen ... auch wenn das Bild der Zukunft dadurch nicht unbedingt rosiger wird.

In meiner Einschätzung können wir ns gerade im Berech der sozialen Absicherungen ein "weiter wie bisher" nicht mehr lange leisten ... denn diese Systeme stoßen bereits jetzt an ihre Grenzen (und eigentlich tun sie das seit Jahrzehnten, weswegen sie immer weiter zurückgefahren bzw. privatisiert werden mussten, um überhaupt noch zu funktionieren).

In meiner Kindheit haben alle geglaubt, sie würden mit Anfang bis Mitte 60 in Rente gehen - das glauben viele noch immer ... aber vielen ist eben auch klar, dass sich hinter "Rente" für sie ein Leben in Armut verbirgt.
Rente bedeutet heute im Grunde für sehr viele schon, staatliche Stütze in Anspruch nehmen zu können, weil die gezahlten Beiträge für eine Auskommliche Rente schon eine ganze Weile nicht mehr reichen.

Wenn wir an unseren Sicherungssystemen nicht etwas ändern, dann wird sch unsere Altersvorsorge wieder auf andere Dinge verlagern ... z.B. auf den Häuslebau (das istscon heutefür viele die beste Variante). Eventuell verlagert sich unsere Altersvorsorge auch wieder in die Familie ... und das bedeutet leider, dass die Leute viele Kinder kriegen MÜSSEN, um im Alter versorgt zu sein.
Eine Situation, die man von europa aus betrachteteigentlich eher in Entwicklungsländern erwartet ... aber eine Hochtechnologiegesellschaft könnte eventuell in eine ähnliche Richtung driften, wenn sie sich bei ihren Sicherungssysteme weiterhin ausschließlich auf menschliche Arbeitskraft konzentriert.

Wenn angemessen bezahlte Arbeit rah wird, dann brauchen wir da eine Alternative.

Zum ende noch etwas Panikmache ... das was gerade mit dem Niedriglohnsektor geschieht, wird sich sehr wahrscheinlich nicht lokalisieren lassen ... und das bedeutet, dass in Bereichen, die sich heute noch sicher wähnen, ganz ähnliches passieren könnte.

"Wehret den Anfängen" schent sich wiedermal zu bewahrheiten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, wir haben jetzt schon quasi Armut per Gesetz. Es müssen jetzt endlich Diskussionen geführt werden, wie wir Menschen durch die Automatisierung im digitalen Zeitalter zukünftig Leben wollen - und zwar weltweit. So wie es jetzt läuft, kann es jedenfalls nicht weiter gehen. Sonst rasen wir immer schneller auf den Abgrund zu.
 
dante1975 schrieb:
Ich komme aus dem Logisik Bereich, habe aber noch Glück weil ich nach Chemie Tarif bezahlt werde, und ich bin 45 und denke das ich noch meine paar Jahre Arbeit haben werde.....
Willkommen im Logistik Club.
Ich selbst bin u.a. Speditionskaufmann und habe in den verschiedensten Branchen im Logistikumfeld gearbeitet.
Bei einer Spedition, Bei einem IT-Service Centrum ( Retoure Center für Western Digital ), in einem IT-Großhandelsunternehmen, als selbstständiger im IT-Großhandel ( einige der älteren Forumsteilnehmer dürften mich noch als Inhaber von Inno3D Deutschland kennen ) und zu guter letzt als Logistiker in einem Betrieb der Luft- und Raumfahrtbranche.

Vor einigen Jahren wurde unser Konzern von einem noch größeren Konzern der L+R Branche aufgekauft, was folgte war das was immer folgt... Stellenabbau. Da ich ohnehin vor hatte zu meiner Partnerin nach Düsseldorf zu ziehen, willigte ich einem Aufhebungsvertrag ein. Ich bekamm eine stattliche Summe als Abfindung plus 12 Monate Übernahme in eine Transfergesellschaft bei der mir 80% des letzten Lohnes gezahlt wurden. Ziel war es natürlich innerhalb dieser 12 Monate einen neuen und gut bezahlten Job zu finden. Die Bewerbungen gingen dann auch alle so in Richtung Führungs- bzw. Leitungsebene.
Nach 6 Monaten hatte ich einen dieser Jobs. Gruppenleiter bei einem der größten Logistikanbieter Weltweit.
Führung von 4 Teamleiter plus 52 Mitarbeiter in der Nebensaison, 4 Teamleiter und 102 Mitarbeiter während der Hauptsaison. Jeweils 6 Monate Saison / Nebensaison.
Als Gruppenleiter wird selbst in der weniger gut bezahlten Logistikbranche zwischen 60.000 und 80.000 p.a. gezahlt.
Das Unternehmen wollte mir lediglich 44.900 p.a. zahlen plus 10% nicht garantierte Erfolgsbeteiligung. :hammer_alt:
Zum Vergleich, ein Sachbearbeiter der Metall- und Elektroindustrie im Tarifgebiet Hessen-RLP-Saarland ist eintarifiert in E5.... nach 5 Jahren bekommt er schon eine Leistungszulage von 16,5% auf sein Grundgehalt und verdient ca. 42.000 Euro im Jahr. Selbstredend das ich den Job als Gruppenleiter abgelehnt habe...
Dann kam leider die Corona-Krise... und das ich 52 bin, macht die Sache auch nicht leichter. Jeder will meine Erfahrung und mein Netzwerk.... bloß zahlen möchte niemand dafür. Zeitarbeitsfirmen, die mir 2.200 Euro Brutto anbieten, Internationale Großbetriebe, die mir 2.500 - 2.700 Brutto anbieten als Sachbearbeiter... Danke, aber nein danke...
Seit dem 01.07. nun offiziell Arbeitslos, werde aber voraussichtlich am 01.11. eine Stelle als Logistiker im öffentlichen Dienst antreten können... entscheidet sich voraussichtlich nä. Woche.

50+ und Arbeitslos ist fast ein Garant dafür in den Niedriglohnsektor abzurutschen und/oder in der Zeitarbeitsfalle zu geraten. Niemand hat eine Garantie darauf das sein Arbeitsplatz oder seine Firma noch in 5 oder 10 Jahren bestehen wird. Die Zeiten in dem man im gleichen Betrieb in Rente ging wo man einst seine Lehre began ist seit jahrzehnten vorbei. Wechsel gehören heute zur völligen Normalität... Aber sobald das Alter 50+ zuschlägt... ist man "fast" aussichtslos verloren. Da ist die Gefahr das Du bereits 40 Jahre in die Rentenkasse voll eingezahlt hast aber trotzdem nur eine Minirente bekommen wirst, weil dir die letzten 10 Jahre durch Arbeitslosigkeit, Hartz4, Niedriglohnsektor / Zeitarbeit die entscheidenden Punkte zu einer besseren Rente fehlen verdammt groß.
 
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Das Problem ist ja das die Firmen immer Gieriger werden, nicht nur das wenig gezahlt wird, es fallen ja auch andere Bonusse wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld oder Gewinnbeteiligungen weg.

Aber es wehrt sich ja auch keiner dagegen, ich sehe kaum noch Streiks oder ähnliches weil alle Angst haben das bisschen Geld das sie verdienen auch noch zu verlieren.

Heutzutage müssen doch auch schon beide Partner arbeiten damit man sich überhaupt mal was leisten kann, das Mutti zuhause bleibt und sich um den Nachwus kümmert ist doch nicht mehr möglich.. Und die Probleme die daraus Resultieren sieht man ja auch immer mehr..
 
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DerOlf schrieb:
Im Grunde gab es zu diesem mMn sehr wichtigen Thema schon eine sehr ausführiche Diskussion im BGE-Thread (leider geschlossen).
Es ist auch weniger meine Absicht die allgemeinen Aspekte von Lohn, Arbeit, Soziales zu thematisieren.
Natürlich wird das Thema hier und da abdriften, da Industrie 4.0 nun einmal im allgemeinen wie auch ganz besonders im speziellen diese Thematik berührt.

Dennoch wäre es gut die Pro- und Contra von Industrie 4.0 näher zu beleuchten
 
Hallo

Tiu schrieb:
Die Aufgabe der Kohle und Stahlproduktion sowie weite Teile der Produktion für elektrische & elekronische Geräte, Weite Aufgabe der Textilindustrie, Energiewende, Mechanisierung, Robotosierung, Computerisierung von Handel, Produktion, Dienstleistung etc.
Diese Bereiche habe wir nicht wegen der Industrie 4.0 verloren, diese Bereiche haben wir wegen der Globalisierung an Billiglohnländer abgegeben.
Oder haben wir in Deutschland nennenswerte vollautomatisierte Produkutionsstätten für elektrische & elektronische Geräte, Kohle, Textilien, Stahl ?

Grüße Tomi
 
Deutschland ist doch selbst mittlerweile ein Billiglohnland.
 
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Hallo

@dante1975

Im Vergleich mit westlichen Industrieländern teilweise Ja, im Vergleich mit dritte Welt Ländern und Schwellenländern Nein.

Grüße Tomi
 
Zuletzt bearbeitet:
Tomislav2007 schrieb:
Diese Bereiche habe wir nicht wegen der Industrie 4.0 verloren,
Sage ich ja auch gar nicht... Ob das nun Industrie 1.0 oder 2.x oder 3.5 war.... ist ja völlig egal.
Es bezog sich ja lediglich auf das von mir bereits erlebte der letzen 5 - 6 Jahrzehnte.

Kernaussage besteht darin, dass die Arbeitsplätze zwar nicht 1:1 weggefallen sind, aber ein nicht gerade unerheblicher Teil der qualifizierten Arbeitsplätze durch Niedriglohnarbeitsplätze ersetzt wurde.

Aber genau auf die zielt Industrie 4.0 ja im besonderen ab "und" nebenbei noch auf viele qualifizierte Arbeitsplätze die man nicht wird ersetzen können!

Als Lagerist in der M&E Industrie, kannst du bis zu 3.300,- Brutto plus Urlaubsgeld, plus Weihnachtsgeld, plus betrieblicher Zulage zur Alterversorgung verdienen. Als Lagerist in der Logistikbranche darfst du froh sein, wenn man dir überhaupt einen Tarifvertrag anbietet... Festgehalt von 2.200,- Euro Brutto ohne irgendwelche Zulagen sind dort normal. Als Lagerist in der Zeitarbeitsfalle darfst Du froh sein den Mindeslohn zu bekommen... Die Lohn Schere für ein und den gleichen Job klafft eklatant auseinander. Zu weit.
Und in wie vielen Firmen hat der Einsatz von Maschinen diese Tätigkeit bereits ersetzt? Teil- oder Vollautomatisierte Läger sind doch fast Standard.

Autonomes fahren ist (noch) kein Thema.... Aber werden wir in 20 - 30 Jahren noch LKW Fahrer haben? Mehr als nur für Sondertransporte? Lokführer?

Das System Industrie 4.0 birgt m.M.n. ja nicht nur die Gefahr die Sozialsysteme nun endgültig zu untergraben und Unruhezustände zu fördern, sondern auch noch das System selbst aufzufressen.

Wer bitte hat denn eine Antwort darauf, das, wenn immer mehr Computer, Maschinen, Roboter und KI immer schnellerer, immer mehr produzieren, wer denn am Ende diese gewaltige Masse konsumieren soll? Die oberen 10% werden es nicht tun... und die unteren 90% werden es sich immer weniger leisten können.
 
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Tomislav2007 schrieb:
Diese Bereiche habe wir nicht wegen der Industrie 4.0 verloren, diese Bereiche haben wir wegen der Globalisierung an Billiglohnländer abgegeben.
Maschinen/Softwaresysteme sind jetzt/bald/künftig billiger und produktiver als Menschen. Es ist mEn ein Fehler in einer globalisierten Welt in den Grenzen von Nationalstaaten zu denken. Die Globalisierung der Märkte ist nahezu unmöglich umkehrbar und auch keine neue Entwicklung die erst vor kurzem begann.
Ein Teilaspekt der Frage ist also nicht wie „wir“ uns dem entziehen könnten sondern wie dieser Prozess so ablaufen kann dass möglichst niemand auf der Strecke bleibt. Zumindest für mich. Was denkst du?
 
Hallo

Tiu schrieb:
Sage ich ja auch gar nicht... Ob das nun Industrie 1.0 oder 2.x oder 3.5 war.... ist ja völlig egal.
Dann hat dieser Thread eine falsche Überschrift, die Überschrift paßt nicht zu dem was du schreibst.

Tiu schrieb:
Kernaussage besteht darin, dass die Arbeitsplätze zwar nicht 1:1 weggefallen sind, aber ein nicht gerade unerheblicher Teil der qualifizierten Arbeitsplätze durch Niedriglohnarbeitsplätze ersetzt wurde.
Das sehe ich nicht, hast du Beispiele dafür wo qualifizierte Arbeitsplätze durch Niedriglohnarbeitsplätze ersetzt wurden ?

Tiu schrieb:
Als Lagerist in der M&E Industrie, kannst du bis zu 3.300,- Brutto plus Urlaubsgeld, plus Weihnachtsgeld, plus betrieblicher Zulage zur Alterversorgung verdienen. Als Lagerist in der Logistikbranche darfst du froh sein, wenn man dir überhaupt einen Tarifvertrag anbietet... Festgehalt von 2.200,- Euro Brutto ohne irgendwelche Zulagen sind dort normal. Als Lagerist in der Zeitarbeitsfalle darfst Du froh sein den Mindeslohn zu bekommen... Die Lohn Schere für ein und den gleichen Job klafft eklatant auseinander. Zu weit.
Was hat unterschiedliche Bezahlung in verschiedenen Bereichen/Branchen mit Industrie 4.0 zu tun ?
Du willst dich scheinbar über schlechte Löhne und ungleiche Bezahlungen in verschiedenen Bereichen/Branchen auslassen und das hat nichts bis nicht viel mit Industrie 4.0 zu tun.
Das Hilfsarbeiter/Geringqualifizierte schlecht bezahlt werden liegt an der großen Bewerberzahl in diesen Bereichen und das diese schnell austauschbar sind, das hat nicht viel mit der Industrie 4.0 zu tun.

Tiu schrieb:
Teil- oder Vollautomatisierte Läger sind doch fast Standard.
Standard ist das noch lange nicht, vor allem nicht in kleinen Firmen und im Mittelstand.

Tiu schrieb:
Das System Industrie 4.0 birgt m.M.n. ja nicht nur die Gefahr die Sozialsysteme nun endgültig zu untergraben und Unruhezustände zu fördern, sondern auch noch das System selbst aufzufressen.
Das hat man von der Industrie 1.0, 2.0 und 3.0 auch schon behauptet, das Gegenteil ist passiert, es sind immer mehr Arbeitsplätze entstanden, warum sollte das bei der Industrie 4.0 anders ablaufen ?

SE. schrieb:
Es ist mEn ein Fehler in einer globalisierten Welt in den Grenzen von Nationalstaaten zu denken. Die Globalisierung der Märkte ist nahezu unmöglich umkehrbar und auch keine neue Entwicklung die erst vor kurzem begann.
Sag ich doch, das wir soviel Industrie/Produktion verloren/abgegeben haben liegt an der Globalisierung und nicht an der Industrie 4.0.

SE. schrieb:
Ein Teilaspekt der Frage ist also nicht wie „wir“ uns dem entziehen könnten sondern wie dieser Prozess so ablaufen kann dass möglichst niemand auf der Strecke bleibt. Zumindest für mich. Was denkst du?
Ich denke dazu das gleiche wie immer, das die Menschen/Arbeitnehmer gefordert sind sich zu bilden/qualifizieren (Genau so wie schon bei der Industrie 1.0, 2.0 und 3.0).
Wer nicht bereit ist sich beruflich zu bilden/qualifizieren hat Pech gehabt, wer 2020 glaubt das er als Hilfsarbeiter finanziell gut durchs Leben kommt ist selber schuld wenn er scheitert.
Man muss selber den Hintern von der Couch erheben und aktiv werden, das schöne Leben wird einem nicht auf dem Silbertablett serviert, das war noch nie anders, daran hat Industrie 4.0 nichts geändert.

Grüße Tomi
 
Zuletzt bearbeitet:
dante1975 schrieb:
Deutschland ist doch selbst mittlerweile ein Billiglohnland.
Um hier auch mal Pispers (nicht im Wortlaut) zu zitieren: Wenn Ikea bei uns ein Werk aufmacht und hier produziert, dann ist der Kapitalismus einmal um die Welt und wir sind das Billiglohnland.
Die sind ja auch aus der DDR immer weiter in den Osten gezogen - dem Billiglohn hinterher.

Die Konzerne suchen sich die Länder sehr genau aus, wo sie ihren Sitz haben, wo die Firmen, usw..
Ist abhängig von Steuern, Löhnen, Umfeld, Deals und vermutlich noch vielem mehr.
Und wenn es sich rechnet, ein Werk irgendwo dich zu machen und andernorts neu aufzubauen, weil sich das in wenigen Jahren durch niedrigere Löhne oder bessere Umgebungsvariablen (ich denke hier zB an Umweltauflagen oder Gewerkschaften), dann wird nicht lang gezögert und der eine Standort geschlossen und andernorts neu errichtet.
 
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Vielleicht sollte man nicht immer massiv übertreibende Satiriker bemühen, um seine Argumente darzustellen.

Weder ist Deutschland ein Billiglohnland, noch muss es hier jemandem schlecht gehen.

Ja, es fallen Jobs weg. Ja, es fallen ganze Branchen weg. Na und? Das gab es schon immer.


Wer Jobs ablehnt, weil sie ihm zu gering bezahlt sind, und dann in die Arbeitslosigkeit rutscht, der hat eben selbst Schuld. Lieber einen schlechten Job annehmen und dann aus einer Position der Stärke weiter bewerben oder eben hocharbeiten.

Industrie 4.0 wird einen weiteren Wandel hin zu körperlich weniger anstrengenden Berufen schaffen und Prozesse verbessern, indem diese nachvollziehbarer und einfacher strukturiert werden können. Die Übergangszeit ist eben etwas holprig, so wie es in Übergangszeiten immer war.
 
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Denkst du wirklich, eine mies bezahlte Krankenschwester, ein Pfleger oder ein einfacher Facharbeiter kann sich heutzutage noch irgendwie hoch arbeiten? Der Trend geht doch schon seit Jahrzehnten immer mehr dahin, das Menschen, die mit wirklichen körperlichen Einsatz immer weniger verdienen, als Menschen, die beratend, planend oder anweisend "arbeiten".
 
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