Dass der Konsolenmarkt attratktiv ist, das haben die Hersteller gemerkt. Der Beweis: Microsoft stieg in den Markt ein, Sony mit der Playstation lief seinerzeit Nintendo den Rang ab. Neuerdings stellt sich also eher die Frage nach Marktanteilen, weniger diejenige nach der grundsätzlichen Attraktivität des Marktes.
Jetzt könnte man sagen: okay, das Blatt hat sich gewendet. Der PC muss um seine Zukunft bangen. Naja, das haben die Konsolenverfechter aber schon vor 10 Jahren gesagt. Da mich solche Strategiethemen in dem Markt interessieren, mache ich an dieser Stelle eine Wettrubrik auf. Also:
Ich wette, dass es keine Dominanz der Konsole geben wird, sondern ähnlich wie bei der vielzitierten “Medienkonvergenz” eine “Hard- und Softwarekonvergenz” von PC und Konsole.
Warum? Ganz einfach.
A) Seit 10 Jahren sind die Argumente der Konsolenverfechter dieselben:
1) Was aufs Spielen spezialisiert ist (Konsole), muss besser sein als etwas weniger Spezialisiertes (PC). Das soll für Hardware (Grafik etc.) genauso gelten wie für die Qualität der Software (Gameplay etc.).
2) Kein “Bedienungs- und Funktions-Overhead”. Meint: Ich muss mich nicht um nervige Installationen, Bluescreens etc. kümmern. “Plug & Play” ist angesagt.
3) Konsolen sind günstiger als PCs.
4) Wohnzimmer-Faktor.
B) Die aktuelle Entwicklung geht schon in diese Richtung, nur anscheinend ohne, dass die Argumentationskrieger das mitbekämen.
Entkräftung zu A1:
PCs können selektiv spezialisiert werden, indem sie mit besonderer Hardware ausgestattet werden oder nicht. Damit steht und fällt gleichzeitig das Kostenargument. Ich stelle fest: gemessen an physikalischer Leistung (Framerate bei gegebener Auflösung etc.) ist ein entsprechend ausgestatteter PC immer in der Lage, jede Konsole zu schlagen. Beispiel: Ein PC mit einem Intel Core 2 Duo E8400 und NIVIDIA GeForce GTX260 /ATI HD4870 gegen…wen auch immer, z.B. die Playstation 3.
Zweites Argument: die Steuerung. Beim PC in jedem Fall flexibler, da Maus und Tastatur mit über 100 Tasten + entsprechenden Kombinationen möglich sind. Z.B. der Grund dafür, dass Strategiespiele und Ego Shooter auf der Konsole immer ätzend zu steuern sind. "Move-your-Ass-Experimental-Controller" mit Kamera und Umschnalldildo könnte ich als Hersteller zudem genauso gut für den PC bauen, aber so versuchen sie im Moment noch, den USP (Unique Selling Proposition = einzigartiges Kaufargument = etwas, was kein anderer überhaupt bieten kann oder was bei meinem Produkt besser ist, als bei allen anderen) “Gameplay-Erlebnis” aufrecht zu erhalten. (Wann kommt eigentlich ein Wii-Controller für den PC? PS2 und XBOX Controller hat der PC schon)
Drittes Argument: Konsolen bestehen zu einem Großteil mittlerweile aus baugleicher oder leicht modifizierter PC-Hardware (PS3, XBox 360). Siehe auch “Entkräftung von A2″.
Viertes Argument: Die Software. Mittlerweile sehen sich Konsolenhersteller gezwungen, innovative Software wie “Internet-Browser” oder “Instant Messenger” in ihre Konsolen zu integrieren. Eigentlich typische PC-Funktionen, die wiederum das Argument A2 aushöhlen. Zudem verwenden Konsolen teilweise schon PC-Software als Betriebssysteme (PS3: Linux-Derivat) und handeln sich damit ähnliche Probleme wie PCs ein.
Fünftes Argument: Für Konsolen gibt es immer mehr Eingabegeräte, die dieselben sind, wie es sie seit Jahren für den PC gibt. Nur dass die Konsolenfraktion sich für diese “Innovationen” ohne Ende feiert. Hardware-Spezialisierung kann man das also bestimmt nicht nennen.
Entkräftung A2:
Die aktuelle XBox 360 kämpft massiv mit Ausfällen wegen eines typischen PC-Problems: Abwärme. Sie reagiert darauf auch genauso, wie ein PC: Absturz. Nur die Kunden reagieren anders: während PC-Enthusiasten sich über die besten Kühlmöglichkeiten ihrer Hardware unterhalten (und diese umsetzen können), sind Konsolenbesitzern die Hände gebunden. Erstens können Sie daran nichts ändern (der bauplan von Konsolen ist nicht auf Modifikation ausgelegt), zweitens fehlt in vielen Fällen auch einfach das Wissen.
Mit etwas bösem Willen könnte man es hier “ungewollten Bedienungs-Overhead” nennen, denn während ich mir beim PC der Möglichkeit solcher Probleme bewusst bin, rechne ich bei einer Konsole eigentlich nicht damit
Entkräftung von A3:
Wenn man sich eine Konsole allein kauft und keinen PC hat, dann stimmt das Argument. Wenn man aber davon ausgeht, dass ein Konsolenkäufer AUCH einen PC hat, dann könnte er die 600 EUR (PS3 damals) genauso gut in bessere PC-Hardware investieren. Zu jedem Zeitpunkt bekommt er damit eine “lower-high-end” Grafikkarte (9800GTX+) plus entsprechendem Prozessor (E8400) plus etwas Arbeitsspeicher (ca. 2GB). Da PC-Spiele zudem meist 10-15 EUR günstiger sind als Konsolenspiele, spart man hier auch nochmal. Die Hersteller versuchen sich bisher mit der Titel-Exklusivität zu retten, was aber nicht so richtig toll funktionieren will, denn: welcher Publisher gibt freiweillig für einen einmal entwickelten Titel, der sich recht einfach portieren lässt den gesamten Markt “PC-Spieler” her?
Entkräftung A4 (”Wohnzimmer-Faktor”):
Geht inzwischen auch. Mit Tastatur und Maus auf dem Sofa ist eben doch ziemlich uncool aber die Wireless Gamepads für n PC sprechen für sich.Außerdem je kleiner und leistungsfähiger die PCs werden (und das werden sie, z.B. Cube PCs) und je mehr alternative Controller es dafür geben wird (fängt schon an), desto näher rücken auch hier die Welten zusammen.
Wir halten also fest: Konsolen haben mittlerweile dieselben Probleme wie PCs, nur dass sie den Funktionsumfang betreffend deutlich schlechter dastehen, teurere, aber nicht unbedingt “bessere” Spiele zu bieten haben und ungefähr so viel Kosten wie ein entsprechendes PC-Hardware-Upgrade verursachen. Zudem nähern sich Konsolen sowohl in der Hardware-Ausstattung als auch in der Software (Programme, Internet etc.) einander an.
Die ersten Cross-Plattform-Lösungen bahnen sich ebenfalls schon an (PC-Spieler können online gegen Konsolenspieler antreten), also sollte die Marschroute klar sein.
Einen kleinen Schönheitsfehler hat diese Entwicklung aber. Die Hersteller untergraben ihre USPs, also die einzigartigen Gründe, eine Konsole bzw. einen PC zu kaufen und eben NICHT das jeweils andere Gerät. Und ohne USP fällt es gerade Verbrauchern schwer, sich für das Eine oder das Andere zu entscheiden. Offensichtlich sind Konsolen nicht in der Lage, ihre früheren USPs zu halten und in der Folge müsste eigentlich die Werbung viel mehr über die emotionale Schiene kommen und weniger rational, wie das bisher immer der Fall ist(einzige Möglichkeit bei Produkten ohne USPs: emotionale Besetzung einer Nische, z.B. “Becks-Werbung”). Aber das führt zu weit ins Thema des in Europa GROTTENSCHLECHTEN Marketings für Unterhaltungselektronik, da wette ich wann anders nochmal viel fiesere Dinge, aber da ist eine andere Geschichte.
Nach diesen paar Schlägeabtausch verarbeiten beide Seiten den traditionellen Äpfel-und-Birnen-Ansatz zu komplettem Obstsalat. Denn es folgt die Korrektur der jeweils anderen Aufstellung im Sinne von "Und der PC selbst?", "Was ist mit dem Monitor?" und "Na, toll, dein HD-Ready-Fernseher war aber noch teurer!". Bei Bedarf zu erweitern um Controller von Remote-Control bis USB-Kaffewärmer. Entscheidend: die vom anderen genannte Peripherie ist immer "Unnötiges Zubehör!", die eigene "Hat man doch sowieso da!"
Der fortgeschrittene Konsolenfan entdeckt an dieser Stelle sein ökologisches Gewissen und weist auf den hohen Stromverbrauch aktueller PCs hin. Ohne langes Zögern hält ihm sein PC-Gegenüber die Energiegefräßigkeit eines durchschnittlichen 42-Zoll Plasma-Screens entgegen. Dafür müssen die Tschechen, Russen oder Deutsche drei Dutzend neue Atomkraftwerke bauen! Schön, wenn Menschen, die zu Unterhaltungszwecken elektronischen Sondermüll produzieren, sich um die Umwelt sorgen.
Dass Windows XP wie Vista mittlerweile Spiele automatisch installieren und Konsolen dank MP3/DVD/Netzwerk-Features an Unübersichtlichkeit wie Vielfältigkeit gleichermaßen hinzugewonnen haben, sollte man besser außer Acht lassen. Sonst käme man hinterher noch auf die Idee, dass sich beide Geräte derart angeglichen haben, dass man das eine durch das andere ersetzen könnte: Etwa eine PS3 mit "Yellow Dog" als preiswerten Linux-Rechner am Schreibtisch oder einen günstigen Barebone PC als schnurrende "World of Warcraft"-Konsole fürs Sofa. Fetentaugliche Karaoke-Anlagen würden wohl beide abgeben. Der eine mit "Singstar", der andere mit "Ultrastar". Aber hey, wenn wir die Unterschiede nicht betonen würden, hätten wir nichts zu diskutieren.
Verdammter PC, zuviel Frickelei! - Schnickschnack, zu wenig Frickelei auf der Konsole! - Aber auf der spielt es sich einfacher online. - Na und? Dafür muss man bei der Xbox für ALLES zahlen. Die Rede ist nicht von MMO-Gebühren. MMO gibt es ja nicht mal in nennenswertem Umfang! Außerdem sind Konsolen untereinander in Punkto Multiplayer inkompatibel. Dank Live anywhere kann dagegen ein Windows Vista PC sogar mit einer "miesen" Xbox360 zusammen zocken.
Wer hat die besseren Spiele? Die Konsolen? Nur weil Gamestat.com wie Gamerankings.com in ihren Top-Ten jeweils ein einziges PC Game führen? Weil dreimal soviel Konsolentitel über die Ladentheke gehen? Ist nach der gleichen Argumentation "Titanic" der beste Film aller Zeiten, da er mehr Geld eingespielt hat als die gesamte Konkurrenz? Obwohl er in der durchschnittlichen imdb-Zuschauerwertung nicht mal unter die TOP 250 kommt?
Und es geht weiter und weiter …: fehlende Modder-Communities hier, originellere Spielideen dort, coolere Controller, geringere Betriebsgeräusche, Abwärtskompatibilität, weniger Bugs, mehr RTS, weniger Prügelspiele, unproblematisches Raubkopieren oder schlicht "einfacher zu klauen". Ab einem gewissen Punkt weiß man nicht mehr, wer welche Vorteile für sich geltend macht und welche Nachteile er der Gegenseite vorwirft.
Nachher noch ein wenig zocken? "Gears of war", "Singstar", "Wii-Sports" oder "World of warcraft"? Keine Ahnung. Schon zu voll. Lieber noch nen Bier und in Ruhe einen Film gucken.
Das geht glücklicherweise auf beiden.
